es scheint alles ein wenig verfahren zu sein, da Oberguru GS tot ist und die leute sich aufgrund von Angst und Abneigung die aufmerksam wachenden Glorantha-Loregralshüter zu verprellen, allzu neues in Angriff zu nehmen. (der kampf gegen diese uralten und mächtigen Reichsverweser wär vielleicht eine eigene Heroquest)
Nicht dass ich sowas bemerkt hätte. Ab und zu schreibt jemand etwas über ein sehr variantes Glorantha, das wegen seiner Originalität auch trotz kanonischer Unverträglichkeit gelobt wird.
Z.B. das Unterweltreich Chaossehorme aus der Feder von Master Gollum, größtenteils nur auf spanisch erhältlich:
http://www.mastergollum.com/tanuki/blog/chaossehormWas die Gralshüter angeht (die ich persönlich recht gut kenne und sehr schätze):
Jeff ist Kraft seiner Teilhabe bei MoonDesign der Statthalter des Glorantha-Erbes. Er kann auf gut zwei Jahrzehnte Zusammenarbeit mit Greg zurückgreifen.
Letztlich haben sich die neuen Eigentümer von Chaosium dafür entschieden, ihren Lebensunterhalt zukünftig aus der Produktion von Rollenspielmaterial zu bestreiten. Ein mutiger Schritt. Dass Jeff und Co jetzt ein finanzielles Interesse am Überleben der Marke haben, ist verständlich.
Jeff ist aber beileibe nicht der einzige, der sich besonderer Nähe zu Greg und tieferer Einsich rühmen kann. Sandy Petersen war in der Zeit von RQ2 so etwas wie der Kontinuitätsbeauftragte und bleibt eine Autorität (was für mich heißt, jemand, dessen Meinung man öffentlich anzweifeln darf, um Neues zu erfahren).
Ich selbst stehe einigen propagierten Veränderungen skeptisch gegenüber, wobei ich andere Änderungen der Beschreibungen schon vor 25 Jahren postuliert habe (z.B. die Frage des Rittertums auf Glorantha).
Orlanthi mit dunklerer Hautfarbe? Kein Problem (genausowenig wie westeuropäische mesolithische Jäger und Sammler mit blauen Augen und dunklerer Hautfarbe als die heutigen "Eingeborenen").
Mediterrane Architektur für strenge Winter? Ein Problem für mich. Das Dumme ist nur, dass neolithische Stall/Wohnhäuser von den Amis als "Wikingerhäuser" interpretiert werden, auch wenn sie von den Leuten, die letztendlich aus Anatolien eingewandert sind, mitgebracht wurden (wie auch die domestizierten Rinder und Schafe).
Leute, die im Sommer gerade mal ein Hemd tragen? Kein Problem. Leute, die das im tiefsten Winter tun? Irrwitzig, oder hochmagisch.
Desweiteren finde ich Deine Aussage zu den Glorantha-Loregralshüter seltsam, da RQG eines zeigte: die Macher verprellen gerne die Glorantha-Loregralshüter.
"verprellen" und "gerne" ist jetzt nicht gerade richtig.
Gegen ihren Widerstand hat sich RQG durchgesetzt, und im BRP Central Forum gibt es immer wieder eine Welle von "Rebellionen" [um es etwas prosaisch zu überspitzen], in denen Glorantha-Experten, die jahrzehntelang an ihren kleinen Settings gewerkelt haben, sich zu Wort melden und versuchen, ihre spezifische Sicht durchzusetzen. Anstatt dass man nun genau auf diese "Loregralshüter" hört, geht Chaosium eigene Wege und setzt ihr Bild von Glorantha auch gegen den Widerstand dieser "Loregralshüter" um.
Ich frage mich ein wenig, wer mit diesem "Loregralshüter" gemeint sein könnte...
Natürlich macht jeder, der einiges an Arbeit und Aufwand in das Setting gesteckt hat, Werbung für seine eigenen Konzepte und Ideen, und das lohnt sich auch, weil man zumindest durch die Hintertür genug einbringen kann, um halbwegs kanonisch mit dem eigenen Material weiterzumachen. MGWV.
Diese Toleranz geht so weit, dass Jamie Revell (Ttrotsky) sein auf den alten Klischees (Ritter, Kirchen) beruhendes "The Book of Glorious Joy" über Loskalm bei einem anderen Verlag veröffentlichen durfte, und auch sein "Kingdom of the Flamesword" war als pdf legal (!) ins Netz gestellt.
Gerade aktuell gibt es eine große Debatte zwischen Glorantha-Experten zur Darstellung des Malkionismus , wo differente Expertisen hitzig aufeinerprallen. Jeff hat den Reigen eröffnet mit einem abstract zu dem Thema sowie Diskussionspunkten. Ich habe keine Zweifel daran, dass sie das Supplement hierzu auf Basis der Experten bauen aber keineswegs irgendwelchen "Loregralshütern" nachrennen.
Das ist keineswegs nur eine "Experten"-Debatte. Außerdem herrscht da auch eine erhebliche Meinungsvielfalt mit teilweise unüberbrückbaren Differenzen zwischen den Leuten außerhalb von Chaosium.
Letztlich gilt: wer spielt, hat recht, bzw. wer Sachen schreibt, nach denen andere spielen, hat recht, bis es etwas Offizielles gibt.
Dass offizielle Autoren bestimmte Sachverhalte gründlich verkehrt darstellen können ist in der Vergangenheit passiert. Frühere offizielle Gralshüter haben auch schon mit ihren eigenen Interpretationen der "heiligen Quellen/Greg's Papierkorb" für Entwicklungen gesorgt, die aus dem Ruder liefen. Bei den HeroQuest1-Publikationen fehlte an manchen Stellen das Content-Editing, und manche Ansätze in Hero Wars waren weit über das Ziel hinausgeschossen.
"Elfen"ich bin durchaus auch der Meinung, daß mal ein Elfenbuch angesagt wäre. Was die Motivation der Gloranthaelfen betrifft auf Abenteuer auszugehen, so muß man die eben im QB ansprechen und falls noch nicht vorhanden, vollkommen neu erschaffen... soviel kreativität muß in einem rollenspiel erlaubt sein.
Solange die Aldryami dabei das bleiben, was sie in der Mythologie von Glorantha darstellen.
Die meisten RQ2-Spieler verbinden mit Elfen und Zwergen die NPCs aus Griffin Mountain, die leider nur sehr bedingt dem entsprechen, was sie laut RQ2 und späteren Beschreibungen sein sollten.
Shannon Appel(cline)s Elfenbuch bei Mongoose hatte interessante Spekulationen, die zumindest mir gewisse Bauchschmerzen bereiten würden, wenn sie als die offizielle Wahrheit betrachtet würden. Ich bin bereit, das Buch als Diskussionsansatz zu betrachten, mehr aber auch nicht.
Aldryami ausserhalb ihrer Wälder sind für mich konzeptionell ähnlich wie Ludoch-Meermenschen an Land... eine Ausnahme.
Genau genommen existieren die echten Glorantha-Aldryami und Glorantha-Mostali in einer nicht-tolkienesken Weise erst seit den Darstellungen im Guide, also seit 2012. Hier wurde zum ersten Mal deutlich, dass das keine Elfen und Zwerge sind, wie man sie kennt. Davor gab es zwar seltsame Charakteristierungen in Elder Secrets etc., aber auf den Bildern sah man Renaissance-Zwerge und D&D-Elfen.
Elder Secrets musste ja leider ohne Illustrationen auskommen (das, was Avalon Hill da reingezwungen hatte, war abscheulich - und gegen den Willen des fest angestellten Graphikers, der das abliefern musste). Das RQ3 Glorantha Bestiary hatte immerhin schon Laub statt Haaren.
Die Darstellung der Hellwood-Elfen in Dorastor war schon deutlich anders, aber da haben wohl viele "Chaos" gedacht.
Die Darstellungen im MRQ-Buch gingen ein wenig in Richtung "Menschen mit Broccoli-Köpfen", waren aber schon auf dem richtigen Weg.
Meiner Meinung nach sollte man die humanoiden Aldryami nicht "Elfen" nennen, sondern nach ihren Gattungsnamen Vronkali, Mreli und Embyli, und Aldryami als Sammelbegriff. Der Begriff "Elf" weckt all die Assoziationen, die man vermeiden will. Aber das habe ich schon vor 25 Jahren vergeblich angeregt.
Die Zwerge... sehen knuffiger aus, als sie sind. Die aus Greatway sind noch die verträglichsten, und die haben sich bei den Maschinenkriegen so richtig als Arschlöcher geoutet. Noch orthodoxere Clay-Mostali sind am ehesten als Roboter zu verstehen.
All das fehlt derzeit für die Aldryami und Mostali, für die im Prinzip keine Abenteuer oder Szenarien vorliegen, außer den Skizzen in Elder Secrets oder den oft verschmähten Sachen aus der MRQ-Zeit.
Ich blättere gerade im MRQ-Buch, dessen Abschnitt über Abenteurer so anfängt:
Leaving Home
The first rule of Aldryami is that they do not leave their forests. As a Player Character, your Aldryami has left the forest, creating something of a contradiction.
Shannon macht dann zwei Vorschläge, "Being Rootless" - Elf nach Aussehen und Ausrüstung, aber nicht nach Verhalten (also Mensch mit anderen Stats) und "Being Well-Rooted", ein Vorschlag, den man ernster nehmen kann.
If a well–rooted Aldryami leaves his forest he must have a goal. It will be a mission or a purpose that in some way is important to his people. It could be something that is entirely open–ended, such as a need to learn about the various peoples of the world to increase the knowledge of the forest, or it could be a very specific mission, such as recovering a lost seed. However, if a mission is so specific, you should be ready for your Aldryami to go home when it is completed.
Yup, damit kann ich leben. Einzelne Ausnahmen, die sich für eine bestimmte Aufgabe ein Stück weit aus ihrem Wald herauswagen. Sowas könnte man mit etwas (ok, recht viel) Phantasie den Aldryami aus Griffin Mountain unterstellen.
Wie gesagt, Elfen außerhalb ihrer heimatlichen Wälder sind wie Ludoch an Land, nur dass sie sich besser vorwärtsbewegen können.
Bleibt noch das Spiel innerhalb der Gesellschaft der Aldryami. Am besten irgendwo, wo auch andere Spezies vorkommen - Vale of Flowers, Umathela, Jrustela (zur Zeit der Landhebung), Elder Wilds, Maslo (beide Seiten), Dorastor.
Oder Teilnahme am großen Genozid, der Wiederaufforstung.
(ich meine ohne Entenquellenbuch geht langfristig gar nix )
Ich persönlich kann mir eine Menge Quellenbücher vorstellen, die ich vor den Enten sehen möchte.
Enten existieren in meinem Glorantha, ich habe mir auch diverse Gedanken dazu gemacht, wo und wie sie mit meinem Glorantha interagieren. Aber ein Quellenbuch brauche ich dafür nicht, und das von Mongoose fand ich ehrlich gesagt trauriger als den Respekt, den die Enten nicht bekommen.
Ansonsten muss ich sagen, dass ich die Forderung nach Aldryami und Mostali als spielbaren Völker nicht nachempfinden kann. Ich finde es völlig okay, dass diese Völker nur als NPCs auftreten, genauso wie Drachenmolche. An Trollpak reizt mich auch vor allem, dass die Uz dort genauer beschrieben sind, der Fakt, dass man sich damit auch Trollchars bauen kann, ist für mich eher ein zusätzliches Gimmick.
Der eigentliche Wert, den ich aus Trollpak gezogen habe, war die schlüssige und ziemlich vollständige Beschreibung der Geschichte und Vorgeschichte von Glorantha. Der Text im Guide (geerbt aus der Genertela-Box, aber verfeinert) ist qualitativ ähnlich, aber Trollpak war der Vorreiter.
Ich frage mich bei Kampagnen mit einer Menagerie als Spieler-Charakteren immer, was für einen Stil die Kampagne hat. Wenn das ein fröhliches Musketiere-Spiel ist, warum nicht. Glorantha the Musical. Ich persönlich bevorzuge etwas stärkere Setting-Treue, aber MGWV.
Abenteuer mit Mostali bzw. Aldryami als NPCs - Auftraggeber und Widersacher - kann ich mir gut vorstellen, und dafür Themenpacks zu machen würde ich als sinnvoll betrachten. Ditto Dragonewts und Merfolk, oder andere Nichtmenschen.
Sehe ich eher anders. Jeff ist halt derjenige, der bei RQG auf eine Kohärenz der Inhalte achtet und der eine gewisse Glorantha-Vision ausbaut, die nicht zwingend die Glorantha-Träumereien vieler Fans ist. Dass er auf eine Stimmigkeit und Kohärenz setzt, die bis in die Details des Artworks geht, zeichnet ihn aus und macht RQG erst so gut.
Kohärenz der Inhalte ist bei vielen Diskussionen (ob mit oder ohne Jeffs Beteiligung) das Ziel der Debatten.
Ein Teil des neuen Stils ist meiner Meinung nach Marketing. Jeff gibt privat bereitwillig zu, dass der Technologie-Level von Glorantha sich irgendwo zwischen Eisenzeit und Antike bewegt, wenn man vom etwas anderen Hauptmetall absieht - er selbst hat bestimmte Bestandteile der Mykenischen Kultur auf die Vingkotlings projiziert, "vor etwa 5000 Jahren". Und alle sind sich einig, dass es seitdem technologisch wie magisch Fortschritte und erhebliche Rückschritte gab.
Chaosium braucht Alleinstellungsmerkmale für das System RQG und die Welt Glorantha, mit der sie auf dem US-Markt Kunden anziehen können. So traurig das ist, aber der europäische Rollenspielmarkt ist gemessen am Gesamtumsatz des Hobbys eine kleine Nische. Die offizielle Linie lautet deshalb, dass RQG auf einer bronzezeitlichen Welt spielt - worunter sich vielleicht 5% der Kundschaft etwas konkretes vorstellen können. Der Rest sieht Brad Pitt in Troy, Charlton Heston in Sandalen und eventuell Kevin Sorbo und Lucy Lawless in Herkules und Xena.
Die Wikinger-Nische bekommt ihr eigenes RuneQuest - Myhic Iceland ist von der alten Chaosium-Version auf drei Bände angewachsen, hat einen Regelwerk-Anteil, und wird wahrscheinlich sehr gut werden, aber die Produktionskapazitäten (personell wie auch finanziell) werden momentan auf RQG gebündelt (und schon da sind wir am Nörgeln). Ein Grund mehr, Glorantha weniger an den Wikingern zu orientieren.
Trotzdem schießt Jeff da teilweise weit über das Ziel hinaus, und Wolfspiraten im gepaddelten Hjortspring-Boot wären kein Bisschen weniger bronzezeitlich als die komischen Vögel der Meervölker vor Ägypten. Dass die Nordmänner vom Vorhof des Gletschers im südlichen Genertela fast nackt rumlaufen, kann ich allerdings nachvollziehen.
Für die Seevölker gibt es ein Osprey-Buch, wie auch für die Minoer, Mykener und Hethiter. Für die skandinavischen Bronzezeitler gibt es das nicht... aus den bis zu 4000 Jahre alten Steingravierungen lassen sich die Klamotten halt schwer nachvollziehen, für die anderen gibt es altägyptische Illustrationen.
Aber, um Nick Brooke zu zitieren: Parallels aren't. Und die Seefahrer aus Mykene, Kreta und Troja sind halt keine Inlandbewohner wie die Orlanthi. Die Aun-Jetitzer Erschaffer der Nebra-Scheibe oder die frühesten Salzhauer in Hallstatt passen da wesentlich besser. Nur die kennt in Amiland kein Schwein.
Ötzi kennt man. Mit Ötzi kann man argumentieren - immerhin ist der älter als die Bronzezeit. Aber das war es dann auch schon aus dem Alpenraum.