Autor Thema: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus  (Gelesen 7535 mal)

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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #75 am: 10.01.2021 | 21:09 »
Nach seiner Rückkehr in seine Fischerhütte warten Mujeeb Gashkari, der zweite Advokat und der Anführer den Nachmittagsmonsun ab, dann fährt der Anführer noch einmal mit seinem Boot auf den Fluss hinaus um Fische zu fangen. Nach einem passablen Fang will er zurückrudern, kann dann aber in der Dämmerung am anderen Ufer erkennen, dass es bei der Anlegestelle der Fähre irgendein Problem zu geben scheint. Menschen und Minotauren sind dort offenbar in einen Streit geraten. Der Anführer kann sehen, wie ein paar Minotauren davonlaufen. Zwei Männer verfolgen sie kurz, kehren aber schnell wieder zur Fähre zurück. Dann setzt sich das Schiff in Bewegung.

Der Anführer ist neugierig. Er macht einen großen Bogen um die Fähre, rudert dann zur Anlegestelle am anderen Ufer und hält Ausschau nach den geflohenen Mintauren. Plötzlich ruft eine helle Stimme: „Es ist der Flussgesegnete!“ Hinter einer Hausecke kommen drei Minotauren zum Vorschein. Es sind der Sänger und zwei der Holzsammler, die der Anführer bereits von seinem Besuch in Khostalush kennt. Offenbar haben sie einen Ausflug gemacht. Der Anführer fragt die drei Minotauren, was geschehen ist. Sie erzählen ihm, dass sie nach Rhomoon gezogen sind, um ihm, dem Flussgesegneten, einen Besuch abzustatten. Sie hatten auch schon einen Platz auf der Fähre ergattert, da sei ein reicher Herr mit einer Dame und zwei Minotauren als Leibwächtern erschienen und habe ebenfalls über den Fluss gewollt. Leider sei auf der Fähre aber kein Platz mehr frei gewesen. Der Herr, er nannte sich Asnani Zimisces, habe sich daraufhin beim Fährmann beschwert und derart wüste Drohungen ausgestoßen, dass der Mann die vier jungen Minotauren wieder von Bord jagte. Einer der Holzsammler sei daraufhin wütend geworden. Es sei immerhin die letzte Überfahrt des heutigen Tages von dieser Flussseite aus gewesen. Da habe er Herrn Zimisces mit Namen betitelt, die man üblicherweise zu den reichen Menschen nicht sagt. „Was ist dann passiert?“, will der Anführer wissen. Der Sänger erzählt: „Asnani Zimisces hat seine Leibwächter losgeschickt und gesagt, sie sollten uns einen Kopf kürzer machen. Wir sind gerannt, aber einer von uns ist erwischt worden. Sie habe ihn gefesselt und mitgeschleppt. Wir wissen nicht, wo er jetzt ist.“ Der Anführer seufzt, packt die drei jungen Minotauren in sein Boot und bringt sie zunächst einmal in seine Fischerhütte. Dann läuft er zur Anlegestelle auf seiner Seite des Flusses.

Die Fahrgäste der letzten Überfahrt sind längst verschwunden, es sitzen schon wieder neue Gäste in der Fähre. Die Minotauren, die die Fähre rudern und segeln, bereiten gerade die allerletzte Überfahrt des Tages vor. Der Anführer spricht mit dem Fährmann: „Wisst ihr etwas von dem gefesselten Minotauren, den ihr eben befördert habt?“ Der Fährmann knurrt: „Was geht dich das an, Rind?“ „Ich werde von eurer Geduld berichten, wenn ihr mir mehr erzählt!“, sagt der Anführer. Der Fährmann antwortet: „Asnani Zimisces hat ihn gefangen. Er will ihn an die Gladiatorenkämpfe verkaufen. Jetzt verschwinde!“ „Herr, wisst ihr zufällig, wo Asnani Zimisces zuhause ist?“ Der Fährmann spricht: „Irgendwo in Khostalush. Er wird heute Abend aber wohl kaum dort eintreffen.“ „Herr, seid so gut, und lasst mich wissen, wo er sich aufhält! Ich werde überall eure Großmut rühmen!“ „Ihr steckt alle unter einer Decke, ihr stinkenden Rinder! Ich werde nichts mehr sagen“, stößt der Fährmann hervor und verpasst einem der Minotauren, die auf seiner Fähre arbeiten, einen wütenden Tritt. „Aber Herr“, fleht der Anführer, „ich werde den Flussgeistern ein Opfer bringen und sie bitten, euch zu schützen! Sagt mir nur, wo sich Asnani Zimisces befindet!“ Mit funkelnden Augen starrt ihn der Fährmann an. Dann sagt er höhnisch: „Er ist anscheinend heute Abend Gast bei Porfirio Empyreus. Kreaturen wie du haben da sowieso keinen Zutritt.“ Der Fährmann spuckt aus und befiehlt seinen Minotauren abzulegen. Der Anführer wendet sich ab. Es fühlt sich so an, als bilde sich in seinem Netzmagen ein schwerer Stein.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #76 am: 10.01.2021 | 21:10 »
Kurze Zeit später steht der Anführer an der Mauer zum Anwesen von Porfirio Empyreus und ruft den im Schneckengarten arbeitenden Gärtner herbei. Von ihm erfährt er, dass das Fest bereits begonnen hat. Die Bediensteten, die die Gäste mitgebracht haben, hielten sich im Nebengebäude auf, dort wo die Minotauren und anderen Diener schlafen. Der Anführer will wissen, ob der erste Soldat auch einen gefangenen Minotauren gesehen habe. Der erste Soldat bejaht: „Sie haben ihn gefesselt“, sagt er. Der Anführer erzählt ihm, was geschehen ist und fragt ihn, ob er ihn zu dem Gefangenen führen kann. Der erste Soldat ist einverstanden und geht mit dem Anführer zum Haus der Diener. Schnell wird deutlich, dass sich alle Bediensteten im Esszimmer des kleinen Hauses befinden und dort eine eigene Art von Fest feiern. Der Raum ist voller Minotauren und anderer Diener. Der Anführer und der erste Soldat blicken sich um und sehen, dass der dritte Holzsammler an den Armen gefesselt auf einer Bank sitzt. Zu beiden Seiten von ihm sitzen zwei mächtige Minotauren, neben denen an der Wand zwei Speere lehnen.

Der Anführer beginnt: „Hallo Kollegen! Wisst ihr eigentlich, dass der Bruder, der da gefesselt zwischen euch sitzt, zu einer wohlhabenden Sippe in Khostalush gehört? Ihr könnt richtig Ärger bekommen, wenn ihr ihn gefangen haltet!“ Die beiden Minotauren aber zucken mit den Schultern. Einer von ihnen sagt: „Wir tun nur, was Asnani Zimisces uns befiehlt.“ Jetzt wird der erste Soldat aktiv. Er redet auf die Wachen ein und erzählt ihnen, dass sie Asnani Zimisces vor dem Fehler, den er soeben macht, warnen müssen. „Morgen vielleicht“, sagt einer der Wachen gelangweilt. Der erste Soldat erzählt ihnen, dass es morgen vielleicht schon zu spät sein könnte. Wer weiß, was Asnani Zimisces mit dem Bruder vorhabe! Wenn sich der junge Minotaur danebenbenommen habe, könnten seine Besitzer vielleicht auch zu einer Wiedergutmachung überredet werden! Dafür müsse der Minotaur aber erst einmal wieder zu seiner Arbeit erscheinen! Es wüssten ja inzwischen auch schon eine ganze Menge Menschen und Minotauren, dass sich Asnani Zimisces unrechtmäßig an fremdem Eigentum vergriffen habe. Das könne richtigen Ärger geben! Außerdem habe das Fest von Porfirio Empyreus auch noch gar nicht richtig angefangen. Sicher finde sich noch eine Gelegenheit, ihrem Herren einen kurzen Ratschlag zu erteilen! Trotz aller Bemühungen erreicht der erste Soldat nicht viel. Die Minotaurenwachen, die auf den Gefangenen aufpassen, bleiben dabei, dass sie nur die Befehle ihres Herrn ausführen. Alles andere sei ihnen egal. Der erste Soldat aber gibt nicht auf. Er rappelt sich auf, nimmt noch einmal allen Mut zusammen und dringt dann derart auf die Wachen Asnani Zimisces ein, dass es seinen mächtigen Gegenspielern zu viel wird. Irgendwann ergreifen sie ihre Speere, stehen auf und gehen gegen den ersten Soldaten vor. In diesem Moment springt der gefangene Minotaur auf, dann aus dem Fenster des Esszimmers nach draußen und rennt davon. Die Minotaurenwachen schreien, alle anderen im Esszimmer anwesenden Bediensteten lachen, der erste Soldat und der Anführer verdrücken sich in dem Durcheinander still und heimlich wieder nach draußen. „Danke, Bruder!“, sagt der Anführer. „Nichts zu danken“, sagt der erste Soldat. „Hat mir Spaß gemacht“. Daraufhin kehrt er in seinen Schneckengarten zurück.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #77 am: 10.01.2021 | 21:11 »
Während der Ereignisse im Dienstbotenhaus des Porfirio Empyreus ist die Abendgesellschaft der Hausherren bereits in vollem Gange. Der erste Soldat kehrt nach der Flucht des jungen Holzsammlers in seinen Schneckengarten zurück, schaut nach, welche Schäden die Gäste des Hauses bei ihrer Suche nach den begehrten Tierchen angerichtet haben und muss etwas später feststellen, wie die Herrin des Hauses, Saaroni Empyreus, mit Anâzhar Shahin zum Gartenhaus eilt. Sie schlägt dem ersten Soldaten kurz auf die Schulter und sagt: „Gib acht, dass wir nicht gestört werden, Gärtner!“ Dann verschwindet sie mit dem Musiker in dem Schlaflager, in dem normalerweise der erste Soldat übernachtet, dem nun aber nichts anderes übrigbleibt, als sich im Garten die Füße zu vertreten.

Wenig später öffnet sich erneut die Tür des Hauses und Mabasser, der sechsjährige vierte Sohn des Hauses wankt schlaftrunken in den Garten. Während leise Geräusche aus dem Gartenhaus andeuten, dass seine Mutter und der Musiker Anâzhar Shahin Gefallen aneinander finden, reibt sich Mabasser seine Augen und erzählt dem ersten Soldaten, dass er nicht schlafen kann. Zunächst versucht der Minotaur ihn wieder in sein Zimmer zu bringen, Mabasser aber wehrt sich: „Mama soll kommen und mir Abends ertönt deine Klage vorsingen!“ Der erste Soldat erklärt, dass Mabassers Mutter gerade Gäste hat und ihrem Sohn daher keine Schlaflieder vorsingen kann. Mabasser schaut den Minotauren ungnädig an und verlangt: „Hol Mama herbei! Ich will Abends ertönt deine Klage hören!“ Noch ein oder zweimal versucht es der erste Soldat mit einem Ablenkungsmanöver – ohne Erfolg. Schließlich sagt er: „Junger Herr, wie wäre es, wenn wir das Lied gemeinsam singen?“ Mabasser schaut den Gärtner interessiert an und sagt: „Versuchen wir es!“ Und so singen Minotaur und Knabe, begleitet von leisen, wolllüstigen Geräuschen aus dem Gartenhaus unter dem Mond Dégringolades das alte Schlaflied, das schon seit jeher den Kindern der Stadt süße Träume beschert hat:

Abends ertönt deine Klage,
mein kleiner Sohn, weine nicht!
Matt vom vergangenen Tage,
mein lieber Sohn, weine nicht!
Drückt dich die Mutter ans Herz
endet schon bald all dein Schmerz.
Schwindet der Öllampe Licht,
mein lieber Sohn, weine nicht.


Schon nach dem ersten Durchgang fallen Mabasser in den Armen des ersten Soldaten die Augen zu. Der Minotaur beschließt auf die Mutter zu warten und ihr dann ihren Sohn zu übergeben. Nach einer Weile ist es so weit. Die befriedigt glucksende Saaroni verlässt das Gartenhaus und zieht Anâzhar Shahin hinter sich her, der noch hastig versucht, den Gürtel seiner Jacke zu schließen. Der erste Soldat tritt mit Mabasser im Arm auf das Paar zu und sagt: „Herrin, euer Sohn! Ich habe ihn in den Schlaf gesungen. Wollt ihr ihn nicht in sein Bett legen?“ Saaroni aber schaut den Gärtner entnervt an und sagt: „Das geht jetzt wirklich nicht. Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin? Kümmere du dich um ihn!“ Dann eilt sie mit dem Musiker zurück zu Festgesellschaft. Während der erste Soldat den schlafenden Mabasser in sein Zimmer bringt, scheint es ihm, als bilde sich in seinem Labmagen ein Stein.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #78 am: 10.01.2021 | 21:12 »
Spät in der Nacht, als nur noch wenige Festteilnehmer wach sind, kehrt der erste Soldat zurück. Er hat den Arzt Ilin Bardanes dabei, den er aus Khostalush geholt hat. Beide haben einen anstrengenden Fußmarsch hinter sich und gehen schnell zu Bett. Porfirio Empyreus´ Haus ist so groß, dass der Mediziner trotz der Festgesellschaft und ihrer Bediensteten noch eine eigene Schlafstätte zugewiesen bekommt.

Am nächsten Vormittag wird der zweite Soldat zu seinem Herrn gerufen. Porfirio ist noch gezeichnet von der vergangenen Feier, seine Angst vor der ärztlichen Untersuchung scheint aber so groß zu sein, dass er sich nach einem Schlupfloch umsieht. Er erzählt dem zweiten Soldaten von einer neuartigen Therapie, von der ihm beim gestrigen Fest einer seiner Freunde erzählt habe: „Es funktioniert mit Fischen! Man beschafft sich einen männlichen und einen weiblichen Goldrochen, steigt zu ihnen ins Wasser, befestigt sie an seinen Armen, einen rechts, den anderen links, und dann müssen sie durch Stockhiebe zu ihren elektrischen Entladungen motiviert werden. Das erzeugt dann so ein Muskelzucken und soll den Körper auf ungekannte Art und Weise entspannen. Mein Freund behauptet, danach könnte ich dieses Stechen in der Brust glatt vergessen. Was meinst du, Masseur?“ „Herr, ich kann das nicht beurteilen, aber befragt doch den Arzt nach dieser Therapie! Er ist bereits im Haus!“, antwortet der zweite Soldat. Sein Herr sagt etwas angstvoll: „Der Arzt ist schon da? Nun… dann… soll er kommen.“

Der zweite Soldat geht und sagt Ilin Bardanes Bescheid, dass Porfirio Empyreus ihn erwarte. Er erzählt ihm auch von Porfirios Schneckenkonsum und seiner Idee von einer Goldrochentherapie, was den Arzt aber nur zum Stirnrunzeln veranlasst. Der Mann folgt dem Minotauren zum Hausherrn, untersucht ihn gründlich, entnimmt ihm ein paar Körperflüssigkeiten und stellt ihm einige Fragen zu seiner Verfassung. Dann sagt er: „Ich werde euch schon bald meinen Ratschlag zukommen lassen. Einen Moment brauche ich aber noch, um mir euer Blut und euren Speichel genau anzusehen.“ Dann zieht er sich mit dem zweiten Soldaten gemeinsam zurück.

Im Behandlungszimmer des zweiten Soldaten richtet Ilin Bardanes ein paar offene Worte an den Minotauren: „Dein Herr hat eine Schrumpflunge. Wenn er mit seinem Schneckenkonsum so weiter macht, wird er nicht mehr lange leben. Er muss sich einschränken. Zweimal im Monat Schnecken – mehr ist nicht drin. Diese seltsame Goldrochentherapie ist im Übrigen wahrscheinlich die sicherste Art, Porfirio noch schneller ins Grab zu bringen. Eine Schrumpflunge ist heilbar, allerdings besteht das einzig brauchbare Behandlungsmittel aus dem Serum der Leopardenlibellen, die es nur auf der Oberfläche des Belugha Sees, mitten im Dschungel, gibt. Der Weg dorthin ist gefährlich und beschwerlich. Nun sage mir, mein Freund, ob du deinem Herrn diese Informationen selbst zukommen lassen willst, oder ob ich ihm davon erzählen soll.“ Der zweite Soldat schaut den Mediziner erstaunt an und sagt: „Nun, Herr, in dieser Hinsicht seid ihr doch die Autorität, nicht wahr?“ Ilin Bardanes schaut den zweiten Soldaten mitleidig an: „Das ist wohl richtig. Ich weiß aber auch, wer nach solchen Diagnosen hinterher den Weg in den Dschungel antreten muss. Wenn ihr ein loyaler Diener eures Herrn seid, kann ich ihm gern die volle Wahrheit sagen.“ Der zweite Minotaur braucht einen Moment, dann versteht er, dass der Arzt ihm hier die Möglichkeit eröffnet hat, um eine Dschungelexpedition herumzukommen. Schließlich sagt er aber: „Nein, nein, verehrter Herr! Wenn es dem Gesundheitszustand meines Herrn zu Gute kommt und er meint, ich soll in den Dschungel ziehen, dann will ich das auch gerne tun.“ Ilin Bardanes nickt anerkennend und packt seine Sachen zusammen.

Kurz darauf hört sich Porfirio Empyreus die Ratschläge des Arztes an. Die Vorstellung nur zweimal im Monat Schnecken zu essen macht ihm schwer zu schaffen. Die bevorstehende Expedition in den Dschungel nimmt er hingegen gelassener. Er sagt zum Masseur: „Du musst schon bald aufbrechen! Wenn meine Lunge wieder in Ordnung ist, kann ich vielleicht auch wieder häufiger Gesellschaften veranstalten. In gewisser Weise hängt vom Erfolg deiner Mission der Ruf deines Herrn ab, hörst du?“ Der zweite Soldat wirft seinem fahrig wirkenden, vom Schneckenkonsum gezeichneten, selbstsüchtigen Herrn einen kurzen Blick zu und nickt. Er hat den Eindruck, dass sich in seinem Labmagen ein Stein bildet.

Vor der Verabschiedung des Arztes wendet sich der zweite Soldat an Porfirio Empyreus´ Verwalter und verlangt ein Samenkorn mehr als vereinbart als Lohn für die Behandlung. Als er Ilin Bardanes bezahlt, wirft ihm dieser einen vergnügten Blick zu und sagt: „Ich komme gern wieder! Pass auf dich auf!“
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #79 am: 10.01.2021 | 21:15 »
Im Esszimmer des Dienstbotenhauses von Porfirio Empyreus haben die Diener der Festgesellschaft nur einen kurzen Imbiss Zeit, um sich über die Ereignisse des letzten Tages auszutauschen. Das Gespräch kommt immer wieder auf die Flucht des Holzsammlers zurück.

Die Kammerzofe von Caia Eburnus: Direkt vor ihren Augen haben sich die Rindviecher den Gefangenen wegstibitzen lassen! Es ist zum Lachen!

Der Leibwächter von Phanostrata Frugius: Dieser Gärtner und der Fischer sollen gestern schon im Bambuswald von Umashangar Psellus nach Bienen gesucht haben… und obwohl es dort gar keine mehr gibt, sind sie doch mit einer vollen Büchse wieder zurückgekommen!

Der Minotauren-Sänftenträger von Grumio Pictor: Gut so. Die Bienen sind für diesen Orakelmann! Er hat mir schon einmal einen guten Rat erteilt!

Der Lustsklave von Curculio Capito: Mir ist zu Ohren gekommen, diese Orakel würden immer wieder gleich lauten!

Die Ernährungsberaterin von Caia Eburnus: Vielleicht bringen sie ja jetzt, mit den neu gefangenen Bienen, auch ein paar neue Informationen.

Eine Weile herrscht Schweigen. Alle Anwesenden löffeln salzigen Bohnenbrei.

Die Kammerzofe von Caia Eburnus: Der Gefangene hat jedenfalls großes Glück gehabt!

Der Leibwächter von Phanostrata Frugius: Das kann man wohl sagen! Wären die unverschämten Rinder an der Fähre meinem Herren gegenüber frech geworden, hätte ich kurzen Prozess gemacht!

Der Minotauren-Sänftenträger von Grumio Pictor: Du hast mitbekommen, dass sie einem anderen Herrn gehören? Trotzdem wurde der Gefangene auf offener Straße geraubt. Hier in Dégringolade scheint inzwischen gar nichts mehr sicher zu sein!

Der Lustsklave von Curculio Capito: Reg´ dich nicht auf! Er ist ja jetzt wieder frei und kann zu seinem Herrn zurückkehren.

Wieder ist es einen Moment still.

Der Minotauren-Sänftenträger von Grumio Pictor (nachdem er mit seiner Machete eine Kokosnuss geöffnet hat): Vorhin ist dieser Arzt aus Khostalush hier gewesen. Ich habe gesehen, wie er das Haus verlassen hat.

Der Leibwächter von Phanostrata Frugius: Er hat Porfirio Empyreus eine Medizin empfohlen, für die dessen Diener jetzt in den Dschungel müssen! Wäre das nichts für dich, Rind?

Der Minotauren-Sänftenträger von Grumio Pictor (nimmt einen großen Schluck Kokosmilch, dann): Ich bin ganz zufrieden damit, hier in der Stadt bleiben zu können!

Der Leibwächter von Phanostrata Frugius: Das ist ja keine wilde Panik, wie sie euch Rinder hin und wieder überfällt! Es ist eine Gelegenheit sich Verdienste zu erwerben!

Der Minotauren-Sänftenträger von Grumio Pictor: Du kannst ja deinen Herrn fragen, ob du mitkommen kannst! Ich trage lieber Sänften!

Der Leibwächter von Phanostrata Frugius (seufzt): Du wirst nie den Belugha See erblicken.

In der neuerlichen Stille träufelt die Ernährungsberaterin von Caia Eburnus ein wenig Gewürzhonig über eine aufgeschnittene Ananas.

Die Kammerzofe von Caia Eburnus: Die Diener von Porfirio Empyreus haben offenbar eine eigene Vorstellung von Tugend.

Die Ernährungsberaterin von Caia Eburnus: Wieso? Sie haben einen unrechtmäßig Gefangenen befreit!

Die Kammerzofe von Caia Eburnus: Vor allem haben sie erst einmal gelogen. Sie haben außerdem die Minotaurenwachen von Asnani Zimisces in eine unmögliche Situation gebracht!

Die Ernährungsberaterin von Caia Eburnus (nimmt einen großen Bissen Ananas, dann): Ich denke ja, der Gärtner hat das Herz auf dem rechten Fleck. Er mag geflunkert haben, aber nur um etwas Gutes zu erreichen.

Der Lustsklave von Curculio Capito: Mein Herr erzählte vorhin, in Pannashoo sei ein Wächter am Quell des Vertrauens mit Rinderzecken beschossen worden!

Der Minotauren-Sänftenträger von Grumio Pictor: Hat der Wächter überlebt?

Der Lustsklave von Curculio Capito: Weiß ich nicht. Die Zecken wurden wohl herausgeschnitten, aber der Heiler hatte gar kein Eukalyptus zur Desinfektion dabei!

Der Leibwächter von Phanostrata Frugius: Zecken entfernen ohne Eukalyptus? Wer macht denn so etwas?

Die Ernährungsberaterin von Caia Eburnus: Ach, es wird schon nicht so schlimm sein, die Rinder sind im Allgemeinen doch recht robust!

Der Lustsklave von Curculio Capito: Der zweite Wächter vom Quell des Vertrauens soll übrigens verschwunden sein. Es gibt Gerüchte, irgendjemand habe ihn entführt.

Der Minotauren-Sänftenträger von Grumio Pictor: Noch ein gestohlener Minotaur! Das ist besorgniserregend!

Die Ernährungsberaterin von Caia Eburnus: Vielleicht sollte man den Gärtner hinterherschicken. Der scheint sich ja auf die Befreiung von gefangenen Rindern bestens zu verstehen!
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #80 am: 25.01.2021 | 00:59 »
8

Zehn Becher mahuwa-Schnaps –
Warum rauscht das Blut in unsern Adern?
Neun Becher mahuwa-Schnaps –
Wer denkt jetzt schon an den nächsten Tag?
Acht Becher mahuwa-Schnaps –
Wann erfreut der Wirt uns wieder?
Sieben Becher mahuwa-Schnaps –
Warum diese Leichtigkeit?
Sechs Becher mahuwa-Schnaps –
Wer nimmt es mit uns auf?
Fünf Becher mahuwa-Schnaps –
Wann sind wir Helden?
Vier Becher mahuwa-Schnaps –
Warum gehen?
Drei Becher mahuwa-Schnaps –
Wer droht mir?
Zwei Becher mahuwa-Schnaps –
Wohin?
Ein Becher mahuwa-Schnaps –
Hin!
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #81 am: 25.01.2021 | 01:00 »
Wir schauen uns ein kurzes Video von einem Waldspaziergang an.

Es wurde so verfremdet, dass es für den Betrachter die Auswirkungen von LSD-Einfluss widerspiegelt.

Der Waldweg und die Bäume schlagen Wellen und bekommen Beulen.

Die Windgeräusche treten plötzlich laut hervor, dann wieder wirken sie gedämpft.

Für einen kurzen Moment zischt uns der Dschungel von Dégringolade durch den Kopf.

Unsere Vision beginnt.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #82 am: 25.01.2021 | 01:01 »
Etwa in dem Moment, in dem Ilin Bardanes das Haus Porfirio Empyreus´ verlässt, beendet der Anführer ein paar hundert Meter weiter vor seiner Hütte mit seinen Gästen ein bescheidenes Frühstück. Seine Hütte teilt er derzeit mit den vier jungen Minotauren aus Khostalush, dem Orakelmann Mujeeb Gashkari und dessen Assistenten, dem zweiten Advokaten. Für den Anführer wird es Zeit, sich um seinen Lebensunterhalt zu kümmern. Er bereitet sein Boot vor und will fischen. Mujeeb Gashkari beschließt mit seinem Assistenten mit dem Boot des Anführers den Fluss zu überqueren. Der zweite Advokat sagt: „Wir haben Bienen, deren Nest nicht mehr im Gestank der Urwigcas hängt. Das wird Mujeebs Interpretationen sicherlich nützlich sein. Wir versuchen es gleich mit ein paar Deutungen direkt vor dem Theater Saemauug Empyreus´!“

„Und wir?“, fragt einer der Holzsammler aus Khostalush. „Können wir nicht zum Fischen mitkommen?“ „Nein“, sagt der Anführer. „Das mache ich lieber allein. Außerdem muss ich mein Boot nicht ohne Not mit so vielen Insassen belasten. Müsst ihr nicht ohnehin langsam nach Hause zurückkehren?“ „Ach“, meint ein anderer Holzsammler. „ein bisschen Zeit haben wir noch! Wir werden versuchen, uns während deiner Abwesenheit nützlich zu machen, Flussgeweihter!“ Der Anführer nickt ihnen freundlich zu und besteigt sein Boot.
« Letzte Änderung: 25.01.2021 | 01:21 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #83 am: 25.01.2021 | 01:01 »
Vor dem Theater des Samauug Empyreus stehen ein paar Menschen. Zwei Tänzerinnen sprechen mit einer Freundin und eine Angestellte verkauft einer Handvoll Leuten Eintrittskarten. Der zweite Advokat baut sich auf der Straße vor dem Eingang auf und preist mit lauter Stimme die Fähigkeiten Mujeebs an: „Hört her, liebe Leute! Wir haben keine Mühen gescheut und bieten euch heute wieder einen Blick in die Zukunft an! Wir verwenden inzwischen zur Einstimmung Bienen aus ausgesuchten Orten, durch die noch präzisere und vielsagendere Vorhersagen als bisher möglich sind! Tretet näher, liebe Leute, und vertraut euer Schicksal dem weisen und erfahrenen Mujeeb Gashkari an!“ Drei Leute lockt der zweite Advokat auf diese Weise an, ein Dienstmädchen streckt ihm eine Hand mit zwei Samenkörnern entgegen. Der zweite Advokat verkündet: „Die Fähigkeiten Mujeebs sind inzwischen so verfeinert, dass wir den doppelten Betrag verlangen. Ausnahmsweise sollen diesmal aber zwei Samenkörner reichen!“ Mujeeb Gashkari murmelt: „Warum nimmst du den Mund so voll? Ich habe keine Ahnung, ob der neue Wohnort der Bienen unser Problem behoben hat.“ Mujeeb und das Dienstmädchen fischen je eine Biene aus dem Behälter der zweiten Advokaten, ertränken sie in Zuckerwasser und zerkauen sie. Dann zieht das Mädchen ein paar Orakelplättchen, Mujeeb betrachtet sie lange und sagt dann apathisch: „Durch das Streben nach Reinheit erlangen wir Kraft.“ Die Umstehenden fangen an sich lustig zu machen: „Reinheit, immer wieder Reinheit! Dem fällt auch nichts Neues mehr ein!“ „Der Satz scheint der einzige zu sein, an den er sich in seinem Rausch noch erinnert!“ Eine Frau fängt an zu lachen. „Lass uns verschwinden“, sagt Mujeeb. Der zweite Advokat packt seine Sachen zusammen und eilt mit dem Orakelmann davon. Ein paar hundert Meter weiter beschließen die beiden, sich von den zwei Samenkörnern an einer Garküche ein paar frittierte Shrimps zu kaufen. Mujeeb kaut lustlos. Er ist verzweifelt: „Der Schlund des Schicksals spricht nicht mehr zu mir! Was soll ich tun?“ Der zweite Advokat braucht eine Weile, um ihn wieder aufzubauen. Schließlich schlägt Mujeeb vor Pilze zu sammeln: „Wir nehmen sie mit zum Fischer und verkaufen sie dann zusammen mit seinen Fischen auf der Straße vor seiner Hütte.“ Sein Assistent ist einverstanden.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #84 am: 25.01.2021 | 01:02 »
Lokapriya, der Philosoph, sitzt im Wächterhäuschen neben dem Quell des Vertrauens. Der hier ursprünglich arbeitende Minotaur wurde von unfreundlichen Menschen mit Stierzecken beschossen, die ihm der Heiler Mousheg daraufhin wenig zimperlich wieder aus dem Arm schnitt. Der Verletzte ist derzeit im Gebäude des Mannes, der Minotauren wie ihn für verschiedene Arbeiten vermietet, und erholt sich eine Weile lang auf seinem dort befindlichen Lager. Bis es ihm besser geht, will Lokapriya auf den Quell des Vertrauens aufpassen.

Am Vormittag hört er plötzlich flinke Schritte, die Tür geht auf und im Durchgang steht Halifa, die Dame aus der Seide, für die Lokapriya schon einige Gänge zum Turm der Helden unternommen hat. Halifa ist außer Atem und stößt hervor, der Minotaur möge fliehen. Lokapriya will wissen, warum sie hier ist. Halifa erzählt ihm, eine Rauchschlange aus einem ihrer Räucherstäbchen habe ihr erzählt, dass der Philosoph sich am Quell des Vertrauens befinde und in großer Gefahr sei. Sie sei sofort hierher aufgebrochen und habe bemerkt, dass sich in der Tat üble Bösewichtgesichter um die benachbarten Gebäude herumdrücken und das Wachhäuschen mit finsteren Blicken bedenken. Halifa fordert Lokapriya auf zu fliehen, sie wolle mit ihren weiblichen Reizen versuchen, die Finsterlinge abzulenken. Der Minotaur will davon nichts wissen. Er behauptet, wenn es hier gefährlich sei, dann müsse Halifa sofort den Ort verlassen, er habe hier die Aufgabe eines Wächters übernommen. Ein paarmal wiederholt Halifa ihre Aufforderung, Lokapriya bleibt aber unerschütterlich. Schließlich verlässt Halifa die Wachstube, leider aber zu spät. Aus den Schatten der Nachbarhäuser nähern sich ihr fünf finstere Gesellen, die sich ihr mit lüsternen Blicken nähern. Einer von ihnen sagt: „Schaut her, das muss das Flittchen sein, das sich mit Minotauren einlässt!“ Dieses Geschehen kann Lokapriya nicht teilnahmslos mit ansehen. Er tritt vor die Tür, deutet auf den Quell des Vertrauens und versucht es mit einer List: „Meine Herren! Wollt ihr nicht ein erfrischendes Bad nehmen? Das Becken steht zu eurer Verfügung!“ Aber den Männern steht der Sinn nach etwas anderem. Sie ziehen ihre Messer und springen auf Lokapriya zu. Ein Kampf entbrennt, der eine Weile hin und her wogt. Zeitweise hängen drei oder vier der Angreifer an den Armen des Minotauren, der sie nur mühsam wieder abschütteln kann. Halifa schreit, in den Augen der Männer flammt die pure Mordlust auf. Immer wieder rennen sie gegen Lokapriya an, doch dann geschieht etwas Unvorhergesehenes. Der Himmel verdunkelt sich, dicke Tropfen fallen und schon kurze Zeit später geht ein derart heftiger Wolkenbruch über Dégringolade nieder, dass an eine Fortsetzung des Kampfes nicht zu denken ist. Die Männer ziehen sich zurück, Lokapriya zieht Halifa zu sich in das Wächterhaus. Halifa meint: „Eine glückliche Fügung! Für den Nachmittagsmonsun ist es viel zu früh. Wir haben Zeit gewonnen!“ „Ich weiß nicht“, sagt Lokapriya. „Ich nehme an, unsere Gegner kehren wieder zurück.“
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #85 am: 25.01.2021 | 01:03 »
Am selben Vormittag steht Saibhang, der erste Advokat, vor der Seide. Er hat beschlossen zurückzukehren und nach Möglichkeit seine Arbeit in dem Etablissement fortsetzen. Zwar befürchtet er, aufgrund seines gewalttätigen Angriffs auf Chaman-Gul, den Koch, in Schwierigkeiten zu geraten, alle seine Erkundigungen über die gegenwärtige Lage in der Seide geben aber eher Grund zur Hoffnung.

Auf sein Klopfen am Eingang meldet sich niemand. Vorsichtig öffnet Saibhang die Tür und stellt fest, dass der Empfang unbesetzt ist. Dann hört er Geräusche aus dem Inneren des Gebäudes. Er blickt durch den vor ihm liegenden Gang und sieht in einiger Entfernung in den Innenhof, wo sich offensichtlich einige Personen versammelt haben. Irgendjemand scheint dort laut zu schimpfen. Saibhang geht zögerlich ein paar Schritte auf die Versammlung zu, dann aber erkennt er seine Chance: größtmögliche Öffentlichkeit! Er baut sich auf, streckt seine behaarte Brust heraus und betritt selbstbewusst den Innenhof.

Ein paar der Anwesenden drehen sich zu ihm um. Ein Minotaur sagt: „Seht her! Der Retter der Flussdelphine!“ Die meisten aber richten ihre Aufmerksamkeit auf den Besitzer der Seide, Haigaram Ooryphas, der gerade dabei ist, einen seiner Angestellten zur Schnecke zu machen: „Ich will dir eins sagen, du Rindvieh! Ich dulde hier keine Heimlichkeiten! Du nimmst jetzt dein Bündel und gehst, sonst lasse ich dich in Kürze zu Futter für die Nachtfische verarbeiten! Damit es alle mitbekommen, sage ich es noch einmal laut und deutlich: Das hier ist ein Bordell, kein Kindergarten. Was glaubst du, was die Kunden sagen, wenn sie gerade eben Frau und Kindern entkommen sind, hier ein wenig entspannen wollen und sich dann deinen blökenden Ochsenspross anhören müssen! Verschwinde!“ Der gescholtene Minotaur hat sein Kind im Arm, das nun heiser zu weinen beginnt. Während er es zu beruhigen versucht, beginnt Ooryphas mit seinen Händen zu wringen. Er bekommt ein schiefes Grinsen und scheint der Meinung zu sein, dass er genug gebrüllt hat. Schließlich sagt er etwas leiser: „Wenn du das Kind losgeworden bist, kannst du von mir aus wiederkommen. Ich denke, wir haben dann auch wieder Arbeit für dich.“ Einen Moment ihn schaut der Minotaur an, dann aber strafft er sich, bekommt einen stolzen Gesichtsausdruck und geht erhobenen Hauptes davon.

Ooryphas dreht sich um und will gerade seine Angestellten wieder an die Arbeit schicken, da sieht er Saibhang. Er sagt: „Oh, du hier! Was für eine Überraschung!“ Ooryphas schaut sich um und sieht einige erwartungsvoll dreinschauende Minotauren. Dann schluckt er kurz und sagt: „Du hast Courage gezeigt, Rind! Das gefällt mir. Jetzt bist du wieder da. Solche tatkräftigen Angestellten kann ich hier gut brauchen. Leider musste ich vor kurzem den Bordellier entlassen, Ashtavede, weißt du… Ich denke, du wärst das richtige Rindvieh, das seine Nachfolge antreten könnte. Du berätst die Kunden hinsichtlich ihrer Wünsche, sorgst dafür, dass sie zahlen, hältst mit den Mädchen Rücksprache, ob und inwieweit sich die Kunden akzeptabel benommen haben und führst die Wachen an. Einverstanden?“ Saibhang ist erstaunt und zögert kurz, dann aber nickt er und sagt: „Einverstanden.“

Wenig später löst sich die Versammlung im Innenhof auf. Saibhang aber wendet sich noch einmal an Haigaram Ooryphas und fragt: „Herr, ich wüsste gern, warum ihr Ashtavede entlassen musstet. Verratet ihr es mir?“ Ooryphas schnaubt kurz und sagt: „Er hat geheime Minotaurenversammlungen organisiert. Das ist nicht zu entschuldigen. Geh jetzt an die Arbeit!“ „Ja, Herr“, sagt Saibhang. Auf dem Weg zum Empfangsbereich denkt er an den entlassenen Vater und an Ashtavedes Chorproben und fühlt sich, als habe sich in seinem Blättermagen ein schwerer Stein gebildet.

Ein überraschender Wolkenbruch setzt den Innenhof der Seide unter Wasser.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #86 am: 25.01.2021 | 01:04 »
Der Tag verstreicht. Der Anführer hat den Wolkenbruch am Vormittag und später auch den Nachmittagsmonsun auf dem anderen Flussufer abgewartet. Am späten Nachmittag kommt er etwas unzufrieden zu seiner Hütte zurück. Was er dort sieht bessert seine Laune aber wieder etwas auf: Einer der Holzsammler hat seine Hütte aufgeräumt und gekocht, ein zweiter übt sich in verschiedenen Knoten. Der Anführer schaut ihm zu und stellt fest, dass es da noch einiges zu Lernen gibt. Der gute Wille scheint aber vorhanden zu sein. Der Sänger steht an der Gartenmauer zum Anwesen von Porfirio Empyreus und spielt dort mit Mabasser und Anil, dem vierten und fünften Sohn des Hauses. Weithin tönt ihr helles Kinderlachen. Die Jungen sind von dem Rind mit der angenehmen Stimme offenbar sehr angetan. Schon bald darauf erscheinen auch Mujeeb und der zweite Advokat, der dem Anführer ein paar Samenkörner aushändigt. „Wir haben uns ein paar deiner Fische genommen und an der Straße mit ein paar Pilzen verkauft. Hier ist dein Anteil!“ Der Anführer nickt zufrieden und beginnt zu essen. Da kommt der letzte Holzsammler auf ihn zu und sagt: „Es war ein Mann hier, der dich sprechen wollte, verehrter Flussgesegneter! Er sagte, er sei von der Seide. Dort sind wohl alle Nachtfische verendet. Drei volle Becken gilt es wieder aufzufüllen. Nun…“, und der Holzsammler blickt etwas unsicher zu Boden, „ich habe natürlich gesagt, für einen Minotauren wie euch sei das kein Problem. Der Mann erwartet morgen eine entsprechende Lieferung!“ Der Anführer seufzt leise. Er wird noch einmal ausfahren müssen… und drei Becken Nachtfische lassen sich in einer Nacht kaum fangen. Hastig schlingt er sein Essen in sich hinein, schiebt sein Boot in den Vadhm und rudert leise schimpfend in die Dämmerung.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #87 am: 25.01.2021 | 01:04 »
In der Wächterhütte neben dem Quell des Vertrauens legt Lokapriya, der Philosoph, seine Stirn in Falten. Er kann Halifa schlecht nach Hause schicken, solange irgendwo vor der Tür noch diese finsteren Angreifer lauern. Halifa wartet eine Weile, wird dann aber zunehmend ungeduldiger: „Worauf warten wir hier? Auf die Stadtwache, die einer Prostituierten und einem Minotauren hilft?“ Schließlich klart der Himmel auf, der Regen endet und Halifa fasst einen Entschluss. Sie greift in ihre Tasche und zieht ein gelbes Räucherstäbchen hervor. „Es ist Loban“, verrät sie Lokapriya. „Ich will sehen, ob ich nicht etwas tun kann.“ Kurz darauf steigt ein würziger Geruch von dem Stäbchen auf. Der Rauch breitet sich aus und verdichtet sich zu stämmigen, muskulösen Armen, die eine Weile in der Wachstube hin und her tasten. Schließlich ergreifen sie Halifa und Lokapriya, der erstaunt feststellt, dass sich die Berührung wie eine Liebkosung anfühlt. „Was tut der Rauch?“, fragt er Halifa. „Er mag uns. Ist dir das unangenehm?“, fragt diese. „Nein, nein“, sagt Lokapriya und fixiert peinlich berührt irgendeine dunkle Ecke im Zimmer. Dann aber sind erneut Schritte vor dem Wächterhäuschen zu hören. Die fünf Schlägertypen nutzen die erste Gelegenheit nach dem Regen und sinnen erneut nach Gewalt. Der erste von ihnen macht die Tür auf, winkt seinen Kumpanen und tritt ein. „Na“, sagt er. „Störe wir euer Stelldichein?“ Schon zieht er sein Messer und bewegt sich auf den Minotauren zu. Da lösen sich die Arme aus Qualm von Lokapriya und Halifa und wenden sich dem Angreifer zu. Sie legen sich um seinen Hals, worauf der Mann zu husten beginnt. Hinter ihm tauchen seine Freunde auf, die ihn entsetzt anschauen und schließlich schreiend davonlaufen. Schon bald ist der Minotaur mit Halifa allein, der Rauch ist verflogen, auch der letzte Angreifer ist verschwunden.

„Danke“, sagt Lokapriya und Halifa nickt zufrieden. „Ich denke du kannst dich auf den Heimweg machen. Diese miesen Kerle dürften für heute genug haben.“ Halifa verabschiedet sich tatsächlich und geht, kehrt aber kurz darauf noch einmal zurück und wirft Lokapriya ein durchnässtes Bündel zu: „Hier, Wächter! Unsere Gegner haben etwas verloren! Nimm es an dich!“ Lokapriya legt das Bündel in ein Regal. Einen Moment wartet Halifa noch und sagt: „Bist du nicht neugierig?“ Der Philosoph schaut das Bündel eine Weile an, zuckt mit den Schultern und schüttelt mit dem Kopf. Halifa seufzt, wünscht ihm alles Gute und geht.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #88 am: 25.01.2021 | 01:05 »
In der Dämmerung beobachtet Saibhang, der erste Advokat, auf einem Rundgang, wie ein Minotaur im kleinen Innenhof des Dienstbotengebäudes von der Seide feuchtes Stroh übereinanderschichtet. Gespannt schaut er ihm zu, sagt aber nichts. Dann setzt er seinen Gang fort. Wenig später steigt schwarzer Rauch auf. Saibhang bemerkt, wie sich in der Seide einiges verändert. Die Dachwache ist plötzlich eine andere, die Werkstatt ist verlassen. Als er zum Eingang zurückkehrt, steht die Tür einen Spalt weit auf. Schließlich erscheint genau der Minotaur, der eben noch das Stroh übereinandergeschichtet hat. Saibhang spricht ihn an: „Verlässt du deinen Posten, Bruder?“ Etwas zögerlich antwortet der Minotaur: „Ja, Saibhang. Ich bin verabredet.“ Saibhang fragt ihn, ob er Ersatz für seine Arbeit organisiert habe. Als der Minotaur dies bejaht, sagt Saibhang: „Also gut. Führe mich hin. Ich bin auch eingeladen.“ Der Minotaur nickt, zieht mit Saibhang am Fluss entlang und flüstert ihm zu: „Ich spüre, dass es heute eine außergewöhnliche Chorprobe wird. Merkst du, wie süß die Nachtluft ist?“ Saibhang nickt.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #89 am: 25.01.2021 | 01:06 »
Der Anführer ist gerade dabei, aus dem zweiten eingeholten Netz die gefangenen Nachtfische auszusortieren, da sieht auch er, wie vom Dienstbotenhaus der Seide schwarzer Rauch aufsteigt. „Ausgerechnet jetzt!“, denkt er und überlegt eine Weile. Er schaut sich seinen Fang an und murmelt: „Eineinhalb Becken etwa… das muss genügen.“ Dann rudert er schnell zu seiner Hütte zurück, gibt die Nachtfische in ein Wasserbecken und befiehlt den Holzsammlern auf sie aufzupassen. Schließlich spricht er mit dem zweiten Advokaten: „Schwarzer Rauch über der Seide! Weißt du, was das bedeutet?“ Der zweite Advokat schüttelt mit dem Kopf. „Irgendwo dort drüben findet heute Nacht eine Chorprobe statt. Ich bin eingeladen und werde wohl hingehen.“ Der zweite Advokat schaut ihn erstaunt an und sagt: „Eine Chorprobe? Ashtavede hat mich vor einiger Zeit zu einer Chorprobe eingeladen. Er sagte, ich könne teilnehmen, wenn ich mich dann immer noch für den Freiden einsetzen wolle.“ „Und? Willst du?“, fragt der Anführer. „Warum nicht?“, antwortet der zweite Advokat. „Nimm mich mit!“ Die beiden Minotauren fragen Mujeeb, ob er mitkommen will, der aber lehnt ab: „Eine Menge singender Minotauren? Seid so gut und gönnt mir ein paar Stunden Schlaf!“ Als der Anführer mit dem zweiten Advokaten das Boot in den Fluss schiebt, taucht aber plötzlich der Minotaur mit der schönen Stimme neben ihnen auf und sagt: „Ihr geht singen? Ist das euer Ernst? Nehmt mich mit, ich bitte euch!“ Der Anführer schaut dem zweiten Advokaten in die Augen und kurz darauf nicken sich die beiden zu. Der Anführer sagt: „Komm mit Sänger! Es kann gut sein, dass es das Schicksal war, das dich gerade heute zu mir geführt hat.“

Als die drei Minotauren am anderen Flussufer angekommen sind und das Boot festgemacht haben, sehen sie auf der Straße am Fluss entlang zwei Minotauren gehen. Einer von ihnen ist Saibhang, der erste Advokat. Die Begrüßung ist herzlich. Die fünf Minotauren schleichen durch die Dämmerung und erreichen schließlich ein paar hundert Schritt vom Fluss entfernt eine Kautschukplantage, auf der sich eine kleine Hütte befindet. „Wir sind da!“, flüstert die Minotaurenwache aus der Seide zu ihren Begleitern.

In dem Moment zieht ein anderer Minotaur an der Gruppe vorbei. Saibhang erkennt in ihm den Wächter aus der Seide, den Haigaram Ooryohas am Vormittag entlassen hat. Er sagt: „Sei gegrüßt, Bruder! Es tut mir leid für dich und dein Kind, was heute in der Seide geschehen ist. Ich wünschte, du würdest dir Ooryphas Worte zu Herzen nehmen. Suche einen Ort, an dem du dein Kind unterbringen kannst, und dann komm zurück!“ Der Minotaur antwortet: „Als Ooryphas das heute gesagt hat, dachte ich, er verlangt von mir, meinen Sohn zu verleugnen. Das werde ich nie tun. Du scheinst das anders aufgefasst zu haben.“ Saibhang nickt: „Ja. Er gibt dir eine Chance. Du brauchst nur ein Kindermädchen. Ich weiß von einer Gaststätte namens „Zum friedlichen Mungo“. Sie haben dort nichts gegen Minotauren. Vielleicht machen sie dir annehmbares Angebot?“ „Danke“, sagt der entlassene Wächter. „Ich wird´s versuchen! Jetzt kommt aber, die Probe beginnt!“
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #90 am: 25.01.2021 | 01:06 »
Lokapriya, der Philosoph sitzt noch immer in der dunklen Wächterstube neben dem Quell des Vertrauens. Nur ein schwaches Feuer erhellt den Raum und erneut sind Schritte vor der Tür zu hören. „Ein einzelner Besucher“, denkt Lokapriya und wartet gespannt. Schließlich öffnet sich die Tür und der verletzte Minotaur, den Lokapriya als Wache vertreten hat, steht mit einem verbundenen Arm im Eingang. „Sei gegrüßt! Wie geht es dir?“, fragt Lokapriya. Der Minotaur erklärt, dass er noch etwas schwach ist, aber immerhin wieder allein gehen kann. Er will noch eine Nacht hier schlafen und hofft, am nächsten Tag wieder die Wache übernehmen zu können. Etwas müde schaut er sich im Raum um, stellt fest, dass alles in Ordnung ist, dann fällt sein Blick auf das Bündel, das Lokapriya in das Regal gelegt hat. „Was ist das?“, will er wissen, worauf ihm Lokapriya von den Geschehnissen des Tages berichtet. „Es tut mir leid, dass du in diese Sache hineingeraten bist!“, sagt der Verletzte. „Hast du dir das Bündel angesehen?“ Als Lokapriya mit dem Kopf schüttelt, wickelt der verletzte Minotaur den Stoff auf und sagt: „Vielleicht gibt das Bündel einen Hinweis auf weitere drohende Gefahren. Wir müssen auf der Hut sein!“ Zum Vorschein kommt etwas Proviant, ein zusammengefaltetes Stück Papyrus und eine Büchse mit Luftlöchern, ähnlich derjenigen, in der der Assistent von Mujeeb Gashkari seine Bienen aufbewahrt. Der Minotaur faltet das Papyrus auseinander und liest mühsam: „Der Minotauren-Wächter am Quell des Vertrauens hat sich mit einer Frau eingelassen. Zeigt´s ihm! G. Azam“ Lokapriya seufzt und sagt: „Es sieht so aus, als sei ich verwechselt worden!“ Der andere Minotaur nickt und sagt: „Wahrscheinlich geht die Sache auf dieselben Halsabschneider zurück, die auch Gouliza belästigt haben!“ Dann wirft er einen kurzen, vorsichtigen Blick in die Büchse und verschließt sie schnell wieder. „Stierzecken!“, stößt er hasserfüllt hervor. „Ich werfe die Büchse ins Feuer!“ „Lass das“, sagt Lokapriya. „Die Viecher können nichts dafür, dass ihnen unser Blut schmeckt!“ Verblüfft schaut ihn sein Gesprächspartner an und sagt: „Was bist du für ein Rindvieh? Die Viecher hätten mir beinahe den Arm abgefressen!“ Lokapriya sagt: „Wir lassen sie morgen frei.“ Der andere Minotaur zuckt mit den Achseln. Dann fragt er: „Wir? Wo willst du hin mit mir?“ Daraufhin antwortet Lokapriya: „Irgendjemand hat es auf dich abgesehen und weiß, dass du hier arbeitest. Du kannst hier nicht bleiben. Geh zu deinem Arbeitgeber und sage ihm, dass die Wache am Quell des Vertrauens eine Arbeit ist, die Menschen machen sollten. Dann verschwindest du. Ich bringe dich zum „friedlichen Mungo“, einer Gaststätte, in der Minotauren passabel behandelt werden. Dort befindet sich auch Gouliza, dein Schätzchen.“ Lokapriyas Gesprächspartner überlegt eine Weile. Er weiß, dass der Philosoph Recht hat, hat aber auch Angst davor, völlig mittellos dazustehen. Der Gedanke an seine Geliebte bringt aber schließlich die Entscheidung. Er sagt: „Es fällt mir nicht leicht, meine Arbeit zu verlassen. Vielleicht gerät mein Arbeitgeber auch in Zorn über meine mangelnde Loyalität! Ich denke aber, ich werde dir folgen… ich habe dir viel zu verdanken, Lokapriya!“ Dann legen sich die beiden Minotauren im Wächterhäuschen schlafen.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #91 am: 25.01.2021 | 01:08 »
Saibhang, der erste Advokat, folgt mit dem Anführer, dem zweiten Advokaten und dem Sänger der Wache aus der Seide durch die Kautschukplantage und betritt schließlich die Hütte an deren Rand. Die Luft ist drückend, der Raum ist voller Minotauren. Am anderen Ende der Hütte steht Ashtavede, die Anwesenden halten ehrfürchtig etwa eineinhalb Meter Abstand zu ihm. Noch immer betreten ein paar Nachzügler den Raum, am Ende sind dreißig oder vierzig Minotauren beisammen. Dann hält Ashtavede eine Ansprache:

„Brüder! Ich begrüße euch zu einer Chorprobe. Wie ihr seht, ist unsere Gruppe etwas gewachsen. Das ist gut so, denn große Ereignisse stehen uns bevor! Lasst mich deshalb ein paar Worte verlieren, auf dass auch unsere neuen Mitglieder wissen, worum es hier geht. Unser Chor trifft sich schon eine geraume Zeit. Wir studieren Gesänge ein, die die Missstände in Dégringolade anprangern, ziehen dann nachts singend durch die Straßen und hoffen darauf, dass unsere Worte offene Ohren finden. Seit einiger Zeit aber treibt uns ein besonderes Anliegen um. Es ist der Immerkrieg, der im Dschungel tobt, und in dem wir Minotauren oft in der ersten Schlachtreihe als Bauernopfer eingesetzt und verheizt werden. Wir suchen nach einem Weg, wie wir Minotauren diesem grausamen Schicksal entgehen können. Immerhin haben viele von uns bereits den Ruf des Dschungels gehört und manche von denen, die zurückgekehrt sind, waren nicht nur gelassener, sondern auch wissender. So erfuhren wir von den drei Stimmen, mächtigen Wesenheiten im Dschungel, die unsere Existenz mit Interesse betrachten. Unsere Hoffnung ist es, sie zum Eingreifen zu veranlassen. Wir wünschen uns, dass die Stimmen den Tod der Minotauren in etlichen sinnlosen Schlachten verhindern. Mit unserem ersten Versuch wandten wir uns vor nicht ganz zwei Jahren an die „Stille Stimme“. Wir versammelten uns schweigend im ewigen Fluss und jeder von uns verzehrte ein kleines Gebäckstück. In eines dieser Gebäckstücke war ein Kern der gefleckten Zitrone hinein gebacken. Schweigend sollte er einem von uns das Bewusstsein nehmen. Schweigend sollte der Ohnmächtige sanft ins Wasser gleiten und vom Vadhm ins Jenseits getragen werden. Schweigend wollten wir der Stillen Stimme einen von uns zum Geschenk machen, auf dass sie sich unser erbarmt und sich unserem Schicksal annimmt. Diejenigen, die damals dabei waren, wissen sicherlich noch, wie schrecklich unser Plan gescheitert ist. Die Menschen der Stadt erfuhren von unserem Vorhaben, glaubten, wir bereiteten einen Aufstand vor, überraschten uns in den Fluten und schlugen unsere Versammlung blutig nieder. Viele unserer Brüder hörten in dieser Nacht den Ruf des Dschungels und richteten auf ihrem Weg in den Wald noch weitere Verwüstungen an. Es war ein schwarzer Tag für unsere Gesellschaft, aber wir haben unsere Lektion gelernt und geduldig auf die nächste Gelegenheit gewartet. In drei Nächten wird es wieder soweit sein. Wir werden erneut schweigend im Fluss stehen und unser Gebäck verzehren. Was gibt mir die Zuversicht, dass sich die Tragödie nicht wiederholt, werdet ihr wissen wollen! Das hat mit einem neuen Gesang zu tun, den wir heute einstudieren werden. Lasst uns zunächst mit der Probe beginnen.“

Etwa drei Dutzend Minotauren lernen daraufhin Ashtavedes neue Komposition. Der Text ist lang. Die Stierköpfe rauchen. Am Ende aber erklingt das Lied passabel intoniert und auch für Außenstehende verständlich:

Überall ist es still,
die Nacht ist voller Auren
komme herbei, bald sind wir frei,
tu was die Stimme will.

Im Wasser steht kein Tier,
im Fluss steh´n Minotauren.
Mancher agiert heimlich maskiert,
denn auch der Mensch ist hier.

Vom süßen Himmelsbrot
Hat eines gift´ge Körner,
nehmen ein Stück, hoffen auf´s Glück,
einer ist bald schon tot.

Als Freunde essen wir
Mit oder ohne Hörner
Immerkrieg stirbt, der Hass verdirbt!
Bald schon ist Frieden hier!

Was hier im Fluss geschieht
heißen wir Rinderopfer.
Gegen das Leid, opferbereit,
endet auch dieses Lied.

Doch auch der Mensch nimmt teil,
ist nicht nur Sprücheklopfer,
will keinen Sieg, will keinen Krieg,
hofft mit uns auf das Heil.

Bist du ein grobes Rind
oder Mensch in Verkleidung
schweige im Strom, sei autonom!
Der Tod ist mild und lind.

Ob gesund oder krank:
Triff mit uns die Entscheidung!
Noch ist´s nicht hell, erwirb dir schnell
schweigender Stimme Dank!


Während der Chorprobe drehen sich die Minotauren wiederholt zu dem jungen Minotauren um, der Saibhang, dem Anführer und dem zweiten Advokaten gefolgt ist und werfen ihm bewundernde Blicke zu. Die wohlklingende Stimme des Sängers beflügelt die Gemeinschaft und verbreitet die Ansicht, mit diesem Klang könne das Vorhaben nur zum Erfolg führen!

Auch Ashtavede nickt dem jungen Bruder wohlwollend zu. Dann sagt er: „Habt ihr verstanden, was wir singen, Rinder? Natürlich werden keine Menschen beim Rinderopfer dabei sein! Unser Lied erweckt aber den Eindruck, dass sich als Minotauren verkleidete Menschen unter uns befinden. Wenn die Menschen daran glauben, werden sie unsere Versammlung kaum ein zweites Mal blutig niederschlagen! Dann können wir unser Opfer zu Ende bringen! Dann wird sich vielleicht die Stille Stimme unser erbarmen! Bis es aber soweit ist, liegt noch etwas Arbeit vor uns. Wir müssen unser Lied nämlich bekannt machen! Ich habe mir ein paar Örtlichkeiten überlegt, an dem wir mit unserem Gesang viele Menschen erreichen können, und hoffe nun auf Freiwillige, die sich in Gruppen zu drei oder vier Sängern bereiterklären, mitzumachen. Wenn es eure Situation also zulässt, dann stellt euch in einer Reihe an, ich nenne euch dann eure Einsatzorte.“

Während der Worte Ashtavedes ist Saibhang immer unruhiger geworden. Er erinnert sich an sein Erlebnis im Dschungel, als eine geisterhafte Kreatur vom zweiten Advokaten Besitz ergriffen hatte und merkwürdige Dinge von sich gab, die im Licht von Ashtavedes Ansprache plötzlich Sinn ergeben, vielleicht aber auch auf neue Gefahren hindeuten könnten. Saibhang sagt zu seinen Begleitern: „Ich stelle mich an. Zwar bin ich gerade eben zum Bordellier ernannt worden und werde mir nicht noch einen Abend freinehmen können, aber ich muss mit Ashtavede reden! Am besten noch heute Nacht!“ Auch der Anführer fühlt sich in seiner gegenwärtigen Lage zu beansprucht um nachts singend durch die Straßen zu ziehen. Der junge Minotaur an seiner Seite fragt ihn aber: „Flussgesegneter! Meinst du, ich kann mich melden?“ Der Anführer lächelt daraufhin und klopft ihm auf die Schulter: „Wer, wenn nicht du, Sänger?“ Nach kurzem Überlegen entscheidet sich auch der zweite Advokat dafür, sich zum Singen zu melden. Als sie in der Schlange bis zu Ashtavede vorgerückt sind, werden sie mit zwei weiteren Minotauren für die kommende Nacht für einen Einsatz vor dem Theater des Saemauug Empyreus eingeteilt. Dann steht Saibhang vor Ashtavede und sagt: „Ashtavede! Ich bin zu beschäftigt und kann mich nicht zum Singen melden. Ich habe aber ein paar wichtige Informationen. Du musst mich anhören!“ Ashtavede nickt ihm zu und sagt den Gefährten, sie sollen vor der Hütte auf ihn warten. Wenn sich die Versammlung zerstreut hat, habe er Zeit für sie. Saibhang dankt ihm, geht nach draußen und setzt sich mit dem Sänger, dem Anführer und dem zweiten Advokaten unter einen Kautschukbaum. Er denkt darüber nach, dass er in den kommenden zwei Nächten im Auftrag Haygaram Ooryphas die Damen der Seide an lüsterne Männer vermitteln wird, während seine Brüder in den Straßen singen und glaubt, dass sich in seinem Blättermagen ein schwerer Stein gebildet hat.
« Letzte Änderung: 15.02.2021 | 17:48 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #92 am: 25.01.2021 | 01:09 »
Etwas später in der Nacht stößt Ashtavede zu ihnen. Er hat vier Bescher und eine Flasche mahuwa-Schnaps dabei. Schon nach dem ersten Becher sind die Zungen der Anwesenden gelockert. Ashtavede sagt: „Saibhang! Ist es wahr, dass du meinen Posten in der Seide übernommen hast?“ Einen kurzen Moment zögert Saibhang, dann aber sieht er Ashtavedes wohlwollendes Lächeln, trinkt einen weiteren Becher Schnaps und ergreift das Wort: „Ja, Ashtavede, Ooryphas hat mich zum neuen Bordellier gemacht. Ich kann nur hoffen, dass ich bei meiner Arbeit im Vergleich zu meinem Vorgänger nicht ganz so erbärmlich dastehe. Sprechen will ich mit dir aber über unseren letzten Gang durch den Dschungel.“ Ashtavede nickt ihm aufmunternd zu. Saibhang trinkt einen zweiten Becher muhawu-Schnaps und fährt fort: „Ich war mit diesem Bruder unterwegs“, worauf er auf den zweiten Advokaten deutet. „Als wir einen Fluss erreichten, herrschte eine merkwürdige Ruhe. Nach einer Weile begann unser Bruder dann zu sprechen – aber nicht mit eigener Stimme. Er erinnert sich auch an nichts. Es war, als habe ein Geisterwesen von ihm Besitz ergriffen.“ „Die stille Stimme!“, murmelt Ashtavede. „Vielleicht“, antwortet Saibhang und trinkt einen Becher Schnaps. „Diese Stimme erzählte, dass sie von der Idee des Rinderopfers erfreut sei. Sie sagte aber auch, dass es beim nächsten Mal doch nicht unbedingt einen Minotauren treffen müsse. Schließlich schlug sie vor, einen Empyreus zu nehmen! Nun sag mir, Ashtavede: Ein Empyreus wird sich kaum freiwillig opfern lassen! Und selbst, wenn da einer mit uns im Fluss steht, müssten wir dem Zufall auf die Sprünge helfen, nicht wahr? Das hat doch nichts mehr mit deinem Rinderopfer zu tun! Das wäre doch Mord… und in gewisser Weise das schlimmste Vergehen gegen die Regeln der Stille, das vorstellbar ist!“ Ashtavede nickt: „Ich nehme an, du hast Recht. Du zweifelst an den guten Absichten der Stillen Stimme, nicht wahr?“ „Wie sollte ich nicht?“, fragt daraufhin Saibhang, der, wie die anderen Anwesenden auch, schon eine ganze Menge Becher Schnaps getrunken hat. „Es schadet nichts, wenn die Brüder singen, aber ob unter diesen Voraussetzungen die Versammlung im Fluss eine gute Idee ist, weiß ich einfach nicht.“ Ashtavede erhebt sich wankend: „Ich danke dir für die offenen Worte, Saibhang! Hast du eine Idee, wie es weitergeht?“ Der zweite Advokat runzelt die Stirn und sagt: „Wir bräuchten den Rat eines Philosophen wie Lokapriya! Leider habe ich ihn aus den Augen verloren!“ Saibhang sagt: „Er sprach oft von dieser Gaststätte Zum friedlichen Mungo“. Ashtavede sagt: „Ich weiß, wo das ist. Treffen wir uns dort morgen?“ Zumindest der zweite Advokat erklärt sich einverstanden und verabredet sich mit Ashtavede für den morgigen Nachmittag in besagtem Gasthaus. Dann ziehen die Minotauren nach einem herzlichen Abschied davon. Saibhang kehrt zur Seide zurück. Der Anführer aber rudert unkoordiniert ein abenteuerlich schwankendes Boot mit dem zweiten Advokaten und dem Sänger über den Fluss, in den sich letzterer lautstark entleert.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #93 am: 25.01.2021 | 01:13 »
Im selben Moment wandern vier müde Chorsänger auf dem Weg am Flussrand nach Hause. Es sind Bedienstete des reichen Gutsherren Lemniselenis Malchus, die Gerüchte und Erlebnisse des vergangenen Tages austauschen, während in einiger Entfernung auf dem Fluss die würgenden Geräusche des Sängers zu hören sind.

Der Barbier: War das nicht eine großartige Probe?

Der Bote: Oh ja, Ashtavede hat uns zu einer tollen Truppe gemacht. Wenn wir singen, versteht man jedes Wort!

Der Wirtschafter: Ich bin auch zufrieden, aber habt ihr diesen jungen Bruder aus Khostalush gehört? Was für eine Stimme!

Der Kammerdiener des Herrn: Der Jüngling war mit Saibhang und diesem aufstrebenden Fischer zusammen. Das scheint eine wilde Truppe zu sein, die für jeden Aufruhr zu haben ist!

Der Barbier: Sie haben an einer Chorprobe teilgenommen – so wie du auch!

Der Kammerdiener des Herrn: Das dürften dann aber auch alle Gemeinsamkeiten gewesen sein.

Der Bote: Heute Nachmittag in Pannashoo habe ich davon gehört, wie ein paar Menschen sich an diesem Philosophen Lokapriya vergehen wollten. Der Bruder hat sich aber zu seinem Schutz elementarer Mächte bedient! Erst hat er seine Gegner mit diesem heftigen Unwetter auf Distanz gehalten, dann hat er sie mit einem betörenden Nebel eingehüllt! Am Ende sind die Galgenvögel schreiend vor ihm weggerannt!

Der Kammerdiener des Herrn: So ein Quatsch. Warum sollten die Menschen vor Rauch wegrennen? Die sind im Regen nassgeworden und dann nach Hause gegangen, das ist alles! Weißt du, ob sie Stierzecken eingesetzt haben?

Der Bote: Ich glaube schon. Es heißt, Lokapriya habe niemanden verletzt und hinterher sogar noch die Stierzecken geschont. Er ist ein Bruder von unübertroffenem Langmut!

Der Wirtschafter: Was für eine Art! Stierzecken verschießen! Ungeheuerlich!

In der Gesprächspause sind besonders laut die Würgegeräusche des Sängers zu hören.

Der Barbier: Das sind sicher späte Kunden aus der Seide!

Der Bote: Dort haben sie heute einen Bruder gefeuert, weil der Vater geworden ist. Der Besitzer sagt, ein Bordell sei kein Ort für Kinder. Was meint ihr dazu?

Der Barbier: Wo sollen die kleinen Minotauren sonst hin? Die Mütter behalten sie ja in der Regel selten!

Der Bote: Dafür soll Saibhang jetzt als neuer Bordellier den Posten Ashtavedes übernommen haben! Der wird sich sicher dafür einsetzen, dass solche Ungerechtigkeiten zukünftig nicht mehr geschehen!

Der Kammerdiener des Herrn: Hast du schon mal darüber nachgedacht, was der Besitzer dazu sagen wird, wenn er erfährt, dass Saibhang an nächtlichen Chorproben teilnimmt? Der Bruder muss sehr aufpassen, sonst ist er den Posten schnell wieder los.

Wieder entsteht eine Gesprächspause, in der der würgende Sänger vom Fluss her zu hören ist.

Der Barbier: Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf unseren morgigen Einsatz auf dem zentralen Platz in Khostalush.

Der Bote: Ja, und auch hier in Rhomoon werden wir erfolgreich sein. Sie haben den Sänger hier mit dabei!

Der Kammerdiener des Herrn: Diesen begabten Fischer allerdings nicht. Den hätten wir auch noch brauchen können, aber er hat sich natürlich nicht gemeldet!

Der Bote: Sei doch froh, dass er überhaupt auf unserer Seite ist. Wenn wir in drei Tagen im Fluss stehen, ist es sicherlich nicht verkehrt, wenn ein Bruder dabei ist, der mit dem Wasser vertraut ist.

Der Kammerdiener des Herrn: Stattdessen ist dieser Gehilfe des Orakelmannes mit von der Partie! Wenn ihr mich fragt, den sollte man bestenfalls trommeln lassen. Er singt grauenvoll! Und dem Orakelmann bringt er auch kein Glück. Er verkündet schon seit ewigen Zeiten immer dasselbe!

Der Wirtschafter: Vielleicht ist es etwas Wichtiges?

Der Kammerdiener des Herrn: Wenn du meinst… Heute soll er seinen Satz einer Dienstmagd zugeflüstert haben! Vielleicht sollte er es mal mit Stierzecken statt mit Bienen versuchen!

Der Barbier: Iiieh! Das ist widerlich!

Der Kammerdiener des Herrn: Im Ernst. Hat mal jemand darüber nachgedacht, ob man diese Plagegeister auch für irgendetwas Sinnvolles gebrauchen kann? Vielleicht funktioniert das Orakel mit Stierzecken… mit Bienen funktioniert es jedenfalls nicht.

Ein letztes würgendes Geräusch weht vom Fluss herüber.

Der Wirtschafter: Ein seltsamer Tag heute... überall Schall und Rauch.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #94 am: 23.02.2021 | 11:01 »
9

In der Dunkelheit der Nacht
erklingt leiser Gesang,
in einem abgelegenen Hinterhof
ertönt ein Vortrag vor ausgewähltem Kreis,
auf dunkler Baumrinde
sind geschwungene Zeichen zu erkennen,
die Gedanken eines Trostsuchenden
drehen sich im Kreis.

Dieselbe Idee kann unterschiedliche Gestalt annehmen,
unterschiedliche Gestalten können dieselbe Idee vermitteln.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #95 am: 23.02.2021 | 11:02 »
Ich habe Päckchen verschickt.

Eine Mitspielerin und ein Mitspieler öffnen sie vor laufender Kamera.

Sie finden drei Glückskekse, brechen sie auf und stoßen auf kleine Zettel mit Goldrand:
Einen weißen mit Anführungszeichen, die lediglich drei Punkte umrahmen,
einen roten
und einen blauen mit einem Sonnensymbol.

Unsere Vision beginnt.
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #96 am: 23.02.2021 | 11:07 »
Als der Anführer mit dem zweiten Advokaten und dem Sänger nach der Chorprobe den Fluss überquert hat und auf seine Fischerhütte zugeht, merkt er schnell, dass etwas nicht stimmt. Aus der Hütte ertönt ein leises Ächzen. Vorsichtig geht er an den Wasserfässern vorbei, in denen seine gefangenen Nachtfische ein mildes Licht ausstrahlen, dann öffnet er die Tür. Im Inneren befindet sich lediglich der zurückgelassene Mujeeb Gashkari. Er sieht aus, als sei er in eine üble Schlägerei geraten. Die drei Holzsammler sind verschwunden. Der Anführer fragt ihn, was geschehen ist. Mujeeb erzählt, während der Anführer mit dem zweiten Advokaten und dem Sänger bei der Chorprobe gewesen ist, seien Krieger hier aufgetaucht: Fünf Menschen in Rüstung mit Speeren. Sie hätten behauptet, Sulpicio Niger schicke sie, damit sie die entlaufenen Rinder zurückbringen. Dann hätten sie die drei jungen Minotauren in Halseisen gelegt und gefesselt. Die Minotauren hätten keinerlei Gegenwehr geleistet. Dann haben die Bewaffneten wissen wollen, wo der Sänger ist. Mujeeb behauptet, nichts verraten zu haben. Dafür sei er aber schwer verprügelt worden. Irgendwann habe einer von den Kerlen gemeint, sie sollten wenigstens schon einmal die Holzsammler mitnehmen. Dann hätten sie die jungen Holzsammler weggeführt. Der Sänger stöhnt laut: „Oh je! Sulpicio Niger, unser Herr! Er droht immer damit, entlaufene Rinder für die Gladiatorenkämpfe an den Zirkus zu verkaufen!“ Der Anführer meint, dass es dann wohl am besten sei, wenn er den Sänger möglichst schnell bei seinem Herrn wieder abliefert. Der Sänger aber zögert.

„Ich bin auch weggelaufen. Mich erwartet kein besseres Schicksal als meine Brüder, Flussgesegneter!“

„Dann sollten wir uns bemühen, deinem Herrn die Gründe für eure Abwesenheit verständlich zu machen! Ich kann dir dabei helfen.“

„Gibt es keine andere Möglichkeit?“

„Ein Leben unter den Brücken, im Freien, den Elementen ausgeliefert, stets auf der Flucht vor den Häschern deines Herrn!“

„Oh, könntet ihr mir auch dabei helfen, Flussgesegneter?“

„Ist das dein Ernst?“

Der Sänger schluckt, nickt dann aber und schaut den Anführer hoffnungsvoll an. Nach einem deutlich vernehmbaren Seufzen sagt der Anführer, er werde sich dann wohl demnächst mit dem Sänger nach einem Versteck umschauen müssen. Zunächst aber werde er seinen Fang Nachtfische an die Seide verkaufen.

Der zweite Advokat verkündet, dass er am Vormittag mit Ashtavede im „friedlichen Mungo“ verabredet ist. Er fragt Mujeeb Gashkari, ob er mitkomme. Der Orakelmann hat nichts dagegen. Dann sagt er zum Anführer: „Es ist ein Haus, in dem Minotauren passabel behandelt werden. Vielleicht könnt ihr mit dem Sänger nachkommen. Mit etwas Glück weiß dort jemand von einem Versteck für ihn.“ Der Anführer sagt zu. Ihn interessiert aber auch das Gespräch, das der zweite Advokat und Ashtavede mit dem Philosophen Lokapriya dort führen wollen. Vorläufig verabschieden sich die Gefährten voneinander und gehen getrennte Wege.
« Letzte Änderung: 23.02.2021 | 12:04 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #97 am: 23.02.2021 | 11:08 »
Am Morgen stehen der Anführer und der Sänger mit eineinhalb Wasserfässern Nachtfischen vor der Seide. Der erste Advokat, Saibhang, öffnet ihnen die Tür und begrüßt sie, schaut dann aber etwas betrübt in die Fässer des Anführers: „Üppig ist dein Fang nicht gerade, Fischer!“ Der Anführer verspricht ihm, so bald wie möglich weitere Nachtfische nachzuliefern. Saibhang nickt und drückt ihm die üblichen zwei Samenkörner in die Hand. Dann sagt er: „Du bekommst drei weitere, wenn du noch einmal so viel lieferst.“ Der Anführer starrt ihn überrascht an. Das Angebot ist ungewöhnlich großzügig. Saibhang sagt: „Wir versuchen es zunächst im Guten! Beeile dich!“ Der Anführer nickt eilig. Dann sagt er: „Wir wollen zum friedlichen Mungo, wo sich der zweite Advokat und Ashtavede mit dem Philosophen Lokapriya treffen wollen. Hattest du nicht auch vor, dorthin zu gehen?“ Saibhang bejaht, meint aber, er müsse sich noch abmelden. Kurz darauf kehrt er mit einem etwas säuerlichen Gesichtsausdruck wieder zurück und meint: „Haigaram Ooryphas hat mir nur bis zum späten Nachmittag frei gegeben. Wenn die ersten Gäste hier auftauchen muss ich zurück sein. Also los, lasst uns keine Zeit verlieren!“ Die drei Minotauren machen sich auf den Weg.
« Letzte Änderung: 23.02.2021 | 12:08 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #98 am: 23.02.2021 | 11:26 »
Im Gasthaus „Zum friedlichen Mungo“ treffen der zweite Advokat, Mujeeb Gashkari und Ashtavede beinahe gleichzeitig ein. Nagur Mulukutla, der Wirt, bringt seinen Gästen einen vergorenen Tee, dann beginnt die Besprechung. Ashtavede fasst den Stand der Dinge zusammen: „Wir haben bisher daran geglaubt, die stille Stimme durch das Rinderopfer gnädig stimmen zu können. Unsere Hoffnung war, dass sie uns dabei hilft, dieses sinnlose Sterben im Immerkrieg zu beenden. Unsere Brüder werden dort von den Heerführern unserer Herren in den ersten Schlachtreihen verheizt. Die stille Stimme kann das verhindern, so glauben wir zumindest. Und euer Erlebnis im Dschungel bestätigt unseren Glauben. Die stille Stimme hat euch sagen lassen, dass sie das Rinderopfer schätzt. Dann aber gab sie euch zu verstehen, beim nächsten Mal müsse nicht unbedingt ein Minotaur dabei sein Leben lassen und sie schlug vor, es könne auch ein Mitglied des Hauses Empyreus treffen. Was hältst du davon, Bruder?“ Der zweite Advokat meint, es missfalle ihm, dass die stille Stimme überhaupt nach Opfern verlange. Ashtavede meint: „Das ist unsere Art, der stillen Stimme zu zeigen, wie wichtig uns unser Anliegen ist. Es sind Freiwillige, die die Gebäckstücke im Fluss verzehren, das darfst du nicht vergessen! Wir alle nehmen in Kauf, dass einer von uns durch den Kern der gefleckten Zitrone gelähmt wird und im Fluss sein Leben lässt.“ Der zweite Advokat macht einen unzufriedenen Gesichtsausdruck.

Wenig später erreicht der Philosoph Lokapriya das Gasthaus. Er wird von dem Minotauren begleitet, der kürzlich noch den Quell des Vertrauens bewacht hat. Schon bald ertönt ein glücklicher Schrei. Aus der Küche stürmt Gouliza und wirft sich ihrem Geliebten an den Hals. Die Anwesenden sehen gerührt zu, wie die junge Frau das Stiermaul des Minotauren immer wieder küsst. Für eine kurze Zeit verschwindet das Paar in der Küche. Gouliza will mit Nagur Mulukutla absprechen, wie lang sie mit ihrem Geliebten im friedlichen Mungo Unterschlupf finden kann. Es dauert aber nicht allzu lang, da kommt sie zurück, fasst Lokapriya bei der Hand und zieht ihn in eine Ecke der Gaststube, die durch ein paar üppig wuchernde Kletterranken nur schwer einsehbar ist. Gouliza bedankt sich herzlich für alles, was Lokapriya für sie und ihren Geliebten getan hat. Dann kündigt sie an, dass sie ihm gern etwas schenken möchte und erzählt eine kleine Geschichte:

„Vor kurzem hatte ich nachts große Sehnsucht nach meinen Geliebten und machte mir Sorgen. Ich lag in der Küche des friedlichen Mungo lange wach und fand keinen Schlaf. Irgendwann ging ich ins Freie, irrte verrückt vor Angst durch die Gegend, gelangte zu einer leerstehenden Pagode und betrat schließlich eine Halle, in der die Menschen die Urnen ihrer Verstorbenen und einige Gaben für sie lagern. Von einer Stelle in dieser Halle ging ein seltsames, kleines Licht aus. Ich folgte dem Licht und stand schließlich vor einer sehr alten Urne, zu deren Füßen ein paar Kostbarkeiten ausgelegt waren. Eine dieser Grabbeigaben war eine kleine Schatulle und von ihr ging auch das milde Licht aus. An das, was dann geschah, habe ich jegliche Erinnerung verloren. Tatsache ist, dass ich wohl irgendwann zur Gaststätte Zum friedlichen Mungo zurückfand und mich schlafen legte. Am nächsten Morgen entdeckte ich, dass sich die Schatulle in meiner Tasche befand. Sie leuchtete nicht mehr. Hatte ich sie mitgenommen? Ich weiß es nicht. Eigentlich würde ich so etwas nie tun, aber seltsamerweise spürte ich keine Schuld oder Gefahr. Es kam mir vollkommen in Ordnung vor, dass ich die Schatulle mitgenommen hatte. Ich habe auch hineingesehen. Es befindet sich eine kleine Amphore darin und im Deckel ist eine alte Inschrift, die ich nicht lesen kann. Als mir heute bewusst geworden ist, was du alles für mich und meinen Geliebten getan hast, fiel mir die Schatulle ein. Hier, ich schenke sie dir!“

Lokapriya runzelt mit der Stirn. Er soll gestohlene Grabbeigaben an sich nehmen? Goulizas Gesicht ist aber entwaffnend. Sie sagt: „Bitte! Du musst es annehmen! Ich habe sonst nichts mehr, was ich dir schenken könnte!“ Daraufhin bedankt sich Lokapriya und nimmt die Schatulle an sich. Er erkundigt sich bei Gouliza nach der Lage der Urnenhalle und nimmt sich vor, die Schatulle baldmöglichst wieder zurückzubringen.

Dann setzt sich Lokapriya endlich zu Ashtavede, dem zweiten Advokaten und Mujeeb Gashkari. „Hier, schaut mal! Das habe ich geschenkt bekommen“, sagt er und öffnet den Deckel. Die Anwesenden betrachten die Amphore aus einem leicht durchsichtigen Material, in der sich eine ölige Flüssigkeit zu befinden scheint. Doch der Orakelmann betrachtet angestrengt die Inschrift im Deckel der Schatulle. Er sagt: „Ich kenne das Alphabet! Vielleicht kann ich es entziffern.“ Dann liest er mühsam: „Diese Nagelpolitur hat der edle Opilio, Medicus von Synesia Empyreus, aus den versteinerten Tränen eines Ichtyosauriers hergestellt. Möge sie seiner verstorbenen Patientin in ihrem nächsten Leben nützlich sein.“ „Na toll“, sagt der zweite Advokat. „Du hast Nagelpolitur geschenkt bekommen!“

Wenig später erreichen der erste Advokat Saibhang, der Anführer und der Sänger den friedlichen Mungo und werden von ihren Bekannten herzlich begrüßt. Die Beratung um das Rinderopfer wird fortgesetzt. Auch Lokapriya ist von geopferten Minotauren nicht begeistert.

Der Anführer behauptet: „Es ist für mich schon nicht ganz einfach, die Notwendigkeit für dieses Rinderopfer einzusehen. Wenn ich mir aber vorstelle, dass das geschieht, um die stille Stimme gnädig zu stimmen und genau diese Stimme uns auffordert einen Menschen umzubringen, dann halte ich es nicht weiter für sinnvoll diesen Plan zu verfolgen.“

Lokapriya meint: „Wir sollten mit den Menschen ins Gespräch kommen. Dieser Weg scheint mir dafür aber nicht der richtige zu sein!“

Ashtavede erklärt: „Wir können jetzt aber nicht einfach unsere Hände in den Schoß legen. Das würde den Zusammenhalt unserer Gemeinschaft schwächen. Wir haben bereits Gruppen organisiert, die heute Abend an einschlägigen Orten unseren neuen Gesang zum Besten geben werden. Wenn wir damit Erfolg haben, können wir ein friedliches Treffen im Fluss organisieren.“

Saibhang überlegt: „Das ist doch merkwürdig! Die stille Stimme will, dass wir einen Empyreus umbringen, unser Verhaltenskodex der Stille verbietet uns solch grausame Taten. Will die stille Stimme, dass wir die Stille brechen? Macht das die stille Stimme glücklich? Der Kodex der Stille hat uns gut gedient, was die stille Stimme im Sinn hat, weiß niemand so genau. Wenn wir Lokapriyas Rat befolgen und Menschen und Minotauren miteinander ins Gespräch bringen, würden wir die Empfehlung der stillen Stimme ignorieren.“

Der zweite Advokat fährt dazwischen: „Wir müssen einfach mehr über diese Stimmen herausfinden! Bis wir nicht genau wissen, was sie mit uns vorhaben, sollten wir auch keine Rinderopfer mehr durchführen!“

Ashtavede fragt Lokapriya: „Was dann, o Philosoph?“

Lokapriya überlegt lang und antwortet schließlich: „Lasst uns das Rinderopfer durchführen! Allerdings sollten wir darauf verzichten, in einem der Gebäckstücke einen Kern der gefleckten Zitrone zu verstecken. Vielleicht können wir ein paar Menschen zur Teilnahme bewegen. Das könnte eine erste Demonstration dafür sein, dass ein friedliches Miteinander möglich ist. Während das geschieht sollten wir uns aber auch im Dschungel umsehen, um möglichst schnell Klarheit über die Absichten der Stimmen zu bekommen!“

Dieser Plan scheint auf allgemeine Zustimmung zu stoßen. Während die Anwesenden noch nicken, betritt ein Minotaur mit einem kleinen Bündel im Arm den Raum. Es ist derselbe Minotaur, dem Haigaram Ooryphas in der Seide gekündigt hat, weil er in seinem Etablissement kein Kindergeschrei wollte. Als er Saibhang sieht, grüßt er den ersten Advokaten und sagt: „Es war ein guter Ratschlag, mich erst einmal hierher zu wenden. Nagur hat sich gut um meinen Sohn gekümmert, während ich mich auf die Suche nach einer Bleibe gemacht habe. Gestern habe ich ein Backhaus entdeckt, in dem sich drei Öfen befinden. Einer von ihnen ist aber nicht mehr im Betrieb. Sein Abzug ist völlig verstopft. Es ist nachts angenehm warm dort und wenn ich die Ofenklappe schließe, kommt niemand auf die Idee, dass der stillgelegte Ofen eine Verwendung als Kinderbettchen gefunden hat. Ich brauche jetzt nur noch…“, dabei schaut er sich aufmerksam unter den übrigen Gästen um, „eine Art Kindermädchen, das sich um den Kleinen kümmert. Dann könnte ich zurück zur Seide und meine Arbeit wieder aufnehmen.“

Der Anführer meint: „Die ideale Tätigkeit für einen Sänger, der sich in der Öffentlichkeit nicht mehr blicken lassen kann, was meint ihr?“ Die anderen Anwesenden nicken. Eine Weile überlegt der Sänger. Offensichtlich fällt es ihm nicht leicht den Anführer zu verlassen. Schließlich aber stimmt er zu: „In Ordnung. Ich mache es. Heute bin ich aber zum Quartettsingen vor dem Theater des Saemauug Empyreus verabredet. Ich komme morgen am Backhaus vorbei und kümmere mich um den Kleinen.“

Der Anführer steht daraufhin auf und sagt: „Wenn das geklärt ist, ziehe ich weiter. Ich will zum Gutshaus des Sulpicio Niger und nachsehen, ob ich nicht drei entlaufene Holzsammler vor dem Schlimmsten bewahren kann!“ „Wenn es jemand kann, dann du, Flussgesegneter!“, fügt der Sänger hinzu. Der zweite Advokat kann Mujeeb dazu überreden, noch ein Orakel für den Anführer zu legen. Anführer und Mujeeb zerkauen je eine in Zuckerwasser ertränkte Biene, dann zieht der Anführer Holzplättchen aus dem Schlund des Schicksals, die sich Mujeeb aufmerksam ansieht. Schließlich sagt er: „Titanen achten darauf, dass sie nicht verlieren, bevor sie siegen.“ „Wie war das?“, fragt der überraschte zweite Advokat. Dann begreift auch Mujeeb, was geschehen ist und wiederholt: „Titanen achten darauf, dass sie nicht verlieren, bevor sie siegen! Ja, mein Bester! Ein neuer Satz! Das Orakel spricht wieder zu mir!“ „Was aber hat der Satz zu bedeuten?“, will der Anführer wissen. Mujeeb Gashkari antwortet: „Normalerweise erkläre ich meine Deutungen nicht. Diesmal scheint mir die Sache aber nicht so schwierig zu sein. Deine Mission steht unter einem guten Stern, aber von unbekannter Seite aus droht dir Gefahr!“ Unsicher nickend verlässt der Anführer die Gaststätte und wenig später bricht auch der erste Advokat, Saibhang, auf. Er erklärt, dass er schon bald wieder in der Seide erwartet wird.

Nur wenige Momente danach betritt eine jugendlich gekleidete Frau die Gaststätte. Es ist Saaroni Empyreus, Porfirios Ehefrau. Sie wird von verschiedenen anwesenden Gästen begrüßt und schenkt allen ihren Bekannten ein bezauberndes Lächeln. Dann erblickt sie Lokapriya und nickt ihm leicht überrascht zu. Schließlich wendet sie sich Nagur Mulukutla zu und schäkert eine Weile mit ihm. Lokapriya schaut den beiden zu und stellt bedauernd fest, wie sehr der Wirt des friedlichen Mungos der sinnenfrohen Frau verfallen ist. Saaroni lässt ihn eine Weile zappeln, wendet sich ein paar Bekannten und schließlich auch Lokapriya zu, dem sie eine Anstellung als Erzieher ihrer Kinder anbietet. Sie erzählt den Anwesenden, dass der bisherige Erzieher entlassen werden musste, als er es zugelassen hat, dass zwei ihrer jüngeren Söhne allein mit dem Boot auf den Fluss hinaus gerudert sind. Lokapriya ist unsicher, ob er dieses Angebot annehmen soll, denn er liebt seine Wanderungen durch Dégringolade und eine Vollzeitbeschäftigung als Hausangestellter läuft seinem Naturell entgegen. Zunächst versucht er, Saaroni zu einer halben Stelle zu überreden, aber die Dame will davon nichts wissen: „Dann suchen wir ja immer noch einen Erzieher! Du musst dich schon entscheiden, Rind! Ganz oder gar nicht!“ Lokapriya zögert mit einer endgültigen Antwort, fasst aber die Gelegenheit beim Schopf und versucht Saaroni dazu zu bringen, sich Gesprächen zu öffnen, in denen ein intensiverer Austausch zwischen Menschen und Minotauren diskutiert wird. Saaroni blickt Lokapriya bei diesen Worten völlig verständnislos an. Sie sagt: „Ist das eine Zusage? Als Erzieher meiner Kinder wirst du zwangsläufig einen intensiven Austausch mit Menschen haben.“ Seufzend erklärt ihr Lokapriya, dass er sie in Kürze über seine Entscheidung benachrichtigen wird.

Nachdem Saaroni sich wieder anderen Bekannten zugewandt hat, diskutieren die anwesenden Minotauren, ob sich nicht irgendein anderer Bekannter um die freie Erzieherstelle im Hause Empyreus bemühen sollte. Letztlich führen die Überlegungen aber zu keinem endgültigen Entschluss und Lokapriya sagt: „Es sieht so aus, als sei es zuerst meine Entscheidung. Gebt mir eine Weile dafür, Gefährten!“

Am frühen Nachmittag sind die Angelegenheiten der Minotauren in der Gaststätte zum friedlichen Mungo abgeschlossen und auch die Verbliebenen gehen getrennte Wege.
« Letzte Änderung: 23.02.2021 | 12:24 von Chiarina »
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Re: [The Clay That Woke] Landschaft mit dem Sturz des Ikarus
« Antwort #99 am: 23.02.2021 | 11:27 »
Als der erste Advokat, Saibhang, in die Seide zurückkehrt, wird er sofort zu Haigaram Ooryphas bestellt, der im Innenhof auf ihn wartet und ein Donnerwetter über ihm entlädt: „Schau dir die Becken mit den Nachtfischen an! Sie sehen erbärmlich aus. Wie kann das sein? Hat der Fischer seine Netze verloren? Wenn er nicht in der Lage ist zu liefern, musst du eben einen anderen beauftragen. Kümmere dich darum!" Saibhang versucht seinen Arbeitgeber zu besänftigen: „Herr, er wird die fehlenden Fische schon bald nachliefern, das verspreche ich! Ich möchte euch außerdem darum bitten, den Minotauren wieder einzustellen, der erst kürzlich Vater geworden ist. Er hat ein Kindermädchen gefunden, sodass er keinen Bedarf mehr danach hat, seinen Sohn hier in der Seide großzuziehen. Ich weiß, ihr habt die Wache erst kürzlich entlassen, wenn ihr aber bedenkt…“ Haigaram Ooryphas ist während der Worte Saibhangs schon rot angelaufen. Er sagt: „Wer stellt hier eigentlich die Bediensteten ein? Du oder ich? Ich entlasse den Fischer, du entscheidest, dass er eine zweite Chance verdient. Ich entlasse den Minotaurenvater, du entscheidest, dass er zurückkommen kann! Was soll das?“ Nach einem kurzen Zögern fährt er fort: „Ich lasse mich auf höchstens ein Zugeständnis ein. Wen willst du haben, Saibhang? Den Fischer oder den Vater?“ Saibhang ringt um eine Antwort, sagt dann aber schließlich verzweifelt: „Den Vater, Herr. Stellt den Vater wieder ein!“ Haigaram Ooryphas antwortet: „So sei es. Und spätestens morgen stellst du mir einen neuen Fischer vor, der von nun an Nachtfische liefert. Verstanden?“ „Ja, Herr“, antwortet Saibhang.
« Letzte Änderung: 23.02.2021 | 12:26 von Chiarina »
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