Autor Thema: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus  (Gelesen 7536 mal)

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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #25 am: 26.10.2020 | 20:25 »
3

Niemand kennt die Zukunft
der Minotaurenknaben,
die ihre Nächte in den Ställen verbringen
und sich an den warmen Körpern
der großen Bullen schmiegen,
auf denen sie in ihren Träumen
ins Licht reiten.
 
Die Erwartung
in ihren ersten morgendlichen Blicken
ist unsere stärkste Waffe
im Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit.

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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #26 am: 26.10.2020 | 20:26 »
Wir sitzen hinter dem Haus unter eine Markise und schauen in den Regen.

Wie ein Schleier fällt er vom Himmel.

Wie ein Schleier verdeckt er auch unsere Sicht auf die Umgebung.

Allmählich gewöhnen wir uns daran und beginnen Straßen und Häuser einer anderen Stadt wahrzunehmen.

Unsere Vision beginnt.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #27 am: 26.10.2020 | 20:28 »
Der erste und der zweite Soldat führen die zitternde Gouliza ins Haus. Der zweite Soldat nickt außerdem dem Philosophen aufmunternd zu, worauf sich dieser der Gruppe anschließt. Als Mujeeb Gashkari und der zweite Advokat ebenfalls auf den Eingang zusteuern, fragt sie der erste Soldat, was sie wollen. Der zweite Advokat erzählt, das Mujeeb sich auf das Deuten von Orakeln versteht und im Haus seine Dienste anbieten möchte. Der erste Soldat zuckt mit den Schultern und meint, die beiden könnten zumindest erstmal mitkommen.

Schließlich sitzt die gesamte Gruppe in der Küche. Gouliza bekommt einen warmen Tee und beruhigt sich allmählich. Der zweite Advokat fragt sie, ob sie sich nicht vielleicht von Mujeeb ein Orakel auslegen lassen möchte. Gouliza ist einverstanden, ertränkt mit Mujeeb zusammen Bienen in Zuckerwasser, isst sie und zieht Holzplättchen aus seinem qualmenden Schlund des Schicksals. Mujeeb sieht sich die Plättchen an, schüttelt etwas verunsichert mit dem Kopf und sagt dann: „Durch das Streben nach Reinheit erlangen wir Kraft.“ Gouliza weiß nicht, was sie von dem Spruch halten soll, nickt Mujeeb aber ernst zu. Der Wahrsager nimmt den zweiten Advokaten zur Seite und flüstert ihm mit krächzender Stimme zu: „Sie zahlt nichts, Rind!“ Der zweite Advokat nickt.

Irgendwann beginnt Gouliza zu erzählen. Sie liebt einen Minotauren, der in Pannashoo arbeitet. Dieser Stadtteil Dégringolades ist etwa 6 Stunden entfernt. Der Minotaur ist Brunnenpfleger am Quell des Vertrauens und dafür zuständig, dass niemand ungewollt in dem Brunnen badet. Er muss außerdem das Wasser mittels eines langen Keschers von Blättern und Unrat freihalten. Gouliza hat Angst, dass ihre beiden Peiniger sich jetzt, wo sie ihrem Zorn entkommen ist, stattdessen an ihrem Geliebten vergreifen. Der zweite Advokat spricht ihr beruhigend zu. Es ist aber zu erkennen, dass die Frau möglichst bald schon in Richtung Pannashoo aufbrechen wird.

Während die Anwesenden noch überlegen, wie in dieser Sache zu verfahren ist, steht plötzlich Archana, die älteste Tochter des Hauses in der Küchentür. Sie geht neugierig auf Mujeeb zu und bittet ihn um eine eigene Orakelauslegung. Dann legt sie großzügige vier Samenkörner auf den Tisch. Der zweite Advokat steckt den Lohn ein und bereitet die Zeremonie vor. Etwas später betrachtet Mujeeb die von dem dreizehn Jahre alten Mädchen gezogenen Holzplättchen und murmelt: „Durch das Streben nach Reinheit erlangen wir Kraft.“ Etwas enttäuscht verzieht sich das Mädchen.

Mujeeb sagt zum zweiten Advokaten: „Irgendetwas stimmt nicht. Die Orakelsteine zeigen immer wieder dasselbe! Das war doch noch nie so! Irgendwann werden sich die Leute wundern, warum ich immer wieder dasselbe erzähle, aber ich kann doch meine Kunden nicht anlügen! Lass uns hier erstmal verschwinden!“ Der Orakelmann und der zweite Advokat verabschieden sich und verlassen das Haus. Auf der Straße beschließen sie, ihre Dienste noch in ein paar anderen Villen reicher Anwohner anzubieten. Der zweite Advokat sagt: „Mujeeb, vielleicht bist du auch einfach ein wenig ausgebrannt. Wenn dein Problem weiterhin besteht, musst du vielleicht eine Pause einlegen.“ Mujeeb nickt unsicher.

Der Philosoph wendet sich an den zweiten Soldaten: „Ist es wohl möglich mit dem Erzieher zu sprechen?“ Der zweite Soldat nickt und holt den Gefragten in die Küche. Der Mann begrüßt den Philosophen, bekommt daraufhin den Brief Nagur Mulukutlas an Saaroni Empyreus in die Hand gedrückt, nickt und verschwindet wieder. Wenig später kehrt er zurück und drückt dem Philosophen seinen üblichen Lohn in die Hand. Dann fragt er: „Die Herrin ist enttäuscht über die ausbleibende Reaktion von Durokshan. Habt ihr ihm ihren Brief übergeben?“ Der Philosoph bejaht die Frage und erzählt dem Erzieher von der Briefübergabe. Er erzählt auch von der verschleierten Frau, die Durokshan einen Auftrag erteilt und sich schließlich mit ihm zu einer vornehmen Villa begeben hat. Der Erzieher nickt, bittet den Philosophen einen Moment zu warten und verschwindet erneut. Wenig später kehrt er zurück und horcht den Philosophen weiter aus. Saaroni will wissen, ob die vornehme Villa der Wohnort der verschleierten Frau gewesen sei. Als Erklärung fügt er flüsternd hinzu, dass die Herrin offensichtlich von starker Eifersucht heimgesucht werde. Der Philosoph nickt: „Es kann durchaus sein, dass das das Haus der verschleierten Frau war.“ Dann bietet der Erzieher ihm im Auftrag Saaronis drei Samenkörner, wenn er herausfindet, wer die verschleierte Frau gewesen ist. Der Philosoph versucht diplomatisch zu antworten: „Es ist ein langer Weg, mein Freund, und ob er von Erfolg gekrönt sein wird, steht in den Sternen. Ist es nicht möglich, dass sich deine Herrin ein wenig zuvorkommender zeigt?“ Der Erzieher nickt, bittet den Philosophen einen Moment zu warten und verschwindet erneut. Zu später Stunde erscheint er ein letztes Mal. Mit einem unglücklichen Gesichtsausdruck erzählt er dem Philosophen: „Vergiss bitte Durokshan! Der Name soll in diesem Hause nie wieder erwähnt werden. Ich übergebe dir hier einen anderen Brief. Er ist für Anâzhar Shahin, einen Musiker, der im Moment auf der anderen Flussseite in der Seide seine Kunst zum Besten gibt.“ Der Erzieher scheint unter der schlechten Laune seiner Herrin gelitten zu haben. Der Philosoph wirft ihm einen bedauernden Blick zu, spricht ein paar trostreiche Worte zu ihm, nimmt Saaronis Brief, verabschiedet sich von Gouliza und verschwindet dann eilig, um mit der letzten Fähre noch überzusetzen.
« Letzte Änderung: 26.10.2020 | 21:00 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #28 am: 26.10.2020 | 20:28 »
Am Abend erscheint Ashtavede im Empfangsraum der „Seide“ und wendet sich an den dort arbeitenden ersten Advokaten: „Die Dame hinten links verlangt nach einem Bediensteten. Schau doch vorbei und frage, was sie will, ja? Ich übernehme den Posten hier?“ Der erste Advokat macht sich auf den Weg und betritt wenig später den Raum Halifas, die gerade ein paar Räucherstäbchen anzündet. Die roten Stäbchen beginnen am Ende zu glühen, kräuseln sich und werden aschenweiß. Ihr Rauch versammelt sich und wird zu einem sich drehenden Geist. Der erste Advokat staunt. Es riecht nach Sandelholz. Die Moskitos suchen das Weite. Schließlich sagt der erste Advokat: „Ihr habt gerufen?“ Halifa dreht sich um und sagt: „Es ist Abend, die ersten Gäste sind schon da und ich bin noch nicht bereit, weil ich unbedingt noch etwas essen muss, bevor ich mich zu ihnen in den Innenhof setzen kann. Geh doch bitte zu Chaman-Gul in die Küche und bring mir etwas – diese Gebäckstücke mit Fenchel, so etwas in der Richtung.“ Der erste Advokat wirft noch einen Blick auf die absonderliche Figur, die sich aus dem Rauch der Räucherstäbchen bildet, und fragt: „Ist sonst alles in Ordnung, meine Dame?“ Halifa sagt: „Alles in Ordnung, geh jetzt!“

Der erste Advokat macht sich auf den Weg in die Küche. Es ist niemand da, auch nicht Chaman-Gul, der Koch des Etablissements. Der erste Advokat wirft einen kurzen Blick in den nebenan befindlichen Vorratsraum. Auch hier ist niemand, aber für einen kurzen Moment hört der erste Advokat ein kehliges Röcheln oder Stöhnen, dass in Richtung einer Kellerluke zu hören ist. Der erste Advokat überlegt kurz und öffnet dann entschlossen die Luke. Genau im selben Moment kommt ihm Chaman-Gul entgegen, steigt aus der Luke und wirft sie hinter sich zu. Der Koch fragt barsch: „Was willst du, Rind?“ Der erste Advokat berichtet von den Wünschen Halifas, worauf Chaman-Gul mit ihm in die Küche geht und ihm ein paar Scheiben trockenes Brot in die Hand drückt. Er sagt: „Alles weitere braucht noch Zeit.“ Der erste Advokat bedankt sich und will wieder gehen, da fügt der Koch noch hinzu: „Merk dir eins, Rind: Du hältst dich vom Keller fern! Dort hast du nichts zu suchen. Ist das klar?“ Beflissen nickt der Minotaur. Seine Neugier ist geweckt.

Wenige Augenblicke später nimmt Halifa das trockene Brot, das er ihr bringt, etwas enttäuscht entgegen.
« Letzte Änderung: 26.10.2020 | 21:03 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #29 am: 26.10.2020 | 20:29 »
Der zweite Advokat und Mujeeb Gashkari haben ihre Runde durch die Villen der Reichen am Flussufer beendet. Mujeeb hat noch zwei Orakel mehr ausgelegt und jedes Mal das Ergebnis „Durch das Streben nach Reinheit erlangen wir Kraft“ verkündet. Jetzt ist er vom Verzehr der vielen Bienen kaum noch in der Lage geradeaus zu gehen und glaubt seine Orakelkunst im Schwinden begriffen. Müde hängt er sich beim zweiten Advokaten ein und sagt: „Ich brauche eine Schlafgelegenheit, Rind. Ich kann nicht mehr.“ Der zweite Advokat sieht sich um. Dass die Reichen sie in ihre Villen lassen ist unwahrscheinlich, am Fluss befinden sich aber auch noch ein paar armselige Fischerhütten. Hauptsache ein Dach über dem Kopf, denkt der zweite Advokat und stolpert mit Mujeeb in Richtung Ufer.

Sie treffen dort auf den Anführer, der soeben seinen Arbeitstag beendet, seinen Fang verstaut und sein Netz ordnet. Der zweite Advokat bittet ihn um eine Schlafgelegenheit für sich und den Orakelmann, die ihnen der Anführer gewährt. Mujeeb betritt die Hütte, sieht ein Lager und fällt dort sofort in einen tiefen Schlaf. Am Fluss teilt derweil der Anführer sein bescheidenes Abendbrot mit dem zweiten Advokaten. Später beginnen sich die beiden Minotauren von ihrem Leben, ihren Sorgen und Problemen zu erzählen.

Plötzlich können sie eine Bewegung auf dem nächtlichen Fluss erkennen: irgendeine verhüllte Gestalt steuert ungelenk ein Boot flussabwärts. Sie schaut sich um, erhebt sich vorsichtig und hat ein Bündel im Arm. Einen Moment scheint die Gestalt zu zögern, dann übergibt sie das Bündel dem Fluss und rudert so schnell wie möglich davon. Die beiden Minotauren schauen sich an und nicken sich zu. Hier ist ihre Initiative gefragt. Der Fischer lässt sein Boot zu Wasser und der zweite Advokat springt hinein. Die beiden Minotauren rudern schnellstmöglich zu der Stelle, an der das Bündel den Fluten übergeben wurde und aufgrund des Wimmerns, das von ihm ausgeht, entdecken sie es auch nach einer Weile. Kurz bevor der vollgesogene Stoff versinkt fischt der Anführer das Bündel mit einem Haken aus dem Wasser. Der zweite Advokat schlägt den Stoff auseinander und blickt ins Gesicht eines nassen, frierenden Minotaurenbabys.

Zurück an der Fischerhütte trocknet der zweite Advokat das Baby, der Anführer macht ihm einen Brei. Als das Baby schläft, sind auch die beiden Minotauren völlig erschöpft. Sie beschließen alles Weitere am nächsten Morgen mit Mujeeb zu besprechen. Bis es soweit ist, müssen sie den neugeborenen Minotauren allerdings noch dreimal füttern und beruhigen.
« Letzte Änderung: 26.10.2020 | 21:04 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #30 am: 26.10.2020 | 20:32 »
Am selben Abend klopft der Philosoph an die Tür der „Seide“. Ashtavede und der erste Advokat befinden sich im Eingangsraum und öffnen ihm. Der Philosoph bittet um Einlass, weil er ein Geschenk für eine der Damen habe. Ashatavede nickt und fragt, für wen das Geschenk denn sei. Der Philosoph sagt, dass es sich um die Dame hinten links handle. „Kennst du den Weg?“, fragt ihn der tätowierte Bordellier und pafft an seiner grünen Zigarre. Der Philosoph nickt, wird vom ersten Advokaten durchgewunken und begibt sich dann zum Zimmer Halifas.

Als er der Dame die drei Vanilleschoten Gerdotesas überreicht mustert diese ihn genau und will wissen, ob der Wächter des Turms der Helden ihr noch irgendetwas anderes mitgeteilt habe. Der Philosoph verneint, spricht Halifa aber gut zu und behauptet, dass die Schoten doch auch schon ein ganz beachtliches Geschenk seien. Halifa wird sichtlich unsicher. Der Philosoph fragt: „Möchtet ihr ihm antworten?“ Halifa nickt, sagt dann aber: „Ich werde einen Moment brauchen. Hoffentlich habe ich noch etwas Ruhe.“ Der Philosoph sagt: „Schreibt ihm, ich warte solange vor der Tür.“

Auf dem Gang hört der Philosoph Musik, die vom Innenhof aus an sein Ohr dringt. Irgendjemand spielt dort zur Unterhaltung der Gäste auf einer Krokodilzither und nach allem, was sich vom Aufenthaltsort des Philosophen hören lässt, scheint es sich um einen Meister auf dem Instrument zu handeln. Schon bald aber übertönt ein hässlicher Streit im Nachbarzimmer Halifas die wunderbare Musik. Ein Freier schimpft dort mit der Dame Masumi, verkündet lautstark, dass sie ihm keine Befriedigung verschafft habe und er deshalb auch nicht zahlen werde. Masumi zetert und schreit.

Der Streit ist bis zum Eingangsraum zu hören. Ashtavede weist den ersten Advokaten an: „Schau doch mal nach, was da los ist!“ Der erste Advokat begibt sich ins Zimmer Masumis. Dort trifft er auf Kanta Planudes, einen reichen, ortsansässigen Besitzer zahlreicher Olivenhaine, der offensichtlich schon reichlich getrunken hat. Der erste Advokat versucht herauszubekommen, ob sich Masumi irgendeine Nachlässigkeit zu Schulden kommen lassen hat, seine indiskreten Nachfragen machen Kanta Planudes aber nur noch wütender. Schließlich bietet ihm der erste Advokat an, sich eine andere Gespielin auszusuchen. Kanta Planudes grunzt zufrieden und verlässt mit dem ersten Advokaten ohne zu bezahlen den Raum Masumis in Richtung Innenhof. Masumi macht eine Szene und schreit: „Ich gratuliere zu ihrem neuen Ruf als Frauenschänder, mein Herr!“

Im Innenhof führt der erste Advokat Kanta Planudes der Dame Sutara zu, einer strengen Frau mit herrischem Blick, deren Schönheit schon fast verblüht ist. Missmutig grunzend und mit noch immer hochrotem Kopf setzt sich Kanta Planudes neben sie, sagt dann aber gönnerhaft zum ersten Advokaten: „Das war zuvorkommend, Rind, du sollst dafür ein Samenkorn haben!“

Der erste Advokat nimmt das Samenkorn, geht dann aber zu Masumi und drückt es ihr in die Hand. Masumi hat sich etwas beruhigt und schluchzt. Sie erzählt dem ersten Advokaten, dass sie sich zwei Stunden um den Mann bemüht habe, aber wenn er nicht bereit für ihre Freuden sei, dann könne sie es auch nicht ändern. Der erste Advokat tröstet sie ein wenig. Schließlich bekommt Masumi einen grimmigen Gesichtsausdruck und sagt: „Der Mann hat mich entehrt. Rind, du musst in Zukunft dafür sorgen, dass er mich nie wieder besuchen kommt.“ Etwas zögerlich sagt der erste Advokat: „Ich will sehen, was ich tun kann, meine Verehrteste.“ Dann verlässt er ihren Raum.

Auf dem Gang nickt er dem immer noch auf Halifas Antwort wartenden Philosophen zu. Es kommt zu einem kurzen Gespräch zwischen den beiden Minotauren, bei dem der erste Advokat dem interessierten Philosophen ein paar Details des soeben stattgefundenen Streites erzählt. Dann kehrt er zu Ashtavede in die Eingangshalle zurück.

Ashtavede hört sich an, was geschehen ist und sagt dann: „Na gut, du hast eine Regelung gefunden. Denke aber daran, dass du in der Seide arbeitest. Das ist ein angesehenes Etablissement. Ein Mann kann sich hier nicht alles erlauben. Auch Kanta Planudes nicht. Wenn so etwas noch einmal passiert, dann wirf ihn hinaus und erteile ihm Hausverbot. Du arbeitest in der Seide!“ Der erste Advokat nickt.

Währenddessen ruft Halifa den Philosophen in ihr Zimmer, drückt ihm drei Samenkörner in die Hand und übergibt ihm einen Brief. Sie beklagt sich über den Lärm aus dem Nachbarraum und verabschiedet sich dann vom Philosophen.

Der Philosoph wendet sich daraufhin dem Innenhof zu und lauscht eine Weile dem Spiel Anâzhar Shahins, des Meisters der Krokodilzither. Sein Spiel ist über jede Kritik erhaben. Dem Philosophen scheint es sogar so zu sein, dass ein paar Freier und sogar zwei der Damen ihre eigentlichen Absichten vergessen und sich ganz den Klängen seiner Musik hingeben. In einer kleinen Pause spricht der Philosoph den Meister an, preist sein Spiel und übergibt ihm den Brief von Saaroni Empyreus. Anâzhar liest ihn und befragt den Philosophen ein wenig nach der Frau. Er will wissen, ob sie eine Musikerin oder zumindest Musikliebhaberin ist. Die Antworten des Philosophen bleiben aber unverbindlich. Am Schluss schreibt der Zitherspieler eine Antwort, in der er Saaroni darüber informiert, dass sie ihn für einen Auftritt buchen könne.

Kaum hat der Philosoph die Antwort des Musikers verstaut, zieht neuer Ärger auf: Kanta Planudes ist inzwischen noch betrunkener als er es zuvor schon war und beleidigt wenige Meter weiter lautstark die Dame Sutura als alte Vettel und Vogelscheuche. Sutura ist brüskiert, alle anderen Damen und Gäste peinlich berührt. Schnell eilt der Philosoph zum Eingang des Etablissements und informiert den dort noch immer Dienst schiebenden ersten Advokaten.

Der Advokat erkennt, dass seine Anwesenheit benötigt wird. Allerdings macht Ashtavede gerade seinen Rundgang und er kann aber schlecht die Eingangstür unbeaufsichtigt lassen. Für einen kurzen Moment bittet er den Philosophen etwaige Besucher zum Warten anzuhalten. Dann rennt er zum Nebengebäude, in dem die Minotauren wohnen, und kommt mit einem unglücklich aussehenden Kollegen zurück, der ihn für eine Weile vertreten wird.

Schließlich kehrt der Philosoph zusammen mit dem ersten Advokaten in den Innenhof zurück. Alle Versuche Kanta Planudes auf friedliche Weise zur Ruhe zu bringen schlagen fehl und der Streit eskaliert. Am Schluss greift der erste Advokat mit seinen muskulösen Minotaurenarmen den reichen Gutsherren im Nacken und drückt zu. Das reicht aus, um Kanta Planudes zur Besinnung zu bringen. Lammfromm lässt er sich zur Remise bringen, wo seine Sänfte steht und sich seine Träger die Zeit vertreiben. Als sie mit ihrem Herrn das Grundstück verlassen, ist Kanta Planudes bereits in seiner Sänfte eingeschlafen.

Endlich kann der erste Advokat zum Eingangsraum zurückkehren, wo sich soeben der Philosoph verabschieden will. Die beiden Minotauren merken aber, dass auch hier etwas nicht stimmt. Es handelt sich um den Minotauren, den der erste Advokat zu seiner Vertretung hierhergebracht hat. Dieser Minotaur scheint selbst heftig dem Alkohol zugesprochen zu haben. Seine Kontrolle über sich selbst ist in Auflösung begriffen und er macht einen willenlosen Eindruck. Der erste Advokat ist schockiert: ein Betrunkener am Eingang! Das sollte nicht geschehen! Er redet auf den Minotauren ein und kommt zum Schluss, dass der Kollege wohl noch keine Katastrophe verursacht hat.

Gemeinsam mit dem Philosophen redet der erste Advokat auf den Unglücklichen ein und bekommt Bruchstücke einer Tragödie zu hören. Der Minotaur erzählt mühsam von einer Liebesaffäre zu einer Menschenfrau. Neun Monate habe er die Frau versteckt. In dieser Zeit habe sie nichts Besseres zu tun gehabt, als über die bevorstehende Geburt ihres Minotaurenjungen zu klagen. Nach der Geburt habe sie ihn ohne ein weiteres Wort verlassen und das Kind mitgenommen.  Mit weinerlicher Stimme berichtet der Betrunkene davon, dass er sich seine Vaterrolle anders vorgestellt habe.

Der erste Advokat klopft seinem Kollegen beruhigend auf die Schulter und überlegt. Dann fragt er den Philosophen: „Hast du vielleicht Lust auf ein bequemes Nachtlager? Du musst nur darauf achten, dass unser Freund hier keine weiteren Dummheiten anstellt!“ Der Philosoph ist einverstanden und zieht mit dem betrunkenen Minotaur zum Haus der Dienerschaft. Dort legt er sich mit ihm auf dessen Lager und fällt in tiefen Schlaf.
« Letzte Änderung: 26.10.2020 | 21:11 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #31 am: 26.10.2020 | 20:34 »
Am nächsten Morgen erwacht Mujeeb Gashkari und blickt erstaunt seinen übernächtigten Mitbewohnern in die Augen. Der zweite Advokat fragt ihn, ob er eine Idee habe, wohin man ein Minotaurenbaby bringen könnte. Mujeeb schaut sich mit großen Augen das kleine Wesen an und meint nach kurzem Überlegen: „Bringen wir es ins Theater des Saemauug Empyreus. Von den hundert Frauen des Patriarchen wird sich schon eine erbarmen und das Kind irgendwie durchfüttern.“

Saemauug Empyreus hatte hundert Frauen, die er zu Tänzerinnen, Schriftstellerinnen, Musikerinnen, Choreographinnen und Lehrerinnen machte. Er baute von seinem Reichtum ein Theater, auf dessen Bühne seine Frauen auftraten. Der Aufführungsort wurde schnell berühmt und erfreut sich auch heute noch einer bleibenden Beliebtheit. Zwar ist der Hausherr schon längst verstorben, die Tradition wird aber gewahrt und so werden immer noch Frauen mit ihm verheiratet, die dann in dem Theaterbetrieb einen Platz finden. Es heißt, dass die Zahl seiner Frauen stets 100 beträgt.

Der Anführer setzt Mujeeb Gashkari und seinen Gehilfen zusammen mit dem Minotaurenbaby über den Fluss. Am Theater angelangt beginnt der zweite Advokat ein Gespräch mit der Frau, die Karten verkauft. Er legt das Kind vor sie auf den Tisch, behauptet es in einem nahen Gebüsch gefunden zu haben und äußert die Vermutung, dass es hier ins Theater gehöre. Die Frau ist entrüstet, erzählt ihm, dass die hier arbeitenden Frauen ehrbare Ehefrauen von Saemauug Empyreus seien, streitet jegliche Verbindung zu dem Säugling ab und behauptet irgendwann sogar, der zweite Advokat sei wohl selbst der Vater, der seinen Zögling hier auf einfache Art und Weise loszuwerden versuche. Während der Auseinandersetzung bildet sich hinter Mujeeb Gashkari und den beiden Minotauren eine immer ungeduldiger werdende Warteschlange.

Plötzlich geschieht etwas Unvorhergesehenes. Ein Minotaur, der sich in der Warteschlange direkt hinter dem zweiten Advokaten befindet, spricht ihn an: „Bist du nicht der Bruder, der bei uns im Bambuswald immer die Bienen fängt? Ich wollte immer schon einmal mit dir sprechen, aber unter der Knute unseres Vorarbeiters bekommen wir für Gespräche mit Fremden kaum eine Gelegenheit.“ Der zweite Advokat kennt den Minotauren nicht, bestätigt aber, dass er für Mujeeb Gashkari öfter in einem Bambuswald am Rand von Rhomoon Bienen fängt. Sein Gesprächspartner erzählt ihm daraufhin, dass sich die Bienen kurz vor dem Nachmittagsmonsun viel besser fangen ließen. Sie kehrten dann scharenweise zu ihren Körben zurück und hätten nur das Ziel vor Augen, dort Schutz vor dem Regen zu finden. Der zweite Advokat – und auch seine Begleiter – hören dem Minotauren interessiert zu, müssen aber entsetzt feststellen, dass während des Gesprächs auf irgendeine Weise der Säugling verschwunden ist. Schnell schaut sich der Anführer um und entdeckt eine Gestalt in einem grauen Umhang, die von außen auf die Wehrmauer des Theatergeländes springt und auf dem dort befindlichen Gang davonrennt. In ihren Armen trägt sie das Bündel.

Der Anführer und der zweite Advokat nehmen die Verfolgung auf. Sie eilen auf das Theatergelände, folgen der grau gekleideten Gestalt einmal quer über das Gelände und erklettern dann die rückwärtige Seite der Wehrmauer, von der der Kinderdieb in das Viertel hinter dem Theater gesprungen ist. Eine Weile lang scheint es fraglich, ob die beiden Minotauren den Fliehenden erreichen können, dann aber holen sie auf. Die Verfolgungsjagd führt die Minotauren in ein Viertel mit einfacheren Arbeiterwohnungen. Der Dieb erreicht schließlich ein Haus, vor dem eine Kinderschar herumtollt und schreit. In einem hölzernen Stuhl sitzt eine alte, knöcherne Frau, die die Kinder wiederholt auf gröbste Art und Weise zur Ordnung ruft. Die Gestalt im grauen Umhang legt der alten Frau das Bündel in den Schoß und läuft weiter.

Der Anführer und der zweite Advokat verlangen nun das Kind zurück, die alte Frau aber gibt ihnen zu verstehen, dass das Kind jetzt ihr gehöre. Wieder entbrennt ein Streit. Ein Wort folgt auf das andere. Dann aber nähert sich der Frau ein Mädchen bittet sie um irgendetwas. Die Frau hat nur eine Ohrfeige für das Mädchen übrig. Genau diese Gelegenheit lässt sich aber der Anführer nicht entgehen. Er nutzt die Ablenkung, entreißt der alten Frau das Bündel und läuft mit dem zweiten Advokaten gemeinsam davon.

Noch einmal versuchen es Mujeeb Gashkari und die beiden Minotauren beim Theater des Saemauug Empyreus. Auch diesmal haben sie keinen Erfolg und werden den Säugling nicht los. Dann sagt Mujeeb: „Wir könnten es auch noch in der Seide versuchen. Es mag bessere Aufenthaltsorte für ein Kind geben, aber wir haben keine große Wahl!“
« Letzte Änderung: 26.10.2020 | 21:18 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #32 am: 26.10.2020 | 20:34 »
An der Seide angekommen verabschiedet sich soeben der Philosoph vom ersten Advokaten und dem Minotauren, neben dem er die vergangene Nacht verbracht hat. Der Minotaur hat einen gewaltigen Kater und hält sich den Schädel. Als Mujeeb Gashkari und seine beiden Begleiter mit dem Bündel am Eingang der Seide erscheinen und dem ersten Advokaten erzählen, dass sie in der vergangenen Nacht einen kleinen Minotaurenjungen im Fluss gefunden haben, schauen sich die drei anderen Minotauren mit großen Augen an. Die Kopfschmerzen des jungen Vaters scheinen wie weggeblasen zu sein und er verlangt, das Kind zu sehen. Vorsichtig wickelt es der zweite Advokat aus und zeigt es vor, worauf es der junge Vater glücklich in seine Arme schließt. Der erste Advokat will wissen, ob das auch wirklich das Kind des Minotauren sei, Mujeeb Gashkari zieht ihm aber am Ärmel und flüstert ihm ins Ohr: „Nicht so wichtig, Rind, nicht so wichtig!“ Der erste Advokat meint: „Ich muss zumindest Ashtavede darüber informieren. Keine Ahnung, ob wir hier ein Kind durchfüttern können.“

Vorläufig scheint aber alles geregelt zu sein und der Anführer will sich wieder auf den Weg zu seinem Boot machen, da erscheint ein Mann mit einem großen Sack. Der Sack scheint so schwer zu sein, dass er ihn nicht tragen kann, weshalb er ihn mühsam in Richtung Seide über den Boden zieht. Der Anführer kennt den Mann. Es ist Gulal, der Fischer, der direkt hinter seinen eigenen Fanggründen auf dem Vadhm seine Netze auswirft. Der Anführer ist in der Vergangenheit schon hin und wieder über die Gebietsgrenzen mit Gulal in Konflikt geraten und hat dabei meistens den Kürzeren gezogen. Irritiert beobachtet er seinen Kollegen.

Gulal grüßt den Anführer kurz, dann wendet er sich dem ersten Advokaten zu und sagt: „Zu Chaman-Gul, dem Koch.“ Der erste Advokat winkt ihn durch. Dann aber erklingt aus dem Sack eine Art Krächzen, irgendein kratziger Klagelaut und alle Anwesenden sind etwas irritiert. Der Anführer fragt den ersten Advokaten: „Eigentlich dachte ich, ich würde euch die Fische verkaufen!“ Der Advokat erwidert: „Wir nehmen dir die Nachtfische ab. Soviel ich weiß, hat sich daran auch nichts geändert. Was dein Bekannter dem Koch liefert, weiß ich nicht.“ Alle Versammelten schauen Gulal und seinem Sack hinterher, bis er im Haus verschwunden ist.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #33 am: 26.10.2020 | 20:40 »
Am Hafen von Lehekesh steht die Taverne „Kugelfisch“, in die die Meeresfischer einkehren, wenn ihr Arbeitstag beendet ist. Heute sitzen vier namenlose Minotaurenfischer an einem Ecktisch und sprechen über die neuesten Gerüchte.

Der unerfahrene Knabe: Ich habe gehört, heute sollen sie ein Minotaurenbaby aus dem ewigen Fluss gezogen haben!

Der Minotaurenfischer mit dem rasselnden Atem: Na, wenigstens nicht aus dem Schlamm!

Alle vier lachen.

Der Minotaurenfischer mit der Narbe unter dem Auge: Es soll irgendein Flussfischer und der Gehilfe von diesem Orakelmann gewesen sein.

Der Minotaurenfischer mit dem rasselnden Atem: Orakel gibt es viele!

Der Minotaurenfischer mit der Narbe unter dem Auge: Na, der mit den Bienen. Ich habe seinen Namen vergessen.

Der Minotaurenfischer mit den mächtigen Schultern: Mujeeb… was ist denn dann mit dem Baby passiert?

Der Minotaurenfischer mit der Narbe unter dem Auge: Sie haben es angeblich gerettet.

Der Minotaurenfischer mit dem rasselnden Atem: Oh je, das klingt nach Gefühlen.

Der Minotaurenfischer mit den mächtigen Schultern: Und jetzt haben sie ein Maul mehr zu stopfen.

Der unerfahrene Knabe: Das Baby soll in der Seide gelandet sein.

Der Minotaurenfischer mit der Narbe unter dem Auge: Im Puff? Das ist ja eine großartige Kinderstube!

Alle vier lachen.

Der Minotaurenfischer mit der Narbe unter dem Auge: Ich bin im Dschungel großgeworden. Ein Wunder, dass ich das überlebt habe.

Der Minotaurenfischer mit den mächtigen Schultern: Ich habe meine Kindheit in einem Waisenhaus verbracht. Das war kein Zuckerschlecken. Ich musste mich jeden Tag prügeln. Und dann gab´s auch noch Schläge von Mama Joti, der üblen Vorsteherin.

Der Minotaurenfischer mit dem rasselnden Atem: Es hat 10 Jahre gedauert, bis ich wusste, wie es sich anfühlt, satt zu sein.

Eine Weile hängen alle ihren Gedanken nach.

Der unerfahrene Knabe: Vielleicht ist es in der Seide gar nicht so schlecht. Die Verpflegung soll gut sein. Seit kurzem spielt dort auch Anâzhar Shahin auf seiner Krokodilzither.

Der Minotaurenfischer mit den mächtigen Schultern: Hat Haygaram Ooryphas den Minotaurenknaben aufgenommen? Sieht ihm gar nicht ähnlich.

Der unerfahrene Knabe: Ich glaube, Ooryphas weiß nichts davon. Der Gehilfe des Orakelmannes soll es zuerst beim Theater des Saemauug Empyreus versucht haben. Zweimal! Aber er ist abgeblitzt. In der Seide hat er dann einen Minotauren gefunden, der das Kind aufziehen will.

Der Minotaurenfischer mit der Narbe unter dem Auge: Nicht schlecht. Einer, der nicht gleich aufgibt!

Der Minotaurenfischer mit den mächtigen Schultern: Ich wünschte, es hätte sich um mich jemand so gekümmert.

Eine Weile hängen alle ihren Gedanken nach.

Der Minotaurenfischer mit dem rasselnden Atem: Wie ich dich kenne hättest du in der Seide große Probleme mit dem Wahren der Stille bekommen!

Alle vier lachen.
« Letzte Änderung: 29.10.2020 | 22:03 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #34 am: 10.11.2020 | 19:52 »
4

Verbirg die Sichel,
wenn du auf das Feld gehst!
Schneide die Rispen
und lass die Halme stehen!
Nimm einen Freund mit,
der die Geister besänftigt!

Was für eine Ernte
hat ein Einzelner zu erwarten,
wenn es ihm an
Feingefühl mangelt?

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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #35 am: 10.11.2020 | 19:53 »
Ich ziehe vier Spieluhren auf, wie sie kleine Kinder in den Schlaf klimpern sollen.

Zusammen erzeugen sie eine Wolke aus hohen, zirpenden Geräuschen wie sie ein Schwarm metallischer Grillen erzeugen könnte.

Wenn schon eine von ihnen Träume bringt, was geschieht beim Klang von vieren?

Nach und nach laufen die Federantriebe aus, die Klänge verlangsamen und verklingen.

Unsere Vision beginnt.
« Letzte Änderung: 10.11.2020 | 23:38 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #36 am: 10.11.2020 | 19:54 »
Der Philosoph nimmt die Fähre um auf die andere Seite des Vadhm zu gelangen. Er betritt mit der Botschaft des Musikers Anâzhar Shahin das Haus des Porfirio Empyreus und verlangt den Erzieher zu sprechen. Der verlangte Minotaur wird geholt und nimmt den für Saaroni Empyreus bestimmten Brief in Empfang. Eine Weile wartet der Philosoph auf Antwort. Schließlich kommt der Erzieher zurück und sagt, dass die Herrin des Hauses Anâzhar Shahins Anerbieten wohlgefällig aufgenommen hat. Wenn die nächste Gesellschaft im Hause ihres Mannes geplant wird, wird sie ihn um eine Probe seiner Kunst bitten und zur Unterhaltung der Gäste engagieren. Der Philosoph erwidert, dass das eine gute Idee und das Spiel des Mannes auf der Krokodilzither unvergleichlich sei. Schon will er wieder das Haus verlassen, da setzt nicht nur der Nachmittagsmonsun ein, sondern es zieht außerdem noch ein heftiger Sturm auf. Der Philosoph wartet zwei Stunden bis das Wetter sein Fortziehen erlaubt.
« Letzte Änderung: 10.11.2020 | 20:09 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #37 am: 10.11.2020 | 19:55 »
Auch der Anführer hat den Sturm kommen sehen. Er unterbricht seinen Fischfang und steuert mit seinem Boot seine Hütte an. Von hier aus schaut er kopfschüttelnd zu, wie die Fähre auf einer weiteren Fahrt über den Fluss in Schwierigkeiten gerät. Hier hat jemand nicht aufgepasst oder sehr viel Geld geboten bekommen. Die Minotauren auf dem Schiff haben alle Mühe, gegen den aufgewühlten Fluss anzukämpfen und steuern im Zickzackkurs teilweise gegen den Wind auf das Anlegepier zu. Der Anführer hat den Eindruck, dass seine Hilfe gebraucht werden könnte. Er begibt sich im strömenden Regen zum Anlegepier und stellt fest, dass es bei diesem Wetter niemand anderes für nötig befindet, den Fluss zu überqueren. Allein wartet er auf die Ankunft der Fähre. Schließlich ist es so weit, die Besatzung bekommt ihr Schiff nicht unter Kontrolle und die Fähre prallt mehrfach gegen das Pier, wobei ihre Backbordseite aufgeschlitzt wird. Unter den Passagieren bricht Panik aus. Der Anführer ruft den auf der Fähre arbeitenden Minotauren zu, sie mögen ihm das Seil zuwerfen, aber diese scheinen vom Schiff aus auch noch andere Befehle zu erhalten, reagieren kopflos und wissen eine Weile nicht, was sie zuerst machen sollen. Als der Anführer endlich ein Seil zugeworfen bekommt, ist das Schiff an mehreren Stellen leck und an Bord hat es einige Knochenbrüche gegeben. Dann lassen der Regen und Sturm etwas nach.

Einige der Passagiere wenden sich dem Haus des Porfirio Empyreus zu und bitten um Tragen und Bahren, mit denen sie die Verletzten abtransportieren können. Der Anführer erblickt den Aufseher des Schiffes und fragt ihn, was ihn denn geritten habe, dass er bei so einem Wetter den Fluss überqueren musste. Der Aufseher erwidert barsch: „Was willst du? Wenn du dich nützlich machen willst, kannst du das gern tun!“ Da der Anführer im Moment sowieso noch nicht wieder fischen kann, vereinbart er mit dem Mann, für zwei Samenkörner bei der Reparatur des Schiffes mitzuhelfen. Er stellt fest, dass er derjenige ist, der am besten weiß, wie in so einer Situation zu verfahren ist. Den anwesenden Minotauren zeigt er, wie sie Bretter zurechtsägen können, er selbst bessert mit ihnen dann die Lecks an der Fähre aus. Am Ende sind die Minotauren froh, dass ihnen der Anführer geholfen hat und bedanken sich.

Ein kurzes Gespräch kommt in Gang. Der Anführer erfährt, dass es die Minotauren auf der Fähre mit dem menschlichen Aufseher nicht leicht haben. Immerhin biete ihre Arbeit aber auch hin und wieder eine Pause. Letztlich machen sie die Arbeit aber im Wesentlichen, weil sie keine Alternative sehen. Der Anführer nickt und verabschiedet sich freundlich von seinen Brüdern.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #38 am: 10.11.2020 | 19:56 »
Nach dem Sturm verlässt der Philosoph das Gut von Porfirio Empyreus und stellt erstaunt fest, dass auch seine Kundin Gouliza noch dort war. Der gestrige Tag hat sie sehr verängstigt, sodass sie sich noch eine Weile in der Küche des Hauses zurückgezogen hat. Als nach dem Monsun die Sonne wieder hervorkommt wagt sie sich wieder vor die Tür, ist aber immer noch wacklig auf den Beinen und unsicher. Sie erzählt dem Philosophen: „Ich habe Angst. Die Leute wissen jetzt, dass ich einen Minotauren liebe. Solche Leute wie die beiden von gestern können mir jederzeit wieder begegnen. Ich würde gern eine Weile irgendwo untertauchen, bis sich die Aufregung um mich wieder gelegt hat. Mir ist ein Ort in Yannat eingefallen. Dort gibt es diesen Laden des Lampen- und Laternenmachers Pooyah. Gegenüber hat es früher eine Gaststätte gegeben. Inzwischen sind die Mauern des Hauses von Würgefeigen und Banyanbäumen gesprengt und der Ort ist verlassen. Ich will dorthin gehen und sehen, ob ich dort Zuflucht finden kann.“ Der Philosoph schaut Gouliza erstaunt an und sagt: „Ihr wollt in einem verlassenen und zerstörten Haus wohnen? Das hört sich so an, als müsstet ihr euch auf größere Entbehrungen einstellen! Ich kenne eine andere Taverne, nicht allzu weit von hier entfernt, deren Wirt Minotauren gegenüber freundlich eingestellt ist. Soll ich euch den Weg weisen?" Gouliza schaut den Philosophen hoffnungsvoll an und nickt. Die beiden machen sich auf „Zum friedlichen Mungo“.

Auf dem Weg fragt der Philosoph: „Was wird nun mit eurem Geliebten?“ Gouliza erzählt, dass sie in großer Sorge um ihn sei. Da die Übeltäter vom gestrigen Tag ihren Hass nicht ihr gegenüber ausleben konnten, sei es gut möglich, dass sie stattdessen ihren Geliebten drangsalieren. Zudem wisse er nicht, in was für einer Situation sie sich befindet. Vielleicht macht auch er sich Sorgen. Der Philosoph verspricht ihr, sich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu ihm nach Pannashoo zu begeben. Er will versuchen, ihn in den „friedlichen Mungo“ mitzunehmen. Gouliza müsse ihm nur erzählen, wie sie ihn finden kann. Die Frau ist hoch erfreut von diesem Angebot und drückt dem Philosophen vier Samenkörner in die Hand. Sie sagt: „Mein Geliebter ist der einzige Minotaur, der am Quell des Vertrauens arbeitet.“ „Dann werde ich ihn finden“, antwortet der Philosoph, denkt allerdings etwas sorgenvoll an die damit verbundene 35 Kilometer lange Reise an den Rand Dégringolades.

Auf ihrem weiteren Weg beginnt Gouliza zu erzählen, wie sie ihren Geliebten kennengelernt habe. Auf einer Feier, auf der auch sie eingeladen war, erzählte die Gastgeberin vom Quell des Vertrauens in Pannashoo. In seinem Wasser lasse sich die Unfähigkeit, jemand anderem zu vertrauen, abwaschen. Wer sich in dem Becken bis zum Fuß des Wasserfalls begebe, erfahre erst richtig, was das bedeutet: jemandem vertrauen. Die Gastgeberin berichtete, dass das Gefühl gefährlich und sittenwidrig ist, aber auch, dass sie es sehr aufregend fand. Es heißt, ein Bad im Quell des Vertrauens könne auch erfreuliche Folgen haben und tatsächlich heiratete die Gastgeberin wenig später den Mann, mit dem sie im Quell des Vertrauens gebadet hatte. Da sei auch Gouliza auf den Ort neugierig geworden. Heimlich sei sie dorthin gegangen und habe sich das Becken zwei, drei Tage lang verstohlen angeschaut. Vor dem Becken hätte ein Minotaur gewacht, der dafür zu sorgen hat, dass kein Unwissender ins Becken steigt oder jemand gegen seinen Willen ins Wasser gedrängt wird. Jemandem ein leichtfertiges Vertrauen aufzuzwingen sei natürlich verboten. Schließlich hätte der Minotaur Gouliza gefragt, ob sie im Becken baden wolle, und da habe sie es gemacht. Allerdings sei sie ganz allein gewesen und als sie aus dem Wasser stieg sei die erste Person, der sie Vertrauen schenken konnte, eben jener Minotaur gewesen. Sie habe nie zuvor etwas Vergleichbares erlebt. Nach ein paar Tagen sei die Wirkung des Wassers verflogen, da habe sie den Minotauren allerdings bereits so gut gekannt, dass sie längst zu Liebenden geworden seien. Seitdem habe sie hin und wieder den weiten Weg auf sich genommen, um in seiner Nähe sein zu können.

Am Ziel ihres Weges stellt der Philosoph Gouliza im „friedlichen Mungo“ dem Wirt Nagur Mulukutla vor. Nagur hört sich ihre Geschichte an und sagt zum Philosophen: „Solange du hier keinen Schlafplatz brauchst, ist noch eine Stelle neben dem Herd zu vergeben.“ Dankbar setzt sich Gouliza in die Küche der Taverne. Der Philosoph nickt Nagur freundlich zu und zieht weiter.
« Letzte Änderung: 12.11.2020 | 17:15 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #39 am: 10.11.2020 | 19:58 »
Am frühen Abend erreicht der Philosoph Lehekesh. Er überschreitet bei den Brücken über die drei Inseln den Vadhm, läuft durch die junge Stadt und begibt sich zum Turm der Helden. Noch ist nicht viel Betrieb und der mit bunten Blumenranken und Schmetterlingen tätowierte Wärter des Turmes sitzt entspannt an einem der Tische im Freien, wo er einen verdünnten Rotwein trinkt. Nach einer freundlichen Begrüßung drückt ihm der Philosoph Halifas letzten Brief in die Hand. Gerdatosa liest und runzelt mit der Stirn. Ein kleines Gespräch ergibt sich:

„Hast du den Eindruck, dass Halifa ernsthaft an mir interessiert ist?“

„Oh, ja, mein Herr, das scheint mir eine Herzensangelegenheit zu sein.“

„So klingt der Brief auch, aber von einer Kontaktaufnahme findet sich darin kein Wort.“

„Ein Brief ist doch bereits eine Kontaktaufnahme, Herr!“

„Ja, mag sein, aber warum will sie mich denn nicht wiedersehen?“

„Woher wollt ihr das wissen?“

Gerdatosa schweigt und denkt nach. Schließlich sagt er: „Ich möchte, dass du ihr etwas ausrichtest. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Pflanzen am Turm zur zarten Seele Halifas eine außergewöhnliche Bindung entwickeln. Sollte sie einmal hier sterben, erinnern sie sich sicherlich an sie und ihre Geschichte. Wäre es nicht wunderbar, wenn die nächtlichen Blüten der Weinranken ihren Geist herbeilockten und ihn Szenen aus Halifas Leben nachstellen lassen? Ich würde Halifa gern ein Zimmer im Turm der Helden zur Verfügung stellen. Vielleicht könnte ich ihr so eine Art Unsterblichkeit verschaffen. Was meinst du?“

Der Philosoph sagt: „Herr, die Angelegenheit ist zu metaphysisch, als dass ich sie beurteilen könnte. Ich will ihr euer Angebot aber gern unterbreiten. Wollt ihr mir eine entsprechende Botschaft mitgeben?“

Gerdatosa scheint aber wenig Neigung für das geschriebene Wort zu empfinden. Er drückt dem Philosophen wie schon beim letzten Mal ein paar Vanilleschoten in die Hand und verabschiedet ihn herzlich. In der Dämmerung begibt sich der Philosoph seufzend auf den Heimweg.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #40 am: 10.11.2020 | 19:59 »
In der „Seide“ sind die ersten Besucher eingetroffen, führen im Innenhof mit Freunden, Geschäftspartnern und den Damen Gespräche, trinken und amüsieren sich. Der erste Advokat ist zur Wache eingeteilt, versorgt die Anwesenden mit Getränken und achtet darauf, dass sich niemand danebenbenimmt. Dabei bekommt er ein paar Gespräche mit.

Ein Kunde berichtet von einem Bekannten, dem General Jitan Bunha, der mit einer neuen Division von Soldaten in den Immerkrieg zieht. Das Problem sei allerdings, dass der Mann bei seinem letzten Feldzug schon auf ordentliche Aufklärung verzichtet und dann auch noch angesichts einer feindlichen Übermacht seine Truppe geteilt habe. Es sei nicht zu erwarten, dass er dazugelernt habe.

Den ersten Advokaten graust es ein wenig. Der Immerkrieg wird im Dschungel geführt und von irgendwelchen reichen Bewohnern Dégringolades finanziert. Dabei finden viele Minotauren und Menschen den Tod. Wer hier gegen wen kämpft und welche Ziele die einzelnen Fraktionen verfolgen, ist für Außenstehende völlig undurchschaubar. Für den ersten Advokaten scheint der Immerkrieg eine gewalttätige, lebensverschlingende Monstrosität ohne jeglichen Sinn darzustellen. Vielen Minotauren und einfachen Menschen in Dégringolade geht es ähnlich.

Kurz darauf hört der erste Advokat, wie ein anderer Kunde mit seiner Potenz prahlt. Er behauptet, er komme in die „Seide“ um seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen: „Denn nur, wenn wir mannhaft sind, sind wir wehrhaft.“ Man sehe sich die kulturell Degringolade zersetzenden Minotauren und die barbarischen Äußeren an! Es braucht Männer, um sie in Schach zu halten! Dabei fummelt er aufgeregt an den knappen Kleidungsstückchen seiner Dame herum.

Der erste Advokat schüttelt mit dem Kopf, lässt den Mann aber gewähren. Er denkt an die Äußeren. Bei ihnen handelt es sich um Dschungelbewohner, die auf irgendeine undurchsichtige Art und Weise im Innerkrieg zwischen die Fronten geraten sind. Welche Interessen sie verfolgen, weiß der erste Advokat nicht.

Er beschließt einen kleinen Rundgang zu machen. Dabei ist er besonders an der Küche und der Vorratskammer interessiert, wo er erst kürzlich aus der Kellerluke seltsame Geräusche zu hören bekommen hat. Der schwere Sack, den der Fischer am frühen Morgen an den Koch Chaman-Gul geliefert hat, hat seine Neugier zusätzlich angestachelt. Im Moment ist der Koch allerdings bei der Arbeit. Er schwingt eine Pfanne über dem Feuer und brummt ein Lied vor sich hin. Etwas enttäuscht bezieht der erste Advokat wieder seinen Posten im Innenhof.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #41 am: 10.11.2020 | 20:00 »
Etwas später findet sich der zweite Advokat mit Mujeeb Gashkari vor der Seide ein. Der Minotaur breitet eine Decke am Flussufer aus, setzt den Orakelmann dorthin und erzählt ihm, dass er auf ihn warten soll. Dann begehrt er Einlass. An der Pforte steht Ashtavede, dem er erzählt, dass er ein Geschenk für die Dame im vorletzten Zimmer links habe. Ashtavede lässt ihn passieren.

Der zweite Advokat begibt sich daraufhin zum Zimmer Masumis. Er schenkt ihr die beiden beim Theater von Saemauug Empyreus erstandenen Eintrittskarten und erklärt, dass er Kanta Planudes im Verdacht hat, Mujeebs Tätigkeit als Orakel hier in der Seide behindern zu wollen. Da der Ort aber eine wichtige Einkommensquelle für Mujeeb und ihn darstelle, müsse er mit dem Mann reden. Er äußert die Hoffnung, dass Masumi mäßigend auf den ihr vertrauten Mann einwirken und einen Kontakt herstellen kann. Masumi kann sich ein spöttisches Grinsen nicht verkneifen. Sie sagt: „Kanta Planudes hat sich gestern hier unmöglich benommen. Du kommst umsonst, denn ich werde ihn nie wieder empfangen. Andererseits empfinde ich ihm gegenüber auch keine Loyalität mehr. Ich verrate dir deshalb, dass der Mann seine Oliven auch an zwielichtige Gestalten verkauft. Und manche dieser Oliven sind statt mit Zwergshrimps mit hochgiftigen Hundertfüßlern gefüllt. Mach mit dieser Information, was du für richtig hältst. Ich jedenfalls möchte nicht wieder auf dieses Scheusal angesprochen werden." Der zweite Advokat nickt und verlässt den Raum.
« Letzte Änderung: 10.11.2020 | 20:21 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #42 am: 10.11.2020 | 20:02 »
Während dieses Gespräches steht der erste Advokat wieder im Innenhof. Er hört mit an, wie sich ein Kunde über einen gewissen Rustam Empyreus beklagt. Er sei bei dem Mann zu Besuch gewesen, es habe aber keine Schnecken gegeben und das Essen sei äußerst mager ausgefallen. Dann fragt der Kunde die Dame, die er auf dem Schoß hat, wie lange es her sei, dass Rustam Empyreus in der „Seide“ erschienen sei. Früher sei er doch oft hier gewesen. Alles deute jedenfalls daraufhin, dass Rustam pleite sein: „Eine Schande für einen Empyreus!“ Andere Freier in der Nähe stimmen ihm zu.

Ein zweiter Kunde erzählt effekthascherisch von dem reichen Gummibaumplantagenbesitzer Gamsar Prodromus im Stadtteil Jeolip: „Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie der Mann zur Sicherung seiner Plantagen drei Urwicga-Reiter einsetzt!“ Die Anwesenden sind entsetzt: „So etwas geht doch nicht!“, heißt es. „Urwigca-Reiter sind Kriegsmaschinen für den Immerkrieg und haben in Dégringolade nichts zu suchen!“

Auch den ersten Advokaten schüttelt es. Urwicga sind riesige Insekten, so groß wie eineinhalb Pferde. Diese Wesen saugen Menschen oder Minotauren in ihr Inneres, wo sie eine mentale Verbindung mit ihnen aufnehmen. Die Personen in ihrem Inneren können sie auf diese Art und Weise lenken und befehligen. Unter der Kontrolle geschickter Urwigca-Reiter können die Insekten zu gefährlichen Waffen im Immerkrieg werden. Es heißt allerdings auch, dass der Aufenthalt im Inneren dieser Insekten bei Menschen und Minotauren seine Spuren hinterlässt. Langjährige Urwigca-Reiter sollen von ihrer Tätigkeit gezeichnet sein.

Erneut begibt sich der erste Advokat auf einen Rundgang und wieder schaut er bei der Küche vorbei, die diesmal verlassen scheint. Kurz bevor er sich den Raum genauer anschauen will, raschelt es aber in seinem Rücken. Soeben verlässt der zweite Advokat das Zimmer Masumis. Die beiden Minotauren schauen sich an und schweigen einen Moment. Dann ergibt sich ein kleiner Dialog:

„Hast du Hunger?“

„Nein, ich sehe nur in der Küche nach dem Rechten.“

„Ist das nicht die Aufgabe des Kochs? Was suchst du denn da?“

„Du scheinst noch neugieriger zu sein als ich!“

„Ich habe eben selbst Hunger. Ist da noch irgendein Leckerbissen zu haben? Oliven vielleicht?“

Der erste Advokat schaut sich in der Küche um und drückt dem zweiten Advokaten eine große Handvoll Oliven in die Hand. Der zweite Advokat schaut genau hin. Sie sind mit Zwergshrimps gefüllt. Nachdenklich betrachtet der erste Advokat sein Gegenüber. Dann sagt er: „Bist du nicht der Gehilfe von dem Orakel?“ Der zweite Advokat bejaht und erzählt ihm, dass er Mujeeb am Fluss zurückgelassen habe um ein paar Worte mit der Dame im vorletzten Raum links über Kanta Planudes zu wechseln. Der erste Advokat erzählt ihm kurz, dass er den Mann am gestrigen Abend vor die Tür setzen musste. Nach einem kurzen Zögern sagt er schließlich: „Ich habe seltsame Geräusche aus der Luke im Vorratsraum gehört. Könntest du vielleicht gerade einmal Wache stehen und Alarm schlagen, wenn jemand vorbeikommt?“ Der zweite Advokat steckt sich ein paar Oliven in den Mund und nickt. Die beiden Minotauren betreten das Vorratslager.
« Letzte Änderung: 10.11.2020 | 20:24 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #43 am: 10.11.2020 | 20:03 »
Während der zweite Advokat weiter Oliven isst, horcht der erste Advokat an der Luke. Ganz leise hört er eine Art Klagelaute aus dem Keller. Dann beschließt er, nach dem Rechten zu sehen und öffnet die Luke. Er weiß, dass es besser wäre, seine Neugier zu bezwingen und hat den Eindruck, in seinem Blättermagen bilde sich ein Stein. Trotzdem steigt er die Leiter zum Keller hinab und erblickt schließlich an der Wand, was die seltsamen Geräusche verursacht. Hier hängen kopfüber vier Flussdelphine an der Wand. Sie wurden an schweren, durch ihren Unterleib getriebenen Fleischerhaken, an der Decke aufgehangen. Der erste Advokat ist einigermaßen fassungslos. Flussdelphine sind intelligente Wesen, die dem Hörensagen zufolge wunderschön singen können. Wer ist zu solchen barbarischen Taten fähig? Da er nicht weiß, was er machen soll, ruft er seinen Kollegen: „Komm mal runter, das solltest du dir anschauen!“ Der zweite Advokat steigt die Leiter herab und ist genauso schockiert wie der erste Advokat. Eine Weile überlegen die beiden Minotauren, was sie tun sollen. Dann sagt der erste Advokat: „Lass uns mal Ashtavede um Rat fragen. Ich weiß nicht, was hier am gescheitesten ist.“ Der zweite Advokat ist einverstanden.

Als aber der erste Advokat die Leiter wieder hinaufsteigen will, saust einen knappen Fingerbreit neben seiner Hand ein Hackebeil in den Rand der Luke. Chaman-Gul, der Koch, ist zurück und hat den ersten Advokaten nur knapp verfehlt. Der erste Advokat versucht ins Freie zu gelangen, aber seine Lage ist ungünstig. Chaman-Gul verpasst ihm einen schweren Tritt, worauf er in den Keller hinabstürzt. Der Koch schlägt die Luke zu und verriegelt sie. Die Minotauren sind gefangen.
« Letzte Änderung: 10.11.2020 | 20:25 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #44 am: 10.11.2020 | 20:04 »
Ein oder zwei Stunden später öffnet sich die Luke wieder. Die beiden Advokaten haben ihr Zeitgefühl verloren und steigen aus dem Keller. Vor ihnen stehen Chaman-Gul, außerdem Ashtavede und der Besitzer des Bordells, Haygaram Ooryphas. Haygaram ergreift das Wort und will wissen, was seine Wache, der erste Advokat, in der Küche zu suchen habe. Der erste Advokat erzählt, er habe geglaubt, irgendeine Dame hier schreien zu hören. Für diese Lüge verachtet sich der erste Advokat selbst. In seinem Blättermagen scheint sich ein Stein zu bilden und er ringt um Selbstkontrolle. Die Stresssituation zehrt an seinen Nerven. Chaman-Gul erzählt Haygaram Ooryphas, dass es beim Schlachten hin und wieder zu Geräuschen käme. Das sei ganz normal. Mühsam stößt der erste Advokat hervor, dass er auch wirklich keine Damen hier gefunden habe. Dafür hingen allerdings Flussdelphine an Fleischerhaken im Keller. Haygaram stutzt: „Flussdelphine?“ Chaman-Gul zuckt mit den Schultern: „Ja. Wenn man sie korrekt zubereitet, wirken sie wie ein Aphrodisiakum. Es gibt seit einiger Zeit ein paar Gäste, die danach verlangen.“ Einen Moment denkt Haygaram Ooryphas nach. Er scheint nicht allzu glücklich. Schließlich sagt er aber: „Alle Anwesenden werden darüber kein Wort verlieren, ist das klar? Es kann nicht sein, dass die Seide durch ein gutes Geschäft ins Gerede kommt.“ Zögerlich nicken alle Anwesenden. Vor dem Mund des ersten Advokaten bildet sich Schaum. Haygarams Blick fällt auf den zweiten Advokaten. Mit verkniffenen Augen fährt er ihn an: „Du bist keiner meiner Angestellten. Wer sagt mir, dass auch du den Mund hältst?“  Der zweite Advokat erklärt, dass er der Gehilfe von Mujeeb Gashkari sei. Haygaram erinnert sich: „Ah, der Bienenfresser!“ Der zweite Advokat reißt sich zusammen und sagt: „Mujeeb und ich haben selbst ein Interesse am Wohlergehen der Seide. Wir haben hier eine gute Einnahmequelle. Von uns erfährt niemand auch nur ein Sterbenswörtchen.“ Nach einer kurzen Pause sagt Haygaram: „Gut. Ich glaube dir. Ihr könnt hier weiter euren Geschäften nachgehen. Solltest du wortbrüchig werden, wird das deine letzte Tat gewesen sein, verstanden?“ Mit diesen Worten verlässt Haygaram den Raum und verschwindet.

Das ist der Moment, an dem der erste Advokat seine Beherrschung verliert. Er sieht Chaman-Gul hasserfüllt an und weiß plötzlich, dass dieser Mann nicht mehr lange Koch in der Seide sein wird. In seinem Schädel dröhnt der Ruf des Dschungels. Wie rasend reißt er dem Koch sein Beil aus der Hand und schlägt ihm die Hand ab. Chaman-Gul stürzt zu Boden und schreit laut, woraufhin auch der zweite Advokat Schaum vor dem Mund bekommt. Beide Minotauren laufen schreiend in den Innenhof, werfen dort Sitzgelegenheiten durch die Gegend, stoßen Gäste zu Boden und verlassen das Haus. Der erste Advokat brüllt dabei ständig: „Befreit die Flussdelphine! Befreit die Flussdelphine!“
« Letzte Änderung: 10.11.2020 | 20:28 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #45 am: 10.11.2020 | 20:04 »
Am Abend hat sich der ewige Fluss wieder in ein ruhiges Gewässer verwandelt. Der Anführer konnte nach der Reparatur der Fähre noch einen Fang Nachtfische an Land ziehen und begibt sich nun zur „Seide“ um sie dort zu verkaufen. Zehn Meter vor dem Etablissement öffnet sich plötzlich die Eingangstür und in einer wilden Stampede preschen schreiend zwei schäumende Minotauren am Anführer vorbei. Wie angewurzelt bleibt der Anführer stehen und schaut den Rasenden hinterher. Schließlich erscheint Ashtavede in der Tür, der ein unglückliches Gesicht macht. Der Anführer fragt ihn, was hier geschehen sei. Ashtavede seufzt und sagt ihm, dass er es ihm leider nicht verraten kann. Es habe hier aber Spannungen gegeben, woraufhin zwei Brüder der Ruf des Dschungels ereilt habe. Ashtavede sagt: „Wenn du dich nützlich machen willst, dann komm mit in die Küche. Ich brauche jemanden, der den Koch zu einem Arzt bringt." Der Anführer ist einverstanden. Er schultert den schwerverletzten Chaman-Gul und Ashtavede hängt ihm ein Säckchen um den Hals, in dem er die abgeschlagene Hand des Mannes verstaut hat. Schließlich beschreibt er ihm den Weg zum nächsten Arzt und der Anführer trottet los.

Zunächst jammert und schreit Chaman-Gul, irgendwann scheint er aber in eine Art Fieberwahn zu verfallen und gibt Satzfetzen von sich, die von dem dramatischen Geschehen zeugen. Der Anführer hört zu und gewinnt einen vagen Eindruck von den Vorgängen in der „Seide“. Schockierend ist für ihn, dass Chaman-Gul auch davon berichtet, wie er aphrodisierende Flussdelphine zubereitet: Sie müssen über Kopf aufgehangen werden, bis ihnen ihr gesamtes Blut in den Kopf gelaufen ist. Erst dann erzeugt der Verzehr ihres Hirns die gewünschte aphrodisierende Wirkung. Der Anführer fühlt sich elend. Irgendwann erreicht er aber doch den Arzt, übergibt ihm den Verletzten und kehrt dann zur „Seide“ zurück.

An der Pforte steht immer noch Ashtavede. Der Anführer legt ihm die Hand auf die Schulter und sagt: „Der Koch wird ärztlich behandelt und kann ohnehin keine Gerichte mehr zubereiten. Wollen wir nicht ein paar Flussdelphine zurück in den Vadhm werfen?“ Einen Moment lang schaut Ashtavede den Anführer überrascht an, dann aber zuckt er mit den Schultern und nickt.  Als die beiden Minotauren mit einem ersten Sack die Seide verlassen wollen, steht Mujeeb Gashkari vor ihnen. Er fragt: „Hat jemand von euch meinen Gehilfen gesehen?“ Ashtavede sagt: „Er ist in den Dschungel gerannt. Ich nehme an, dass du ihn so schnell nicht wiedersehen wirst.“ Mujeeb stöhnt und jammert leise. Als die Männer an ihm vorbeiziehen beginnt er ihnen aber neugierig zuzusehen und piekst sogar einmal in den Sack. Dann fragt er: „Was macht ihr da?“ Ashtavede sagt: „Das geht dich nichts an.“ Mit einem Seufzer unterbricht er seine Tätigkeit und sagt dem Anführer: „Warte einen Moment.“ Dann verschwindet er mit Mujeeb im Schlepptau im Gebäude. Wenig später kehrt er zurück und gibt dem Anführer zu verstehen, dass er Mujeeb im Innenhof mit betörenden Getränken versorgt und zwischen die Damen gesetzt habe. „Es geht ihm gut.“ Dann wirft er mit dem Anführer zusammen vier Flussdelphine zurück in den Fluss.
« Letzte Änderung: 12.11.2020 | 19:13 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #46 am: 10.11.2020 | 20:05 »
Die beiden rasenden Minotauren rennen brüllend kilometerweit durch die nächtliche Stadt. Schließlich erreichen sie eine noch immer geöffnete Taverne mit dem Namen „Zur Doppelaxt“. Der erste Advokat erblickt über dem Eingang eine entsprechende Waffe als Zier des Hauses, reißt sie herunter und springt durchs Fenster. Die Gäste springen schreiend auf und fliehen. Der Einzige, der sich gegen den ersten Advokaten zur Wehr setzt, ist der Wirt, der hinter seinen Thresen einen Knüppel hervorholt und sich unsicher auf den Minotauren zubewegt. Sekunden später stürzt auch der zweite Advokat brüllend in die Taverne.

In einiger Entfernung zieht soeben der Philosoph vorbei, der sich über den nächtlichen Lärm wundert und sich deshalb auf das Gasthaus zu bewegt, um nach dem Rechten zu sehen. Er betritt die Gaststube genau in dem Moment, als der erste Advokat dem Wirt seine Kniescheiben zertrümmert. Die Brutalität und Gewalt der Szenerie zieht den Philosophen derart in seinen Bann, dass auch er beginnt aggressive Schreie von sich zu geben. Auch ihn ereilt der Ruf des Dschungels.

Halbtot wird der Wirt schließlich zurückgelassen. Der erste Advokat entreißt ihm seinen Knüppel, dann stürmen alle drei Minotauren aus dem Gasthaus und rennen auf das nächstgelegene Stadttor zu. Die vier Wachen am Tor erkennen die Gefahr und öffnen das Tor. Während die Minotauren in den Dschungel stürmen, werden sie von zwei Wachen mit Bögen beschossen, deren Pfeile ihre Ziele aber verfehlen.

Nach einem langen Lauf kommen die Minotauren endlich wieder zu sich. Hinter ihnen schließt sich das Stadttor, vor ihnen liegt der nächtliche Urwald. Der zweite Advokat kann als erster wieder einen klaren Gedanken fassen. Er sagt: „Wir müssen das Beste daraus machen. Folgt mir!“
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #47 am: 10.11.2020 | 20:07 »
Am nächsten Morgen trainieren drei namenlose Minotaurenwachen im Nebengebäude der „Seide“ ihre Waffenfertigkeiten. Während sie im dortigen Innenhof mit Holzschwertern aufeinander einschlagen, diskutieren sie über die Ereignisse der Nacht.

Die Wache mit dem verrosteten Brustpanzer: Der Neue hat den Ruf des Dschungels gehört. Er soll Chaman-Gul halbtotgeschlagen haben!

Die Wache mit den angespitzten Hörnern: War klar, dass der das hier nicht lange machen wird!

Der einäugige Veteran: Schweig, du Idiot! Das kann dir genauso passieren!

Die Wache mit dem verrosteten Brustpanzer: Dass es aber auch gerade Chaman-Gul erwischen musste! Das Frühstück war heute doch sehr bescheiden!

Die Wache mit den angespitzten Hörnern: Ooryphas wird früher oder später einen neuen Koch einstellen müssen.

Der einäugige Veteran: Wenn ihr auch noch an etwas anderes, als ans Fressen denken könnt, dann erzählt mir doch mal, wer Chaman-Gul zum Arzt gebracht hat.

Die Wache mit dem verrosteten Brustpanzer: (außer Atem) Das war dieser Fischer. Der Minotaur, der immer die Nachtfische vorbeibringt.

Die Wache mit den angespitzten Hörnern: Der? Der soll gestern noch die Fähre repariert haben und als ich heute Morgen diesen Orakelmann herausgeschmissen habe, hat der sogar behauptet, der Fischer habe irgendwelche Flussdelphine gerettet.

Der einäugige Veteran: (für sich) Vielseitig und flexibel! Ein Bruder, den man sich merken sollte.

Die Wache mit dem verrosteten Brustpanzer: Vielleicht kann er ja auch kochen!

Der einäugige Veteran schlägt ihn mit seinem Holzschwert zu Boden.
« Letzte Änderung: 11.11.2020 | 07:46 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #48 am: 4.12.2020 | 19:52 »
5

Blicke durch die Tore erzeugen Visionen von Opfern,
ausgewaidet von mächtigen Fängen und gewaltigen Pranken,
durchbohrt und geschwärzt von giftigen Stacheln und
aufgelöst im Wasser eines Königs, dessen Name längst vergessen ist.

Blicke durch die Straßen erzeugen Visionen von Opfern,
erblindet angesichts allgegenwärtiger, verführerischer Gesichter,
ertaubt aufgrund freundlicher, wohlmeinender Worte und
verstummt aufgrund der drohenden Rache, die auf Begehren folgt.

Die Unglücklichsten überstehen beides
und scheitern dann bei der Zerreißprobe,
die der stete Wandel ihres Daseins für sie bereithält,
leer und ausgebrannt zurücklässt
und ihr Herz zu Futter der streunenden Hunde werden lässt.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #49 am: 4.12.2020 | 19:53 »
Ich präsentiere eine Stereoskopie.

Wir betrachten ein grünes Flirren und versuchen mit unseren Augen aus einem Bild zwei zu machen.

Bald scheint es, als ließe sich überhaupt nichts mehr wahrnehmen.

Dann aber treten doch einige Bildelemente in den Vordergrund und ein Ruf ertönt: „Schildkröte“!

Unsere Vision beginnt.
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