#8: Ein eigenes Setting?Nachdem ich die letzten Diskussionen hier etwas habe sacken lassen, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich besser funktioniert, ein
eigenes Setting zu schreiben, das gut zu Savage Worlds passt. Dafür spricht außerdem, dass ich Abenteuer, die ich für ein solches Setting schreibe, ohne große Probleme zum Download stellen könnte, ohne jemandem auf irgendwelche Intellectual-Property-Zehen zu treten.
Natürlich weiß ich heute noch nicht, wie weit so ein Projekt kommt. Ich kenne mich gut genug, um zu wissen, dass meine Begeisterungsfähigkeit mich immer wieder das Thema (oder das Setting oder die Kampagne) wechseln lässt. Mein Plan ist daher nicht, ab jetzt konsequent an dem Setting zu arbeiten, sondern eher, ein paar Eckpunkte festzuklopfen und dann immer mal wieder One-Shots für das Setting zu schreiben, in denen es hoffentlich zunehmend an Kontur gewinnt.
GrundüberlegungenDie folgenden Eckpunkte möchte ich in dem Setting gerne umsetzen:
- Moderate Steam Fantasy: Es gibt sowohl Steampunk als auch Magie, aber beide haben ihre Grenzen. Außerdem stehen die Nutzer von Magie und Technik im Konflikt miteinander (s.u.), was ein zentrales Thema für Abenteuer sein wird.
- Kein Kitchen Sink: Ich möchte kein Setting, in dem alle Zaubersprüche, Erfindungen, Rassen, Kreaturen, Götter, Sphären, Reiche usw. vorkommen, die irgendwann mal in der Fantasy erwähnt worden sind. Stattdessen möchte ich eine beschränkte Anzahl fantastischer Elemente einführen und sehen, wozu die führen, wenn man sie und ihre Konsequenzen auf die Spielwelt so gut wie möglich durchdenkt.
- Thema Entdeckung: Ich mag keine harten, ultrarealistischen Settings, keine Kriegsgeschichten und keinen Horror. Stattdessen werden sich viele Abenteuer auf Entdeckungsthemen (Forschungsreisen, Geheimnisse lüften, Kriminalfälle lösen etc.) konzentrieren, und das Setting soll dafür genügend Möglichkeiten bieten.
- Spielbarkeit: Ich möchte Themen, die für mich wenig zum Spielspaß beitragen, dafür aber das Spiel komplizierter machen (Sprachen, Währungen, Kalender etc.) so einfach wie möglich gestalten.
- SaWo-Kompatibilität: Ich will versuchen, so gut wie möglich mit den Werkzeugen auszukommen, die das SWADE-Grundregelwerk anbietet, und dabei dennoch etwas Eigenständiges zu schaffen.
Thema MagieGerade vor dem Hintergrund dessen, was seit meinem Beitrag zum Thema "Settings" geschrieben wurde, ist vielleicht von Interesse, wie ich das Thema "Magie" gelöst habe. Ich habe dazu drei magische Schulen geschaffen, die über einen eigenen Background abgebildet werden und jeweils über 10-12 Powers verfügen:
- Kinetisten: Können durch Magie Kraftfelder erschaffen und Objekte bewegen oder abbremsen. Diese Fähigkeit ist auf unbelebte Objekte beschränkt. Man kann also beispielsweise Steine beschleunigen, so dass sie zu Geschossen werden (Bolt), oder eine Platte schweben lassen, auf der jemand sitzt (Fly).
- Luxoniker: Können durch Magie Licht und Schall beeinflussen und auf diese Weise Licht, Bilder und Geräusche erzeugen oder verschwinden lassen.
- Vitalisten: Können den Körper eines Lebewesens beeinflussen. Dabei ist eine Veränderung zum Urzustand hin (Heilung) permanent, während eine Veränderung vom Urzustand weg (Mutation) zeitlich begrenzt ist.
Diese Zauber sind so gewählt, dass ich ihre Auswirkungen auf die Spielwelt noch gut überblicken kann. Echte "Game Changer" wie
Resurrection sind nicht darunter. Außerdem ist es in der Spielwelt ausdrücklich nicht möglich, Zauber auf Gegenstände zu übertragen, magische Energie zu speichern oder magische Artefakte zu konstruieren - ein Zauber kann nur gewirkt werden, wenn der Zauberer wirklich anwesend ist.
Etwas kritischer in Sachen Spielbalance sind die telepathischen Fähigkeiten der
Alathu (eine der Rassen der Spielwelt), die ich über einen weiteren arkanen Background (ähnlich dem Background
Gift) abgebildet habe. Dabei handelt es sich aber nicht um Magie, sondern um eine besondere Fähigkeit dieser Rasse. Allerdings weiß natürlich jeder, dass die Alathu über die Fähigkeit zum Lesen und Manipulieren von Gedanken verfügen, so dass man im Umgang mit ihnen entsprechend vorsichtig ist und die Alathu - die eigentlich in der Mehrheit sehr umgänglich sind - oft gemieden oder sogar verfolgt werden.
Thema TechnikIn Sachen Technik verwende ich einige typische Steampunk-Konzepte. Im Wesentlichen sind die zivilisierten Regionen auf dem Stand unserer Welt Mitte des 19. Jahrhunderts, mit einigen Änderungen.
- Mechanik ist sehr weit entwickelt, und die durchgeknallten Zahnrad-und-Federn-Mechaniken können Dinge, die in unserer Welt gar nicht möglich wären.
- Dampfmaschinen sind das dominierende Prinzip für Motoren, sie können auch kleiner gebaut werden als in Wirklichkeit und treiben somit nicht nur Eisenbahnen und Maschinen, sondern auch Dampfdroschken und Eisenmänner an (letztere sind allerdings nicht autonom, sondern müssen gelenkt werden).
- Elektrizität ist ebenfalls bekannt, allerdings nur in Form von Gleichstrom (was bedeutet, dass man sie nicht über große Distanzen "transportieren" kann). Dafür gibt es vergleichsweise große Batterien, die interessante Mechaniken antreiben können und nur ab und zu explodieren.
- Alchemika (einschließlich Pharmazeutika) sind ebenfalls verbreitet, auch wenn man die Theorie dahinter noch nicht wirklich versteht, sondern eher durch Trial and Error zu Ergebnissen gelangt.
Zwei Klassiker des Steampunk gibt es allerdings nicht. Zum einen sind mechanische Denkmaschinen noch nicht annähernd gut genug, um damit Roboter oder Denkapparate zu bauen - sie sind immer noch wenig mehr als fortgeschrittene Rechenautomaten. Zum anderen funktionieren alle Arten von Sprengstoff durch die Wechselwirkung mit der Hintergrundmagie sehr unvorhersehbar, so dass präzise Anwendungen wie etwa Schusswaffen unmöglich sind (letztere werden stattdessen meist mit Federmechanismen umgesetzt, wodurch sie nur eine begrenzte Reichweite haben und oft nachgeladen werden müssen).
Der Konflikt zwischen Magie und TechnikZunächst einmal sind Magie und Technik schlicht nicht kompatibel - es ist nicht möglich, magische Artefakte, Magiespeicher o.ä. zu erschaffen. Magie ist untrennbar mit einem lebenden Geist verknüpft und kann nur von einem solchen gewirkt werden. Andererseits schließen sie sich aber auch nicht aus; man kann durchaus auf einer Dampfdroschke reisen und dabei Magie wirken, ohne dass die Dampfmaschine aufhört zu funktionieren.
Problematisch ist aber, dass die Erzeugung und der Betrieb technischer Geräte das Gleichgewicht der Natur zerstört. Die Städte benötigen massenhaft Nahrung, Kohle, Holz, Gestein, Erze usw., wozu immer größere Gebiete des ursprünglichen Ökosystems zerstört werden. Die Natur wiederum ist durchwirkt vom Geist der Magie, der sich in Form zahlreicher Naturgeister manifestiert (von körperlosen "Spirits" über beseelte Pflanzen- oder Tierwesen bis zu lebenden Elementaren aus Erde, Stein, Wasser, Feuer, Eis oder Luft). Diese Naturgeister haben längst verstanden, was der Einzug der Technik für sie bedeutet, und wehren sich nach Kräften gegen die "Erschließung" ihres Lebensraums. Gerade außerhalb der Städte (in denen so gut wie keine Naturgeister mehr existieren) leben Farmen, Straßen, Bergwerke etc. in steter Angst vor der Rache der Natur. Zugleich dehnen ehrgeizige Politiker, Geschäftsleute und Prospektoren den Einflussbereich der Zivilisation immer weiter aus. So stehen sich die "zivilisierten" und die "ursprünglichen" Bewohner der Welt (auf deren Seite sich inzwischen die meisten Alathu geschlagen haben) inzwischen unversöhnlich feindselig gegenüber, und nur selten gelingt es, Kompromisse zu schließen, die ein Leben für alle ermöglichen.
Wie geht es damit weiter?Sobald ich das Gefühl habe, dass die Eckpunkte der Spielwelt stehen, will ich noch die Grundzüge einer ersten Stadt dazu entwerfen und dann so bald wie möglich erste One-Shot-Abenteuer dafür schreiben, um das Setting mit Leben zu füllen. Mal sehen, ob wirklich etwas daraus wird - drückt mir die Daumen!