Das kann doch jeder Spieler für sich entscheiden.
Könnte - theoretisch.
Die Praxis sieht erfahrungsgemäß so aus, dass ein signifikanter Teil der Spieler immer wieder ewig an der ganzen Optionsliste rum überlegt, wenn man alles zur Wahl stellt.
Und wenn man sich tatsächlich mal im Vorfeld die Zeit nimmt und die Liste durchgeht, wird da bei meinen üblichen Gruppen keine bunte Mischung rauskommen, sondern eine deutlich verschlankte Auswahl.
Denn:
Wer nicht will nimmt halt nur 1 Edge: Wiederhole einen Würfel, 2 Edge: Erhöhe einen Würfel um 1 oder Gib 1 Edge weiter, 3 Edge: Kaufe einen Erfolg, 4 Edge: Wiederhole alle Würfel und ignoriert den Rest.
Wer vielfältige Manöver haben will, schaut sich den Rest einschließlich Edge-Handlungen an.
Allein die zitierten Anwendungen stehen schon nicht auf Augenhöhe und die weiteren Edge-Handlungen erst recht nicht. Da gibt es schon deutlich sinnbefreite Elemente in dem Sinne, dass sie im Vergleich zu anderen Optionen mit geringfügig höheren Kosten schlicht Verschwendung sind.
Im Grunde ist es nichts anderes als die inzwischen schon so üblichen Schicksalspunkte.
SR6-Edge ist kleinteilig sowie ständig im Fluss, hat in Kosten und Nutzen massiv verschiedene Anwendungen und die Zuteilung basiert öfter mal auf taktischen Detailbetrachtungen oder einem recht unübersichtlichen Wust an Ausrüstung und Cyberware - das sind für mich deutliche strukturelle Unterschiede zu den üblichen Schicksalspunkten & Co.
Sie ist ein Vorteil, der die Chance erhöht, aus der Konfrontation heil und als Sieger hervorzugehen. Und genau das ist Edge.
Ich habe grundsätzlich nichts gegen die Abstraktion.
Ich habe etwas dagegen, dass der Edge-Gewinn so unheimlich niedrig gedeckelt ist, weil damit ständig Aspekte begründungslos aus der Betrachtung fallen (also jenseits von: du kannst diese Runde nicht mehr Edge bekommen, weil wir die Optionen nicht balanciert bekommen haben und deswegen die teureren Anwendungen nicht so oft zugänglich sein dürfen).
Wenn Edge der zentrale Mechanismus sein soll, dann muss es auch zentral sein und sauber funktionieren.
Sprich: Keine parallele Modifikation der Würfelzahl oder des Schwellenwertes, sondern ungedeckeltes Anwenden von Edge mit sinnvoll strukturierten Optionen.
Den Kniffel-Aspekt mag man oder man mag ihn nicht, das muss jeder selbst wissen.
Aber RAW kommt er mMn noch nicht mal ausreichend zum Tragen, weil das Edge-Metagame nicht ordentlich aufgebaut ist.
Das stört mich daran. Und wenn man das ändern würde, könnte man an vielen Stellen Ursache und Wirkung in nachvollziehbarer Weise wieder zusammen bringen, wo sie aktuell durch die Deckelung auseinander gerissen werden.
Einem Einsteiger zu einem schon lange nicht mehr auf dem normalen Markt erhältlichen und kaum mehr gespielten System zu raten, halte ich für Blödsinn. Er steht dann einsam und ohne wirkliche Unterstützung auf weiter Flur.
"Kaum mehr gespielt" und "ohne Unterstützung" gilt im Grunde für alles außer für die jeweils aktuelle Edition und wenige Jahre nach dem Wechsel noch für die unmittelbar vorhergehende.
Wenn nach offiziellen SR-Editionen gefragt wird, gibt der alte Sack natürlich eine Alter-Sack-Antwort. Und zwar genau deswegen, weil ich SR3-5 nicht für Einsteiger- oder Gelegenheitsspielerfreundlich halte.
Wäre die Frage offener gestellt, wäre meine Antwort: Nimm ein anderes Regelwerk.