Ja, was läge da näher? Vielleicht das, was ich oben gemacht habe: Dazu aufgefordert, einfach offen gegenüber neuen Anregungen zu bleiben und zu schauen, ob sie das eigene Spiel, die Spielrunde, die Community oder das allgemeine Miteinander bereichern könnten.
Habe ich das oben nicht selbst deutlich voneinander unterschieden?
Das sind für mich zwei verschiedene Herangehensweisen; die eine setzt positiv und konstruktiv auf Impulse/Denkanstöße, Perspektiverweiterung.
Die andere kann nur wirkungslos bleiben oder in Richtung Denk- und Handlungsverbote gehen (mehr dazu s.u.).
Oder das was Der Tod gemacht hat: Dazu aufgefordert, sich solcher Mechanismen und Inhalte bewusst zu sein, wenn sie verwendet werden.
Auch da: Habe ich nicht auch recht ausufernd von Mechanismen gesprochen und der Notwendigkeit, sie zu verstehen, um das Problem zu reduzieren?
Aber wenn das etwas bewirken soll, muss ich stets auch den Bezug zur Realität hinbekommen und bin dann schnell in einem Bereich, wo ich das vielleicht gleich völlig abseits eines Spiels thematisieren sollte.
Und dann auch da, wo es hingehört, nämlich wenn ich das Problem tatsächlich antreffe und nicht nur vermute, dass es auftreten könnte. Einen allgemeinen Erziehungsauftrag für meine Spieler sehe ich ohnehin nicht, und erst recht nicht ins Blaue hinein.
Der Beißreflex hat seine Ursache also bei dir, nicht bei mir. Andere hätten nicht gebissen. Warum willst du zubeissen?
Das war eigentlich recht neutral von der Seitenlinie (vielleicht mit einem Fuß auf dem Spielfeld) gesagt, aber der allgemeinen Unterhaltung halber schaue ich mal, ob der Schuh mir passt.
Ich sehe da wie oben angerissen insgesamt starke Parallelen zur damaligen Killerspiel-Debatte. Der Grundgedanke ist der gleiche: "Böse Gedanken machen böse Taten (und in letzter Konsequenz böse Menschen)". Damit setzt man sich letztlich selbst unter Handlungsdruck - diesen schlimmen Zustand kann man ja nicht einfach so lassen.
Was wurde damals bei den Videospielen gezetert und geschrien - zunächst nur von einer Seite und aufgrund dieses überrissenen Einstiegs dann in gefühlter Notwehr auch von Teilen der Spielerschaft.
Jetzt, mit etwas zeitlichem Abstand, ist das Thema fast komplett durch und auch die breite Öffentlichkeit ist da angekommen, wo die Spieler schon Jahre vor der Killerspieldebatte waren (was natürlich zu deren Reaktion beigetragen hat: Da hat man selbst ein Thema schon weitgehend durchdrungen und dann kommen Leute ohne jede Sachkenntnis, aber mit politischer Macht ausgestattet (und da ging es ganz anders als beim P&P aufgrund der Struktur des Mediums teils um handfeste Verbote und Einschränkungen!), an und hauen eine offensichtliche Fehlbewertung nach der anderen raus - und die großen Medienhäuser stiegen auch noch drauf ein. Kein Wunder, dass dann auch auf der anderen Seite die Gemüter hochgekocht sind).
Schaut man genauer hin, stellt man fest: Die behaupteten Effekte gibt es jedenfalls bei Weitem nicht in der angedachten Form und dem angedachten Ausmaß.
Es ist immer die Frage, wer unter welchen Bedingungen was spielt - bewusster Umgang ist das Zauberwort und selbst da, wo man von außen vielleicht Bedenken hat, zeigt die Praxis, dass es stets weniger schlimm ist wie befürchtet.
Für die Videospiele mag der Verlauf damals noch insofern nachvollziehbar gewesen sein, weil ein vergleichsweise neues Medium auf eine breitere Öffentlichkeit traf.
Jetzt sind P&P-Rollenspiele aber a) ein wesentlich älteres Medium und die viel schwächere Form dieser Debatte gab es im Prinzip fast nur in den USA 20 Jahre vor der hiesigen Killerspieldebatte und b) kommt die Kritik aus den eigenen Reihen statt von außen.
Und an der Stelle frage ich mich: Wo kommt das heute überhaupt her?
Haben ich und mein Bekanntenkreis wirklich so großes Glück gehabt, dass wir von diesen Themen nie so betroffen waren, wie es neuerdings anklingt?
Ist das für irgendwen nicht selbstverständlich, dass man reagiert, wenn jemand am Tisch mit irgendeinem Inhalt ein Problem hat und das anspricht?
Da ist es doch klar, dass es erstmal befremdlich ist, wenn jemand auf so Offensichtliches hinweist und dabei den Eindruck erweckt, er hätte da wunders die neue Erkenntnis gehabt.
Allgemein ist es meine Wahrnehmung, dass über immer kleinere Probleme immer lauter diskutiert wird (was einerseits der Medienlandschaft geschuldet ist, wo man anders kaum noch wahrgenommen wird und andererseits eben genau daran liegt, dass es kleine Probleme sind - da tut sich natürlich in normaler Lautstärke nichts).
Man vergleiche mal die schon nicht mehr ganz aktuelle Feinstaubthematik mit den Umweltproblemen im dritten und letzten Viertel des 20. Jahrhunderts z.B. im Ruhrgebiet oder beim Thema Rhein. Da hat man sich ja schon gefragt, warum man nicht jeden Tag auf dem Weg zur Straßenbahn über totgefeinstaubte Mitbürger steigen muss.
Und das ist auch schon wieder abgelöst von der nächsten Sau, die durchs Dorf getrieben wird - an sich schon ärgerlich genug, aber noch schlimmer, wenn man darüber die echten Probleme vergisst (da schließt sich dann auch wieder der Kreis zum P&P: das Hobby hat die eine oder andere echte Baustelle, aber dort wird recht unaufgeregt vor sich hin gewerkelt).