Ich habe auch neulich eine RotF Kampagne für meine Gruppe angestoßen, kann dem positiven Urteil aber nicht zustimmen. Eigentlich bin ich mit dem gesamten Abenteuer von vorne bis hinten super unzufrieden, aber weil ich Icewind Dale als Region der gleichnamigen Videospiele so schätze behalte ich es bei (und ich habe meinen Spielern großmaulig gesagt, dass wir es definitiv spielen werden
).
Das Problem waren vielleicht die Hype Videos von DndBeyond, wo Perkins erklärte, es sei ein düsteres und zum Teil sogar horror-infusiertes Abenteuer, wo schwierige Entscheidungen getroffen werden müssten und Aurils Winter harte Opfergaben abverlangt. Es sei an manchen Stellen problematisch genug, dass man im Abenteuer sogar Interludes einbauen musste, damit nicht alles so doom und gloom wäre. Das war mein Eindruck des Abenteuers, bevor ich es gekauft habe.
Nun meine Kritikpunkte:
1. Auril und die anderen Plot Elemente sind zweidimensional und langweilig. Es hat alles diese zugrundegelegene kosmische Natur des Guten und Bösen. Ist es Gut, dann hat man per Buch fast immer die Chance, zu reden, handeln oder alternative Lösungswege zu finden. Ist es Böse, dann ist es meistens nur die Entscheidung, wie man das Töten der Bösen Kreaturen beginnt bevor man als glorreicher Held beschimpft wird.
2. Die andere "große Story", die ich nicht spoilern möchte, ist ebenfalls unglaublich flach. Es kann keine harten Entscheidungen geben, wenn man gegen etwas Böses kämpft, was einfach den Tod aller ersehnt. Das ist langweilig, unkreativ und in jeder 5e Story immer wieder das gleiche.
3. Die Ten-Towns sind öde und unzureichend beschrieben. Jede Stadt kriegt eine Taverne beschrieben und 1-2 Quest-relevante Ortschaften. Menschen werden dargestellt, als ob sie einfach eine weitere Wintersnacht verbringen. Alles ist ein bisschen schwieriger, aber eigentlich lebt es sich wie gehabt. Was ist mit den Opfergaben? Was ist mit der Idee, dass der ewige Winter schon Monatelang oder Jahrelang im Gange ist? Wege sind zugeschneit, die Wildnis stirbt aus, Brennholz wird rar, Menschen beginnen an der Isolation und Depression zu verzweifeln. Davon kommt echt null rüber. Vor allem ärgert mich, dass die Entscheidung einer Opfergabe von jedem einfach mal so "OK" ist. Alle Speaker der Ten-Towns haben eingewilligt. Keine Streitigkeiten, keine Abtrünnigen, keine schwierigen Entscheidungen. "Sie würden es ja sofort aufheben, gäbe es den Fluch nicht mehr." Echt schade.
4. Ein Schwachpunkt der 5e Regeln waren schon immer die Wildnisregeln. Leider sind sie hier genauso wenig durchdacht wie immer und das, obwohl ein signifikanter Teil des Abenteuers genau das verlangt. Das wird auf Dauer keinen Spaß machen und verlangt von mir, umso mehr Zeit und Energie zu investieren, es geradezubiegen.
5. Die Struktur des Abenteuers haben andere schon kommentiert. Es ist sehr merkwürdig es als eine Art von Abenteuer zu verkaufen und dann doch etwas ganz anderes als finalen Ort und Akt zu präsentieren. Finde ich persönlich nicht gut.
6. Für neue Charakter ist der Start schwierig. Es gibt kaum Ideen oder Plot Hooks, um einen interessanten Start in Icewind Dale zu ermöglichen. Die ersten Quests sind nicht illustrativ oder zielführend, um die Region und ihre Probleme vorzustellen und auch die Character Secrets sind durchwachsen. Ich empfehle da selbst noch Gedanken in einen ordentlichen Start zu investieren, weil es sonst etwas holprig werden kann.
Alles in allem wünschte ich mir, ein anderes Abenteuer für Icewind Dale gelesen zu haben. Die Kunst ist schön, das Layout auf Dndbeyond echt klasse und einzelne Quests sind wirklich sehr spaßig. Im Großen und Ganzen würde ich dieses Abenteuer keinem Neuling SL empfehlen, weder noch einem SL mit wenig Zeit, das Abenteuer zu überarbeiten. So wie es jetzt ist ist es zwar spielbar, aber nur ein Hauch des vollen Potentials wird aus dem Abenteuer herausgekitzelt.