Okay, ich will jetzt noch mal an dieser Stelle anhand des Klappentextes konkretisieren, warum ich bei der deutschen Übersetzung doch ein bisschen die Augen verdrehe - wobei nach einer ersten Querlektüre die Qualität auch wechselnd und an anderer Stelle deutlich besser ist. Etwas dramatisch "falsches" oder so habe ich nicht gefunden, aber insgesamt kann
ich so einen Text nicht lesen, ohne immer wieder ins Stocken zu geraten.
Beispiele:
Eine mystische Welt voller Sterblicher und Götter, Mythen und Kulten, Monster und Helden.
Im Original heißt es "a mythic world", das ist nicht ganz das Gleiche ... und es müsste "Mythen und Kulte" heißen, nicht "Kulten". Beides aber gut zu verschmerzen.
eines der ältesten und einflussreichsten Rollenspiele, die je veröffentlicht wurden.
Semantisch hart an der Grenze ... die passende deutsche Übersetzung von "influential" wäre hier eher "richtungsweisend", wobei das in der Steigerungsform unschön klingt. Ich würde in solchen Fällen freier werden: "RuneQuest, das auf der Welt Glorantha spielt, gehört zu den ersten Rollenspielen überhaupt und ist bis heute richtungsweisend."
Benutze dieses Heft, um sofort mit dem Spielen beginnen zu können und zu sehen, wie es verbessert worden ist.
Schwerwiegender Murks - das "es" im letzten Satzteil steht ohne klaren Bezug da, die ersten beiden Satzteile sind von hinten durch die Brust ins Auge und entfernen sich in diesem Fall sogar unnötig weit vom Original. Vorschlag: "Mit diesem Heft kannst du sofort ins Spiel einsteigen ..." oder "Steig mit diesem Heft sofort ins Spiel ein und finde heraus, welche Verbesserungen die neue Edition von RuneQuest mit sich bringt." Gefällt mir immer noch nicht so 100%ig, aber ehrlich gesagt finde ich den Originaltext an dieser Stelle auch etwas ungelenk.
Diese Regeln und ein neues Abenteuer – Der zerbrochene Turm – bieten eine Vorschau auf die neueste Auflage von RuneQuest, die in enger Zusammenarbeit mit den Designern und Autoren des originalen RuneQuests und von Glorantha entstanden ist.
Der zerbrochene Turm - Das englische "broken" ist semantisch sehr viel weiter gefasst als das deutsche "zerbrochen"; Bleistifte zerbrechen, Türme nicht. Richtig wäre z.B. "Der geborstene Turm", oder auch "der verfallene Turm".
bietet eine Vorschau - eher "bietet einen ersten Eindruck", "einen Vorgeschmack" oder Ähnliches.
Designern - Entwicklern
des originale RuneQuests - des ursprüngliche RuneQuests
und von Glorantha - und Gloranthas (gibt hier keinen Grund, plötzlich den Fall zu wechseln, nachdem eben noch der Genitiv verwendet wurde).
Der zerbrochene Turm, der im Herzen vom Drachenpass spielt, ist für bis zu 6 Abenteurer und einen Spielleiter geeignet und enthält alle Regeln, die man zum Spielen braucht.
Der Turm spielt nicht im Herzen vom Drachenpass, sondern das Abenteuer mit dem Titel
der zerbrochene Turm - also nicht "der", sondern "das". Vorschlag: "
Der zerbrochene Turm, ein Szenario für bis zu 6 Abenteurer und einen Spielleiter, spielt im Herzen des Drachenpasses. Der Schnellstarter enthält alle zum Spiel benötigten Regeln."
Ich weiß, dass es auch irgendwie blöd ist, herumzukritteln, wenn man selbst nicht bereit ist, die Zeit und Energie aufzubringen, um ernsthaft mitzuhelfen; und mir ist bewusst, dass in der Übersetzung sicher wahnsinnig viel Herzblut und Mühe steckt. Um so mehr stimmt es mich aber auch traurig, dass Übersetzung und Lektorat anscheinend einfach nicht die Zeit haben, um mal einen Schritt zurückzutreten und den Text aus der nötigen Distanz zu betrachten, um solch offensichtliche Schnitzer zu erkennen und zu beheben. Ich wünschte mir ehrlich, man würde sich einfach ein Jahr länger Zeit lassen und dann ein sprachlich sauberes Produkt liefern.
Na ja, es ist, wie es ist, und ich bin mir bewusst, dass die allermeisten potenziellen Käufer sich an 90% der Sachen, die ich bemängele, gar nicht stören würden. Und wenn's nicht RuneQuest wäre, dann würde ich wohl mit den Schultern zucken.
EDIT: Ich möchte damit auch gar nicht so sehr auf Übersetzung und Lektorat rumhacken. Ich habe selbst als Übersetzer schon oft vom Lektorat den Mist, den ich gebaut habe, aufs Butterbrot geschmiert bekommen, und oft schafft es auch irgendwelcher Unsinn in die gedruckte Ausgabe. Man fühlt sich dann Mal zu recht und mal zu Unrecht kritisiert, Ärger von irgendeiner Seite gibt's jedenfalls immer wieder.
Gerade, weil im Rollenspielbereich einfach nicht so viel Geld für Übersetzungen zur Verfügung steht, würde ich mir deshalb wünschen, dass die Verlage sich einfach Zeit nehmen, damit die Übersetzer und Lektoren mehr Spielraum bekommen, um die enorme Arbeit, die sie bei einem Projekt wie RQ zu leisten haben, in ihrem Alltag unterzubringen.
Sicher gibt es da auch geschäftliche Erwägungen, und wahrscheinlich sind die letztendlich wichtiger: Mein persönliches Interesse ist aber nun mal nicht, dass ich besonders schnell eine Übersetzung bekomme, sondern dass ich eine Übersetzung bekomme, die ich auch gerne lese und verwende.