Ich finde es auch super, daß du Rollenspiel an eine Schule anbieten möchtest.
Ich denke schon daß da Gefühl nicht nur persönlich nach Rollenspieljahrzehnten ist, sondern versuche mich eher daran zu erinnern, was mich oder Leute die ich kenne, bei ihrem „ersten Mal“ abgeholt bzw. nicht abgeholt hat....
Für mich und auch die Jungs aus meiner Klasse (ich war damals das einzige Mädchen, das spielte) war es u.a. in einer Welt, die sie in ähnlicher Form aus Büchern liebten zu spielen. As stand also eine Art „Sense of Wonder“ bzw. der Abenteuer-Aspekt im MIttelpunkt. Bezeichnend ist deshalb auch, daß bei uns die Rollenspieler waren, die gerne Tolkien, Narnia, Sagen, Perry Rhodan, Asimov gelesen haben. Die, die eher in Problemliteratur schwelgten hatten wenig Interesse – auch später als Systeme en vogue wurden, die sich eher an der realen Welt orientierten. Wobei die WoD dann auch eine andere Zielgruppe dazugeholt hat. Aber auch hier schien ein Aspekt die quasi-Romantik des Spiels von etwas Exotischem, aber in einem vertrauteren Umfeld zu sein.
Meinem Mann hatte ich die Einstiege auch vorgelesen – vor allem weil er ein völlig anderer Spielertyp ist als ich – eher ein Taktierer und Problemlösungsorientiert, während ich recht vielen Stilen etwas abgewinnen kann und mir gerne auch Charakterspiel betreibe (was er überhaupt nicht mag – Lieblingssystem D&D4 ;-)). Er war auch etwas befremdet und das obwohl er im Spiel am liebsten taktische Situationen mag.
Nun zu den Szenarien:
Elf und Einhorn ist in soweit für mich OK, wenn man es als kurzes Beispiel nimmt wie Rollenspiel funktioniert. Und gemeinsam versucht, Ansätze zu finden. Durch die karge Information wird es aber kaum Spiel hergeben, weil für weitere Aktionen ein Grund bestehen muß, weshalb das Einhorn tot ist.
Bergsteiger: Gut finde ich die Frage nach dem warum und wer? Gut auch der Ansatz einer nicht-alltäglichen Situation, die aber innerhalb der Vorstellungsmöglichkeiten der Schüler liegt. Wenn ich mir aber die Müe mache, meinen Charakter und die Situation zu definieren möchte ich auch, daß Konsequenzen daraus entstehen. Die Hängebrücke als Einstiegsproblem ist sogar als solches gesehen OK, aber danach käme ich gerade wenn ich noch nie gespielt hätte mit der Frage raus – und warum haben wir jetzt vorweg etwas definiert? Wäre der Grund rein touristisch und es käme eine Hängebrücke würde ich umdrehen und nach Hause fahren. Müßte ich jemanden retten, der verschollen ist, würde ich zumindest wollen, daß dies nicht die einzige Hürde und nicht die ganze Geschichte ist und ich auch zum Ziel käme. Wäre es eine Forschungsexpedition, würde ich vielleicht einen Hubschrauber o.ä. Anfragen oder zumindest Information anderweitig einholen und würde dann noch immer wissen wollen, was ich auf dem Aconcagua finde. Auch die vordefinierte Lösung ist natürlich schwierig – wobei ich davon ausgehe, daß auch andere Ansätze zugelassen würden. Ich hatte letztens einen Gast in meiner Splittermondrunde, der noch nie gespielt hatte, der immer Ansätze wählte, die der Herausforderung nicht begegneten (glücklicherweise nur ein Gast ;-)).
Autobahn: Gut finde ich die detektivische Komponente. Es fehlt mir aber das „Sense of Wonder“ und erinnert wenn nicht inhaltlich dann in der Art eher an einen Problemstellungstyp den ich aus Ethik- und Deutschklausuren kenne. Als Teil einer kleinen Geschichte, in der (übrigens Logikfehler – da die Notrufsäule außer Betrieb ist, kann man sie nicht bedienen, oder?)die Szene eingebettet ist, könne es wiederum funktionieren. Dann würde ich wiederum definieren wollen, warum man unterwegs ist, welche Möglichkeiten man überhaupt hat.
Strandurlaub: Es wurde schon erwähnt, daß es problematisch ist, sich selbst zu spielen. Das macht diese Situation, die wieder letztlich eine taktische wie in beiden Vorbeispielen ist, unattraktiver. Man kann nur, was man selbst auch kann. Und wieder ist die Situation sehr real. Eine Chance des Rollenspiel auch für Teenager ist, daß man durch die Distanz zum Charakter, der nicht man selbst ist, aber die Nähe, daß man selbst ihn spielt, die Hemmschwelle sich Dinge zu trauen und zu probieren, für die man sich sonst zu unsicher fühlt oder glaubt bzw. weiß die Fertigkeiten nicht zu haben, geringer ist. Wenn man weiß, daß man sich selbst spielt, weiß man auch daß die anderen einen wie „sich selbst“ beurteilen werden und die Außenwirkung spielt bei Jugendlichen oft eine nicht geringe Rolle.
Schulhof. Nett wieder die Idee mit dem unüblichen Gegenstand und auch daß er eine Konsequenz hat. Ansonsten ist die Situation selbst mir zu absurd/konstruiert. In Medias Res für einen One Shot ist sinnvoll, aber quasi gleich mit allen Gesetzten brechen läßt auch Schüler die Situation nicht ernst nehmen. Es hat seine Gründe weshalb erfolgreicher Urban Fantasy meist nach und nach aufgebaut wird. Auch bei Potter gibt es kleine Anzeigen dafür, daß die Welt in der er glaubt zu leben anders ist. Ebenso andere erfolgreiche Serien wie Twilight oder Mortal Instruments.
Eine wichtige Frage wäre – was liebst du an Rollenspiel??? Welche Art Rollenspiel magst du. Würden dich die Situationen begeistern? Wenn sie es wirklich tun, dann besteht eine gute Chance, daß du das auch rüberbringen kannst. Wenn nicht, dann wird es aus meiner Sicht aus obigen Gründen schwierig. Wie Blechpirat sagt spielt in einer Art Lehrerfunktion spielt Authentizität eine große Rolle. Schüler blicken es sehr schnell, wenn man ihnen etwas zeigen möchte, für das man in der Form aber selbst kaum brennt. Ich glaube, vor allem meine Teenager-Schüler schätzen an mir auch die Nerd-Komponente – was mir eine Schülerin sogar fast so sagte.
Möchte man wirklich eine Menge Spielstile abdecken würde ich mir vielleicht doch Inspiration in größeren kommerziellen Systemen suchen.
Soll Bergsteigen exemplarisch für ein System in dem man Charaktere verknüpft und vorwiegend erzählerisch arbeitet dienen, würde ich mich z.B. an Turbo Fate/Fate (noch nicht gespielt, aber geschmökert) orientieren. Gemeinsam das Setting entwerfen und aus den Konsequenzen versuchen ein kleines Szenario zu improvisieren.
Soll die Autobahn oder Strand für ein eher taktisch orientiertes Rollenspielen und Lösen von Rätseln dienen, wäre vielleicht eine kleine Art Escaperoom eine Idee – vorgefertigte Charaktere, die irgendwo raus müssen. Ich glaube es gibt auch ein paar Pen & Paper Abenteuer (DSA hatte da wohl mal etwas rausgebracht), an denen man sich orientieren könnte.
Für andere Arten von Taktieren kann ich D&D 4 empfehlen. Einen One-Shot-Mini-Encouter kann man mit etwas Vorbereitung in 90 min sehr gut hinbekommen (leider sind solche Beispiele für potentielles Powergamining, was vielen sehr gefällt, aber eher nicht gewaltfrei zu lösen).
Steht der Schulhof für eher diplomatisch geprägtes Spiel würde ich tatsächlich ein Beziehungsnetzwerk vorbereiten – vielleicht als Hausaufgabe zum kurz durchlesen. Ich war früher auf einigen LARPS, in denen man einen Charakter bekam, der ein paar Dinge über ein paar Personen wußte und 1-2 Ziele hatte. Im Pen & Paper könnte man den Scs ein gemeinsames Ziel aber unterschiedliche Informationen geben, die in Umlauf kommen müssen. Außerdem ein paar NSCs, die angesprochen werden können und mit denen diskutiert werden muß. Dann noch ein paar Animositäten und Freundschaften... Das Grundsystem von den Chronicles of Darkness minus Horrokomponente könnte sich für solche Dinge eignen – wenn man den überhaupt ein System braucht – um jedem Charakter unterschiedliche Fertigkeiten zu geben.Steht dieser Teil dann am Schluß der Einführung, so kann man die Schüler auch schon ein bißchen einschätzen, welche Rollen ihnen Spaß machen könnten.
Das natürlich alles nicht ganz unaufwändig.... Aber ich hoffe es hilft irgendwie meine auch eher gebrainsormte Meinung darzustellen und gibt hoffentlich konstruktive Vorschläge. Mal davon abgesehen, daß ich wenn jetzt nicht wieder Abi-Prüfungen und viele Konzerte anstünden selbst Lust hätte, ein Konzept auszuarbeiten :-)