Vielleicht brauche ich auch einfach mehr Beispiele für Mischtraditionen. In Mythic Britain fand ich manches nicht sooo verkehrt gelöst.
Vielleicht ist das Problem aber auch nur eines der Darstellung bzw. der Schubladenhaftigkeit der Magie-Systeme, die meine Überlegungen blockieren.
Ich hoffe, dass sich Dein Thema nicht schon erledigt hat, aber: Beispiele für Mischtraditionen sind:
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Der Kult Basats (Volksmagie, Theismus, Mystik [1], Zauberei) [Das Taskanische Imperium, S. 82 ff.]
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Ahnenverehrung der Beschoriten (Volksmagie, Theismus, Animismus) [Das Taskanische Imperium, S. 92 f.]
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Der Kult von Jekkara (Volksmagie, Theismus, Zauberei) [Die Küsten von Korantia, S. 95 ff.]
Desweiteren gibt es folgende, interessante Dinge:
I) Die magischen Disziplinen kann man auch völlig losgelöst vom Fluff in bezug auf ihr Regelskelett hin betrachten. Z.B. ist die
Mystik zwar fluffmäßig mit Mystikern assoziiert, aber wenn man sich die nackten
Mystik-Regeln anschaut [phänomenale Fähigkeiten, die man qua Training aus sich selbst heraus entwickelt] lassen sich ganz andere Dinge damit anstellen. Beispielsweise nutzen MYTHRAS-Bastler die
mystischen Talente für Jedi-Fähigkeiten oder Cyberware.
Gleiches gilt für den Animismus, der fluffbezogen auf Schamanen und Geister anspielt, aber das nackte Regelskelett verwendbar ist für [wieder] Cyberware, magische Artefakte und Dämononenbeschwörungen.
Witzigerweise lässt sich, wenn man etwas abstrakter schaut, jede magische Disziplin mit einer anderen abbilden. Zum Beispiel kann die
Volksmagie genutzt werden wie die
Mystik-Talente oder Segen des
Animismus'. D.h. Du kriegst denselben Fluff jeweils mit einer anderen Regelmechanik dargestellt, was dann ggf. besser zu Deinem Setting passt.
IIa) Bezogen auf Magie und Mischtraditionen ist auch der Regelkomplex "Kulte & Bruderschaften" spannend. In allen Kulten und Gemeinschaften sind die Zugänge zu magischen Disziplinen jeweils nach Rang unterschiedlich. Schaut man sich die offiziellen Kulte an, sieht man, dass der unterste Rang keine [oder nur Volksmagie] kennt, während erst ab dem zweiten Rang soetwas wie die höheren Disziplinen eine Rolle spielen.
Hier können auch bestimmte Ränge außer Reihe gar keine weiteren Magie zuschalten, sondern eine eigene magische Tradition bilden, die sich in die Ranghierarchie quer einordnet. Du kannst dann einen Kult resp. eine Tradition komplex verschachteln, und auf diese Weise Deine Mischtradition ebenfalls im selben Kult verankern.
Ein Beispiel für soetwas ist der
Kult des Lanis [Die Küsten von Korantia, S. 80 ff.], der aus dem
Kaiserlichen Kult besteht, auf dessen Akolythenrang (Rangstufe 3) die
Paladine stehen, die einen eigenen Stand bilden mit eigenen Fähigkeiten, und zu denen man auch gehören kann, wenn man gar kein Mitglied des Lanis-Kultes ist, und dem
Herrscherkult des Lanis, dessen Zugang auf eine gesellschaftliche Minderheit begrenzt ist, die aber ebenfalls unter den Lanis-Kult fällt, obwohl sie wiederum ganz eigene Fähigkeiten hat.
Auf diese Weise kann eine Religion oder ihr Kult, in verschiedene Subkulte ausdifferenziert werden, die entweder miteinander vernetzt sind oder völlig für sich stehen.
IIb) Ein zweites Beispiel, was eher eine Variation von II) ist, wären die
Hradori [Das Taskanische Imperium, S. 93], das ist eine kulturelle Gruppierung [sie mischt Volksmagie und Theismus], die einen eigenen Komplex bildet [es sind Fanatiker, die Untote jagen und zerstören], gleichzeitig aber trotzdem inhärentes Element des
Beschoriten-Kultes ist [siehe oben].
Je nach Setting lassen sich also auch innerhalb ein und derselben Religion verschiedene Kulte/Bruderschaften mit völlig verschiedenen Fähigkeiten zusammenfügen und gleichzeitig getrennt halten [die Hradori sind einerseits Teil des Beschoriten-Kultes, andererseits aber auch nicht]
III) Du kannst zwei Magiesysteme in einem Charakter folgendermaßen nach Grundregelwerk kombinieren: wähle einen der magischen Berufe [Du erhältst die Magiefertigkeiten für Disziplin 1] und tritt einem Kult oder einer Bruderschaft bei [Du startest als dezidiertes Mitglied und erhältst Zugang zu den Magiefertigkeiten für Disziplin 2]; siehe MYTHRAS, S. 241 oben links
Das ist natürlich kostenintensiv bei der Charakterentwicklung. [2]
IV) Wenn Dir die Kombination aus mehreren Disziplinen zu kostenintensiv ist, kannst Du einfach magische Fertigkeiten kombinieren.
Beispiel: Mystik-Theismus
Dein mystisch-theistischer Kult könnte folgende magische Fertigkeiten lehren:
1)
Kontemplation: Die Fertigkeit funktioniert sowohl wie die Fertigkeit
Frömmigkeit als auch wie die Fertigkeit
Mystik; begrenzt auf die Talente/Wunder der Glaubensrichtung
2)
Mirakel: Die Fertigkeit funktioniert sowohl wie die Fertigkeit
Beten als auch wie die Fertigkeit
Meditieren; begrenzt auf die Talente/Wunder der Glaubensrichtung
Auf diese Weise braucht Dein mystischer Theist nur zwei Kultfertigkeiten steigern obwohl er zwei magische Disziplinen beherrscht. Nun kann er zusätzlich noch eine dritte Disziplin dazu erwerben plus bei Bedarf Volksmagie.
Das sind nur grob einige Beispiele und Ideen, die sich außerdem noch mit den diversen Stellschrauben des "Magie-Kapitels" [MYTHRAS S. 134 ff.] verbinden lassen. So kannst Du jedes Detail Deiner magischen Disziplinen auf verschiedenen Rangstufen oder in verschiedenen Gruppierungen jeweils individuell mit allen Magie-Parametern definieren.
MYTHRAS hat also keine fünf Schubladen, sondern Regelatome, die beliebig kombinierbar und verknüpfbar sind, um genau das Setting abzubilden, was man benötigt.
[1]
Mystik, indem einfach die talentähnlichen Zaubersprüche als
mystische Talente abgebildet werden [Das Taskanische Imperium, S. 83]
[2] Dass die mächtigen Disziplinen jeweils zwei Fertigkeiten benötigen ist vom Regelwerk korrekt angedacht, da die sehr mächtig sind. Wenn ein Charakter mehrere mächtige Magien beherrschen will, muss er halt mehr Punkte investieren. Es kann aber auch anders aussehen, siehe Punkt IV).