@Issi: Herzlichsten Dank, dann werde ich hier nach und nach ein paar meiner selbstgemachten Bösewichte vorstellen.
Den Anfang mache ich jetzt aber doch mit einem, den ich als Spieler erlebt habe. SL war mein Bruder.
In seiner Fantasy-Runde war unser Hauptantagonist ein Herrscher, der sich im eigenen Land unter dem Titel
Der Große Wohltäter verehren ließ. Von der eigenen Bevölkerung wurde er geradezu fanatisch verehrt, außerhalb seines Landes gefürchtet: seine Armee war extrem hochgerüstet, sein Geheimdienst enorm fähig. Mit den Nachbarländern lavierte er ständig am Rand eines Kriegsausbruches.
Zwei meiner Mitspieler hatten den Plan gefasst, in den Palast des "Wohltäters" einzudringen, um ihn zu entführen. Allerdings wandten sie sich mit diesem Plan recht offen an die Regierung eines der Nachbarländer. (Wir erinnern uns: der Wohltäter hatte einen extrem fähigen Geheimdienst.) Die Entführungs-Spielsitzung verlief daher wie folgt:
Die beiden SCs drangen durch die Kanalisation in den Palast ein. Dort mussten sie gegen Wächterfische mit scharfen Zähnen und scharfen Flossen kämpfen. Anschließend suchten sie den Palast Stockwerk für Stockwerk ab und stellten fest: er war beunruhigend leer. Nur gelegentlich stand ein einsamer Wachposten mit dem Rücken zu den SCs und drehte sich nicht um, selbst als die SCs versehentlich eine Rüstung umrissen (kritischer Fehler beim Schleichen
).
Die offen sichtbar postierten Wachen waren allesamt jugendliche Rekruten mit der Anweisung, die SCs zu ignorieren. Die richtigen Wachen hielten sich hinter Geheimtüren bereit und beobachteten jeden Schritt der SCs.
Die SCs probierten nacheinander diverse Türen aus und fanden sie unverschlossen. Dahinter befanden sich prächtige, offensichtlich unbewohnte Gemächer. Nur zwei Türen waren verschlossen und die SCs schafften es auch nicht, sie zu öffnen.
Schließlich gelangten sie in ein großes, repräsentatives Gemach. In einem riesigen Himmelbett lag jemand. Die SCs näherten sich vorsichtig dem Bett und beugten sich gerade darüber, als hinter ihnen eine Stimme ertönte: "Da seid ihr ja endlich."
Als sie herumfuhren, sahen sie den Großen Wohltäter an einem Schreibtisch sitzen, vor sich eine Karaffe und drei Kelche. Als er sie aufforderte, ihm gegenüber Platz zu nehmen, waren sie viel zu verdattert, um etwas anderes zu tun. Was nun folgte, war ein Vorstellungsgespräch, das damit endete, dass die beiden SCs in seine Dienste traten. "Hier sind die Schlüssel zu euren Gemächern, das waren die beiden, die ihr vorhin nicht aufbekommen habt. Und um Himmels Willen -- wascht euch!"
Für den Rest der Kampagne standen die beiden SCs in Diensten des Großen Wohltäters, was uns einige der genialsten "Player vs. Player"-Momente aller Zeiten bescherte.
Die obige Szene ist repräsentativ für die Finesse, die uns der Große Wohltäter als Antagonist entgegensetzte. Immer wieder schaffte er es, unsere eigenen Pläne gegen uns zu drehen, sodass wir unterm Strich
für ihn arbeiteten. Aus diesem Grund gehört er bis heute zu meinen absoluten Lieblingsbösewichten.