Ist mittlerweile auch RAW eine Frage des "Spielstils"?
Ja und Nein.
Formell: Nein, weil das nicht viel miteinander zu tun hat.
RAW kommt aus der Betrachtung RAW vs. RAI und die betrifft nicht den Anwendungskontext.
Zum besseren Verständnis: Ja, weil Wortlaut bzw. Inhalt der Regeln das eine sind, aber längst nicht alles beschreiben, was am Tisch passiert.
Für die Ohren vieler Spieler trifft "Wir spielen RAW" keine Aussage darüber, ob ich als SL z.B.
- hinter dem SL-Schirm Würfelergebnisse zugunsten der Spieler manipuliere,
- anderweitig hinter den Kulissen eingreife, wie etwa bei ungünstigem Kampfverlauf Rest-HP kurzerhand zusammenstreichen, Sonderfertigkeiten/Talente/Zauber nicht (mehr) zu nutzen oder geplante Verstärkungen doch nicht anrücken zu lassen,
-
"Combat as War" oder "Combat as Sport" betreibe mit allem, was diese Haltungen auch abseits von Kämpfen so implizieren,
- grundsätzlich keinen SC abseits einer (i.d.R. nicht sonderlich genau definierten) "dramaturgisch passenden" Situation oder gar nur mit Erlaubnis des zugehörigen Spielers sterben lasse.
Das gilt meiner Erfahrung nach sogar dann, wenn ein Regelwerk sich zu diesen Fragen relativ deutlich positioniert.
Und dass sie das für den Normalzustand halten und Spielleiter, die einen anderen Stil präferieren - beispielsweise den 80er-Jahre-Stil von Pikaresker Hobo - das gefälligst vorher anzukündigen hätten. Dabei ist bereits die Auswahl des Regelwerks AD&D ein deutlicher Hinweis darauf, mit welchem Spielstil zu rechnen ist.
Unabhängig davon, was ich als Spieler für den Normalfall halte, ist es mMn unabdingbar, dass man explizit über den angepeilten Stil spricht.
Gerade bei traditionellen Regelwerken ist durch die Systemwahl kein hinreichender Rückschluss möglich - im besten Fall hat man schon mal eine grobe Richtung und hat das mit 1-2 Fragen geklärt, aber das würde - da bin ich bei dir - voraussetzen, dass auf allen Seiten die passenden Begriffe und Perspektiven bekannt sind.
Das war hier offensichtlich nicht der Fall, wenn eine Seite aufgrund einer Spielstildifferenz zu dem Schluss kommt, die andere Seite hätte es persönlich auf sie abgesehen und wollte ihnen das Spiel kaputtmachen ("Was bist'n du für'n Arsch").