Daß Kampfsysteme traditionell zu Übergewicht neigen, ist mMn einfach der Herkunft des Hobbys aus dem Wargaming-Bereich geschuldet
Das hätte sich allerdings nicht über 40 Jahre gehalten, wenn es keine strukturellen Anreize gäbe, es beizubehalten bzw. wieder so zu machen (und auch einige alte konventionelle Rollenspiele kommen ja bestenfalls sekundär aus der Wargaming-Ecke wie z.B. Advanced Fighting Fantasy).
Ich sehe da drei Aspekte:
- Ein Gefühl von Legitimation für das Ergebnis erzeugen.
Wenn wir bei psychologischen Aspekten sagen "Aber beim Kampf akzeptieren wir ja auch Eingriffe in unsere Entscheidungsfreiheit", dann wird gerne übersehen, dass das großteils passiert, weil es dafür im Vorfeld bekannte und akzeptierte Regeln gibt.
- Einflussmöglichkeiten schaffen (siehe Maarzan).
Das hängt mit dem ersten Punkt zusammen, geht aber stellenweise darüber hinaus. Und eine zeitliche und spielmechanische Streckung des Ablaufs erlaubt es auch, vorhergehende Entscheidungen bzw. deren Konsequenzen zumindest zu relativieren.
- Unterhaltung.
Viele Spieler haben da schlicht Spaß dran, sei das nun wegen dem, was mit den Regeln dargestellt wird oder am "Minispiel Kampf" selbst.
In den meisten Spielen, wo Kampf keinen unverhältnismäßigen Anteil am Regelwerk hat, wird einfach vorausgesetzt, dass für die Zielgruppe Punkt 3 wegfällt. Und in dem Moment hat man schon viel weniger Bedarf für die anderen beiden Punkte und kann das z.B. auch erreichen, indem vor einem einzelnen Wurf vergleichsweise lang über Einflüsse und Konsequenzen gesprochen wird. Trotzdem ist das eine Stelle, wo es in sehr regelleichten Spielen öfter mal genau deswegen Knatsch gibt mit dem Ergebnis, dass man Kämpfe dort weitestgehend vermeidet oder quasi mit angezogener Handbremse gestaltet.
Daher:
Und ist der Zusatznutzen von mehr Regeln im Bereich Kampf höher oder ist das alles eine reine Geschmacksfrage?
Es gibt zwei Richtungen von Zusatznutzen.
Schaffen mehr Regeln mehr Akzeptanz, Engagement, Einflussmöglichkeiten, Ergebnisbreite?
Da ist relativ früh der Punkt erreicht, an dem das nicht mehr der Fall ist.
Haben die Spieler Spaß an mehr Regeln (=mehr "Futter" für die Beschäftigung damit sowohl am Tisch als auch zwischen den Sitzungen)?
Da tritt eine "Sättigung" wesentlich später ein und es ist nur durch die praktische Anwendbarkeit des Regelwerks begrenzt - und selbst da sind viele Gruppen bereit, über den praxistauglichen Umfang hinaus zu gehen und den Aufwand zu treiben, das für sie Interessante rauszupicken.
Analog gilt das dann für die Psychologie.
Dass eine Gruppe (beruflich nicht frustrierter
) Psychologen wohl nicht nur kein Problem mit, sondern Spaß an mehreren Dutzend Seiten Regeln in der Richtung hätte, ist ja allemal nachvollziehbar. Nötig oder für die breite Masse "sinnvoll" (d.h. verhältnismäßig) ist aber wesentlich weniger.