Vor einem Jahr, bei besserer Laune, hatte ich mal spaßeshalber nachgeschaut, was Nuklearwaffen denn so können und das woanders schon mal gepostet. Vielleicht ist's ja auch hier interessant.
Ein einzelner 400 Kilotonnen (kt) Atomsprengkopf einer Pershing 1A (erinnert sich noch jemand an "Petting statt Pershing" und die Friedensbewegung oder bin nur ich so alt?) hat genug Wumms um fast ganz Hamburg platt zu machen.
Am Einschlagpunkt entsteht ein 70m tiefer Krater von 280m Durchmesser. Was nicht sofort verdampft, wird zu einer 140m breiten und 30m hohen "Lippe" aus glühender Magma aufgetürmt, die den Krater nochmals tiefer (100m) wirken lässt.
Ein knapp 1800m durchmessener Feuerball (der damit auch 900m gen Himmel aufragt) bildet das Zentrum der Explosion. Hier überlebt nichts und niemand.
Die entstehende Druckwelle zermalmt auf 1,6 km Entfernung alles, was steht oder von dem, was da stand, getroffen wurde. Trifft sie auf Menschen, haben diese keine Chance auf Überleben. Sie sterben.
Wer der Druckwelle (beispielsweise in einer U-Bahnstation) entkam, ist in einer 4,5km durchmessenden Zone (16 qkm) um den Einschlagpunkt herum tödlicher Strahlung ausgesetzt worden, die, falls nicht sofort, dann innerhalb eines Monats, zum Tod führt.
7 km durchmisst dann die Zone, in der die Wucht der Detonation noch so groß ist, dass normale Gebäude (also keine Bunker) einstürzen und Leute wahrscheinlich sterben oder zumindest schwer verletzt werden, wenn sie die Druckwelle direkt oder indirekt erwischt. Wer ins Licht geschaut hat, ist außerdem erblindet. Man kann aber Überlebende aus dem 1,5km breiten Streifen jenseits der Todeszone zu retten versuchen.
Allerdings auch nur, wenn diese unterirdisch geschützt waren, denn 14 km durchmisst die Zone (154 qkm), in der klar wird, dass die Druckwelle nicht nur gewaltige Wucht hat, sondern auch noch verdammt heiß ist. Hier erleidet jeder mindestens Verbrennungen dritten Grades. Angeblich spürt man aber nichts, weil die Nerven gleich mit verbrennen. Ohne intensive medizinische Versorgung werden diese nun hautlosen Menschen ebenfalls sterben. Dafür können sie noch sehen.
Diese 14km Zone ist so groß wie Hamburg-Mitte, also das was man so als Hamburg ohne Altona kennt – und ohne Randbezirke wie Harburg, Bergedorf, Eimsbüttel oder Wandsbeck.
Vermutlich werden ca. 250.000 Menschen auf diese Weise sterben, das sind 80% der Einwohner von Hamburg-Mitte und 14% aller Hamburger. Weitere 350.000 werden schwer oder sehr schwer verletzt und ungezählte leicht verletzt, vielleicht 500.000.
In einem Bereich, der bis zu 9 km vom Einschlagpunkt entfernt liegt (254 qkm), hat man erstmals die Chance, anderen später noch davon zu berichten, denn hier brechen zwar Fensterscheiben und es entflammen Gebäude und Vegetation, sicherlich fliegen auch noch Dinge durch die Luft, aber die Druckwelle ist nicht mehr lebensgefährlich. Die Verbrennungen ersten und zweiten Grades können ebenfalls überlebt werden.
Das ganze dauert nicht länger als ein paar Sekunden.
Danach stürzt die verdrängte Luft zurück in die Stadt und entfacht nun einen Feuersturm, der alles verzehrt, was noch da ist, während sich langsam die typische Pilzwolke bildet.
Und die hat es in sich. Je nachdem wie der Wind weht, wird ein ca. 3 km breiter und 9 km langer Korridor, den [Nukemap](
https://nuclearsecrecy.com/nukemap/) (wo ich all diese Angaben her habe) mal ziemlich genau Richtung Lübeck gelegt hat, tödlich (1000 Rad/h, man hat hier maximal 1-3 Minuten Zeit zu entkommen) verstrahlt – alles in Ahrensburg stirbt, beispielsweise. In Lübeck kommen "nur" noch 100 Rad/Stunde an. 400 Rad werden als 50% Chance gesehen zu sterben. Bei 1000 Rad gilt das als sicher. 100 Rad kann man überleben, wenn man die Strahlung – z.B. in einem Bunker – meidet. Drehe ich den Wind, reicht diese 100 Rad-Zone aber locker bis Kiel oder eine 10 Rad-Zone noch bis Flensburg. Hier kann man dann noch 3-4 Tage ungeschützt überleben. Also raus aus den Städten.
Diese müssen (zeitweise) evaluiert und danach sorgfältig gesäubert werden. Ich weiß leider nicht, welche Halbwertszeit das Zeug hat, was da an Abfallprodukten entsteht und sich niederschlägt. Ich meine mich daran zu erinnern, dass mal von etwa 14 Tagen im Bunker die Rede war. Die Strahlung klingt ja exponentiell ab. Anfassen sollte man danach aber trotz nix.
Der blöde "duck and cover" Song ist grundsätzlich nicht so falsch. Sie haben nur nicht erwähnt, dass das nur Sinn macht wenn man (in diesem Fall) weiter als 4km vom Einschlagpunkt entfernt ist. Dann ist es aber gute Idee, sich irgendwo in eine Kuhle zu werfen, um nicht von der Druckwelle erfasst und der Hitzewelle verbrannt zu werden. Sieht man den Blitz, hat man wenige Sekunden Zeit, abhängig davon, wieviel Stadt die Druckwelle abbremst. Ich las etwas von 300m/s für Welle, also etwa Schallgeschwindigkeit, da hätte man dann etwa 12 Sekunden Zeit.
Was Nukemap leider nicht berücksichtigt ist, dass das ganze Wasser, was im Hamburger Hafen verdampft, kurz danach mit Macht wieder in die Stadt strömt. Wahrscheinlich läuft auf diese Weise dann der Einschlagkrater voll. Und auch alles, wo sich Menschen unterirdisch versteckt haben könnten. Es ist übrigens gar nicht so einfach, Bunker in HH zu ergoogeln. Ich würde sagen, es gibt Tiefbunker für etwa 10.000 Leute. Der markante Flakturm IV in St. Pauli würde wahrscheinlich nicht stehen bleiben. Im 2. Weltkrieg fanden dort beeindruckende 25.000 Menschen Zuflucht.
Der 400kt Sprengkopf einer Pershing 1A ist offensichtlich keine taktische Waffe, die man auf dem Schlachtfeld einsetzen möchte. Die Wirkung ist einen Hauch zu groß.
Die Pershing II hat einen Sprengkopf, man auf 5 bis 85 Kilotonnen Sprengkraft einstellen kann. Sie wurde als taktische Waffe entwickelt. Und daher gab es auch die großen Proteste, denke ich. Die 1A auf dem Schlachtfeld einzusetzen ist blanker Irrsinn – das sieht hoffentlich jeder ein – und damit eine Abschreckungswaffe. Die II hingegen kann als Baustein einer Militäroperation genutzt werden und das macht(e) ihren Einsatz viel wahrscheinlicher.
Bei durchschnittlich 45kt durchmisst der Explosionskrater nur 140m bei einer Tiefe von 30m (was mehr Infrastruktur unbeschädigt lässt), der Feuerball verglüht nur alles mit einem Durchmesser von 720m, verstrahlt auf 3,2km und verbrennt Menschen auf 6km und 4,5km von der Einschlagstelle entfernt kann man's bereits genießen, solange man nicht im Bereich den tödlichen Fallouts einer Ellipse von 2x7km Durchmesser ist.
Besser (für die Infrastruktur) ist, wenn der Sprengkopf nicht einschlägt, sondern in der Luft (ich habe 300m gewählt (was aber wie ich inzwischen recherchiert habe, noch zu niedrig ist, in Hiroshima waren es 600m (das war aber auch eine vergleichsweise kleine Bombe), für mein Hamburgbeispiel wäre wohl 1000m optimal gewesen)) explodiert.
Die 300m reduzieren den Feuerball (in der Luft) auf 560m, die tödliche Strahlung auf 2,2km und vernichtet trotzdem zuverlässig Menschen und Material auf 6km wie zuvor. Man muss jetzt sogar mindestens 6km weit entfernt sein, um nicht betroffen zu sein. Als Bonus gibt es keinen Fallout (sondern das strahlende Zeug wird in die Atmosphäre geblasen und dort fein verteilt, vermute ich).
Falls sich noch jemand an die Diskussion um die russischen SS-20-Raketensysteme erinnert: Ungefähr 400 gab es davon Ende der 80er Jahre. Man kann jede Rakete entweder mit einem 1000kt Sprengkopf, drei individuell lenkbaren 150kt Sprengköpfen oder für mehr Reichweite drei 50-75kt Sprengköpfen bestücken, was ungefähr einer Pershing II entsprach. Die Waffensysteme sind mobil und damit schnell in einen Bereich transportierbar, der dann ganz Westeuropa bedrohen kann und so mit einem Megatonnen-Sprengkopf jede europäische Großstadt wegnuken kann. Sie waren schnell einsatzbereit und recht modern gegenüber den fest installierten Minuteman-Systemen der USA der damaligen Zeit. Daher wollte man ja auch so gerne die neuen Pershings. 120 gab es davon Ende der 80er Jahre. Ich habe keine Ahnung, ob man davon ausgegangen ist, dass ein Trägersystem mehr als eine Rakete abschießen kann, bevor es zerstört wird, aber ich habe die Zahlen so verstanden, dass es die Trägersysteme waren. Raketen (also die Munition) gab es vielleicht noch mehr.
Tja, Atomwaffen als Grundlage für ein postapokalyptisches Setting sind irgendwie schon ein Downer…