Autor Thema: Darf (lies: sollte) man politisch unkorrekte Settings noch spielen?  (Gelesen 42215 mal)

0 Mitglieder und 4 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline KhornedBeef

  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.055
  • Username: KhornedBeef
Korrektur zum "Orks sind Rassistisch"-Artikel, und weil es gerade nochmal angerissen wurde: Es gibt ein grundsätzliches Problem damit, dass sich Orks mal als kulturschaffende intelligente Wesen und dann wieder als "kannste Wegputzen" dargestellt werden, in Verbindung damit, dass sie, anders als Nazis, tatsächlich eine biologische Art sind. Ich habe keine Ahnung, wie einheitlich dass über die Editionen ist. Das geht alles in Fantasy, aber unter dem Eindruck des weniger zivilisierten Umfeldes des Autors (see what I did there?) kann ich verstehen, woher seine Befremdung kommt.
Ich tendiere immer noch dazu, dass intelligente "Unpersonen" auch unter strengen ethischen Maßstäben (d.h. nicht "an meinem Tisch" sondern ich würde es bei einer öffentlichen Veranstaltungen akzeptabel finden) in einem Setting vorkommen dürfen, aber ich erkenne schon die Voraussetzungen an Aufgeklärtheit, damit das funktioniert.
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
Firepower, B&C Forum

Ich vergeige, also bin ich.

"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Issi

  • Patin der Issi Nostra
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.630
  • Username: Issi
Gab's das nicht ansatzweise bei dem Bretonia-Quellenbuch für Warhammer? Frauen konnten da gewisse Karrieren nicht nehmen, ausser, wenn sie sich als Mann verkleidet haben. Das war insofern lustig, als das es fast schon ein Running Gag war, wie viele der NPCs dann eigentlich Frauen waren.
Lauter "Mulans" quasi... :D

Wenn da steht "die Gesellschaft verbietet ihnen das"- OK.
Sowas ähnliches hat man bei Pendragon auch.- Dass Frauen Ritter waren, passt dann halt nicht in die spezielle pseudohistorische Welt.
(Wäre für mich jetzt als Spielerin akzeptabel)

Wenn da steht: "geschlechtlicher Nachteil"- dann kommt da rüber- "Die Gesellschaft verbietet ihnen das, aus gutem Grund- da sie ja durch ihr Geschlecht benachteiligt sind."
Und was halt noch unglücklich formuliert ist: Es wird verallgemeinert bzw. .  - a la- "alle weiblichen Figuren dieser Gattung Komissarin" -sind grundsätzlich so.
Also nix differenziert.

Das muss vom Autor nicht mal böse gemeint sein. Aber es liest sich halt so unglaublich blöd.
 ~;D

Offline Issi

  • Patin der Issi Nostra
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.630
  • Username: Issi
Zu A) Häufig ist der historische Möglichkeitenraum gar nicht hinreichend bekannt.
Jep
 Dass die spätantike/frühmittelalterliche Adelphopoiesis z.B. ein Rechtsinstitut war, das Homosexuelle nutzen konnten, ist z.B. meist nicht auf dem Schirm. Oft schwingt da auch die Annahme mit, die heutige Zeit, sei emanzipatorisch dem Mittelalter (innerhalb dessen sich soziale Normen oft genug verändert haben) völlig überlegen. Das ist jedoch nicht in allen Bereichen der Fall und so pauschal auch faktisch nicht richtig.

Die Frage, worauf sich die Vorstellungsreferenz überhaupt bezieht, ist also nicht unwichtig.
Natürlich kann man als Referenz das Mittelalterbild von Romantik, Biedermeier und konservativen 50ern nehmen. Man sollte es nur nicht mit dem Bild der Geschichtswissensschaften verwechseln. Und: Nein, niemand muss Historiker sein. Die Bereitschaft die eigenen Annahmen (die man sich ja auch nicht einfach so ausgedacht hat, sondern die sozialisiert wurden) in Frage zu stellen und im Zweifelsfall anzupassen, erwarte ich aber schon.
Ich nicht.
Aus dem einfachen Grund, weil es mich zunächst einmal nichts angeht, was wer wie an seinem Spieltisch spielt.
Insofern habe ich da keinerlei Erwartung zu haben.

Von Autoren kann ich es mir zwar wünschen, dass sie genauer recherchieren. (Und ja das kann einen schon ärgern, wenn man sich selbst näher mit Geschichte beschäftigt)-  aber da geistern so viele unterschiedliche Theorien und feste Vorstellungen davon, wie es denn früher in der bestimmten Zeit war,  herum, dass ich Autoren auch nicht wirklich böse sein kann, wenn es da zu Unstimmigkeiten kommt.

Letzlich hat keiner zu der Zeit gelebt. Da wird auch von Fachleuten viel  interpretiert. Nicht alles ist aufgezeichnet.

Noch dazu kommt: Egal wie historisch  falsch eine Welt auch beschrieben wird. - Wenn es sich um eine Fantasy Welt handelt, in der auch andere komische Wesen rumrennen, dann ist die Welt bestenfalls pseudo- historisch.- Also hat gar nicht den Anspruch- die Vergangenheit exakt real abzubilden.


Und wenn jmd. eine extra düstere Welt erschaffen will, mit viel Konflikten, - die muss nicht mal "historisch" sein, die kann genauso eine Welt der "Zukunft" sein,- dann wird sich der  Autor vermutlich auch die Elemente raussuchen, die diese Welt düster machen- ob nun original historisch oder nicht.

Edit.
Vermutlich ist die Frage weniger- ob oder ob man nicht historisch - genau sein will, sondern wie hell oder düster man seine Spielwelt haben möchte.
In einer düsteren Welt,  kann ja auch gerne in einer postapokalypischen Welt sein, eine Welt der "Zukunft", - wird man mehr Elemente der Unterdrückung finden.
Ein herrschendes System, das andere unterdrückt und versklavt. In der bestimmte Rassen/Bewohner weniger Rechte haben als andere.
Starke Hierachien usw.

Überspitzt hat man das z.B. in "die Tribute von Panem" oder "die Bestimmung" oder "Blad Runner" oder oder.
« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 09:36 von Issi »

Offline Der Tod

  • wählt aus!
  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.057
  • Username: Der Tod
Noch dazu kommt: Egal wie historisch  falsch eine Welt auch beschrieben wird. - Wenn es sich um eine Fantasy Welt handelt, in der auch andere komische Wesen rumrennen, dann ist die Welt bestenfalls pseudo- historisch.- Also hat gar nicht den Anspruch- die Vergangenheit exakt real abzubilden.
Das Problem tritt ja erst dann auf, wenn Leute den (auch schon von @Huhn angeprangerten) Satz bringen: "DAS WAR IM MITTELALTER (oder wann auch immer) EBEN SO!" Mit der irgendwie begründeten Folgerung, das müsse jetzt auch in der Fantasy-Welt so sein. Also wenn sie selbst historische Realität als Argument für sich beanspruchen.

Blade Runner und Tribute von Panem (und Warhammer ...) sind Dystopien - da muss ich davon ausgehen, dass die Autoren WISSEN, dass sie gerade etwas überspitzen und die Spielwelt eben unrealistisch dark machen. Unterdrückung als großes, thematisiertes Setting-Element ist das eine, Unterdrückung als (out-game) unhinterfragter Normalzustand, der halt einfach unveränderlich so sei, ist etwas anderes.

Der Verweis auf den Unterschied zwischen heimischem Spieltisch und offiziellen Publikationen bringt mich auch noch auf was, was man vielleicht nochmal unterstreichen sollte: Zu Hause, für mich und meine eingeschworenen Freunde, kann ich alles spielen, was ich will. Gehe ich damit an die Öffentlichkeit und biete meine Gedanken es der Allgemeinheit an, nehme ich Teil am gesellschaftlichen Diskurs und setze mich auch Kritik aus. Will sagen: Ich selbst würde auch an das, was ich veröffentliche (oder was andere veröffentlichen), einen höheren Standard anlegen, als das, was ich zur reinen Unterhaltung zu Hause spiele.

Nachdem ich jetzt genug mit dem Zeigefinger gewedelt habe, ist es nur fair, dass ich auch mein guilty pleasure aufdecke: Mein liebstes, "politisch unkorrektes" Setting sind vermutlich so 18./19. Jahrhundert Abenteuer in Übersee. Irgendwas an der Vorstellung, mit dem Segel- oder Dampfschiff tropische Gestade zu entdecken (obwohl da ja schon längst Leute wohnen), dem Unbekannten zu trotzen, sich dort niederzulassen und tolle Dinge zu erleben war wohl prägend für mich.
Würde ich sowas spielen wollen? Hell yeah! Ich weiß aber jetzt natürlich von den ganzen unschönen Dingen hinter der bunten Fassade (Kolonialismus, Imperialismus, Exotismus etc. etc. pp.) und würde wohl versuchen, das Setting dahingehend weiter zu bearbeiten. Und wenn ich mit diesem Setting an die Öffentlichkeit gehen würde, dann würde ich mir dabei noch mehr Mühe geben (müssen) - nicht zuletzt deswegen, weil die typische Geschichte 'Europäischen Triumphs' schon so oft erzählt worden ist, dass sie Leute wie mich mit ihrer Heroik geprägt haben und auch einfach nichts neues mehr ist.
Das vorherrschende Narrativ hinterfragen heißt für mich auch, spannendere Geschichte erzählen zu können.

EDIT: @D.Athair: Zu deiner Einschätzung zu Bluebirds Bride würde ich dir widersprechen wollen. BB befasst sich ganz zentral mit Themen aus der PC-Ecke, z.B. bereits auf Regelebene Victim-Blaming und die Problematik femininer Rollenerwartungen. Spielen möchte es trotzdem (deswegen?) nicht noch einmal.
Zitat
Einfach nur femininer Horror - ohne Wertungen. Political Correctness ist einfach keine Kategorie, mit der BB Berührungen hat. Es wird lediglich ne mythische Horror-Geschichte, die von Ängsten und Erfahrungen von Frauen gedeckt ist, erkundet.

EDIT 2: Ich weiß, ich hatte mal einen Text aus der Zeit um 1700 gefunden, wo nur halb-satirisch darüber diskutiert wurde, ob es für England nicht sinnvoll wäre, ein ganz offizielles Regiment nur aus Frauen (andere Uniformen, kürze Musketen ...) aufzustellen, weil doch ohnehin die halbe Armee bereits von ihnen gestellt würde. >;D Sollte ich ihn nochmal wiederfinden, melde ich mich.
« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 11:03 von Der Tod »

Offline Chiarina

  • Herr Kaleun
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 6.099
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Chiarina
Zitat von: Der Tod
Das vorherrschende Narrativ hinterfragen heißt für mich auch, spannendere Geschichte erzählen zu können.

Wow! Ein Satz, den ich unterschreibe!
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Issi

  • Patin der Issi Nostra
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.630
  • Username: Issi
Zitat
Das Problem tritt ja erst dann auf, wenn Leute den (auch schon von @Huhn angeprangerten) Satz bringen: "DAS WAR IM MITTELALTER (oder wann auch immer) EBEN SO!" Mit der irgendwie begründeten Folgerung, das müsse jetzt auch in der Fantasy-Welt so sein. Also wenn sie selbst historische Realität als Argument für sich beanspruchen, um
Ich vermute zu wissen, was du meinst : a la: "Ich muss das ja so setzen, weil das war früher eben so."
Es stimmt schon: In einer ausgedachten Welt muss man theoretisch gar nichts, weil eben Fantasy.
Insofern ist das Argument allein etwas wacklig.
Andererseits haben Spieler idR. schon gewisse Erwartungen, wenn sie pseudohistorische Settings bespielen.
Der Kompromiss, den Feuersänger schon gebracht hat, war ja der, dass das Setting zwar teilweise von alten Hierachien geprägt ist, um die Erwartungen nicht total zu enttäuschen, auf der anderen Seite die SC aber nach Regeln spielen, nach denen sie  nicht zu stark negativ betroffen sind.

Zitat
Blade Runner und Tribute von Panem (und Warhammer ...) sind Dystopien - da muss ich davon ausgehen, dass die Autoren WISSEN, dass sie gerade etwas überspitzen und die Spielwelt eben unrealistisch dark machen. Unterdrückung als großes, thematisiertes Setting-Element ist das eine, Unterdrückung als (out-game) unhinterfragter Normalzustand, der halt einfach unveränderlich so sei, ist etwas anderes.
Um noch zu hinterfragen, um überhaupt zu hinterfragen, wird ja die Überspitzung häufig verwendet.
Denn wenn es alltäglich subtil darstellt wird oder alles in einer utopisch schönen Welt bar jeder Konflikte spielt, dann wird es schwerer das überhaupt noch wahrzunehmen.

Zitat
Der Verweis auf den Unterschied zwischen heimischem Spieltisch und offiziellen Publikationen bringt mich auch noch auf was, was man vielleicht nochmal unterstreichen sollte: Zu Hause, für mich und meine eingeschworenen Freunde, kann ich alles spielen, was ich will. Gehe ich damit an die Öffentlichkeit und biete meine Gedanken es der Allgemeinheit an, nehme ich Teil am gesellschaftlichen Diskurs und setze mich auch Kritik aus. Will sagen: Ich selbst würde auch an das, was ich veröffentliche (oder was andere veröffentlichen), einen höheren Standard anlegen, als das, was ich zur reinen Unterhaltung zu Hause spiele
Klar.
Doch letztenden Endes ist es auch Unterhaltung.
Nicht, dass man an das Medium  Spiel als Konsument nicht auch Ansprüche haben darf- (Man wird ja nicht gezwungen irgendwas zu kaufen oder zu spielen)
- aber das sollte man bei seiner Kritik auch immer mit im Blick haben.

Nicht jedes Spiel möchte die Welt verändern. Manche wollen auch einfach nur unterhalten.






« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 11:19 von Issi »

Offline nobody@home

  • Steht auf der Nerd-Liste
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.815
  • Username: nobody@home
Nicht jedes Spiel möchte die Welt verändern. Manche wollen auch einfach nur unterhalten.

Klar. Ist ja nicht so, als ob es zwischen den beiden Extremen noch irgendwelchen Spielraum gäbe. ::)

Offline Issi

  • Patin der Issi Nostra
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.630
  • Username: Issi
Klar. Ist ja nicht so, als ob es zwischen den beiden Extremen noch irgendwelchen Spielraum gäbe. ::)
Das habe ich doch auch nicht ausgeschlossen.
Und falls es doch  so rüber kam: Das schließe ich nicht aus!
« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 11:46 von Issi »

Offline First Orko

  • DSA-Supermeister auf Probe
  • Koop - Fanziner
  • Legend
  • **
  • Trollanischer Spielleiter
  • Beiträge: 6.679
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Orko
Von all den Positionen hier im Thread sehe ich mich am Ehesten auf der Linie "Ja, aber".
Mit entsprechend sensibler Reflektion steht einem faktisch jedes Setting offen. Da Rollenspiel aber eben nicht nur passive Rezeption ist sondern aktive Teilnahme und eben ein soziale Aktivität steht der Respekt voreinander und vor Meinungen der Gruppe der grundsätzlichen Freiheit u.U. einschränkend gegenüber.
Wo und wie Einschränkungen zu treffen sind ist ein defiziles Thema, was allgemeingültig kaum zu beantworten ist - dafür sind zu viele Parameter im Spiel.

Um mal das Ausgangsbeispiel aufzugreifen: Wenn ich nur zwei der Männer am Tisch durch zwei Mitspieler einer Runde, bei der ich mal Gast sein "durfte", ersetzt hätte, wäre die Sache ziemlich sicher ganz anders und nicht nur für Hexer deutlich unangenehmer ausgegangen...

- Anekdote Anfang -
Die beiden Exemplare fielen nämlich dadurch auf, dass sie Rollenspiel merkbar als Vehikel sahen, möglichst oft rassistische und sexistische Sprüche rauszuhauen und sich am Spielgeschehen nur rudimentär beteiligten. Das in Kombination mit einem Laissez-Faire-SL war schon ein ziemlich giftiger Cocktail... Wenn ich jetzt aber einerseits sage "Das gehört halt zum Setting dazu" und "Aber so wie ihr das macht, nicht!" (ob jetzt so oder höflicher ausgedrückt) befinde ich mich schon am Anfang einer u.U. sehr "interessanten" Diskussion (Jaja klar.. Regeln 0, den Idioten die Tür zeigen, blabla. Aber wie man es dreht: Die Situation ist dann auch nicht besser).
- Anekdote Ende -

Es ist eben nicht schwarz-weiß. Rollenspiel tritt immer mehr in die Öffentlichkeit - sei es durch Serien wie Stranger Things, Big Bang Theory, durch YT-Streams, Franchiseprodukte, massentauglichere System usw. Was immer man davon halten soll - die Ansicht "In unserem kleinen Kreis an Kellerkindern ist das kein Problem also wozu diskutieren" halte ich für rückwärtsgewandt und nicht gerade förderlich.
Anzuerkennen, dass es bei bestimmten Spielinhalten am Tisch zu problematischen Konstellationen führen kann, ist kein implizites Verbot von irgendwas. Sich zu überlegen, unter welchen Konstellationen man durch das Thematisieren bestimmter Aspekte eine negative Außenwirkung aufbauen kann ist keine Zensur. Rollenspiel in politischen Settings ist niemals unpolitisch. Eine Rollenspielszene, in denen diese Punkte offen diskutiert werden, ohne dass die eine Seite der anderen mit Nazivergleichen kommt, ist keine Diktatur. Aber auch eine kritische Reflexion darüber, wo die Verantwortung über das, was am Tisch gespielt wird liegt, ist sinnvoll. Eine private Runde langjährig bekannter Spieler ist die eine Seite. Ein öffentlich aufgenommener Stream eine andere. Jede kommt mit ihren eigenen Fallstricken und Anforderungen. Man sollte jetzt nur aufpassen, welche diese Forderungen allgemeingültig sein können/sollten - und welche eben nicht. Ein zu weitreichender Geltungsanspruch wird heftige Gegenreaktionen hervorrufen und am Ende erreicht man das Gegenteil.
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Issi

  • Patin der Issi Nostra
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.630
  • Username: Issi
Es ist eben nicht schwarz-weiß. Rollenspiel tritt immer mehr in die Öffentlichkeit - sei es durch Serien wie Stranger Things, Big Bang Theory, durch YT-Streams, Franchiseprodukte, massentauglichere System usw. Was immer man davon halten soll - die Ansicht "In unserem kleinen Kreis an Kellerkindern ist das kein Problem also wozu diskutieren" halte ich für rückwärtsgewandt und nicht gerade förderlich.
Ob die Kellerkinder jetzt mit  Bier und Brezen- Rollenspiel, Mau Mau oder Flaschendrehen glücklicher sind, ist erstmal ihre  Freizeit, ihre Privatsphäre.
Daraus folgt doch nicht, dass man über Probleme, die beim Rollenspiel allgemein auftauchen können, nicht mehr diskutieren darf. 

A la "Weil ich mich nicht einmischen will, was genau in Kellergruppe X am Spieltisch gespielt wird, darf ich nicht mehr öffentlich und allgemein über Rollenspiel diskutieren?"
Das ergibt aus meiner Sicht gar keinen Sinn.  wtf?

Edit. Ich spiele in gewissen Runden auch nicht mehr mit.
Ich vermute auch die ein oder andere Störung hinter dem Verhalten eines Ex- Spielers.
(Extrem Frauen verachtend)
Aber letzendendes hat der inzwischen genug andere Mitspieler gefunden.
Und es kann ihm auch niemand verbieten so zu spielen, wie er es tut.

Der Gedanke- "Das geht mich nichts mehr an"- kann durchaus befreiend sein.
Und es hält mich auch nicht davon ab allgemein über Rollenspiel zu diskutieren.


« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 12:36 von Issi »

Offline First Orko

  • DSA-Supermeister auf Probe
  • Koop - Fanziner
  • Legend
  • **
  • Trollanischer Spielleiter
  • Beiträge: 6.679
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Orko
Daraus folgt doch nicht, dass man über Probleme, die beim Rollenspiel allgemein auftauchen können, nicht mehr diskutieren darf. 

Das meinte ich mit meinem Post auch nicht. Ich wollte darauf hinaus, dass Bereiche des Hobbys den Keller eben schon lange verlassen haben und daraus eine grundsätzliche Notwendigkeit zumindest zur Reflektion besteht. Was man prviat in seiner Gruppe macht ist ja dem Rest wirklich erstmal egal. Aber daraus dann abzuleiten, dass man diese Gleichgültigkeit auf alle anderen Gruppen ableiten kann ((weil man von der Diskussion ausgehend einen Anspruch an die private Gruppe befürchtet))* halte ich für zu kurz gegriffen in Angesichts von über 1/2 Mio Abonenten bei Critical Role etc.

*Zumindest meine ich, das so zwischen den Zeilen rausgelesen zu haben. Quasi eine gedachte Extremposition im Thread, die ich gar nicht auf einzelne Aussagen herunterbrechen kann oder will. Kann mich da auch vertan haben aber die Haltung ist ja im Umfeld solcher Diskussionen durchaus verbreitet - man möge mir diesen "halben Strohmann" (Heumann?) daher nachsehen ;)

A la "Weil ich mich nicht einmischen will, was genau in Kellergruppe X am Spieltisch gespielt wird, darf ich nicht mehr öffentlich und allgemein über Rollenspiel diskutieren?"
Das ergibt aus meiner Sicht gar keinen Sinn.  wtf?

Also DAS habe ich nun wirklich nicht gemeint! Ich hoffe, das mit obiger Erklärung noch ein wenig klarer gemacht zu haben. Ich wiederhole mich: Das Thema ist nicht einfach und Mißverständnisse über die Textebene daher nur verständlich...
Ich habe aber gerade auch nicht die Muße und Ruhe, das nochmal eindeutiger/einfacher zu erläutern bzw. weiß ich gerade nicht, wie...  :-\
« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 12:34 von First Orko »
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Issi

  • Patin der Issi Nostra
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.630
  • Username: Issi
Zitat
Aber daraus dann abzuleiten, dass man diese Gleichgültigkeit auf alle anderen Gruppen ableiten kann ((weil man von der Diskussion ausgehend einen Anspruch an die private Gruppe befürchtet))* halte ich für zu kurz gegriffen in Angesichts von über 1/2 Mio Abonenten bei Critical Role etc.
Wenn man soll will, besteht der große  Schwarm aller Rollenspiel ja auch nur aus einzeln Gruppen. ~;D
Und klar- Sobald eine Gruppe ihr Spiel  jedoch bewusst öftenlich macht, über Video und Co. Dann muss sie natürlich auch damit rechnen, dass über sie öftentlich diskutiert wird.
Bei Gruppen, die das nicht tun, bleibt die Privatssphäre dagegen relativ unangetastet.



« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 12:57 von Issi »

Offline Teylen

  • Bloodsaurus
  • Titan
  • *********
  • Tscharrr Tscharrr Tscharrr
  • Beiträge: 20.858
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Teylen
    • Teylen's RPG Corner
Ich finde weiterhin die Idee merkwürdig, das durch politische Korrektheit, oder auch einfach nur dem behandeln von anderen Spielern als normal/gleichwertig, irgendwie die Abenteuer / Kampagnen Szenarien den Bach runter gehen und man gar überhaupt keine mehr hat.

Ich mein, wenn man so eine Gruppe männlicher, heterosexuelle, weiße Abenteurer ohne körperliche oder mentale Herausforderungen spielt, beschäftigt man sich doch eher nicht damit verschiedene -Ismen auszuleben oder hat sie als normale, wichtige Spannungspunkte.
Meiner Erfahrung, vom Konsum verschiedener Mitschriften und Aufzeichnungen von Runden, nicht einmal in Systemen die es den Spielern eher nahelegen. Wie Pendragon, WH40k und dergleichen.
Am ehesten vielleicht noch bei Conan. Wobei das Geschlecht der "Belohnung" meines Erachtens nicht wirklich prägend relevant ist. Hauptsache für den Charakter attraktiv und willig.

Dementsprechend sehe ich nicht, weshalb es sich ändern sollte, wenn in der Gruppe Abenteurer sind, die nicht-männlich oder nicht-heterosexuell oder nicht-weiß sind oder körperliche oder mentale Herausforderungen haben. Respektive weshalb man die nicht ganz normal behandeln sollte, und plötzlich -Ismen so relevant werden, das Spieler bildlich gesehen die Hände hoch werfen und den Niedergang aller Dramatik fürchten.
Ich mein, an sich spricht doch nichts dagegen, einfach so zu spielen als wäre es ein ganz normaler Abenteurer, womit man verschiedene Abenteuererlebnisse spielt.
Ganz ohne hinzugehen und zu sagen "Okay, dein Charakter ist aber dann ein Exot / Schneeflocke" oder sich verschiedene Vor- und Nachteile dafür auszudenken das der Charakter jetzt dabei ist.

Ich mein, bei männlichen Figuren käme man auch nicht auf die zu sagen: Okay, also man weiß ja, das sexy Männer damit immer gut durchkommen. Sind auch voll spannende Geschichten. Deswegen kriegst du -2 auf Kämpfen aber +2 auf Scharfer Schnucki und als favorisierte Klasse KPopModel.. errr Barde. Alternativ +2 auf Heilen und Fürsorglichkeit."
Selbst wenn es da Spieler gibt, die gerne einen scharfen Schnucki spielen mögen, wäre es etwas merkwürdig das allen als nahe liegende aufdrücken zu wollen. Selbst ohne den Malus. ^^;
Meine Blogs:
Teylen's RPG Corner
WoD News & Artikel

Auch im RL gebe ich mich nicht mit Axxxxxxxxxx ab #RealLifeFilterBlase

Offline nobody@home

  • Steht auf der Nerd-Liste
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.815
  • Username: nobody@home
Ich denke, wenn man gängige "Männerklischees" durchziehen wollte, dann käme man vielleicht eher auf Boni auf Stärke, Kloppen, und Hart-im-Nehmen-Sein (jedenfalls, wenn's nicht gerade um den nächsten Gang zum Arzt geht... >;D) und dafür dann Abzüge auf Weicheierzeugs wie Charisma und Beredsamkeit (richtige Männer können schließlich schon alles, worauf es wirklich ankommt, schon perfekt mit einsilbigem Grunzen ausdrücken!)... ;)

Aber ja, an dem Punkt sind wir dann schon recht weit im Reich der Parodie.

Offline Issi

  • Patin der Issi Nostra
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.630
  • Username: Issi
Zitat
Rollenspiel in politischen Settings ist niemals unpolitisch
Das nicht.
Aber die Politik eines Settings  muss nicht unbedingt auf die aktuelle Zeit und Welt adressiert sein.
Oder diese 1:1 widerspiegeln.
Beispiel die "Rosenkriege", "Französische Revolution"-  etc.
 würde ich jetzt nicht als brand-aktuell bezeichnen.
Auch wenn vielleicht  manche Begebenheit aus der Politik Geschichte heute auch noch in irgendeiner Form wirksam sind.

Edit. Vermute  auch, dass jetzt jmd. der sich z.B. als Setting- "die Ritter der Tafelrunde " ausgewählt hat, eher eine Form von Weltflucht erleben möchte.
Also es nicht mit der Intention spielt, dort aktuell -Realwelt-politischen Themen zu begegnen.

Eskapismus- Die Flucht in eine Welt, die anders ist, als diese, ist ja bei nicht wenigen Rollenspielern ein Spielantrieb.
Wo anders sein, als normal. Jemand anderes sein, als normal. Etwas anderes erleben, als normal.

« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 14:28 von Issi »

Offline YY

  • True King
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 19.612
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: YY
Rollenspiel in politischen Settings ist niemals unpolitisch.

Was macht ein politisches Setting aus?
Warum ist nicht auch Rollenspiel in unpolitischen Settings politisch?
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Teylen

  • Bloodsaurus
  • Titan
  • *********
  • Tscharrr Tscharrr Tscharrr
  • Beiträge: 20.858
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Teylen
    • Teylen's RPG Corner
Als Politische Setting werden, meinem Eindruck nach, solche Settings bezeichnen welche einen fast unübersehbaren, bewusst gewählten, politischen Rahmen für die Einbettung der Figuren vorgeben.
Welcher darüberhinaus noch im Spiel, unterstützt durch die Narration auf Basis der Spielmechanik hervorgehoben wird.

Das heißt, bei einem standard Rollenspiel welches unreflektiert Fantasy Klischees reproduziert oder sich damit beschäftigt Genre-Konventionen verschiedener Unterhaltungsserien abzubilden, kann es passieren, dass sich den geneigten Spielern etwaige politische Implikationen entziehen aktive oder diese nicht bewusst sind.

Das geht soweit, dass die Satire in Bezug auf Warhammer im popkulturellen Unterhaltungsfaktor ertrinkt oder allenfalls die Messiah-Parabel aus Matrix überlebt, dass von Die Tribute von Panem nur der Unterhaltungsfaktor des Kampfs um das Überleben übrig bleibt - quasi Fortnight.

Wenn man Night Witches spielt, macht es das Spiel einem schwer sich dem Umstand zu entziehen, dass es sich um russische Pilotinnen im zweiten Weltkrieg handelt, welche sich neben dem Krieg auch mit anderen Problemen auseinandersetzen müssen. Es ist vielleicht möglich, allerdings muss man hierbei das System selbst aufbrechen.
Ähnlich schwer ist es Montsegur 1244 zu spielen, ohne sich des politischen und religiösen Thema des Spiels bewusst zu sein. Allerspätestens zum Ende hin holt es die Spieler entweder ein, oder man spielt ein wortwörtlich anderes Spiel. Ebenso kann man gerade als die Person mit Regelkenntnis, nicht vermeiden Dinge über die Situation in Montsegur 1244 zu lernen.

Warum ist nicht auch Rollenspiel in unpolitischen Settings politisch?
Ich halte auch das Rollenspiel in "unpolitischen Settings" für politisch.

Schließlich wirken sich Aspekte, wie die Frage ob die Spieler das Geschlecht von Menschen binär sehen oder als Spektrum, recht direkt auf das Spiel aus. Auch wenn es ohne entsprechenden Anlass zur Diskussion, weil eine Person mit anderen Vorstellungen dazu kommt, nicht weiter bemerkt wird.
Meine Blogs:
Teylen's RPG Corner
WoD News & Artikel

Auch im RL gebe ich mich nicht mit Axxxxxxxxxx ab #RealLifeFilterBlase

Offline nobody@home

  • Steht auf der Nerd-Liste
  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.815
  • Username: nobody@home
Was macht ein politisches Setting aus?
Warum ist nicht auch Rollenspiel in unpolitischen Settings politisch?

Gegenfrage: wie müßte ein Setting aussehen, das glaubhaft "unpolitisch" sein oder zumindest so wirken soll? Gibt's das eigentlich überhaupt?

Selbst auf dem sprichwörtlichen Ponyhof habe ich ja wahrscheinlich allermindestens einen gegebenen Status Quo, der entweder verändert (weil verbesserungswürdig) oder verteidigt (weil als so-wie-er-ist erhaltenswert eingestuft) werden soll...selbst da kann man also schon mal schnell und ohne es unbedingt sofort zu merken ins Weltanschauliche kommen.

Offline D. M_Athair

  • Mythos
  • ********
  • Spielt RollenSPIELE, ROLLENspiele und ROLLENSPIELE
  • Beiträge: 8.776
  • Username: Dealgathair
    • ... in der Mitte der ZauberFerne
+1 zu nobody@home

Edit. Vermute  auch, dass jetzt jmd. der sich z.B. als Setting- "die Ritter der Tafelrunde " ausgewählt hat, eher eine Form von Weltflucht erleben möchte.
Also es nicht mit der Intention spielt, dort aktuell -Realwelt-politischen Themen zu begegnen.
Richtig. Das gilt umso mehr, je mehr man unter Realwelt-Verhältnissen zu leiden hat.
Interessante Lektüre aus der Rollenspiel-Blogosphäre dazu ist Settembrinis 5-teilige Reihe "Die Erklärung."
Spoiler: Achtung ggf. treten spontan Lern- und Verstehenseffekte auf ... was den Bann und das Drama hier um seine Person betrifft.

Im Klartext bedeutet das:
Wenn man ganz klassisch politisch unkorrektes Zeug als Eskapismus spielen will und von PC-Kram frei sein will, dann müsste man die Mitspielenden danach auswählen, dass sie auf keiner Ebene irgendwelche Marginalisierungserfahrungen haben oder Minderheiten angehören. Denn: Die bringen sonst ihre Erwartungen und das, was sie für normal halten (würden), mit ein. (Und damit wären PC-Themen wie von Zauberhand plötzlich wieder im Spiel.)
So ne Mitspieler.innen-Auswahl ist Quatsch! Das kann eigentlich niemand wollen. Genauso wie die ständige Beschäftigung mit PC-Themen einfach nur in der Überforderung endet.
Verbesserung hinbekommen - mit ner gewissen Leichtfüßigkeit - das ist doch der Weg. Witz und Humor sind ja nicht verboten. Und: Lernprozesse brauchen ihre Zeit. Das geht nicht von heut auf morgen.

Nochmal zum Artus-Beispiel:
Ich nehme jetzt mal Prince Valiant Storytelling exemplarisch als Artus-Spiel. Zum einen, weil ich das gern mag und recht gut kenn und zum anderen, weil "Artus" viel zu viele und sehr diverse Bezugspunkte hat, um da sinnvoll drauf einzugehen.
Also: Wenn da ne Cis Frau bei PV mitspielen will, dann soll sie - gemäß der Regeln - entweder crossgender spielen oder halt eine außergewöhnliche Frau innerhalb üblicher Geschlechterrollen-Zuschreibungen spielen.

Zitat von: Prince Valiant Storytelling Game, 2nd Edition, 2017; p.59
Male Adventurers have all the privileges of going where they want
and doing what they want,  as long as somebody with more
authority doesn’t block them. Women Adventurers must be more
subtle than male Adventurers, or else be ready to deal with distrust
and dislike from ordinary people. Most female Adventurers will
be used to such distrust, and will know how to compensate.

The role of women in Prince Valiant, The Storytelling Game is based
on the historic situation of women in the Middle Ages. They were
restricted and oppressed in comparison with modern Western society,
being relegated to running their households and raising children.
Of course, if their household was a county or a kingdom the women
had significantly more clout.

The personal strengths of most women lie in their ability to get men
to do what they cannot.

Da kann man schon die Frage stellen, warum man anno 2017 nicht auf die Zeichentrickserie aus den frühen 90ern hinweisen kann und auf die konventionen-brechende Gefährtin von Prinz Eisenherz, Rowanne of Bridgesford, vorstellen. Zumal das Spiel auch davon ausgeht, dass SC-Frauen (die übrigens so gedacht sind, dass sie erst in den Ausbauregeln spielbar sind) was Besonderes sind. Sorry, Leute, sowas geht heute einfach besser.

Ansonsten bietet selbst das Quellenmaterial Möglichkeiten romantisch-sexuelle Beziehungen völlig außen vor zu lassen (was sicher nicht nur Leute im Ace-Spectrum begrüßen dürften) oder Begegnungen homo- oder biromantisch zu deuten. Weder im Quellenmaterial noch im Spiel selbst bekommt man eine Liste an die Hand, die sagt: Folgende Figuren sind unbedingt als Heten zu spielen. Das geht eher aus Kontexten hervor, die weniger eindeutig sind, als man glauben möchte.

Tatsächlich ist der anachronistische und eklektische PV-Comic ein gutes Beispiel dafür, Dinge neu abzumischen. PV verwendet z.B. ne mit dem realen Mittelalter nicht kompatible Ethik/Moral. Entsprechend der Freiheiten, die sich PV gegenüber mittelalterlichen Vorbildern genommen hat, hätte sich das Rollenspiel von seinem Comic-Vorbild auch ein paar Freiheiten nehmen können.

Zurück zum Anfang:
Das Eskapismus-Argument ist für mich eigentlich eher eines, das dafür spricht sich vorab ein paar Gedanken zu machen.
Damit man eben nicht auf die harte Tour auf Differenzen am Spieltisch stößt und um sicherzustellen, dass Eskapismus auch für alle einigermaßen funktioniert.

Abgesehen davon ist es auch kein großer Akt in der Spielvorbereitung kurz mit den Spieler.inne.n zu sprechen. Wiklich nicht.
Das tut nicht weh.
« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 18:36 von D. Athair »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline Lord Verminaard

  • Gentleman der alten Schule
  • Titan
  • *********
  • Dreiäugiger Milfstiefel
  • Beiträge: 14.357
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Lord Verminaard
Huhn, Rumpel, Hotze und einige andere haben schon viel Schlaues zum Thema geschrieben und der Thread ist ja auch schon auf S. 10 (er ist tot, Jim). Ich schreibe jetzt trotzdem auch noch mal meine Perspektive.

Ich bin ein in fast jeder Hinsicht privilegierter Mensch, und ich bin in einem Milieu aufgewachsen, indem man sich über emanzipatorische Bewegungen jeder Art, sagen wir mal, gutmütig lustig machte. Ich habe 2005 ein satirisches sexistisches Rollenspiel geschrieben (2009 veröffentlicht), und bin, dadurch aber auch generell, ab 2005 stärker mit Aktivist*innen in Kontakt gekommen, die sich beim Thema Diversity politisch engagieren und zugleich Indie-Rollenspiele schreiben. Eine der Keimzellen war damals der Knife Fight, ein experimentelles, zugangsbeschränktes Forum von Meg und Vincent Baker, wo unter anderem Leute wie Julia Bond Ellingboe, Graham Walmsley oder auch Avery Alder rumhingen und wo ich eine Weile sehr aktiv war.

Gleichzeitig hat sich mein Bekanntenkreis um Menschen aus der LGBT-Community und People of Color erweitert, die die gesellschaftlichen Verhältnisse stark reflektierten. Sie waren alle sehr lieb und geduldig mit mir, aber haben mich hier und da doch auf das ein oder andere Verhalten hingewiesen, das ggf. uncool war. In der Folge habe ich dann das ein oder andere im Netz und in der Zeitung zum Thema gelesen. Leider ist es schwer, wirklich unaufgeregte und ausgewogene Stimmen zu dem Thema zu finden.

Doch während ich las, fühlte ich mich oft, sehr oft, ertappt. Ich war der Typ, der mal gesagt hatte: „Ich kann doch kein Rassist sein, ich bin doch mit einer nicht-weißen Frau zusammen!“ Ich war der Typ, der seine Kommiliton*innen mit anderer Hautfarbe nach ihrer Familiengeschichte fragte (nur aus Interesse!) Ich war der Typ, der auf den ersten Tanelorn-Treffen das „Männerzimmer“ mit begründete und dort Pin-Ups aufhängte. Ich war der Typ, der einem Trans*Mann, den er kaum kannte, aufdringliche Fragen über seine Hormonbehandlung und OP stellte (nur aus Interesse!) Ich war der Typ, der sich aggressiv gegen feministische Kritik an Diesem Dummen Exalted-Cover (tm) verteidigte. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Der Defensivreflex ist verständlich. Man hat es nicht böse gemeint, sich nichts dabei gedacht, und deswegen möchte man sich nicht entschuldigen müssen, möchte sich nicht ändern müssen, möchte, dass die Kritiker*innen bitte Unrecht haben, fühlt sich angegriffen, fühlt sich herabgesetzt, zumal die Kritik oft ihrerseits in wütender und pauschaler Weise vorgebracht wird. Been there. Den Defensivreflex zu überwinden und zuzuhören, ist aber nicht die einzige Schwierigkeit. Zu lernen und das eigene Verhalten zu reflektieren, es hier und da zu ändern, ist nicht die einzige Schwierigkeit. Für mich ist die größte Schwierigkeit, dabei die richtige Balance zu finden. Bei respektvollem Verhalten gegenüber Angehörigen marginalisierter Gruppen gilt, genau wie bei ethischem Konsum oder ähnlichen Fragen: Immer alles richtig zu machen ist unmöglich. Niemand kann sich darauf einigen, was überhaupt im Einzelfall richtig ist, teilweise stehen die Handlungsaufforderungen in direktem Widerspruch zueinander. Wer versucht, es allen recht zu machen, wird darüber unglücklich werden. Ich selbst habe gemerkt, dass ich dabei die Leichtigkeit und Freude verloren habe, gerade in größeren Gruppen war ich stiller, weniger präsent, hatte keine positive Ausstrahlung. Ich habe mich daher bewusst entschieden, es wieder etwas lockerer anzugehen.

Letztendlich kann zwar jeder von uns einen Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft besser zu machen, und da wir es können, sind wir als moralische Wesen auch dazu aufgefordert, es zu tun. Man sollte darüber aber nicht aus den Augen verlieren, dass gerade bei diesen indirekten Sachen wie z.B. dem (Nicht-)Reproduzieren von Stereotypen der gesamtgesellschaftliche Einfluss verschwindend gering ist. In diesem Kontext darf man das durchaus gegen das eigene, legitime Interesse abwägen, einigermaßen entspannt durch den Tag zu kommen und auch gelegentlich mal zu lachen (oder zu flirten). Das hat jetzt natürlich alles mit dem Thread-Thema nicht mehr wahnsinnig viel zu tun, irgendwie aber doch, wenn am Ende dieses besagten hypothetischen Tages, durch den man kommen möchte, eben die Rollenspielsitzung wartet.

Rollenspiel ist für mich Eskapismus, es ist Unterhaltung, es ist, wenn es gut läuft, ein besonderes, intimes Erlebnis mit Freunden, mit anderen Worten: Es ist privat. Das Private sei politisch, heißt es in Roll Inclusive, und das ist ja auch generell ein Leitsatz der emanzipatorischen Bewegungen. Das mag man so sehen, daraus allerdings zu schlussfolgern, dass man sein jegliches privates Handeln unablässig und kompromisslos an seinen politischen Überzeugungen auszurichten hätte, ist ebenso brutal wie absurd. Ich nehme mir heraus, in gewissen Bereichen meines Lebens einfach mal zu sagen, ey sorry, heute nicht.

Unbenommen bleibt, dass ich gute Romane, Filme und Serien, die beim Thema Diversität punkten und alte Stereotype gekonnt aufbrechen, echt abfeiere, und dass ich mir das auch für neue Rollenspiel-Produkte im Idealfall wünsche.
« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 18:19 von Lord Verminaard »
We are all just prisoners here, of our own device
Danger Zone Blog - Vermi bloggt über Rollenspiel und Blood Bowl

Offline KhornedBeef

  • Titan
  • *********
  • Beiträge: 12.055
  • Username: KhornedBeef
Huhn, Rumpel, Hotze und einige andere haben schon viel Schlaues zum Thema geschrieben und der Thread ist ja auch schon auf S. 10 (er ist tot, Jim). Ich schreibe jetzt trotzdem auch noch mal meine Perspektive.

Ich bin ein in fast jeder Hinsicht privilegierter Mensch, und ich bin in einem Milieu aufgewachsen, indem man sich über emanzipatorische Bewegungen jeder Art, sagen wir mal, gutmütig lustig machte. Ich habe 2005 ein satirisches sexistisches Rollenspiel geschrieben (2009 veröffentlicht), und bin, dadurch aber auch generell, ab 2005 stärker mit Aktivist*innen in Kontakt gekommen, die sich beim Thema Diversity politisch engagieren und zugleich Indie-Rollenspiele schreiben. Eine der Keimzellen war damals der Knife Fight, ein experimentelles, zugangsbeschränktes Forum von Meg und Vincent Baker, wo unter anderem Leute wie Julia Bond Ellingboe, Graham Walmsley oder auch Avery Alder rumhingen und wo ich eine Weile sehr aktiv war.

Gleichzeitig hat sich mein Bekanntenkreis um Menschen aus der LGBT-Community und People of Color erweitert, die die gesellschaftlichen Verhältnisse stark reflektierten. Sie waren alle sehr lieb und geduldig mit mir, aber haben mich hier und da doch auf das ein oder andere Verhalten hingewiesen, das ggf. uncool war. In der Folge habe ich dann das ein oder andere im Netz und in der Zeitung zum Thema gelesen. Leider ist es schwer, wirklich unaufgeregte und ausgewogene Stimmen zu dem Thema zu finden.

Doch während ich las, fühlte ich mich oft, sehr oft, ertappt. Ich war der Typ, der mal gesagt hatte: „Ich kann doch kein Rassist sein, ich bin doch mit einer nicht-weißen Frau zusammen!“ Ich war der Typ, der seine Kommiliton*innen mit anderer Hautfarbe nach ihrer Familiengeschichte fragte (nur aus Interesse!) Ich war der Typ, der auf den ersten Tanelorn-Treffen das „Männerzimmer“ mit begründete und dort Pin-Ups aufhängte. Ich war der Typ, der einem Trans*Mann, den er kaum kannte, aufdringliche Fragen über seine Hormonbehandlung und OP stellte (nur aus Interesse!) Ich war der Typ, der sich aggressiv gegen feministische Kritik an Diesem Dummen Exalted-Cover (tm) verteidigte. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Der Defensivreflex ist verständlich. Man hat es nicht böse gemeint, sich nichts dabei gedacht, und deswegen möchte man sich nicht entschuldigen müssen, möchte sich nicht ändern müssen, möchte, dass die Kritiker*innen bitte Unrecht haben, fühlt sich angegriffen, fühlt sich herabgesetzt, zumal die Kritik oft ihrerseits in wütender und pauschaler Weise vorgebracht wird. Been there. Den Defensivreflex zu überwinden und zuzuhören, ist aber nicht die einzige Schwierigkeit. Zu lernen und das eigene Verhalten zu reflektieren, es hier und da zu ändern, ist nicht die einzige Schwierigkeit. Für mich ist die größte Schwierigkeit, dabei die richtige Balance zu finden. Bei respektvollem Verhalten gegenüber Angehörigen marginalisierter Gruppen gilt, genau wie bei ethischem Konsum oder ähnlichen Fragen: Immer alles richtig zu machen ist unmöglich. Niemand kann sich darauf einigen, was überhaupt im Einzelfall richtig ist, teilweise stehen die Handlungsaufforderungen in direktem Widerspruch zueinander. Wer versucht, es allen recht zu machen, wird darüber unglücklich werden. Ich selbst habe gemerkt, dass ich dabei die Leichtigkeit und Freude verloren habe, gerade in größeren Gruppen war ich stiller, weniger präsent, hatte keine positive Ausstrahlung. Ich habe mich daher bewusst entschieden, es wieder etwas lockerer anzugehen.

Letztendlich kann zwar jeder von uns einen Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft besser zu machen, und da wir es können, sind wir als moralische Wesen auch dazu aufgefordert, es zu tun. Man sollte darüber aber nicht aus den Augen verlieren, dass gerade bei diesen indirekten Sachen wie z.B. dem (Nicht-)Reproduzieren von Stereotypen der gesamtgesellschaftliche Einfluss verschwindend gering ist. In diesem Kontext darf man das durchaus gegen das eigene, legitime Interesse abwägen, einigermaßen entspannt durch den Tag zu kommen und auch gelegentlich mal zu lachen (oder zu flirten). Das hat jetzt natürlich alles mit dem Thread-Thema nicht mehr wahnsinnig viel zu tun, irgendwie aber doch, wenn am Ende dieses besagten hypothetischen Tages, durch den man kommen möchte, eben die Rollenspielsitzung wartet.

Rollenspiel ist für mich Eskapismus, es ist Unterhaltung, es ist, wenn es gut läuft, ein besonderes, intimes Erlebnis mit Freunden, mit anderen Worten: Es ist privat. Das Private sei politisch, heißt es in Roll Inclusive, und das ist ja auch generell ein Leitsatz der emanzipatorischen Bewegungen. Das mag man so sehen, daraus allerdings zu schlussfolgern, dass man sein jegliches privates Handeln unablässig und kompromisslos an seinen politischen Überzeugungen auszurichten hätte, ist ebenso brutal wie absurd. Ich nehme mir heraus, in gewissen Bereichen meines Lebens einfach mal zu sagen, ey sorry, heute nicht.

Unbenommen bleibt, dass ich gute Romane, Filme und Serien, die beim Thema Diversität punkten und alte Stereotype gekonnt aufbrechen, echt abfeiere, und dass ich mir das auch für neue Rollenspiel-Produkte im Idealfall wünsche.
Post des Tages hier im Thread, und wenn es nur ist, weil ich nachdenken muss, ob ich mich auch so sehe.
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
Firepower, B&C Forum

Ich vergeige, also bin ich.

"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Lichtschwerttänzer

  • enigmatischer Lensträger
  • Titan
  • *********
  • Wo bin Ich, Wer ist Ich
  • Beiträge: 14.161
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Schwerttänzer
Prince Valiant

Aleta und Tillikum

Das Schloss der Frauen einschliesslich Black Knight
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline Megavolt

  • Zwinker-Märtyrer
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 4.732
  • Username: Megavolt
Würde man sich wirklich so offen, selbstreflexiv und abgeklärt im Rollenspiel mit lauter poltischen Meinungen befassen wollen, dann müsste man in meinen Augen fairerweise den gesamten politschen Themenkreis abdecken. Das heißt, man müsste mit einer einigermaßen ausgewogenen Verteilung "auch" umweltpolitische, religionspolitische, sozialpolitische, wirtschaftspolitische, familienpolitische, verkehrspolitische, verwaltungspolitische (etc. pp., you name it) Themen im Rollenspiel in den Vordergrund rücken. Innerhalb dieses Themenkranzes müsste man jeweils auch konträre Positionen und Darstellungen ergebnisoffen zulassen.

Warum man das nicht tut, ist evident: Im Rollenspiel möchte man sich vorrangig (im weitesten Sinne) erlebnishaft mit Fantastik beschäftigen.

Offline D. M_Athair

  • Mythos
  • ********
  • Spielt RollenSPIELE, ROLLENspiele und ROLLENSPIELE
  • Beiträge: 8.776
  • Username: Dealgathair
    • ... in der Mitte der ZauberFerne
Würde man sich wirklich so offen, selbstreflexiv und abgeklärt im Rollenspiel mit lauter poltischen Meinungen befassen wollen, dann müsste man in meinen Augen fairerweise den gesamten politschen Themenkreis abdecken.
Nö. Das hat ne andere Qualität.
Deine politische Gesinnung, deine Religion, dein Verhältnis zur Umwelt, ... all das kannst Du Dir aussuchen.

Wann hast Du Dir Deine Hautfarbe, Dein Geschlecht, Deine sexuelle Orientierung, Deine Behinderungen, Dein Herkunftsmilieu, ... ausgesucht?  ;)
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Swafnir

  • Gast
Nö. Das hat ne andere Qualität.
Deine politische Gesinnung, deine Religion, dein Verhältnis zur Umwelt, ... all das kannst Du Dir aussuchen.

Wann hast Du Dir Deine Hautfarbe, Dein Geschlecht, Deine sexuelle Orientierung, Deine Behinderungen, Dein Herkunftsmilieu, ... ausgesucht?  ;)

Im Rollenspiel? Bei jeder Charaktererschaffung.
« Letzte Änderung: 25.11.2019 | 20:26 von Swafnir »