Autor Thema: [Rant] Spieler verpäppeln  (Gelesen 6804 mal)

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Offline General Kong

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Re: [Rant] Spieler verpäppeln
« Antwort #50 am: 28.04.2019 | 11:31 »
Rollenspiel ist ein interaktives, kommunikatives und kooperatives Unterfangen.

Gleichzeitig gibt es eine klare Rollenverteilung:
1. Der Spielleiter leitet das Spiel.
Was heißt das genau?
Er bereitet das Setting und das Abenteuer vor und präsentiert es.
Er hält die Handlung am Laufen und hat "das große Ganze" des Abenteuers, der Kampagen usw. im Auge.
Er hat während des Spiels die Aufgabe in Regelfragen zu entscheiden - wie ein Schiedsrichter auf dem Platz. Dabei ist er kein über den Spielern lösgelöster Tyrann, der macht, was ihm gerade in den Sinn kommt, sondern er hat konsequent und konsistent auf dem Boden der gespielten und verabredeten Hausregeln zu entscheiden. In kniffligen Fällen entscheidet er - vielleicht vorläufig.
Er bereitet das Spiel vor und hat einen Plan, was gespielt werden soll. Wie intensiv die Vorbereitung ist, ist abhängig vom Spiel und dem Improvisationstalent des Spielleiters, aber niemand sollte sich an den Tisch setzen und "dann mal so" ein Abenteuer raushauen. Das geht, wenn nicht im konkreten Fall, dann doch über lange Sicht schief - das Spiel fühlt sich an wie Mensch-ärger-dich-nicht ohne Brett, ohne Würfel, ohne Pöppel. Das macht keiner, denn dann ärgern sich die Menschen.

2. Die Spieler spielen das Spiel.
Was heißt das genau?
Die Spieler kennen die Regeln soweit, dass sie sich aktiv und einigermaßen regelsicher am Spiel beteiligen können (Wer Fußball spielt weiß ja auch, dass jemandem ins Gesichts boxen (anders als beim Boxen) verboten ist - und "Schach!" zu rufen, den Torwart höchstens verstört oder belustigt).
Der Spieler kennt das Setting des Abenteuers soweit, dass er es spielen kann - kein Winnetou-Charakter bei Pendragon, auch kein Meuchelmörder oder Berserker.
Der Spieler weiß, dass er mit den anderen Spielen soll und kein Einzelspieler ist, der ständig sein eigenes Ding tut. Entspräche beim Fußball einem Spieler,d er den ball nie abgibt, weil er der Tollste ist und jedes Tor alleine schießt. Auch Rollenspielsitzungen sind eine Art "Mannschaftssport".
Er erkennt an, dass der SL in Regelfragen im Zweifel das letzte Wort hat.
Er bringt sich ins Spiel ein, tut im Spiel Dinge, die das Abenteuer bzw. die Kampagne "weiterbringen". Das heißt: Geht es um einen Mordfall, so beteiligt sich der Spieler an dessen Aufklärung und schickt seinen SC nicht auf eine Einkaufsfahrt  für rote Blusen nach Panama oder vertieft ein erfundenes Problem zu dessen verstorbener Mutter. Anders gesagt: Er obstruiert nicht das Spiel.

3. Alle haben eine gemeinsame Verantwortung für das Gelingen des Spiels.

Was heißt das genau?
Der Spielleiter hat nicht seine Allüren als "großer Bestimmer und Herr am Tisch" auszuleben und Spieler zu kujonieren.
Er hat auch nicht in deren Entscheidensfreiheit hineinzugrätschen, was die Führung des Charakters angeht.
Er darf sehr wohl auch auf die Meta-Ebene wechseln, um darauf hinzuweisen, dass
a) etwas aus Setting- oder Regelgründen unzulässig ist.
b) eine an sich völlig okaye Entscheidung unbeabsichtlich zum Entgleisen des Abenteuers führen könnte (die Spieler glauben wirklich, dass die Reise und der Kauf von roten Blusen in Panama den Mörder überführen könnte) und allen am Tisch wahrscheinlich den Spaß am Spile rauben würde.

Die Spieler sollen sich kooperativ verhalten und ebenfalls keine Alleinunterhalterallüren ausleben, die nur auf Kosten der anderen gehen können ("Ich mach mein Ding - ihr könnt ja mal das Maul halten und mir zusehen. Oder ein schönes Buch lesen ...").
Alle halten sich an die Regeln und betrügen nicht. Das berühmt-berüchtige "Würfeldrehen, weil das nun so super in den Plot passt" nehme ich hier heraus, wenn es in der Gruppe (siehe Hausregeln) so verabredet ist.

Ich meine, wenn man sich rollenklar an diese Regeln hält und man zudem die üblichen Höflichkeits- und Anstandsregeln beachtet, kann eigenlich kaum noch was schief gehen.
« Letzte Änderung: 28.04.2019 | 15:03 von General Kong »
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Offline Issi

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Re: [Rant] Spieler verpäppeln
« Antwort #51 am: 28.04.2019 | 12:21 »
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 General von Kong!
 

Offline D. M_Athair

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Re: [Rant] Spieler verpäppeln
« Antwort #52 am: 28.04.2019 | 12:24 »
[...] wie krass unterschiedlich eigentlich die Erfahrungshorizonte sind. [...] Und so ist es hier auch. Jeder legt seine persönlichen Erfahrungen daneben und überträgt das.
Die Generalisierung ist ein grundlegender Fehlschluss, der nicht nur im Rollenspiel, sondern bei allem, was emotional berührt, mit schöner Regelmäßigkeit auftaucht. Dass es doch Widerspruch gibt, dass andere "klare Dinge" als nicht so eindeutig sehen wird, darauf wird dann häufig mit Abwehrmechanismen reagiert. Das hier zählt dazu:
[...] Sektenbildung, das Status-Gedöns, das Nachplappern, die Modeerscheinungen usw. hinzu.


Nur wenige haben einen so breiten Erfahrungshorizont, dass sie beide Seiten verstehen.
Was in der Diskussion aber nicht hilft. Die Position des Botschafters ist eine ziemlich unangenehme, weil festgefahrene Seiten (das können auch mal mehr als zwei sein, wobei das dualistische Prinzip auch was ist, was Menschen mögen) dazu neigen Dich ins jeweils "feindliche Lager" zu stecken. Um so eine Mittler-Position durchzuhalten und sich Gehör zu verschaffen, bedarf es ein großes Maß an Frustrationstoleranz und Widerstandsfähigkeit. Gerade auch, weil man - im Namen der Klarheit - gern allseitig als Spinner abgestempelt wird.


Letztendlich kann man das historisch auch ein bisschen verstehen, es gab eben eine Zeit, da das Stimmungsspieler-Vokabular die absolute Diskurshoheit beanspruchte, das erklärt zumindest zum Teil die Schärfe und den Mangel an Differenziertheit.
Da sind zwei Mechanismen am Werk, die beide eine eigene Problematik in sich tragen. Die Grandiosität und Dominanz des Stimmungsspiels hat a) von vornherein Diskussionen vergiftet. Denn: Wie will man ein Paradigma zum Einstzurz bringen, ohne es (wie es Settembrini tat) anzugreifen? Ohne laute Gegenstimmen behalten die Recht, die meinen "eh Recht zu haben". Der Mangel an Differenziertheit ist damit verbunden. Wenn eine Sache "eh klar ist" und höchstens ein paar "Freaks" anderer Meinung sind, dann muss jede Differenzierung wie sinnlose Sophisterei wirken, für Leute, die kein Leben oder keine anderen Hobbies haben.
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Offline D. M_Athair

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Re: [Rant] Spieler verpäppeln
« Antwort #53 am: 28.04.2019 | 12:30 »
Ich meine, wenn man sich rollenklar an diese Regeln hält und man zudem die üblichen Höflichkeits- und Anstandsregeln beachtet, kann eigenlich kaum noch was schief gehen.
Es sei denn man spielt Freiform oder ohne feste Spielleitung oder Story-Craftig (vgl. Fate), ...

Wo ich mitgehe ist, dass man rollenklare Regeln des Zusammenspielens braucht. Wie die konkret aussehen müssen, hängt von der Gruppe, vom präferierten Spielstil und den konkreten Regeln ab.

Wenn die Spieler.innen Teil einer Geschichte sein wollen, dann gilt anderes als bei "story now" und dort wieder anderes als in einem Spiel, bei dem die Spieler.innen frei ihren Gruppeninteressen nachgehen (und eine Geschichte erst in der Rückschau produziert ist).


... abgesehen davon finde ich die Zusammenstellung nützlich. Für konventionelle Rollenspiele werden da grundlegende Regeln des Zusammenspiels gut erklärt und zusammengefasst. Man bräuchte jetzt nur noch einen Namen für diese Art des Spielens ... und dann könnte man andere Varianten daneben stellen. Dann würde man ein paar grundlegende Schubladen bekommen, die ein grobes Orientierungsraster geben könnten.  :d
« Letzte Änderung: 28.04.2019 | 12:35 von D. Athair »
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Re: [Rant] Spieler verpäppeln
« Antwort #54 am: 28.04.2019 | 15:11 »
"Konventionelles Rollenspielen" trifft es wie Faust auf Nase, den einen Konvention ist nichts weiter als ein Vertrag, ein Abkommen, einen Übereinkunft - hier dann über die Art des Spielens.

Nun könnte man natürlich einwenden, dass andere Arten des Spielens auch an bestimmte Übereinkommen geprägt sind, aber - und da lehne ich mich wohl nicht zu weit aus dem Fenster - die meisten spielen wohl so.
Und das Adjektiv "konventionell" drückt genau das aus: "der gesellschaftlichen Norm entsprechend".

Konventionelles Rollenspiel also!
« Letzte Änderung: 28.04.2019 | 20:35 von General Kong »
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Offline KhornedBeef

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Re: [Rant] Spieler verpäppeln
« Antwort #55 am: 28.04.2019 | 19:29 »
Die hast da die Bedeutung "herkömmlich" unterschlagen. Für die Mehrheit der Gruppen dürftest du aber recht haben.
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Re: [Rant] Spieler verpäppeln
« Antwort #56 am: 29.04.2019 | 11:07 »
Ich finde die Auflistung auch gut und passend. Wie würden denn entsprechende Zusammenfassungen für andere Spielformen aussehen? Vor allem der Spielerteil dürfte sich doch eigentlich nicht groß ändern, oder?

P.S. Sollten wir es vielleicht abtrennen um D.Athairs Vorschlag nachzugehen?
... abgesehen davon finde ich die Zusammenstellung nützlich. Für konventionelle Rollenspiele werden da grundlegende Regeln des Zusammenspiels gut erklärt und zusammengefasst. Man bräuchte jetzt nur noch einen Namen für diese Art des Spielens ... und dann könnte man andere Varianten daneben stellen. Dann würde man ein paar grundlegende Schubladen bekommen, die ein grobes Orientierungsraster geben könnten.  :d