Autor Thema: Versuch einer groben Kategorisierung von simulationistischen RPGs  (Gelesen 10594 mal)

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Offline YY

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Die (abgemilderte) Todesspirale des Spiels könnte ohne Eskalationsmechanik dazu führen, dass am Ende die Kämpfe zäh und langweilig werden, weil man durch die Wundmodifikatoren ständig daneben haut.

Das ist eine Folge der gut gemeinten Herangehensweise, nur die offensiven Handlungen der Todesspirale zu unterwerfen, nicht aber die (ggf. passive) Verteidigung.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Maarzan

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1) Ist das so? Es fällt mir schwer das zu diskutieren, ohne dass man konkrete Beispiele für Systeme hat die auf Genresetting-Simulation abzielen. Mein erster Gedanke war so etwas wie die Ultima-CRPG-Serie, obwohl das natürlich auch sehr gamistisch ist. Vielleicht das erste Aliens TTRPG? Jedes Film-Setting ohne besondere Physik ist ein Kandidat.

2) Vielleicht ist der Unterschied ja einfach wieviele fantastische Elemente es gibt (darunter zähle ich auch Technologie die zumindest derzeit nicht möglich ist).

3) Stimmt. Aber da ist auch wieder die Frage auf die es keine allgemeingültige Antwort gibt: Ab wann wird Simulation im Rollenspiel als solche überhaupt erst erkennbar? Und ab wann würde man sagen, dass es eine gute Simulation ist?


1) Mein Versuch mit Beispielen:

RealweltSim: irdische Physik
SettingSim: Es gibt FTL
GenreSim: Wenn sie Situation kritisch wird, fällt der Beamer erst einmal aus - und zwar recht zuverlässig und den Leuten bekannt - nur die Ursache ist einfach unfindbar.
Emulation: Es wird von außen nach Lage festgelegt, welche Situationen storybedingt als kritisch zählen und dann selektiv der Beamer rausgenommen. Die Bewohner der Welt haben da keinen Plan von.

2) Nein, kann ich keinerlei Zusammenhang bei erinnern. Es kommt meinem Empfinden nach auf die Art der Elemente an.

3) Ob Simulation oder nicht ist von außen (wie auch Railroading) abgesehen von ganz groben Fällen auf den ersten Blick oft gar nicht so direkt zu erkennen.
Im Prinzip kann man es sogar aus anderer Perspektive mit Fokus auf den Spieler bzw. SL als ein Treuebekenntnis zu einer bestimmten Vorhergehensweise sehen. Dann macht der ausdrückliche Wille zur simulativen Herangehensweise (also ein in der Regel interner Zustand des Betreffenden) etwas zu einer Simulation - über Qualität haben wir dann allerdings noch gar nichts gesagt.

Aber die Chance Fehler oder gar bewußte Verstöße zu erkennen, steigt mit zunehmender Zahl an Stichproben, insbesondere, wenn dann an fokusierten Stellen genauer hingeschaut oder gar experimentiert wird. Dann beginnen sich spätestens die Fehler abzuzeichnen, erst recht wenn da dann hastig udn oberflächlich geflickt wird.
Aus Spielersicht sind einem Simulator aber gerade die Details und das Experimentieren wichtig und damit ist die Wahrscheinlichkeit, dass er solche Fehler entdeckt, entsprechend höher.

Gute Simulation im absoluten, theoretischen Sinne ist solche, welche höhere Deckung mit dem zu simulierenden System erzeugt, also mehr Details bei weniger Fehlern.
Gute Simulation für den Praxisfall ist eine Geschmacks-/Ressourcenfrage und damit nicht global beantwortbar. Alleine schon der Fokus/Bildausschnitt kann wechseln und damit eine für Bereich A als gut empfundene Simulation völlig unzureichend für Bereich B machen. Bewußte Manipulationen - insbesondere verdeckte, führen aber auf jeden Fall aus simulatorischer Sicht zur Abwertung.


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Offline Alexander Kalinowski

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Das trifft aus meiner Sicht eher auf Emulation zu. Simulation akzeptiert unplausible oder untypische Resultate, solange sie auf entsprechend niedrigen Wahrscheinlichkeiten beruhen.

Ich meinte allerdings Simulationismus, also die Präferenz von simulatorischen Aspekten über Spiel- oder Storyaspekten. Lieber kein Laserschwert für meinen PC in einer MERP-Kampagne als die Immersion zerstören, auch wenn das Schwert mächtige Werte hat. Und bitte auch keine dramatische Exploration der psychologischen Auswirkungen von Pfeiffenkraut-Abhängigkeit samt ihrer sozialen Konsequenzen. (Um es überspitzt zu verdeutlichen.)

Das ist eine Folge der gut gemeinten Herangehensweise, nur die offensiven Handlungen der Todesspirale zu unterwerfen, nicht aber die (ggf. passive) Verteidigung.

Ohne es zu weit auszuführen: Das Spiel hat ja Attacke und Paradewert, ähnlich wie bei DSA. Wundmodifikatoren wirken sich auf beide Werte gleichermaßen aus. Wenn jetzt zwei Charaktere aufeinandertreffen, die beide niedrige effektive AT/PA-Werte haben, dann besteht der Kampf idR aus einem Hin und Her von ineffektiven Schlägen, da häufig sowohl AT als auch PA scheitern. Die Eskalationsmechanik bildet in meine Augen stattdessen so etwas wie die wachsende Ungeduld der Kämpfenden ab.

Kurze Anmerkung: Aus simulationistischer Sicht müsste man eigentlich einen Opposed Test (AT vs PA) machen. Aber das würde einen ständigen AT/PA-Werteabgleich vor jedem Test nötig machen. Es spielt sich einfach flüssiger, wenn ich als Angreifer oder als Verteidiger nur meine eigenen Werte für meinen jeweiligen Wurf im Blick haben muss. (Ich will ja auch kein Phoenix Command der Fantasy-Genre-Emulation schreiben. Emulation ist für mich zwar der wichtigste Aspekt, aber eben nicht alles.)

1) Mein Versuch mit Beispielen:
[...]
2) Nein, kann ich keinerlei Zusammenhang bei erinnern. Es kommt meinem Empfinden nach auf die Art der Elemente an.

3) [...]
Aber die Chance Fehler oder gar bewußte Verstöße zu erkennen, steigt mit zunehmender Zahl an Stichproben, insbesondere, wenn dann an fokusierten Stellen genauer hingeschaut oder gar experimentiert wird. [...] Alleine schon der Fokus/Bildausschnitt kann wechseln und damit eine für Bereich A als gut empfundene Simulation völlig unzureichend für Bereich B machen. Bewußte Manipulationen - insbesondere verdeckte, führen aber auf jeden Fall aus simulatorischer Sicht zur Abwertung.

Ah, jetzt verstehe ich. Emulation ist für dich Simulation mit Exception Handling. Jedenfalls... der Zusammenhang ist der, dass sowohl meine "RealSim mit fiktiven Elementen" als auch meine Genresetting-Emulation bei dir wohl unter SettingSim fallen würden.

Wenn das betreffende Setting allerdings ein genretypisches Setting ist oder das einer festen IP, könnte man dann SettingSim als Teilsimulation eines Genres betrachten?
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Offline Maarzan

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Ich meinte allerdings Simulationismus, also die Präferenz von simulatorischen Aspekten über Spiel- oder Storyaspekten. Lieber kein Laserschwert für meinen PC in einer MERP-Kampagne als die Immersion zerstören, auch wenn das Schwert mächtige Werte hat. Und bitte auch keine dramatische Exploration der psychologischen Auswirkungen von Pfeiffenkraut-Abhängigkeit samt ihrer sozialen Konsequenzen. (Um es überspitzt zu verdeutlichen.)

Zu spät: Rolemaster Companion 1, Manafires (Arcane) Lvl8 fireblade ... 

Spaß beiseite. Die psychologische Auswirkung von Pfeifenkrautabhängigkeit wäre bei entsprechender Herangehensweise Simulation - halt ein ungewöhnlicher Fokus.


Ah, jetzt verstehe ich. Emulation ist für dich Simulation mit Exception Handling. Jedenfalls... der Zusammenhang ist der, dass sowohl meine "RealSim mit fiktiven Elementen" als auch meine Genresetting-Emulation bei dir wohl unter SettingSim fallen würden.

Wenn das betreffende Setting allerdings ein genretypisches Setting ist oder das einer festen IP, könnte man dann SettingSim als Teilsimulation eines Genres betrachten?
Emulation ist die Erzielung eines gewünschten Ergebnisses durch passende Eingriffe von außen, quasi Fassade anpinseln.

Vermutlich hinkend, aber vielleicht etwas einleuchtender:
Ein Auto auf einem Abgasteststand ist Simulation.
Die BMW-Variante mit der erklärten Ausnahmemechanik wegen Motorschutz ist Settingsim.
Die VW-Variante ist ganz grob noch Genre-SIM ...
Und Emulation ist die passenden gewünschten Prüfwerte direkt in den Auswertebogen zu schreiben.
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Offline Alexander Kalinowski

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Ja, ich denke damit kann ich leben.
Wenn man als Baseline RealSim nimmt, dann erweitert SettingSim den Realismus um fantastische Elemente. Da diese nicht in der Wirklichkeit gründen, kann niemand ernsthaft behaupten, dass deren Umsetzung in den Regeln unrealistisch wäre. Schlimmstenfalls sind sie halt nicht sehr settingtreu.
Das ist etwas anders bei GenreSim - wenn Autos idR beim ersten Treffer durch Schusswaffen explodieren oder es massives Heldenglück gibt, dann ist das nicht realistisch. Auch hier kann es Unterschiede in der Treue der Umsetzung geben. Diese Treue kann jeweils zwischen Teilen der Umsetzung fluktuieren.

Zu beachten ist, dass die obige Betrachtung von mir zunächst aus der Warte der Weltensimulation angestellt wurde. Wenn eine Regelwerk aber gar nicht versucht eine Welt durch die Regeln zu simulieren, sondern eher genretypische Geschichten und Gegebenheiten den Wendungen der erzeugten Geschichte unterworfen werden (vgl PbtA), dann simulieren Genre durch Story. Ich auch hier kann es RealSim, SettingSim und GenreSim geben - entsprechende PbtA-Hacks sind denkbar.

Zum Abschluss: man substituiere Simulation durch Emulation, wenn man die inneren Vorgänge nicht nachamt (BlackBox), sondern nur von außen reproduziert.

So ungefähr jedenfalls, denke ich.
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Offline Maarzan

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Ja, ich denke damit kann ich leben.
Wenn man als Baseline RealSim nimmt, dann erweitert SettingSim den Realismus um fantastische Elemente. Da diese nicht in der Wirklichkeit gründen, kann niemand ernsthaft behaupten, dass deren Umsetzung in den Regeln unrealistisch wäre. Schlimmstenfalls sind sie halt nicht sehr settingtreu.
Das ist etwas anders bei GenreSim - wenn Autos idR beim ersten Treffer durch Schusswaffen explodieren oder es massives Heldenglück gibt, dann ist das nicht realistisch. Auch hier kann es Unterschiede in der Treue der Umsetzung geben. Diese Treue kann jeweils zwischen Teilen der Umsetzung fluktuieren.

Zu beachten ist, dass die obige Betrachtung von mir zunächst aus der Warte der Weltensimulation angestellt wurde. Wenn eine Regelwerk aber gar nicht versucht eine Welt durch die Regeln zu simulieren, sondern eher genretypische Geschichten und Gegebenheiten den Wendungen der erzeugten Geschichte unterworfen werden (vgl PbtA), dann simulieren Genre durch Story. Ich auch hier kann es RealSim, SettingSim und GenreSim geben - entsprechende PbtA-Hacks sind denkbar.

Zum Abschluss: man substituiere Simulation durch Emulation, wenn man die inneren Vorgänge nicht nachamt (BlackBox), sondern nur von außen reproduziert.

So ungefähr jedenfalls, denke ich.

Ich hatte irgendwann noch gelesen, dass es ein "actionkinokonformes" Auto gibt - weil die dort den Tank und Auspuff wohl so verbaut haben, dass bei Löxchern im außen liegendne Tank das auch gleich noch entzündet wird ...

Die Umsetzung von Fantasyelementen wird da unrealistisch, wo die Folgen ihrer Existenz falsch extrapoliert (oder ignoriert) werden. Aber das ist dann nicht selten da auch ziemlich aufwändig und fehlerträchtig zu behandeln .


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