Autor Thema: Sorry, it's all Story  (Gelesen 26960 mal)

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Online Jiba

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Sorry, it's all Story
« am: 11.08.2019 | 19:34 »
Im "Matt Mercer"-Thread gabs einen interessanten Nebenstrang, den ich hier weiter ausdiskutieren mag. Er ist entstanden aus der Aussage von populären D&D-Streamern, dass es beim Rollenspiel ja primär um "Story" ginge und das gemeinsame Erzählen von "Story".

Das wollten einige ARSler und Simulationisten unter uns nicht so stehen lassen: "Story" ist eine Kategorie, die erst einmal die Narrativisten zu verantworten haben, die schleichend den Begriff als Buzzword in den Diskurs geschmuggelt hätten.

Woraufhin ich mit dem Hinweis reagierte, dass ja beim Rollenspiel immer erzählt wird. Gleichsam, dass das das Grundsätzliche ist, was wir beim Rollenspiel sogar tun müssen, damit wir überhaupt spielen. Ich gehe jetzt hier an dieser Stelle noch weiter und sage: Beim Rollenspiel entsteht unweigerlich auch immer eine Geschichte – und falls mal keine entsteht, so nehmen wir das wahrscheinlich durch die Bank als unrollenspielerisch war.

Reaktion:
Naja, das klingt nach einer Aussage, die dazu dient die eigene Präferenz zu erhöhen. Welche Narrativ-Regel hatte die DSA 1E-Grundbox?
Eine Pseudo-Realität wird auch immer simuliert und ein Spiel ist es auch immer. Es gibt allerdings Extremformen, die fast vollständig auf eine der drei Komponenten verzichten können (zB Abenteuer, die im Wesentlichen nur eine Abfolge von Kämpfen sind, verzichten auf genau das was Storygamer im Rollenspiel suchen).

Das ist alles wahr (bis auf den ersten Satz).
Rollenspiel besteht aus narrativen, simulierenden und spielerischen Elementen. Das übersehen wir gerne, wenn wir uns hier ob unserer unterschiedlichen Spielstile die Köpfe einschlagen. Ist eigentlich immer alles da. Auch wenn ich so weit gehen würde und sagen würde, wir können hier die Begriffe weit runterreduzieren auf ihre Grundbedeutungen.

Selbst im erzählerischsten, forgy-progy Indie-Game, in dem man seinen Charakternamen tanzt, herrschen grundsätzliche, simulierende Strukturen und zwar in einer ganz einfachen Form: Kausalität. Wenn, dann. Das ist nämlich nichts anderes als Simulation. Abbildung von Kausalitäten. Evtl. auch von Wahrscheinlichkeiten, aber das ist gar nicht zwingend notwendig. Wenn wir simulieren, dann imitieren wir Kausalitäten. Das hängt auch stark zusammen mit Crimson Kings oft benutztem Begriff der Genreemulation, denke ich. Man "simuliert" quasi die Kausalitäten und "Wenn, dann"s in bestimmten Genres. Das kann alles ganz anders ablaufen als in unseren eigenen, von den Naturgesetzen bestimmten Welten. Aber wo wir Kausalitätsabfolgen darstellen, da simulieren wir auch irgendwo, würde ich sagen.

Gleichfalls erzählen wir auch immer. Und da muss ich Vermi auch widersprechen (und zugleich auch irgendwo zustimmen):

Zitat
Das kann man so darstellen, ist dann aber irreführend. Der Modus Operandi des Rollenspiels ist das Verhandeln eines fiktionalen Geschehens. Natürlich ist dieses fiktionale Geschehen in irgend einer Weise ein Narrativ, genauso, wie es in irgend einer Weise ein Narrativ ist, wenn ich dir erzähle, was ich gestern so gemacht habe. Das ist aber wohl kaum gemeint, wenn die Leute im Hinblick auf Rollenspiel von "Story" reden. Sondern was sie damit meinen, ist gezielt dramaturgische und erzählerische Techniken zu verwenden, um eine genre-typische oder jedenfalls irgendwie strukturell als solche erkennbare Handlung mit Spannungsbogen und Abschluss zu erzählen.

Das ist alles nicht von der Hand zu weisen. Das "Verhandeln eines fiktionalen Geschehens" ist ja "erzählen". Sobald der Dungeon eine Hintergrundgeschichte hat, es eine Quest gibt, die die SCs in diesen Dungeon treiben, wird da eine Geschichte erzählt. Das ist vielleicht kein aristotelischer Dreiakter. Aber das sind ja nicht die einzigen Geschichten, die man erzählen kann. (Ich würde sogar behaupten: Damit etwas eine Geschichte wird, braucht man lediglich ein "But then...". Ausgangssituation + Aber dann... + Endsituation. Zwischen den "Pluszeichen" findet beim Rollenspiel die Action statt, die Einflussnahme.)

Also, entgegen Alexanders Behauptung gibt es keine Extremform des Rollenspiels, die auf Story verzichten kann!

Ein Abenteuer ist auch nichts anderes als eine bestimmte Form von Geschichte. Ein Abenteuer ist letztlich auch nur eine dramaturgische Kategorie: Leute ziehen aus, trotzen Gefahren, heben den Schatz und/oder besiegen den Bösewicht, kehren wieder Heim oder sterben beim Versuch.

Insofern: Ja. Natürlich hat selbst das Ur-D&D irgendwo narrative Regeln und Techniken. Das "Zero to Hero"-Prinzip, bei der aus dem kleinen Abenteurer der große Lvl 20-Krieger wird, ist auch eine narrative Schablone. Selbst wenn der Held vor seiner Zeit stirbt. Und ich glaube, dass das genau das ist, was Rollenspieler meinen, wenn sie von "Story" reden: Die Spielfiguren erleben was, greifen ins Geschehen ein. Bzw. der Fakt, dass da überhaupt ein Geschehen passiert, dass es beschrieben wird, dass es da Antagonisten gibt, eine Opposition.

Es ist vollkommen egal, ob das alles aus einer Zufallstabelle stammt oder von den Spielern selbst per Faktenschafferei herbeifabuliert wird:
Überall da kommt letztlich eine Narration raus. Und wir können nicht Rollenspiel spielen, ohne was zu beschreiben. Ohne was zu erzählen. Wir würden auch, wenn wir einen Rollenspielabend beschreiben, nicht ausschließlich in Zahlen und Würfelergebnissen reden. Wir füllen sie mit Bedeutung. Und das ist narrative Bedeutung.

Letztlich suchen "Storygamer" also nur eine bestimmte Art von Story und nicht "Story an sich", denn die gibt es ja in allen Rollenspielen.

Ich würde also sagen: Reden wir nicht von Narrativismus, den haben wir nämlich alle. Reden wir nicht von Simulationismus, haben wir nämlich auch alle. Und wenn die meisten Rollenspiele "Story" sagen, dann meinen sie eigentlich nur "meinem Charakter passiert was Cooles / was Spannendes / was Herausforderndes" oder "mein Charakter verändert die Spielwelt". Und da glaube ich auch nicht, dass da groß über Dramaturgien nachgedacht wird. Wir Menschen füllen Leerstellen automatisch narrativ in der Vorstellung, damit es für uns am Ende "rund" ist.

Zum Schluss noch ein Zitat, das mich irgendwo auch bestätigt:

Zitat
"The Dungeon Master is pivotal, of course, but the players are just as important, for they are the primary actors and actresses in the fascinating drama which unfolds before them."
- Mike Carr, TSR Games & Rules Editor, im Vorwort des "Advanced Dungeons and Dragons Player's Handbook", 1978

Also, was ist eure Meinung: Was bedeutet denn "Story" im Rollenspielkontext für euch?
« Letzte Änderung: 11.08.2019 | 19:42 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Megavolt

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #1 am: 11.08.2019 | 19:39 »
Also, was ist eure Meinung: Was bedeutet denn "Story" im Rollenspielkontext für euch?

Story ist das, was während einer Sitzung als Ingame-Inhalt passiert ist, wenn ein unbeteiligter Beobachter zugesehen und es mitgeschrieben hätte.

Offline Rhylthar

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #2 am: 11.08.2019 | 19:42 »
Story ist das, was während einer Sitzung als Ingame-Inhalt passiert ist, wenn ein unbeteiligter Beobachter zugesehen und es mitgeschrieben hätte.
Kann ich im Großen und Ganzen so unterschreiben.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline BBB

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #3 am: 11.08.2019 | 19:46 »
Story ist das, was während einer Sitzung als Ingame-Inhalt passiert ist, wenn ein unbeteiligter Beobachter zugesehen und es mitgeschrieben hätte.

Yepp. Dem kann ich mich glaube ich auch vorbehaltlos anschließen.
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Spielt zur Zeit: DSA Briefspiel, sowie 3-6 DSA Larps pro Jahr. Am Tisch: derzeit nix ;D

Würde gern spielen: Altered Carbon, Shadowrun, Cyberpunk, irgendetwas aus diesem Genre... außerdem The Witcher, Nesciamus, Vampire, ... irgendwas

Online Jiba

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #4 am: 11.08.2019 | 19:47 »
Also am Spieltisch selbst kann nicht die Bewertung entstehen: Oh, wir spielen oder erzählen da gerade eine Geschichte? Also, während man dabei ist, Handlung zu beschreiben, für den eigenen SC bzw. die Spielwelt? Wie das?
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Megavolt

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #5 am: 11.08.2019 | 19:48 »
Also am Spieltisch selbst kann nicht die Bewertung entstehen: Oh, wir spielen oder erzählen da gerade eine Geschichte?

Doch, aber dass eine solche Bewertung stattfindet, ist ja belanglos dafür, was am Ende als Story herumkommt.

Offline Maarzan

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #6 am: 11.08.2019 | 19:58 »
Unterpunkt 2 in:
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,106954.msg134631493.html

bzw. noch einmal gesäubert:

2. "Story"
Story wird in verschiedenen Bedeutungen munter durcheinander geworfen und bringt so nahezu jede Diskussion zu einem Unfallstop. Also auch hier der Versuch einer Differenzierung:

a) Sich ergebende Handlung:
Wenn in einem konkreten (also nicht völlg abstrakten) Umfeld Handlungen stattfinden gibt es auch immer etwas hinterher zu erzählen bzw. aus dem man eine Geschichte spinenn könnte - Qualität ist hier ausdrücklich außen vor. So etwas lässt sich quasi nicht vermeiden und ist demnach sowohl trivial wie auch KEIN "Ziel"/"Priorität" der Betreffenden beim Spielen.

Folgende Elemente beinhalten hingegen einen bestimmten Qualitätsanspruch an das Ergebnis, die resultierende Geschichte.

b) Aufgeprägte Geschichte
Hier hat eine Person eine bestimmte Geschichte vorbereitet/im Sinn und sorgt für deren Durchsetzung. Die anderen sind dabei nur Hilfsdienstleiter bzw. Konsumenten des so entstehenden semiinteraktiven Mediums - also nicht wirklich ein Spiel (zumindest in seinem Kern) sondern ein von einem Gestalter zur Verfügung gestelltes, weitgehend konsumierendes Medium. 
EDIT: Das hier entscheidende und priorisierte Element ist, dass diese Geschichte bestimmte künstlerisch empfundene Qualitäten und Eigenschaften besitzt: Drama, Struktur, "Sinn" etc. (welche bei freier Gestaltung im Rahmen von Spiel eben nicht garantiert werden können, sondern gute Chancen haben irgendwo von einem Beteiligten zerschossen zu werden. 


c) Gestaltete Geschichte
Die Geschichte wird in ihrem Entstehen von den Beteiligten nach paritätischen, wenigstens aber auch auf gerade dieser Meta/Erzählebene festgelegten Erzähl-/Gestaltungsrechten zu einem bis zur Auflösung des Spielanteils prinzipiell offenen Ziel gemeinsam gestaltet.
EDIT: Die künstlerische Gestaltung der Handlung steht zwar im Kern des Interesses aller Beteiligten. Allerdings ist jedem auch klar, dass er nicht in der Lage ist die eine von ihm als ideal angesehene Form durchzusetzen und daher die so von mehreren als Spiel gestaltete Geschichte am Ende ebenso nur begrenzte bzw. zufällige Qualität erreicht.


Und Narrativisten waren die mit "Story now", wenn einem sehr speziellen Typ "Story".
Ich würde sogar so weit gehen: eher einem ganz speziellen Typ Simulation.
« Letzte Änderung: 11.08.2019 | 20:02 von Maarzan »
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Online Sashael

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #7 am: 11.08.2019 | 20:04 »
a) Sich ergebende Handlung:
Wenn in einem konkreten (also nicht völlg abstrakten) Umfeld Handlungen stattfinden gibt es auch immer etwas hinterher zu erzählen bzw. aus dem man eine Geschichte spinenn könnte - Qualität ist hier ausdrücklich außen vor. So etwas lässt sich quasi nicht vermeiden und ist demnach sowohl trivial wie auch KEIN "Ziel"/"Priorität" der Betreffenden beim Spielen.
Warum?
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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #8 am: 11.08.2019 | 20:05 »
Also am Spieltisch selbst kann nicht die Bewertung entstehen: Oh, wir spielen oder erzählen da gerade eine Geschichte? Also, während man dabei ist, Handlung zu beschreiben, für den eigenen SC bzw. die Spielwelt? Wie das?

Kann, muss aber eben nicht. Ich möchte dieses Gefühl z.B. vermeiden. Vereinfacht habe ich schon genug aristotelische Drei-Akter konsumiert, sobald mein Spiel danach riecht, wittere ich mittelmäßige Klischees. Was nicht heißt, dass alles narrative Spiel ins klischeehafte abrutschen muss. Mir ist nur das Risiko zu hoch.

Grüße

Hasran

Offline Lord Verminaard

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #9 am: 11.08.2019 | 20:18 »
Man kann sich das ja alles so hindefinieren, wie man will, die Frage ist, ist es dann noch aussagekräftig? Strategiespiele erzählen auch eine Geschichte, auf ihre Weise. Fußball erzählt Geschichten, und was für welche. Ein Pokerspiel kann eine markerschütternde Dramaturgie haben. Das sind alles valide Feststellungen, sie erklären aber nicht, warum ausgerechnet Story hervorgehoben wird, wenn es um Rollenspiel geht.

Ich bin weit weniger gut informiert über die minutiösen Details der Anfänge unseres Hobbies, als einige andere hier, aber wenn ich mal meine ursprüngliche Erfahrung mit D&D zugrunde lege, und meine Lektüre der roten, blauen und türkisen Box, dann geht eine D&D-Geschichte Anfang der 80er irgendwie so:

Da war ein Typ, der war ein Mensch und ein Kleriker (auch wenn über die Religion, der er diente, nichts bekannt war), mit etwas Glück hatte er einen Namen. Er war von Gesinnung Neutral. Aus unbekannten Gründen schloss er sich mit einem rechtschaffenen Zwerg und einem chaotischen Dieb zusammen, um Abenteuer zu erleben. Sie krochen in viele Höhlen und Ruinen, die sie mit größter Sorgfalt Elle für Elle für Elle durchsuchten und dabei alles töteten bzw. mitnahmen, was sie fanden. Manchmal gerieten sie sogar in Lebensgefahr. Manchmal starb einer von ihnen und sie mussten einen Teil ihrer Beute ausgeben, um ihn wiederzubeleben. Sie führten sorgfältig Buch über ihre Beute und kauften sich, wenn möglich, bessere Ausrüstung. Nach langen Abenteuern hatte unser Kleriker genug Gold, um sich eine Burg zu bauen und Gefolgsleute anzuwerben, um noch reichere Beute zu machen. Ende.

Wenn du gerade zwei Jahre deines Lebens damit verbracht hast, diese Kampagne zu spielen, und ich dich frage, was war denn daran das Beste, und du sagst mir, die Story, dann würde ich dich für debil erklären.
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Offline Maarzan

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #10 am: 11.08.2019 | 20:20 »
Warum?

Weil er dazu auf die Motivation (und nach originaler Vorstellung auch die Mittel) des Typ b) zugreifen müsste.

Aber der Hinweis ist eigentlich berechtigt. Auch ohne Metarechten kann ein Spieler durch entsprechendes Agieren seiner Figur einen gewissen Lenkungseffekt erzielen, welche in der Richtung seiner gewünschten Story geht - wenn auch mit sehr begrenztem Umfang und Zuverlässigkeit, außer im rein destruktiven Bereich: Beispiel Taschenlampenfallenlasser, und da dann doch eigentlich typischerweise auch unter Zugriff auf Metaeditierung.   
« Letzte Änderung: 11.08.2019 | 20:21 von Maarzan »
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Offline Crimson King

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #11 am: 11.08.2019 | 20:22 »
Man kann sich das ja alles so hindefinieren, wie man will, die Frage ist, ist es dann noch aussagekräftig? Strategiespiele erzählen auch eine Geschichte, auf ihre Weise. Fußball erzählt Geschichten, und was für welche. Ein Pokerspiel kann eine markerschütternde Dramaturgie haben. Das sind alles valide Feststellungen, sie erklären aber nicht, warum ausgerechnet Story hervorgehoben wird, wenn es um Rollenspiel geht.

Ich bin weit weniger gut informiert über die minutiösen Details der Anfänge unseres Hobbies, als einige andere hier, aber wenn ich mal meine ursprüngliche Erfahrung mit D&D zugrunde lege, und meine Lektüre der roten, blauen und türkisen Box, dann geht eine D&D-Geschichte Anfang der 80er irgendwie so:

Da war ein Typ, der war ein Mensch und ein Kleriker (auch wenn über die Religion, der er diente, nichts bekannt war), mit etwas Glück hatte er einen Namen. Er war von Gesinnung Neutral. Aus unbekannten Gründen schloss er sich mit einem rechtschaffenen Zwerg und einem chaotischen Dieb zusammen, um Abenteuer zu erleben. Sie krochen in viele Höhlen und Ruinen, die sie mit größter Sorgfalt Elle für Elle für Elle durchsuchten und dabei alles töteten bzw. mitnahmen, was sie fanden. Manchmal gerieten sie sogar in Lebensgefahr. Manchmal starb einer von ihnen und sie mussten einen Teil ihrer Beute ausgeben, um ihn wiederzubeleben. Sie führten sorgfältig Buch über ihre Beute und kauften sich, wenn möglich, bessere Ausrüstung. Nach langen Abenteuern hatte unser Kleriker genug Gold, um sich eine Burg zu bauen und Gefolgsleute anzuwerben, um noch reichere Beute zu machen. Ende.

Wenn du gerade zwei Jahre deines Lebens damit verbracht hast, diese Kampagne zu spielen, und ich dich frage, was war denn daran das Beste, und du sagst mir, die Story, dann würde ich dich für debil erklären.

Danke. Das trifft es für mich ganz gut.

Aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll, die Story, die sich halt aus den erspielten Ereignissen zwangsläufig ergibt, die aber in ihrer Essenz als Story keinen interessiert, irgendwie als Spielergebnis anzusehen und mit planvoll erspielten Geschichten auf eine Stufe zu stellen.

Der entscheidende Punkt ist dann doch, warum spiele ich Rollenspiel? Das kann man problemlos beantworten, ohne an das Wort Story auch nur zu denken.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #12 am: 11.08.2019 | 20:36 »
Weil ...
Danke.

Der entscheidende Punkt ist dann doch, warum spiele ich Rollenspiel? Das kann man problemlos beantworten, ohne an das Wort Story auch nur zu denken.
Und warum?
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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #13 am: 11.08.2019 | 20:38 »
Wäre es vielleicht nicht langsam an der Zeit Mechaniken oder Werkzeuge von den Spielzielen (oder Ästhetiken oder Creative Agendas) mal zu lösen? Nur weil jedes Spiel ne Art von Geschichte produziert, heisst das nicht, dass die ergebene Geschichte das Ziel des Spiels war. Genausowenig bedeutet eine Simulation, dass das das Erleben der aus der Simulation ergebenen Welt Ziel des Spiels ist. Auch ist das Überwinden selber autotmatisch das Ziel des Rollenspiels gewesen.
Irgendwie irritiert immer wieder, dass das Verwenden von Mechaniken und Werkzeugen immer wieder mit dem Spielziel gleich gesetzt wird.

Grade gesehen: Das was der Crimson King sagt.
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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #14 am: 11.08.2019 | 20:46 »
Einen kleinen Widerspruch habe ich:
Aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll, die Story, die sich halt aus den erspielten Ereignissen zwangsläufig ergibt, die aber in ihrer Essenz als Story keinen interessiert, irgendwie als Spielergebnis anzusehen und mit planvoll erspielten Geschichten auf eine Stufe zu stellen.
Oh. Da wäre ich mir nicht so sicher. Die Geschichte oder Teile daraus kann durchaus für den oder die Spieler selber enorm interessant sein. Die werden gerne weiter erzählt (gerne dabei auch bewusst oder unbewusst modifiziert).
Aber natürlich ging es bei der Runde dann weniger eine bestimmte Geschichte zu erzeugen, sondern den Fiesmöb umzunieten. Danach war die Geschichte durchaus wichtig zum (nachbearbeiteten) Weitererzählen.
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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #15 am: 11.08.2019 | 20:47 »
War Stories nennt man das dann, gibt's in jedem Sportverein und nach jeder Partie Axis & Allies. ;)
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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #16 am: 11.08.2019 | 20:49 »
War Stories nennt man das dann, gibt's in jedem Sportverein und nach jeder Partie Axis & Allies.. ;)
Den Begriff War Stories kannte ich noch nicht in diesem Zusammenhang.
Ansonsten. Jepp :)
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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #17 am: 11.08.2019 | 20:57 »
War Stories nennt man das dann, gibt's in jedem Sportverein und nach jeder Partie Axis & Allies. ;)
Wieviele Runden gibt es, in denen die mechanische Abarbeitung von Encountern komplett vom Rollenspiel losgelöst betrieben wird? Bzw. komplett ohne Rollenspiel auskommt?

Denn nur ohne jegliches ingame Rollenspiel kann man in meinen Augen diese Erlebniswelten gleichsetzen. Sobald ein normales basales Mindestmaß an Rollenspiel dabei ist, ist es eine völlig andere Art und Qualität von Story, die dabei produziert wird. Selbst wenn es eben gar nicht primär um das Produzieren einer Story gegangen ist.
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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #18 am: 11.08.2019 | 21:00 »
Wieviele Runden gibt es, in denen die mechanische Abarbeitung von Encountern komplett vom Rollenspiel losgelöst betrieben wird? Bzw. komplett ohne Rollenspiel auskommt?

Denn nur ohne jegliches ingame Rollenspiel kann man in meinen Augen diese Erlebniswelten gleichsetzen. Sobald ein normales basales Mindestmaß an Rollenspiel dabei ist, ist es eine völlig andere Art und Qualität von Story, die dabei produziert wird. Selbst wenn es eben gar nicht primär um das Produzieren einer Story gegangen ist.

Habe ich nie behauptet. Die Frage ist doch, worauf willst du hinaus? Welche Aussage willst du treffen? Was folgt daraus, zu sagen alles ist Story? Nichts folgt daraus. Die Aussage ist bei einer bestimmten Sichtweise richtig, trivial und nutzlos. Also worüber diskutieren wir hier?
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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #19 am: 11.08.2019 | 21:03 »
Story ist das, was während einer Sitzung als Ingame-Inhalt passiert ist, wenn ein unbeteiligter Beobachter zugesehen und es mitgeschrieben hätte.

Halte ich für schwierig. Warum imaginieren wir für diese Beschreibung einen Beobachter, wenn X Personen tatsächlich anwesend sind? Was gewinnen wir damit? Ich würde behaupten, das verschleiert nur eine bedeutende Komplexität. Nämlich, dass jede von den X Personen am Tisch eine eigene Erzählung der Geschehnisse haben wird. Oder wie ein Dozent mal das Mitschreiben in Vorlesungen kommentierte: "Wenn ich Ihre Mitschriften läse, würde ich wahrscheinlich denken: Interessante Veranstaltung. Wäre ich auch gern dabei gewesen."

Wir haben demnach also nicht eine Story, sondern mindestens X. Und eine Geschichte kann deshalb auch gar nicht Spielziel sein. Für Teilnehmende können stattdessen bestimmte fiktive Elemente und Handlungsmuster attraktiv sein.

Online Sashael

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #20 am: 11.08.2019 | 21:06 »
Also worüber diskutieren wir hier?
Gute Frage.

Warum wird die Aussage, alles sei Story, überhaupt gekontert? Wenn sie prinzipiell richtig und trivial ist, ergibt ein Konter doch gar keinen Sinn.
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Offline Thaddeus

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #21 am: 11.08.2019 | 21:08 »
Wieviele Runden gibt es, in denen die mechanische Abarbeitung von Encountern komplett vom Rollenspiel losgelöst betrieben wird? Bzw. komplett ohne Rollenspiel auskommt?
Exakt das sehe ich als Grundproblem der meisten Rollenspiele: Dass zwischen zwei (oder mehreren) Modi das Prozedere hin und her geschaltet wird. So ein bisschen wie bei alten (?) Konsolen-RPGs à la Final Fantasy.

Allerdings: wenn der SL nur so vor sich hin seiert und dies überhaupt (oder praktisch) keine Relevanz für meinen eigenen Beitrag zum Spiel/zur Story hat, kann er sich das auch schenken. Ich habe kein Problem damit, ohne erzählerischen Überbau von Raum zu Raum zu wandern, Monster zu schnetzeln, Schätze zu sammeln und dabei Riesenspaß zu haben.

IMHO besteht der große Gewinn an dem, was wir Forge-Systeme nennen (insb. pbta und FATE <- ist kein Forge-System im engeren Sinne, ich weiß) darin, die Story also die Erzählung und Elemente daraus, insgesamt für meine Entscheidungen und Beiträge im Spiel relevant zu machen.

Im guten alten DSA 3 gab es mal eine Erklärung, warum es keine Treffertabellen/-zonen  gäbe. Die Begründung: Es liefert mir doch im Spiel überhaupt keinen Mehrwert, zu wissen, dass ich dem Ork, dem ich gerade 28 TP beim Krit eingeschenkt habe, an der dritten Windung von oben am Zwölffingerdarm verletzt habe. Und das stimmt! Ich finde das ehrlich und richtig.

Wenn ich aber aus "Eingeweide des Unterleibs zerfetzt" einen Aspekt mache, den ich reizen kann, d.h. in meinen Beitrag zur Narrative einbauen kann, um dadurch den Fortgang der Geschichte in meinem Sinne zu beeinflussen, dann finde ich das SEHR spannend.

« Letzte Änderung: 11.08.2019 | 21:11 von Thaddeus »
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Offline Megavolt

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #22 am: 11.08.2019 | 21:11 »
Ich würde behaupten, das verschleiert nur eine bedeutende Komplexität. Nämlich, dass jede von den X Personen am Tisch eine eigene Erzählung der Geschehnisse haben wird.

Das wollte ich absichtlich ausblenden. Wir wissen auch nicht, ob der eine Reiter von Rohan gerade Liebeskummer hat, aber wir wissen, dass er mit in die Schlacht geritten ist. Die Beteiligung an der Schlacht ist für den Beobachter manifest, dementsprechend qualifiziert sich das für mich als Story.

Aber klar, man kann auch multiple Storys annehmen. Dann gehören halt alle Ereignisse zur Story, die ein jeweiliger Spieler beobachtet. Der wird auch im Bezug auf seinen eigenen Verhältnisse einen Wissensvorsprung haben, und seine Beobachtung wird im Hinblick auf andere Spieler defizitär sein.

Ich finde die beiden Varianten ehrlich gesagt gleichwertig.

 

Offline Lord Verminaard

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #23 am: 11.08.2019 | 21:12 »
Gute Frage.

Warum wird die Aussage, alles sei Story, überhaupt gekontert? Wenn sie prinzipiell richtig und trivial ist, ergibt ein Konter doch gar keinen Sinn.

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Re: Sorry, it's all Story
« Antwort #24 am: 11.08.2019 | 21:14 »
Gute Frage.

Warum wird die Aussage, alles sei Story, überhaupt gekontert? Wenn sie prinzipiell richtig und trivial ist, ergibt ein Konter doch gar keinen Sinn.
Weil sich eine etwas andere Aussage aus dem Kontext, aus dem dieser Thread ausgeleitet wurde, stellt. Ich zitiere mal Jiba:
Mal abgesehen davon das „telling a story together“ der grundsätzliche Modus Operandi jedes Rollenspiels ist. Du kannst jeder beliebige Simulationsrehel hinzufügen oder weglassen: Narrativ ist es immer. Erzählt wird immer. Und ich glaube sogar dass sogar noch vor Vampire einige Spieler D&D explizitste erklärt hätten.
Wir hängen am "telling a story together" sei der grundsätzliche Modus Operandi jedes Rollenspiels und so wie "story" hier definiert wurde, kannste das dann für alle Brettspiele und auch alle Sportarten sagen.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist