Wie ist's gelaufen?
Gut ist's gelaufen
- Danke der Nachfrage! Wollte hier eigentlich eh schreiben, aber ich habe doch noch vor, noch ein Diary verfassen. Wird aber wohl nicht vor heute abend passieren, daher das Fazit jetzt mal quasi vorweg. Die Runde gährt ja schon seit ein paar Wochen, ohne das es richtig losging, daher ein paar Worte zu unserer bisherigen Vorbereitung:
Wir spielen auf einer lose an Conan orientieren Sword & Sorcery Welt. Es gibt viel Wüste, wenig Zivilisation, viele Klein- und Kleinstherrscher und Götter, die real eingreifen. Dazu ersetzen gezüchtete Nutztiere (Riesentermiten, Dinosaurier usw) größtenteils Maschinen. Es gibt Reste alter Maschinen, deren Besitz und Nutzung Privilegierten vorbehalten ist. Die Vorgaben zur Welt wurden grob mittels der Microscope-Palettentechnik festgelegt.
Während der Charaktererschaffung hatte ich gemäß des Regelwerkes schonmal Fragen gestellt. Ich habe als "Einstiegsdungeon" ein Gefängnis für politische Gefangene erstellt, welches weitere Geheimnisse hat - komplett mit Hintergrund, Karte mit Freiraum usw. Die Fragen zielten darauf ab, dass die SC Gefangene sein sollten ("Warum seid ihr eingesperrt?") aber die Spieler haben die Frage umgedeutet und es so ausgelegt, dass drei von ihnen den vierten Charakter daraus befreien wollen (die Spielerin ist Kleinkind-bedingt oft nicht am Tisch, daher ist das ein absichtlicher Kunstgriff). Der Twist schon vor dem Abenteuer hatte mich zunächst sehr unzufrieden gemacht, aber ich habe versucht, mich darauf einzulassen...
Das war für mich der unbequemste Punkt der Vorbereitungphase und erforderte einen gewissen "Paradigmenwechsel" in meiner Vorbereitung. Die Ursprungsidee "Charaktere kämpfen sich aus dem Gefängnis raus" wurde so faktisch umgedreht. Für mich war der Konflikt: "Fan" sein und die Entscheidung respektieren aber dafür meine Vorbereitung abändern - oder darauf bestehen? Ich habe mich für Ersteres entschieden und beschlossen, dies als "Dungeon World-Paradox der Vorbereitung" abzuhaken - letztlich soll ich mich vorbereiten, ohne mich vorzubereiten...
Ok, danach folgte eine mehr als als ausführliche Charakererschaffung, die aus der Frage "Warum seid ihr zusammen unterwegs?" eine Reihe gut vernetzt Hintergründe mit einer ganzer Menge an etablierten Fakten zur Welt herausholte. Eigentlich wünschenswert, aber für mich fast etwas viel für den Einstieg... sei's drum, die Runde soll ja länger gehen.
Dementsprechend hatte ich vor dem ersten Spielabend gemischte Gefühle: Ein neues System (zumindest aus SL-Sicht), ein Dungeon der anders angegangen wird als ursprünglich gedacht, eine Gruppe mit viel Hintergrund und impliziten Wünschen daraus, meine grunsätzlichen Ansprüche an mich als SL.
Was mir dann letztlich geholfen hat, waren die SL-Prinzipien - genauer: "Nimm das Fantastische an" - denn genau darum geht es doch: Den Spielern eine fantastische Welt bieten!
Und DAS kann ich Also habe ich mich gestern hingesetzt und ein
Musik-Intro für den Start der Runde und einen kurzen Introtext zum Vorlesen vorbereitet. Dazu kam mir die Idee, mit der Gruppe nicht direkt vor den Toren des Gefängnisses zu starten sondern am letzten Außenposten kurz vorher. Das gab mir die Möglichkeit, zunächst die Welt lebendig werden zu lassen, bestimmte Dinge zu etablieren und den Spielern genug Sicherheit zum eigenständigen Handeln zu geben und mir, Spielzüge zu üben ohne mich direkt mit den komplexeren Strukturen des Dungeons auseinanderzusetzen.
Das war dann letztlich genau die richtige Entscheidung. Die Situation am Außenposten (Wachposten, Schmiede und Taverne unter einem gigantischen, verbrannten Baum) ging recht gemächlich los bis sich dann die erste Gelegenheit ergab, Druck aufzubauen.
Dabei habe ich tatsächlich sehr wenig auf die SL-Spielzüge geschaut, bewusst genutzt habe ich zumindest "Aufziehende Bedrohung", "Unangenehme Wahrheit" , "Verursache Schaden" und "Biete eine Gelegenheit".
FazitWas mir gut gefallen hat: Wendungen, die sich aus <9 bei Spielerzügen ergeben. Entgegen meiner Befürchtung haben sich durch die "Wissens-Moves" keine Wiedersprüch ergeben sondern abwechselnd neue Elemente, die Spiel und Welt bereichern und Gelegenheit, Zukünftiges anzuteasern.
Was ich seltsam fand: Gar nicht würfeln als SL - insbesondere Schaden machen! Auch wenn es sich aus der Fiktion ergibt fühlt es sich für mich nicht "fair" an, einfach handgewedelt Schaden zu geben ("Hm W4 oder W6 durch Sturz in Felsspalte?") - insbesondere, weil 2 Punkte Unterschied bei den paar LP schon den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen! Ist auch Kopfsache, das ist mir klar. Trotzdem - seltsames Gefühl
Was ich unangenehm fand: Ein bestimmter dramaturgischer Zwang aus einem fehlgeschlagenen Spielermove, genau jetzt genau die Situation zu finden, die das Geschehen "spannend" oder "cool" macht. Ist sicher eine Folge daraus, dass ich zu 70% improvisiert habe... aber gefühlt lassen sich zBsp Fate-Szenarien für mich konkreter szenisch vorbereiten. Mein "roter Faden" ist gestern sehr früh gerissen, so dass ich quasi ohne Netz geleitet habe. Ich werde das in den nächsten Sitzungen mal beobachten... noch bin ich nicht sicher, ob das eine Folge aus dem Move-System und den Variablen daraus ist oder dass ich noch keinen guten Ansatz einer für mich guten Vorbereitung für DW gefunden habe.
Und wie ist Dungeon World jetzt?Mein erster Eindruck bestätigt, was ich mir beim Lesen schon dachte: DW behauptet, dass man ja als SL gar nichts Anderes [als bisher] machen musst. Das halte ich nach wie vor für eine schädlich falsche Selbsteinschätzung. Die Variablität der Moves bringen m.E. eine gewisse Unsicherheit rein und erzeugen einen systemisch bedingten, kreativen Druck auf den SL, den ich so aus anderen Systemen nicht kenne.
Das ist nichts Schlechtes! Aber die wiederholte Behauptung, ich würde ja nur das machen, was ich sonst mache, versucht den Paradigmenwechsel zu verschleiern - das geh ja schon damit los, dass ich nicht würfle, was ich ja schonmal ein fundamentaler Unterschied ist! Letzten Endes ist Dungeon World ein großer Schritt vom klassischen System Richung Freeform! Das nicht zu erwähnen empfinde ich als unredlich.
Lässt man sich aber genau darauf an, tut das System das, was es eignetlich will und unterstützt die Gruppe dabei, einen gewissen kreativen Flow zu entwickeln. Der Preis dafür ist ein gewisser Druck, den Prinzipien und Logik der Welt dabei zu gehorchen.
EDIT: Disclaimer - das soll ausdrücklich nur meine persönliche Einschätzung abbilden. Diese ist selbstvertändlich geprägt durch Spielvorlieben, SL-Erfahrungen und SL-Stil. Der vorherige SL der Runde, der jetzt Spieler ist, sieht das genau umgekehrt: DW entspricht exakt der Art, wie er bisher leitete. Nun ist er aber auch jemand, der grundsätzlich zu 90% improvisiert und faktisch gar nicht vorbereitet und Regeln auch gerne... freier auslegt.
Mein SL-Stil ist gefühlt deutlich weiter von der DW-Prämisse entfernt, was meine etwas kritischere Ansicht sicherlich mit begründet