Autor Thema: Es gibt keine Community  (Gelesen 6758 mal)

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Offline Caranthir

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #50 am: 25.06.2019 | 10:06 »
Wenn es darum geht, dass Rollenspieler zu heterogen sind, um eine geschlossene Community zu bilden, gibt es in kaum einem Bereich eine Community. Es gibt Hobbys, in denen sich die unterschiedlichsten Leute tummeln. Definiert man aber Community über das Hobby und nicht über die Leute, passt es dich super.
Lese: Fate of Cthulhu, Fate Horror Toolkit, Dragon Age RPG, The Expanse RPG

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Offline ArneBab

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #51 am: 25.06.2019 | 12:21 »
Ich fühle mich als Hamburger nicht als HSV oder Pauli Fan. Als Deathmetal-Hörer keinen Deut, weder farblich, noch sonst-wie-äußerlich der Szene zugehörig. Als Rollenspieler trage ich bunt und Stoffhosen und gehe einem gut bezahlten Job in der Erbfeind-Branche Immobilien nach.
Das klingt ganz schön Archetypisch nach Rollenspieler.

Du hörst Death-Metal, sagst extra dass du bunt trägst, und nennst Immobilien die Erbfeind-Branche. Davon habe ich den starken Eindruck, dass du Rollenspiel-sozialisiert bist.
Zitat
Als Mann bin ich kein Chauvinist, auch wenn ich stetig im generischen Maskulinum schreibe.
Das klingt jetzt aber sehr nach der Auswirkung von Diskussionen, die es in der Rollenspielgemeinschaft gab :)
Zitat
Als Grünwähler bin ich lange kein ewiggestriger Radikalöko. Als Autofahrer bin ich definitiv kein mobiles Verkehrshindernis, geschweige denn Linksschleicher. Als Gartenbesitzer habe ich keine akkurate Rasenkante. Als Hundebesitzer hinterlasse ich nirgends Scheißhaufen.
Das ist ein klassisches Beispiel dafür, dass die gesellschaftlichen Frontlinien über die letzten Jahrzehnte aufgeweicht wurden. Individualisierung gewinnt über Gruppenzugehörigkeit. Sozialisierung in einem bestimmten Umfeld gibt es trotzdem, aber es entscheidet nicht so sehr über die Richtung.

Wenn ich bei den Rollenspieltagen im lokalen Spieleverein bin, dann fühle ich mich schon zugehörig, obwohl ich den Großteil der Leute nicht kenne. Und hier im Tanelorn auch.

Schönes Beispiel: Bei fünf verschiedenen Rollenspielern, die jeweils ein anderes Spiel/System spielen, habe ich nicht mal eine einheitliche Terminologie.

Den Begriffs-Block "Charakter/Figur" oder "Spielleiter/Meister" verstehen die allermeisten vermutlich noch. Gewisse Jargon-Fachbegriffe, wie "Railroading" oder "Fluff", gehen schon in Richtung Fachbegriffe, die Gelegenheitsspieler schon nicht mehr kennen.

Wenn es um Regelkonstrukte geht, die es nicht überall gibt (explodierende Würfel, Ticks, Skill-Trees) sind Leute, die andere Spiele spielen, schon wieder etwas außen vor.

Das sind Details, aber die grobe Vorstellung davon ist schnell vermittelt und dann auch schnell verstanden.

Und wenn Rollenspieler sich unterhalten, haben sie viel gemeinsame Sprache. Wir wissen, was Powergamer sind (wahlweise auch Munchkins), und den W20 kennen noch die meisten, die sich mit ihrem Hobby beschäftigt haben (auch wenn sie ihn vielleicht ablehnen). Wir wissen alle, wie es ist, mehrere Stunden lang gemeinsam mit Regeln zu sprechen, und das hat Einfluss auf das Verhalten. Selbst wenn die Wörter anders sind, kennen Leute die Konzepte. Wobei sich das durch die neuen viel schlankeren Spiele geändert haben könnte: Wer nur Erzählspiel mit Kreativitätskarten gespielt hat, kann das Spiel mit Charakterblatt, Würfel und Kaufabenteuer vielleicht wirklich nicht mehr nachvollziehen. Dass klingt dann allerdings eher nach einer Spaltung der Gemeinschaft, nicht danach, dass es sie gar nicht gibt.

Und dass es Leute gibt, die sich nicht zugehörig fühlen wollen — die wahlweise die Nerds oder die Yuppies ablehnen — ist auch völlig normal.

Wobei ich es persönlich blöd finde, dass es inzwischen viele Leute gibt, die DSA wirklich noch nie gespielt haben, es also noch nicht einmal in einem One-Shot ausprobiert haben. Da scheint mir die verbreitete starke Systembezogenheit ein Hindernis für die Gemeinschaftsbildung zu sein.

Warum ich finde, dass das ein Hindernis ist: Weniger Gemeinschaftsgefühl unter Rollenspielern zu haben erschwert die Findung neuer Runden nach einem Umzug, so dass man in einem neuen Ort schnell auf dem Trockenen liegt.

Wobei: Wenn wir sagen, es gibt keine Community, wie passt dazu, dass hier zwei Leute sagen „es wäre doch toll, einen Gratisrollenspieltag zu haben“, und als Ergebnis gibt es jedes Jahr Gratismaterial, das in über 100 Läden und Vereine im ganzen Deutschsprachigen Raum verschickt wird. Das klingt für mich schon nach so etwas wie einer Gemeinschaft. Vielleicht nicht von allen Rollenspielern, aber doch von vielen.

Ob das jetzt eher nach Szene oder nach Gemeinschaft klingt, bin ich allerdings nicht sicher. Gemeinschaft würde vielleicht eher auf die Rollenspieler einer bestimmten Region zutreffen, aus deren Runden Leute bereits zusammen gespielt haben.
« Letzte Änderung: 25.06.2019 | 12:24 von ArneBab »
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
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Luxferre

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #52 am: 25.06.2019 | 13:00 »
Arne, Du sagtst ja selbst:

Individualisierung gewinnt über Gruppenzugehörigkeit.

Und dem stimme ich zu. Ich möchte mich gar nicht identifizieren oder sozialisieren über eine Community. Ich bin mehr als Rollenspiel, Deathmetal, Job, Haustiere und Freizeitgestaltung. Und alles davon ist mehr, als herausgepickte Einzelteile. Ja, ich spiele Elder Scrolls. Ja, ich zeichne. Ich mache Kampf- und Kraftsport. Ich höre Deathmetal. Und Gutelaunehiphop. Und Dvorak, Mendelssohn und Rachmaninow. Ich trage schwarz. Aber vielmehr BUNT. Ich trage keinerlei Klamotte mit irgendeiner groß-anprangernden Identifikation drauf. Weder nobel, noch Metal, noch Wölfe, Indianer oder Federn.
Nochmal: ich lehne es ab.
Bin aber Teil eines Rollenspielnetzwerkes, welches ich nicht missen möchte. Dazu gehört das :T: und die Leute, die ich hierzuforum kennenlernen durfte/konnte. Aber auch meine Freunde, mit denen ich in völlig unterschiedlichen Gruppen spiele.

Wenn es für Dich eine Community gibt: Count me out  :d
Und das meine ich gar nicht so unfreundlich, wie es klingt.

Offline KhornedBeef

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #53 am: 25.06.2019 | 13:13 »
Ah, Netzwerk statt Community. Das klingt gleich viel professioneller :)
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Issi

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #54 am: 25.06.2019 | 13:26 »
Da fällt mit ein Spruch ein:
"Gesellschaft ist toll, wenn nur all die Leute nicht wärn"  ~;D
(Ist, glaube ich, von Peter Licht)
Ne Spaß Beiseite- Man hat halt eine gemeinsames Interesse oder Hobby: Fussball, Tischtennis, Rollenspiel whatever.

Und das Wort Community klingt ein Bisschen so, als hätte man unbedingt noch wesentlich mehr gemeinsam und wäre sich größtenteils immer in vielem einig.
Ist natürlich nicht zwingend so.
Es hat was von: Alle innerhalb einer C. kann man automatisch in ein und den selben Topf stecken.

Jetzt kann ich mich über diese, von diesem Wort suggerierte, totale Verbindlichkeit aufregen. Oder ich kann es lassen.
Also lasse ich es einfach.   ;D


eldaen

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #55 am: 25.06.2019 | 13:38 »
Ich finde Netzwerk auch viel schöner, als Community. Das trifft es für mich auch viel besser. Ich habe hier (und anderswo) ein Netzwerk von Kontakten zu Leuten mit dem Interesse Rollenspiel. Ich tausche mich auf Cons und im Internet viel mit Leuten über das Hobby aus. Manchmal einfach zum Schlauschnacken Fachsimpeln, manchmal habe ich Fragen, manchmal beantworte ich Fragen. Reziproker Altruismus. Dann habe ich eine Reihe von Leuten, mit denen ich (online oder im echten Leben) Rollenspiele spiele. Manchmal kooperiere ich auch für gewisse Ziele/Projekte mit Leuten aus den beiden Bereichen.

Mit einem gewissen Anteil der Leute, die ich über mein Rollenspielnetzwerk kennen lerne, entwickelt sich mehr: eine Bekanntschaft, oder sogar eine Freundschaft. Das ist dann immer besonders schön. Aber das ist keinesfalls eine Selbstverständlichkeit, nur weil jemand Rollenspieler ist. Manche Leute kann ich sogar nicht leiden, obwohl (und manchmal gar weil) sie Rollenspieler sind. Und ich empfinde auch keine wie auch immer geartete Schicksalsgemeinschaft, Zusammenhalt oder Verbundenheit/Verpflichtung zu diesem Netzwerk als solchem.

...klingt gemeiner als es gemeint ist. Ich meine das gar nicht negativ.

Luxferre

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #56 am: 25.06.2019 | 14:45 »
Ah, Netzwerk statt Community. Das klingt gleich viel professioneller :)

Ja, ich betreibe das Netzwerk auch unter ökonomischen Gesichtspunkten und ziehe das mit dem Verkauf Eurer Namen, Adressen und Telefonnummern auch beinhart durch. Dann kaufe ich dem JS ihm seine Kaffeeanleihen und mache ne Boutique mit'm Papst in Whopperdale  :headbang:

Offline Don-Lope

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #57 am: 26.06.2019 | 15:50 »
Ich finde man muss den Community Begrif aber auch nicht so streng nehmen.

Wenn ich im Forum unterwegs bin oder auf einer größeren Rollenspiel Veranstalltung, dann muss ich nicht gleich mit allen Bruderschaft trinken.
Aber ich habe schon mal eine große Gruppe von Leuten, mit denen ich eine Leidenschaft teile und höchst wahrscheinlich finde ich auch schnell Leute die sich für ähnliche Spiele, Comics, Filme, Bücher, Reisen ect. interessieren.
Darüber gibt es oft eine große Bereitschaft Erfahungen, Tips und Ideen zu teilen.

Ob ich das dann Community, Szene oder Netzwerk nenne ist mir egal.

Luxferre

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #58 am: 11.07.2019 | 15:32 »
Zum Thema, weil es gerade passt und frappierende Parallelen aufweist: offenbar wird man Bestandteil einer Community, wenn Außenstehende einen dazu machen. Es ist also gar nicht meine Entscheidung, wie ich mich in/zu eine/r Community wahrnehme, sondern Außenstehende ordnen mich zu und damit bin ich drin.

Das deckt sich mit meiner Wahrnehmung in meiner Jungend zu "diesen Rollenspielern", zu denen ich nie gehören, aber immer mit ihnen spielen wollte. Und doch wurde ich von meinen Mitschülern/innen dazu gemacht: der Rollenspieler. Loser. Nerd. Außenseiter. Heavymetaltyp mit Hang zur Selbstüberschätzung. Rollenspiel-Freak. Wasweißich, was noch so im Abi-Jahrbuch über mich stand.


edit: wahrscheinlich bin ich uA deshalb so erpicht darauf, mich nicht auf erstes Ansehen in irgendeine Schublade stecken zu lassen.
« Letzte Änderung: 11.07.2019 | 15:40 von Luxferre »

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #59 am: 11.07.2019 | 15:44 »
Zum Thema, weil es gerade passt und frappierende Parallelen aufweist: offenbar wird man Bestandteil einer Community, wenn Außenstehende einen dazu machen. Es ist also gar nicht meine Entscheidung, wie ich mich in/zu eine/r Community wahrnehme, sondern Außenstehende ordnen mich zu und damit bin ich drin.

Das deckt sich mit meiner Wahrnehmung in meiner Jungend zu "diesen Rollenspielern", zu denen ich nie gehören, aber immer mit ihnen spielen wollte. Und doch wurde ich von meinen Mitschülern/innen dazu gemacht: der Rollenspieler. Loser. Nerd. Außenseiter. Heavymetaltyp mit Hang zur Selbstüberschätzung. Rollenspiel-Freak. Wasweißich, was noch so im Abi-Jahrbuch über mich stand.


edit: wahrscheinlich bin ich uA deshalb so erpicht darauf, mich nicht auf erstes Ansehen in irgendeine Schublade stecken zu lassen.

Okay, dann erklären wir dich hiermit zum Ehrenmitglied der Schubladengegner-Community. ;D

Offline Oberkampf

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #60 am: 11.07.2019 | 16:08 »
Im Augenblick würde ich das gleiche vorschlagen wie General Kong: Erstmal ein Wörterbuch der Soziologie herauskramen und dann nachschlagen, wie das Wort Gemeinschaft in den Sozialwissenschaften verwendet wird.

Dann vielleicht nachprüfen, ob die Übersetzung zu dem passt, was in der amerikanischen Diskussion unter RPG-Community verstanden wird, denn es kann sein, dass hier eine wörtliche Übersetzung nicht zutrifft.
Danach bleibt immer noch zu prüfen, soweit das Material es zulässt, ob die Rollenspieler in Deutschland eine Gemeinschaft bilden oder eine andere Form von Gruppierung (und ja, was eine Gruppe ist, würde ich in einem durchdachten Beitrag auch nochmal nachschlagen).

Dunkel erinnere ich mich auch, dass Gemeinschaft eine zentrale Bedeutung im Kommunitarismus hat (gibt's den noch?), und dort irgendwas mit geteilten Werten (keine Spielwerte) und Normen zu tun hat. Vielleicht hilft da auch ein entsprechendes Wörterbuch.

Aus dem Bauch heraus ich auch den Gedanken, dass die Rollenspieler - in Deutschland oder weltweit - eine Gemeinschaft sind, etwas befremdlich.
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Luxferre

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #61 am: 11.07.2019 | 16:15 »
Okay, dann erklären wir dich hiermit zum Ehrenmitglied der Schubladengegner-Community. ;D

touché  >;D

Offline JS

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #62 am: 11.07.2019 | 21:49 »
der Rollenspieler. Nerd. Außenseiter. Heavymetaltyp mit Hang zur Selbstüberschätzung. Rollenspiel-Freak. Wasweißich, was noch so im Abi-Jahrbuch über mich stand.

Aber da stand doch dann ziemlich viel gutes Zeug über dich in deinem Jahrbuch...
 :d
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Offline ArneBab

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Re: Es gibt keine Community
« Antwort #63 am: 18.07.2019 | 19:23 »
Aber da stand doch dann ziemlich viel gutes Zeug über dich in deinem Jahrbuch...
 :d
Das finde ich auch. Uh, vielleicht ist da doch einiges an Gemeinsamkeit :-)
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