Für mich persönlich kann ich die Eingangsfrage mit "Ja" beantworten.
Das hat (...) damit zu tun, (...) dass ich mich nicht von der Masse des theoretisch Spielbaren und Interessanten abgrenzen kann. Gäbe es nur fünf Systeme in meinem Interessenbereich, dann könnte ich alle mal anspielen, letztendlich das finden, das am besten für mich funktioniert und es dann für jede neue Anwendung hausregeln, an Settings anpassen, hacken ...
So komme ich gar nicht dazu, mich jemals intensiv genug mit einem System auseinanderzusetzen, um auf der Ebene kreativ zu werden, bzw. denke jedes Mal wie eingangs von dir festgestellt: "Ach, dafür gibt es ja schon Variante XY, die gucke ich mir erst mal an, da hat ja jemand aufwändig designt, das wird schon besser sein als das, was ich mir jetzt als Hausregel für Spiel Z überlege."
Früher hätte ich meine High-Fantasy-Idee halt einfach mit DSA1 bespielt oder Midgard bespielt, so sehr das geknirscht hätte. Heute denke ich: "Nehme ich Mythras, weil ich da das System aus diversen Gründen besser lernen will? OpenQuest, weil es mir leicht von der Hand geht? (...) DCC, weil ich dafür in meinem Umfeld Mitspieler finde? D&D5, weil man das ja unbedingt auch mal probiert haben muss? (...) Oder versuche ich es zum X-ten Mal mit Fate?"
Natürlich stehen da eigentlich persönliche Entscheidungsfindungsprobleme im Vordergrund, aber die Masse an Systemen trägt definitiv dazu bei, die Lage zu erschweren ...
Du sprichst mir sehr aus dem Herzen, Rumpel.
Ich stehe vor genau dem gleichen Problem:
Ich habe zwar endlich eine Richtung gefunden, die ich spielen will (etwas bodenständiger, tödliches Kampfsystem, möglichst wenig neue Regelmechanismen im Laufe der Charakterentwicklung), aber dort habe
ich bereits einige Rollenspiele im Regal stehen:
Warhammer 2, eines meiner ersten grim& Gritty-Systeme
Hârnmaster, sehr stark auf Mittelalter ausgelegt, ohne From-Zero-to-Hero Progression
Als Quickstarter auf der Festplatte (und auch teilweise in ausgedruckter Form) wartet noch O.L.D. welchem ich mit etwas gemischten Gefühlen gegenüberstehe:
- Das Lifepath-System klingt gut, aber als jemand, der sehr gerne "by the book" spielt, fehlt mir eine origin Option aus der "mundanen Mittelschicht"
- Die Karrieren klingen insgesamt gut, auch "ungewöhnlichere" Auswahlen wie der Gladiator und der Inquisitor sind spielbar, aber für meinen Geschmack besteht bei den kämpferischen Karrieren ein zu starker Fokus auf Schwerter. Mehr "eine Waffenfertigkeit nach Wahl"-Optionen wären schön.
- Das Kampfsystem, welches durch die 2012 erschienene X-Com-Variante inspiriert wurde hatte mich zunächst sehr interessiert, aber nachdem ich mir auf Youtube einige Sessions inklusive Kämpfe angesehen habe, scheint mir "Contact" noch immer näher an X-Com zu sein.
Und auch ich bin jemand, der lieber schaut, ob es nicht irgendwo irgendein System gibt, das meine Vorlieben möglichst gut bedient, statt irgendwelche obskuren "Hausregeln" einzuführen, die das System womöglich irgendwann zerfetzen.
Ebenso versuche ich es "zum x-ten" Mal erneut mit Systemen, die ich eigentlich abgeschrieben habe (z.B. Mythras, Hârnmaster)
Womit hätte ich meine Ideen früher bespielt? Vermutlich entweder mit D&D 3.5 Core only...oder eher mit Rolemaster GRW-Only, auch wenn es wie bei Rumpel an manchen Stellen wohl ziemlich geknirscht hätte.
Aber wir haben ja die Auswahl und es wäre doch zu schade, wenn uns das eine System entginge, das nur auf uns wartet, oder?
Um die Eingangsfrage zu beantworten:
Ja, zu viele Rollenspielsysteme behindern die Kreativität, da man lieber in der Hoffnung, das maßgeschneiderte System zu finden, von System zu System läuft, statt sich auf ein System zu konzentrieren und die Fantasie spielen zu lassen.