Autor Thema: Spannende Darstellung  (Gelesen 2524 mal)

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Offline Derius

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Spannende Darstellung
« am: 15.08.2020 | 19:41 »
Hey Leute,

ich hab mal ne Frage. Bzw. ich möchte euch gerne ein "Problem" schildern, das mich beim Leiten gelegentlich beschäftigt und würde mich über eure Gedanken dazu freuen. Also es geht um Folgendes:

Wenn ich leite bzw. mir in Vorbereitung dazu die Szenen, das Abenteuer überlege, dann möchte ich, dass die SC sich Gedanken machen müssen, um das vor ihnen liegende Problem zu lösen. Was das Problem im Einzelnen ist, ist erstmal egal. Das bedeutet, dass die Lösung nicht offensichtlich sein darf. Das wiederum bedeutet, dass es erstmal eine gewisse Anzahl an potentieller Lösungen geben muss. Und da liegt meine Schwierigkeit. Häufig finde ich es schwer, wirklich mehrere Möglichkeiten zu präsentieren.

Das beschreibt mein Problem abstrakt ganz gut, aber beim Drüberlesen merke ich aber gerade, dass es vielleicht doch nicht ganz klar geworden ist. Also nochmal anders, vielleicht mit einem Beispiel: Die SC betreten eine neue Szenerie und in dieser Szenerie soll ihnen etwas auffallen. Dabei geht es mir um den Moment des Auffallens selber. Ich möchte erreichen, dass nicht nur die SC im Spiel, sondern irgendwie die Spieler selber  diesen Moment erleben können. Das Problem ist nun, dass sie ja nur "sehen", was ich beschreibe und dadurch geht der Moment irgendwie kaputt, weil die Spieler nicht eigenständig vom "Mir ist nichts aufgefallen" bis zum "Jetzt ist mir was aufgefallen" gelangen.

Mir ist bewusst, dass in einem Erzählspiel die Möglichkeiten diesbezüglich auch einfach begrenzt sind, was auch nicht wirklich schlimm ist nicht. Dennoch finde ich es einfach schön, auch bei den Spieler gewisse "Aha"- und "Verstehens"-Momente zu erzeugen. Kürzlich hab ich mich da etwas herangetastet: Die SC waren auf Kopfgeldjagd und wollten eine Räuberbande ausschalten und vor allem deren Anführer gefangen nehmen oder vielleicht auch einfach umbringen. Letztlich gelang es, die Bande wurde besiegt, doch der Anführer war gar nicht mehr dort, sondern hatte das Lager mit einigen Leuten aus einem anderen Grund schon etwas vorher (temporär) verlassen. Dem sollten die SC nun folgen und einen Hinweis gab in seinem Zelt. Dort befanden sich nämlich eine Briefkorrespondenz, ein Logbuch und andere Notizen, aus denen Informationen hervorgingen. Nun wollte ich es an dieser Stelle nicht so handhaben, dass die Spieler sagen "Wir gucken nach, was es dort gibt" und ich es dann beschreibe und anschließend mitteile, welche Informationen sie dadurch bekommen. Also habe ich (in stundenlanger Arbeit) die Briefe alle geschrieben und auch einiges an Text produziert, der nun keine unmittelbar relevanten Informationen enthielt. Das habe ich den Spielern in die Hände gedruckt, sodass sie wirklich selber nach den wichtigen Informationen suchen konnten und mussten. Das hat auch schön geklappt, war aber ne Menge Arbeit.

Naja, so sehe ich das. Ich freue mich, wenn ihr eure Gedanken dazu teilt. Falls was unklar geblieben ist, dann schreit einfach. :)

Grüße,
Derius

Offline Der Läuterer

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #1 am: 15.08.2020 | 21:22 »
Könnte es sein, dass ein Hauptproblem Deiner Vorbereitung einer Szene hier liegt?
Das wiederum bedeutet, dass es erstmal eine gewisse Anzahl an potentieller Lösungen geben muss. Und da liegt meine Schwierigkeit. Häufig finde ich es schwer, wirklich mehrere Möglichkeiten zu präsentieren.
Ich persönlich pflege ein ordentliches Player Empowerment. Wenn..., ja wenn, die Spieler das annehmen, dann hast Du weniger Probleme in diese Richtung.

Beim Player Empowerment gibst Du Teile Deiner SL Funktion an Deine Spieler ab.
Du schilderst die grobe Situation; z.B. eine breite Strasse, mit Ständen, Geschäften und vielen Menschen. Überfüllt, eng. Ein Gedränge. Ein Stimmengewirr. Viele Geräusche, viele Farben, viele Gerüche, viele Versuchungen.

Dann überlässt Du die Szene den Spielern. Es ist Ihre Aufgabe mit der Situation zu interagieren, nicht Deine.
Wenn die Chars etwas wollen, dann müssen sie aktiv werden.
Und Du musst das zulassen und aufnehmen können.

Jemand sucht einen Waffenschmied / Uhrmacher etc., dann sagt der Spieler nicht "Ich suche XY!" und Du, als SL, beschreibst alles... Nein.
Der Spieler sucht und findet XY selbst und beschreibt die Situation und Du, als SL, reagierst.

Das hat zwei wesentliche Vorteile.
Das Spiel wird schneller, weil die Spieler gezwungen sind, aktiv zu werden.
Als SL muss man sich nichts mehr aus den Fingern saugen, sondern darf auch mal zuhören und sich überraschen lassen.
Das ist etwas, das mir persönlich sehr viel Spass macht. Das muss man nicht mögen, aber man kann es lernen.

Die SC betreten eine neue Szenerie und in dieser Szenerie soll ihnen etwas auffallen. Dabei geht es mir um den Moment des Auffallens selber. Ich möchte erreichen, dass nicht nur die SC im Spiel, sondern irgendwie die Spieler selber diesen Moment erleben können.
Ein Spieler beschreibt z.B. dass sein Char beobachtet, wie ein Junge an einem Obststand einen Apfel klaut...
Möglicherweise ist das nicht das, was den Chars auffallen sollte...
Aber... Du kannst das für Dich nutzen, da Du ja als einziger weisst, wie es weiter gehen wird.Jetzt können daraus verschiedene Aktionen folgen. Das hängt dann sowohl von den Spielern als auch von Dir, als SL, ab.

Mir ist bewusst, dass in einem Erzählspiel die Möglichkeiten diesbezüglich auch einfach begrenzt sind
Wenn Ihr das in der Gruppe so macht, wie gerade beschrieben, sind die Möglichkeiten richtig gross. Und das Spiel Empfinden wird ganz anders... viel intensiver.
« Letzte Änderung: 15.08.2020 | 21:28 von Der Läuterer »
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Offline Isegrim

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #2 am: 15.08.2020 | 22:23 »
Was der Läuterer da anführt, ist halt eine ganz andere Art der Spannung, und eine andere Art des Erfolgserlebnisses. Kann man probieren, ist aber nicht für jeden.

Unmengen an Schriftwerk zu produzieren (oder unendlich viel zu erzählen), um darin ein paar wichtige, zu finden Infos unterzubringen, kann man machen, ist aber natürlich viel Arbeit. Meiner Erfahrung nach braucht es oft gar nicht so viel "Verwirrung draußenrum", besonders wenn es um Zusammenhänge geht. Ein Situation, Intrige, Beziehungsgeflecht, die für die SL eigentlich völlig klar und eindeutig ist, stellt sich oft aus Spielersicht als viel verworrener dar. Hierbei kann es zu tollen Aha-Momenten kommen.

Bsp: Hättest du bei der Räubergeschichte vorher ein paar Infos gegeben, dass es nur eine begrenzte Anzahl mögliche Hehler gibt, oder das einer von ein paar Förster/Jäger der Umgebung Infos an die Räuber weiter gibt, oder dass es i-einen Adligen gibt, der seine Hand über sie hält (nennen wir sie Alfons, Berta, Claus, Dorothea und Emil), und die Spieler hätten einen ansonsten nichtssagenden Brief gefunden, unterschrieben mit B., hätte das vielleicht schon ausgereicht, dass die Spieler sich selber feiern, wenn sie raffen, dass sie den Räuberhauptmann am besten bei Berta suchen sollten. Und du hättest nur einen Brief schreiben müssen.

Eine andere Möglichkeit (die man aber nur alle Jubeljahre auspacken sollte): Sie finden einen nichtssagenden Brief, auf dem eine wichtige Information mit unsichtbarer Schrift geschrieben ist (Milch, Zitronensaft); oder die Anfangsbuchstaben jeder Zeile, von oben nach unten oder anders rum gelesen, eine Botschaft ergeben.

Klar, kann auch schief gehen und zu einfach sein. Aber mE unterschätzt man als SL eher die Schwierigkeit für die Spieler als anders rum. Und man braucht natürlich einen Plan, was man macht, wenns doch zu schwer ist, damit das SPiel nicht völlig ins Stocken gerät.
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Offline Derius

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #3 am: 17.08.2020 | 19:04 »
Hey, danke für die Antworten! :)

Läuterer, Du hast schon irgendwie Recht damit, wenn Du meinst, es geht um die Vorbereitung einer Szene. Hab jetzt nochmal ein bisschen drüber nachgedacht und ich denke, ich kann mein Problem so zusammenfassen: In meinem Kopf gibt es tolle, ausgefeilte Szenen und ich möchte, dass sowohl die SC als auch die Spieler diese erleben können. Doch das zu bewerkstelligen fällt mir (manchmal) schwer. Schon alleine, weil ich durch meine Beschreibungen ja Schwerpunkte setze, die die Szene aus Sicht der SC nicht unbedingt hat.

Deinen Vorschlag mit dem Player Empowerment finde ich aber richtig toll. Dann erleben die Spieler zwar nicht nur, was ich mir ausdenke, aber ich bin ja auch nicht der einzige mit Fantasie. Und so wird die Szene ja zwangsweise auch mit nicht nur relevanten Details gefüllt (was ich gut finde). Mal gucken, ob wir das hinbekommen. Ich schätze da müssen wir uns herantasten. Vielen Dank jedenfalls!

Isegrim, Du hast ja auch irgendwie recht. Es ist nun auch nicht so, dass meine Spieler zu mir kommen und meinen, es wäre ein bisschen langweilig gewesen. Im Gegenteil - die sind zumeist begeistert. Geht hier wohl vor allem um meine Ansprüche an mich selbst bzw. die Runde. :)

Offline Haukrinn

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #4 am: 17.08.2020 | 19:41 »
Spannung entsteht in einem interaktivem Medium auf völlig andere Weise als in einem passiven. Und längst nicht alles, was in deinem Kopf nach einer tollen Szene oder einer pfiffigen Problemlösung aussieht, ist auch genau das (und selbst wenn es das ist, dann ist es vielleicht in einer Cutscene besser aufgehoben als in einer interaktiven Szene). Das setzen auf die gemeinsame Kreativität (siehe Player Empowerment weiter oben) ist schon mal ein gutes Mittel, hier, vor allem auch für dich als SL, für Spannung und Überraschungsmomente zu sorgen. Für mich waren zudem viele PtbA-Spiele, die die PtbA-Prämisse "Play to find out what happens" echte Augenöffner wenn es um Szenenkonstruktion und Spannung geht.
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Offline Issi

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #5 am: 18.08.2020 | 19:32 »
Zitat
Wenn ich leite bzw. mir in Vorbereitung dazu die Szenen, das Abenteuer überlege, dann möchte ich, dass die SC sich Gedanken machen müssen, um das vor ihnen liegende Problem zu lösen. Was das Problem im Einzelnen ist, ist erstmal egal. Das bedeutet, dass die Lösung nicht offensichtlich sein darf. Das wiederum bedeutet, dass es erstmal eine gewisse Anzahl an potentieller Lösungen geben muss. Und da liegt meine Schwierigkeit. Häufig finde ich es schwer, wirklich mehrere Möglichkeiten zu präsentieren.
Ich hoffe, ich hab geschnallt, was du meinst.
Meine Vorschläge:
Biete mehrere Auffälligkeiten an.
(Aber beschreibe sie beiläufig)

Beispielszene: Die Helden sind auf einem Fest eingeladen, mit mehreren Gästen.
Und an jedem Gast ist irgendwas Auffälliges:
Graf Luxor von Griech ist um die Sechzig, hat ein fliehendes Kinn, und einen markanten Überbiss. Während er redet, beißt er sich ab und an auf die dünne, blasse Lippe.
Seine dunklen Augen sind selten bei Gesprächen auf das Gegenüber gerichtet. Stattdessen bewegen sie sich unruhig hin und her.
Sein Jacket hat bereits einige Löcher, und sein Hemd einen roten Fleck am Ärmel. Er trinkt den Rotwein ganz langsam, und behält ihn einige Augenblicke im Mund, bevor er ihn runterschluckt.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Hier sind noch weitere Plot relevante Auffälligkeiten, die man in  Personen - Beschreibungen tarnen könnte:  Gräfin Matilde von Griech hat einen Knutschfleck am Hals, den sie versucht mit Puder zu kaschieren, und an ihrer Hand trägt sie einen auffälligen Ring mit einem Rubin .
Freiherr von Silo sieht ab und an unauffällig in Richtung der Gräfin von Griech. Lord Kohlmund tut nur so, als würde er von seinem Weinglas trinken, und Diener Gustav steckt ihm heimlich etwas zu.
Lady Annabell und Lady Fiona tuscheln die ganze Zeit geheimnisvoll, während sie Lord Kohlmund beobachten. Und der Herzog von Didelu muss sich ständig die Nase putzen.

Wer von den Anwesenden hat nun den alten Grafen von Deadhold auf dem Gewissen?

(Sprich - Nenne einfach viele Auffälligkeiten. Aber nicht jede Auffälligkeit muss was mit dem Mord(Fall/Auftrag) zu tun haben)- Das nennt man auch "Falsche Fährten legen" oder anders- es geht darum aus der Fülle an angebotenen Besonderheiten, das rauszufinden, was wirklich relevant ist.
 

« Letzte Änderung: 19.08.2020 | 11:52 von Issi »

Offline ArneBab

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #6 am: 19.08.2020 | 20:34 »
Ich hoffe, ich hab geschnallt, was du meinst.
Meine Vorschläge:
Biete mehrere Auffälligkeiten an.
(Aber beschreibe sie beiläufig)

Beispielszene: Die Helden sind auf einem Fest eingeladen, mit mehreren Gästen.
Und an jedem Gast ist irgendwas Auffälliges:
Graf Luxor von Griech ist um die Sechzig, hat ein fliehendes Kinn, und einen markanten Überbiss. Während er redet, beißt er sich ab und an auf die dünne, blasse Lippe.
Seine dunklen Augen sind selten bei Gesprächen auf das Gegenüber gerichtet. Stattdessen bewegen sie sich unruhig hin und her.
Sein Jacket hat bereits einige Löcher, und sein Hemd einen roten Fleck am Ärmel. Er trinkt den Rotwein ganz langsam, und behält ihn einige Augenblicke im Mund, bevor er ihn runterschluckt.
Wenn du das machst, musst du etablieren, dass du wichtige NSCs immer so einführst. Das heißt, du brauchst eine ausreichend lange Liste solcher kleiner Details, aus der du einfach wählen kannst.

Wenn du das damit verbindest, dass du diese Details immer wieder erwähnst, wenn die Person auftaucht, kannst du gleichzeitig deine Charakterisierung verstärken. Könnte ein win-win sein :-)

EDIT: Ich hätte gerne so eine Liste :-) — falls du eine erstellst, könntest du sie unter cc by-sa freigeben, so dass sie wir sie gemeinsam erweitern können?
« Letzte Änderung: 19.08.2020 | 20:35 von ArneBab »
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Offline Zed

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #7 am: 19.08.2020 | 21:31 »
Meine Anmerkung geht in Richtung von "Der Läuterer", auch wenn ich es anders formulieren würde:

Im besten Fall ist für mich das gemeinsame, häufige Rollenspiel wie eine Entdeckerreise per Schiff im 17 Jahrhundert (metaphorisch gemeint).

Du kennst das grobe Ziel. Deine Spieler kennen ihr aktuelles Zwischenziel. Aber dann lässt Du als Spielleiter es zu, dass Probleme und Lösungen "sich ergeben": Flauten, Stürme, Untiefen, Begegnungen mit Piraten oder mystischen Wesen, überraschend auftauchende Inseln etc ergeben sich aufgrund der Entscheidungen der Spieler oder wie Du als SL es gerade für richtig hältst. Du planst also nicht detailliert für die nächsten 10 Sitzungen.

Wenn meine Gruppe und ich im Ungewissen und in die "richtige" Richtung spielen, dann haben wir die schönsten Spielphasen erlebt. Meine eigene Kampagne oder auch meine Spieler haben mich als Erfinder der Welt und des Exposees der Geschichte mehr als einmal überrascht, und es kamen Ideen auf, auf die ich selbst nicht gekommen bin. Das ist manchmal wie ein kreativer Rausch.

Du beschreibst, wie ich es verstanden habe, eine Spielweise, in der es für Dich und für Deine Spieler keine Freiheit gibt, sondern zuallerst die Lösungen, die Du Dir zuvor ausgedacht hast. Ein wenig (nicht böse gemeint) wie bei einem Computer-RGP. Verständlicherweise bist Du enttäuscht, wenn Deine Gruppe sich entweder nicht für Deine Ausarbeitungen interessiert oder sie die Hinweise übersieht, die zu ihr führen.

Wie hätte der zufällig abwesende Banditenboss in der "Entdeckerreise-Variante" weiter gespielt werden können?

Dieser abgedroschene Satz "Gibt Dir das Leben nur Zitronen, dann mach Limonade draus" ist quasi das Mantra der Entdeckerreise-Spielleitung.

- Der Banditenboss hätte voller Rachegedanken die Gruppe verfolgen können und sie bei der nächsten Nachtruhe vergiften/bestehlen/angreifen können. Oder noch besser: Er hätte einige SCs bestohlen und das Diebesgut anderen SCs unterschieben können und dann aus dem Gebüsch zugeschaut, was die Gruppe mit sich anstellt.

- Er hätte im nächsten Dorf die Aussage gemacht, dass die SCs ehrbahre Waldarbeiter (die Bande) getötet haben. Daraufhin sammelt die Obrigkeit Beweise gegen die Gruppe, die vielleicht ihr Beutegut verkaufen möchte. Er intrigiert (zuerst noch aus der Anonymität heraus) weiter, bis er seine Rache hat. Irgendwann wollen die Spieler vielleicht wissen, wer denn dieser angebliche Zeuge ihres Massakers sein soll. Wenn er daraufhin flieht (und weiter intrigiert) ist die Suche nach diesem Unbekannten schon wieder ein neues Abenteuer, das sich die Spieler selbst ausgesucht haben.

Sie haben die Bande ausgelöscht. Der Zorn des Banditenbosses ist Ergebnis i h r e r Handlung. Dieser Weg führt dazu, dass sie i h r e Abenteuer spielen und nicht das, was Du Dir für sie ausgedacht hast.

Ich habe in den Jahrzehnten, die ich unsere Kampagne leite, auch schon Schriften ausgearbeitet: Zwei unserer vier SCs sind Priester. Ein übler Bossgegner hatte seinen Auftritt gehabt - ein scheinbar göttliches Wesen - und die Götter haben wohl auch irgendetwas mit diesem Wesen zu tun. Also fragten mich die Spieler, was in die Heiligen Schriften ihrer Religion zu diesem alten, furchtbaren Wesen stand. Daraufhin schrieb ich für 5 Religionen je maximal eine Seite aus ihrer Sicht zu der Erschaffung dieses Wesens. Diese Dokumente studierten die Spieler eifrig, denn sie vertstanden, dass die Wahrheit über dieses Wesen zwischen den Texten lag: Die Götter waren nicht stolz, und die Texte voller Ausflüchte, dass sie einst selbst dieses Monster als Waffe/Söldner geschaffen hatten, weil sie es für die einzige Möglichkeit hielten, den obersten, gottgleichen Drachen zu besiegen. Und wie das so mit Frankenstein-Monstern ist, ging ihr Plan nicht auf - und sie hatten den eigentlichen, großen Widersacher erschaffen.

Ich wollte darauf hinaus: Nicht ich wollte, dass sie Schriften lesen, die Spieler wollten von mir mehr über die Heiligen Schriften ihrer Gottheiten wissen. Gelegenheit bekommen, Gelegenheit genutzt: Daraufhin schrieb ich die Geschichten auf und lieferte ihnen einen Spieltag, an dem sie "nur" Exegese betrieben haben. Ich wäre zuvor nicht auf die Idee gekommen, solche Schriften zu verfassen, aber die gute Wind trieb uns dahin :-)
« Letzte Änderung: 19.08.2020 | 21:36 von Zed »

Offline Issi

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #8 am: 20.08.2020 | 06:49 »
Wenn du das machst, musst du etablieren, dass du wichtige NSCs immer so einführst. Das heißt, du brauchst eine ausreichend lange Liste solcher kleiner Details, aus der du einfach wählen kannst.

Wenn du das damit verbindest, dass du diese Details immer wieder erwähnst, wenn die Person auftaucht, kannst du gleichzeitig deine Charakterisierung verstärken. Könnte ein win-win sein :-)

EDIT: Ich hätte gerne so eine Liste :-) — falls du eine erstellst, könntest du sie unter cc by-sa freigeben, so dass sie wir sie gemeinsam erweitern können?
Zum "Etablieren" - ja,  man müsste sich als SL angewöhnen seine NSC bildhaft und einigermaßen detailliert zu beschreiben.
(Ein Bisschen so, wie in einem Roman)

Ich kenne das im Spiel normalerweise auch so, dass man von der Figur nur ein Bild zeigt -oder sagt : Sieht aus wie : Schauspieler XY.
Vielleicht noch ein paar kleine Details zur Garderobe -und Aussehen. -Dann wird sie einfach gespielt. (Besonderheiten und besondere Hinweise fließen dennoch ein)

Beim Geschichten Schreiben ist natürlich so, dass man idR. kein Bild von der Figur hat. Man muss also mit Worten eines zeichnen. (Und es quasi auch animieren bzw. zum Leben erwecken)
Ich stelle mir dafür die Figur einfach vor (Erscheinung, Ausdruck, Verhalten  ), und mache das spontan im Kopf. -Daher habe ich auch (noch ) nie ne Liste erstellt.

"Das schnelle Finden und Zusammenstellen" dürfte auch dadurch erschwert werden, dass man Attribute aus allen drei Sparten (Erscheinung, Ausdruck, Verhalten )braucht.
- die in unterschiedlichen Listen stehen. Und sich häufig vermischen.

 
Aber vielleicht hilft es ja auch, wenn man mal ein paar Beschreibungen sammelt.

Idee -Wie man Beschreibungen  vielleicht grob gliedern könnte:
A. -Erscheinung :
Wie sieht sie aus?
-Körper (Größe , Statur, Alter (viel zu jung für das chronologische Alter, oder umgekehrt )
- Kalte Haut,  besonders behaart, haarlos,  lange/abgebrochene Fingernägel, spitze/faule/ausgeschlagene  Zähne, besondere Ohrenformen,  Tattoos, besondere Protesen, -Haltung (Hinken, Fuss nachziehen, gebückt laufen), bestimmter Geruch,  Gesicht (besondere Augenfarbe (verändert sich vielleicht die Iris,  oder Form der Pupille)Narben, Wunden, Tränen, Knutschfleck, Male, Blaue Flecken, Überschminkt,  Verletzungen aller Art, Erröten, Erblassen, Ausschlag, rote Augen, Augenringe, blutunterlaufen, ), Haare (Frisur kaputt/zerzaust, frisch gerichtet, Perücke,),
Was hat sie an?
  Kleidung. (Was fällt daran auf? Risse, Löcher, Flecken, Verfärbungen, fehlende Knöpfe,  Zu Groß,  zu klein, bes.  kostbar , schäbig, abgerissen, komische Zusammenstellung (verschiedene Jahrhunderte)   Schmuck -modern, alt, (Kette zum Öffnen mit Bild, Ring mit Pulver, Siegelring)  Haarschmuck besonders, Armbanduhr geht -vor/nach-stehen geblieben, Schuhe(-Stöckel abgebrochen, bes. Sohlenabdruck , dreckig-  je nach Ort, zu groß/klein, Schnürsenkel fehlt,  )
-Besondere Waffen und Accessoires -
Dolch im Stiefel/Ärmel. besonderer Hut, Gehstock. Tasche. (Geldbeutel voller verschiedener Münzen,  (verschied. Länder, Jahrhunderte,  unbekannte Prägung und Form)
-Haustiere -Bluthund(e), Schlangen, Giftspinnen usw.

B -Ausdruck :
-Welche Stimmung hat die Figur? (In welcher Gemütsverfassung ist sie scheinbar?) -niedergeschlagen, glücklich, erstarrt, zornig,   Was strahlt sie aus?(Gesichtsausdruck , Körperhaltung, Blick, Stimme  )
(Hände zittern, Stimme zittert, Blick weicht aus, unruhig, Schweiß auf der Stirn,  an den Händen,  Gänsehaut, Nervöse Zuckungen, Tränen in den Augen, Pulsierende Adern, Auf die Lippe beißen, Haare raufen, Kratzen (Kopf, Arme,  etc. )

C- Verhalten :
Wohin sieht sie?  (Zu einer Person, auf die Uhr,  aufs Essen,  auf einen Gegenstand,
zur Tür, zum Fenster )Was tut sie wie ? -viel Trinken, schnell reden, mit den Haaren spielen, an der Kleidung rumspielen, zappelig wirken, sich ständig umsehen, mit dem Essen spielen,  Wie bewegt sie sich fort? (Schnell,  langsam, elegant, unbeholfen  ) Wie /Was redet sie und mit wem? (Thema, Klang der Stimme, )
Flirtet mit?,  Provoziert wen womit?, Profitiert sich mit was vor wem?
Was tut sie nicht?( Nicht -Essen, Trinken, Lachen, Blinzeln, Atmen, Reden, Auf eine bestimmte Person reagieren, Schreiben, Lesen, Sprache,  )
Trigger:
Reagiert jmd.  besonders auf ein bestimmtes Thema(oder Geräusch/Tier/Speise/Getränk/Situation) bzw. Auf eine Bestimmte Person ?
(Ausweichen, Thema wechseln, Raum verlassen, Anspannung, Erröten, Wütend werden, Dinge zerstören, usw. )




Falls da noch mehr Interesse haben -wir können hier auch erstmal  Sammeln.
Dann kann sich jeder, der mag, beteiligen.
 :)

Edit.
Andere Auffälligkeiten:
Uhren (Gehen sie richtig? Wann schlagen sie wie?), Ungeziefer Plagen, kaputte Schlösser, Türen, Fenster, Möbel, Geschirr, Risse/Veränderungen im Mauerwerk, Gemälde (verändern sich, oder die Person darauf ist auffällig, oder es wurde übermalt/zerstört), Geheime Botschaften und Inschriften. Wandteppiche siehe Gemälde, Feuer im Kamin zeigt Bilder oder Gesichter. Spiegel-dahinter Geheimtür, kein Spiegelbild. Treppe kaputt,  Loch/Kratzer im Boden, Tierstimmen, Menschliche Stimmen, Schreie, Zugluft, Geruch, Rauch, Nebel, Kälte/Hitze, Musik, Kutschen, Wagen, Hufgetrappel,  Vibrationen, Erschütterungen,
 Türklingeln, Schritte, Schlurfen, Licht, Schatten, Spuren, Zeichen,  Staub, Spinnweben, Arzneimittel, Bücher,  Tagebücher, Schriften, Lagerraum (Bestände).Zerstörte Gräber, Denkmäler, Stauen,  gestohlene oder verschwundene Gegenstände, komisch schmeckende Speisen/Getränke,

« Letzte Änderung: 20.08.2020 | 09:43 von Issi »

Offline Der Läuterer

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #9 am: 20.08.2020 | 08:31 »
man müsste sich als SL angewöhnen seine NSC bildhaft und einigermaßen detailliert zu beschreiben. (Ein Bisschen so, wie in einem Roman)

Du hast da absolut einen Punkt.

Ein Gegenbeispiel zu dieser These ist aber die Darstellung von Aragorn im LOTR, über den man so gut wie nichts erfährt, den sich jeder aber gut vorstellen kann.

So gehts also auch und macht definitiv wenig Arbeit. Man muss sich nicht immer verkünsteln und alles bis ins Kleinste ausarbeiten.

[...] a strange-looking weather-beaten man, [...] smoking a long-stemmed pipe curiously carved. His legs were stretched out before him, showing high boots of supple leather that fitted him well, but had seen much wear and were now caked with mud. A travel-stained cloak of heavy dark-green cloth was drawn close about him, and in spite of the heat of the room he wore a hood that overshadowed his face; but the gleam of his eyes could be seen as he watched the hobbits. [...]
He is one of the wandering folk - Rangers we call them [...]
[...] he's known round here as Strider. Goes about at a great pace on his long shanks; though he don't tell nobody what cause he has to hurry.
[...] threw back his hood, showing a shaggy head of dark hair necked with grey, and in a pale stern face a pair of keen grey eyes.


Weniger ist hier mehr.
Aber das ist natürlich, wie so vieles, reine Geschmackssache.

Ich versuche es mir da immer leicht(er) zu machen.
Je mehr ich bei den NSCs ins Detail gehe, an umso mehr muss ich mich erinnern.
« Letzte Änderung: 20.08.2020 | 11:29 von Der Läuterer »
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Offline Issi

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #10 am: 20.08.2020 | 08:45 »

Ich versuche es mir da immer leicht(er) zu machen.
Je mehr ich bei den NSCs ins Detail gehe, an umso mehr muss ich mich erinnern.

Ich erinnere mich vermutlich gerne.
Und gehöre zu der Fraktion, die es auch in Büchern unheimlich aufregt, keine Beschreibung zu haben.

Insofern: Mehr ist mehr!
 :D

(Zuviel kann mir natürlich auch zuviel sein. Ich muss zum Beispiel , wenn im Buch eine Figur einen Schluck Wein trinkt, nicht fünf Sätze lang beschrieben kringen, wie sich das Licht der Kerze im Weinglas spiegelt. Aber eine gute Personenbeschreibung finde ich, zumindest für Hauptfiguren, anfangs schon nett, denn dann habe ich ein Gesicht. Und es wird für mich bildhafter  )

Edit.
Als Spieler möchte ich auch lieber in meiner Figur bleiben, und die Eindrücke (SL Beschreibungen )von außen auf mich wirken lassen. Die Welt quasi durch die Augen meiner Figur sehen und erleben.
Und da das so ist, bin ich als SL auch bereit meinen Spielern entsprechenden Service zu liefern.

Edit.
Das mit dem Erinnern ist mEn. auch halb so wild, wenn man sich zu jedem wichtigen NSC ein paar Stichpunkte macht.

Beispiel :
Graf von Griech(um die 60 Jahre)

-Blutfleck am Ärmel(Alte Klamotten )
-Überbiss
-Schaut Gesprächspartner nicht in die Augen
« Letzte Änderung: 20.08.2020 | 09:05 von Issi »

Offline Der Läuterer

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #11 am: 20.08.2020 | 12:49 »
Ich möchte Dein Vorgehen keineswegs in Abrede stellen und es geht mir nicht darum festzulegen, was richtig und was falsch sein könnte.
Es geht mir darum, andere Vorgehensweisen aufzuzeigen, um Spielern auch andere Perspektiven zu eröffnen und ihnen möglicherweise zukünftige Vorbereitungen zu erleichtern.

Viele Dinge, die in Büchern beschrieben werden, dienen der Erschaffung von Atmosphäre. Und so etwas ist auch gerade im Rollenspiel sehr wichtig. Vieles davon ist aber auch als unnötiges Füllmaterial zu betrachten.

Man kann somit behaupten: Je mehr Einzelheiten, desto mehr Atmosphäre.
Da bin ich bei Dir.

Das Ganze schafft mir persönlich aber auch zu viele Verwirrungen und lenkt von wichtigen Dingen ab, wenn es zu überladen wird.

Oft werden Einzelheiten, z.B. gerade bei Raumbeschreibungen, sehr detailverliebt aufgelistet, dass der SL so etwas nur noch als Text ablesen kann.
Aber wozu ist das gut? Das meiste davon interessiert nicht und ist für den Fortgang des Szenarios oder für die Lösung ohne jeden Belang.

Reicht es nicht, wenn das eine Küche ist? Jeder weiss doch, was man hier vorfindet oder vorfinden sollte.

Interessant ist dann nur, wenn die Messerschublade absolut leergeräumt ist.

Zu viel Realitätsnähe ist bei Beschreibungen m.M.n. nicht gut, da alles nur eine Simulation ist, die im Kopf der Spieler stattfinden.
Ergo. Man muss als SL versuchen, unnötige und unwichtige Details zu vermeiden, denn oft fällt noch nicht einmal das Offensichtliche den Spielern auf.

Mir hilft es bei Personen, wenn es zu einem wichtigen NSC ein einzelnes, grobes Unterscheidungsmerkmal gibt.
Frau - bezaubernd
Kind - frech
Mann - Hakennase
Frau - grünes Kleid
Mann - seltsamer Name
Mann - Tick

Interessieren sich die Spieler näher für einzelne NSCs, dann füge ich vielleicht noch Einzelheiten hinzu, die ich mir spontan überlege und erst dann meinen Unterlagen hinzufüge.

Ich weiss noch, wie ich in den ersten Jahren meines Rollenspiels die NSCs auch immer sehr genau ausgearbeitet habe. Für NARRENBALL hatte ich eine mehrere Seiten lange Liste.
Die meiste Arbeit davon war für die Katz.
Und bis ich so etwas nachgeschlagen konnte, improvisiere ich jetzt wesentlich lieber.

Aber, wie immer, ist das natürlich alles Geschmackssache.
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Offline Issi

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #12 am: 20.08.2020 | 13:04 »
Ich möchte Dein Vorgehen keineswegs in Abrede stellen und es geht mir nicht darum festzulegen, was richtig und was falsch sein könnte.
Es geht mir darum, andere Vorgehensweisen aufzuzeigen, um Spielern auch andere Perspektiven zu eröffnen und ihnen möglicherweise zukünftige Vorbereitungen zu erleichtern.

Viele Dinge, die in Büchern beschrieben werden, dienen der Erschaffung von Atmosphäre. Und so etwas ist auch gerade im Rollenspiel sehr wichtig. Vieles davon ist aber auch als unnötiges Füllmaterial zu betrachten.

Man kann somit behaupten: Je mehr Einzelheiten, desto mehr Atmosphäre.
Da bin ich bei Dir.

Das Ganze schafft mir persönlich aber auch zu viele Verwirrungen und lenkt von wichtigen Dingen ab, wenn es zu überladen wird.

Oft werden Einzelheiten, z.B. gerade bei Raumbeschreibungen, sehr detailverliebt aufgelistet, dass der SL so etwas nur noch als Text ablesen kann.
Aber wozu ist das gut? Das meiste davon interessiert nicht und ist für den Fortgang des Szenarios oder für die Lösung ohne jeden Belang.

Reicht es nicht, wenn das eine Küche ist? Jeder weiss doch, was man hier vorfindet oder vorfinden sollte.

Interessant ist dann nur, wenn die Messerschublade absolut leergeräumt ist.

Zu viel Realitätsnähe ist bei Beschreibungen m.M.n. nicht gut, da alles nur eine Simulation ist, die im Kopf der Spieler stattfinden.
Ergo. Man muss als SL versuchen, unnötige und unwichtige Details zu vermeiden, denn oft fällt noch nicht einmal das Offensichtliche den Spielern auf.

Mir hilft es bei Personen, wenn es zu einem wichtigen NSC ein einzelnes, grobes Unterscheidungsmerkmal gibt.
Frau - bezaubernd
Kind - frech
Mann - Hakennase
Frau - grünes Kleid
Mann - seltsamer Name
Mann - Tick

Interessieren sich die Spieler näher für einzelne NSCs, dann füge ich vielleicht noch Einzelheiten hinzu, die ich mir spontan überlege und erst dann meinen Unterlagen hinzufüge.

Ich weiss noch, wie ich in den ersten Jahren meines Rollenspiels die NSCs auch immer sehr genau ausgearbeitet habe. Für NARRENBALL hatte ich eine mehrere Seiten lange Liste.
Die meiste Arbeit davon war für die Katz.
Und bis ich so etwas nachgeschlagen konnte, improvisiere ich jetzt wesentlich lieber.

Aber, wie immer, ist das natürlich alles Geschmackssache.
Weil ich immer wieder "überladen" lese..
Ich vermute Du hast eine falsche Vorstellung davon, was wieviel beschrieben wird.
Stell Dir vor, Du hast eine Kamera. Mit der kannst Du ransumen, falls nötig,  oder nur vorbeischwenken. (Die Kamera ist das, was die SC von ihrer Position aus sehen. )
Meine Personenbeschreibungen waren für den Moment eines persönlichen Gespräches gedacht.
Der Graf von Griech steht einem SC direkt gegenüber, der natürlich auf Auffälligkeiten achtet, da er gerade einen Mord aufklären soll.
Sieht man einen NSC  nur von weitem, gibt es all diese Details nicht.
Auch nicht im Vorbeigehen.
Ähnlich verhält es sich mit Räumen.
Schaue ich da nur kurz rein? Oder suche ich darin und nehme mir Zeit?
Alles eine Frage der Perspektive.


Edit.
Wichtige Fragen sind also :
1.Entfernung : Wie weit sind die SC weg?
Je näher desto mehr Details erkennbar.
2. Dauer : Wie lange haben sie Gelegenheit etwas zu betrachten?
Je länger desto mehr Details/Besonderheiten erkennbar.
3. Fokus : Worauf wird geachtet?
Was sagen die Spieler,  worauf sie sich fokusieren?
Je klarer der Fokus oder Verdacht, desto gezielter die Ergebnisse.


Edit.
Lauter Details obwohl die Figur weit entfernt ist, und auf nichts speziell achtet -wären unnatürlich. Sowas mag ich auch in Büchern nicht. Die "Kamera" sollte in der Situation dem Blick des Protagonisten folgen,  und nur das zeigen, was auch von der Position aus wahrgenommen werden kann.
« Letzte Änderung: 20.08.2020 | 13:34 von Issi »

Offline Derius

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #13 am: 20.08.2020 | 14:34 »
Wie hätte der zufällig abwesende Banditenboss in der "Entdeckerreise-Variante" weiter gespielt werden können?

In diesem Fall war von mir ja schon relativ gut ausgeplant, warum er abwesend war und wie es nach der Entdeckung davon weitergeht. Die SC sollten Hinweise auf den Verbleib finden (das Interesse daran, ihn zu verfolgen ist verankert in der Hintergrundstory eines SC und die anderen SC machen da mit, um diesem SC zu helfen und um dafür belohnt zu werden - gleichzeitig ist auf diesen Banditenboss ein Kopfgeld ausgesetzt, so sind sie auf ihn gestoßen und der eine SC kannte ihn wie gesagt aufgrund seiner Hintergrundstory).
Also worauf ich hinauswill: Ich finde Deinen bzw. Euren Ansatz - also als ganze Gruppe das Spiel zu erleben und zu entdecken - schon gut eigentlich. Doch dabei gibt es ja letztlich einen "Intensitätsstrahl". Auf der einen Seite steht Railroading pur und auf der anderen Seite ganz freies Sandboxspiel. Und ich habe das Gefühl, dass ich mehr zu Railroading tendiere als Du, zumindest teilweise. Ich mache mir schon recht viele Gedanken über die Story (das beinhaltet aber auch das Einbinde von Hintergrundstorys der SC; wann immer ein Spieler zu mir kommt und mir dieses und jenes über seinen SC erzählt binde ich das gerne ein) und möchte letztlich, dass auch diese Story erlebt wird. Allerdings versuche ich wiederum innerhalb dieser Story so wenig wie möglich vorzugeben. D.h. den SC ergibt sich ein Ziel (da sag ich aber auch nicht "Das ist jetzt euer Ziel, basta!", sondern gestalte Story und Welt eigentlich so (zumindest bemühe ich mich), dass sich die SC aufgrund ihrer eigenen Motivation dieses Ziel setzen), aber wie sie dieses erreichen, liegt grds. an ihnen. Natürlich klappt das aber auch nicht, ohne dass ich die Welt soweit plane, dass es Möglichkeiten gibt, dieses Ziel zu erreichen. Angenommen die SC müssen/wollen einen gottgleichen Erzdämon bezwingen, dann muss es ja irgendwie die Möglichkeit geben, dass das auch gelingt. Z.B. müssen sie irgendwo in einer alten Ruine eine alte Engelswaffe finden können, die den Sieg ermöglicht. Wenn ich mich da nur nach den SC richten würde, dann hieße das ja, dass ihre Ideen seltsamerweise immer zum Erfolg führen - wohingegen es mir eigentlich sinnvoll erscheint, dass Ideen auch mal fehlgehen können.

Diese Freiheit, ihre Ziele nach ihren eigenen Ideen erstmal verfolgen zu können, möchte ich aber auch in einzelnen Szenen unterbringen. Nicht nur die SC, sondern auch die Spieler sollen wirklich entdecken können. Das fände ich jedenfalls gut.

Aktuell ist mein Standpunkt, dass Schlüsselszenen so gut ausgearbeitet und präsentiert werden sollten, dass die Spieler sich wirklich wie in dieser Szene fühlen und dementsprechend frei und entdeckerisch handeln können. Daneben versuche ich mit etwas Player Empowerment allgemein mehr Leben in die Welt zu bringen, ohne dass das SL sein zum Vollzeitjob wird. :)

Offline Issi

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #14 am: 20.08.2020 | 19:13 »
Aktuell ist mein Standpunkt, dass Schlüsselszenen so gut ausgearbeitet und präsentiert werden sollten, dass die Spieler sich wirklich wie in dieser Szene fühlen und dementsprechend frei und entdeckerisch handeln können.
Nur um evtl. Unklarheiten auszuräumen:
Das können sie mit den SL Beschreibung ebenfalls. Sie müssen sich dabei aber nicht selbst einfallen lassen, was sie entdecken, sondern können sich vom SL überraschen lassen.

Funktioniert also auch für eine Sandbox. Mit und ohne Plot. Die Spieler legen selbst fest, was sie wie wo erkunden wollen. Von der SL kommt dann quasi die Schilderungen der Spielwelt,  bzw. Interaktionen mit den NSC.
Es begrenzt die Entscheidungsfreiheit der Spieler also nicht.
Was es schon begrenzt,  ist die Verantwortung bzw. das Recht zur "Miterschaffung der Spielwelt. " (Ich kann mir als Spieler mit der Methode nicht selbst irgendwelche NSC aus dem Hut zaubern. Oder festlegen ob ich eine Aktion schaffe. Dafür kann ich mich als Spieler voll auf meine Figur konzentrieren )

Dass bedeutet etwas mehr Arbeit für den SL. Und gehört bei klassischer Spielweise auch zum Job.
Ob das als belastend wahrgenommen wird,  hängt vielleicht auch vom SL Typ ab. 
Umgekehrt gilt bei Player Empowerment natürlich auch: Die Spieler sollten an dem "Mehr an Arbeit /Verantwortung " Spass haben.
Spannung entsteht ja für gewöhnlich durch "nicht wissen,  was einen erwartet" bzw. durch "Überaschung. " (Da ist was da, ich weiß noch nicht was. Und ich habe auch keinen Einfluss darauf, nachträglich zu bestimmen,  was es ist. )

Selbst bestimmen zu können, was sich wo verbirgt, könnte diese Spannung des Entdeckens uU. mindern.

Das ist, wie wenn ich ein Überraschungs Ei aufmache -aber selbst bestimmen darf, welches Spielzeug drin ist.




« Letzte Änderung: 20.08.2020 | 19:24 von Issi »

Offline Derjayger

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #15 am: 20.08.2020 | 19:33 »
Will kurz einwerfen, dass ich solche Beschreibungen:

Beispiel :
Graf von Griech(um die 60 Jahre)

-Blutfleck am Ärmel(Alte Klamotten )
-Überbiss
-Schaut Gesprächspartner nicht in die Augen

viel lieber mag als ellenlages Geschwafel darüber, wie jemand seinen Hof kehrt oder wie die Axt den Kobold spaltet.
D&D 5E Quick-Combat (Mechanik, um Kämpfe erzählerisch und schnell als Group-Check abzuhandeln) -> wieder online

D&D 5E Buying Magic Items (Wie man 1. Inventar von Magiegeschäften generieren und 2. mit der Suche nach spezifischen magischen Gegenständen umgehen kann)

Offline Zed

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #16 am: 20.08.2020 | 20:30 »
Auf der einen Seite steht Railroading pur und auf der anderen Seite ganz freies Sandboxspiel. Und ich habe das Gefühl, dass ich mehr zu Railroading tendiere als Du, zumindest teilweise.

Sandbox und Railroading - ich fühle mich nicht ganz wohl mit diesen Begriffen, denke aber wie Du, dass wir beiden, wie die meisten SLs, irgendwo dazwischen liegen. Obwohl ich "sandboxiger" sein mag, habe ich zB gar keine Probleme mit Flaschenhalsepisoden, gerade zu Beginn eines weiteren Kapitels der gemeinsamen Reise.

Um für einen etwas freieren Ansatz zu werben: Die Bandenbossgeschichte wäre (in meinem neuen Bild eines gemeinsam geschriebenen Reiseberichtes*) wohl inmitten eines Kapitel gewesen. Inmitten von Kapiteln bereite ich die nächste Sitzung eher als Reaktion auf die vorherige vor. Wenn die Gruppe Interesse an der Abwesenheit und die Schriften des Bosses gezeigt hätte, dann hätte ich in für die nächste Sitzung entsprechend vorbereitet. Wenn die Gruppe mit den Gegnern, die sie besiegt hatten, zufrieden gewesen wäre, dann hätte ich ihn einfach wegfallen lassen oder ihn nochmal in der Richtung ausgespielt, wie ich es oben beschrieben habe.

Ich mache mir schon recht viele Gedanken über die Story (das beinhaltet aber auch das Einbinde von Hintergrundstorys der SC; wann immer ein Spieler zu mir kommt und mir dieses und jenes über seinen SC erzählt binde ich das gerne ein) und möchte letztlich, dass auch diese Story erlebt wird.

...

Diese Freiheit, ihre Ziele nach ihren eigenen Ideen erstmal verfolgen zu können, möchte ich aber auch in einzelnen Szenen unterbringen. Nicht nur die SC, sondern auch die Spieler sollen wirklich entdecken können. Das fände ich jedenfalls gut.

Aktuell ist mein Standpunkt, dass Schlüsselszenen so gut ausgearbeitet und präsentiert werden sollten, dass die Spieler sich wirklich wie in dieser Szene fühlen und dementsprechend frei und entdeckerisch handeln können.
...

Ja, die Gedanken mache ich mir auch, nur vielleicht mehr für die wirklich großen Meilensteine der Geschichte - und die kleinen Meilensteine dazwischen bearbeite ich "reaktiver", mehr im Flow.

Zweimal hatte meine Gruppe mir meinen Plot verweigert, den ich (als nächstes Kapitel) recht gut vorbereitet hatte. Einer sollte in Trollheim stattfinden, aber die Spieler hatten gar keine Lust, ständig auf eine Neandertalergesellschaft acht zu geben. Das tat weh, aber viele Ideen aus Trollheim habe ich woanders unterbringen können.

Heute würde ich Trollheim weniger ausführlich vorbereiten und darauf bauen, dass ich mit etwas Improvisation schon bis zum Ende der Sitzung durchhalte und dann Zeit zwischen den Sitzungen habe, das aktuell notwendige Stück Trollheim auszuarbeiten.

Auch ich habe Szenen, auf die ich mich schon freue sie auszuspielen. Entweder die großen Momente, die die jahrzehnte dauernde Kampagne betreffen, oder die Momente, die sich aufgrund des Flows bald ergeben. Aber beide Arten von Schlüsselszenen erzwinge ich nicht, auch wirklich statt zu finden.

*Für das Exposee der Story fühle ich mich zu 90% verantwortlich, die restlichen 10% stammen aus den Originstories der Spieler. Für das Skript aber sind Spieler und ich vielleicht 40 zu 60 Prozent beteiligt, nach meinem Gefühl.

Offline Issi

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #17 am: 21.08.2020 | 07:28 »
Will kurz einwerfen, dass ich solche Beschreibungen:

viel lieber mag als ellenlages Geschwafel darüber, wie jemand seinen Hof kehrt oder wie die Axt den Kobold spaltet.
Mir geht es so:
Beschreibungen sollten einen Sinn haben.
Oder anders: Sie sollten ihren Sinn nicht verlieren. (In Büchern wie im Rollenspiel )
Warum etwas beschreiben, was den Zuschauer/Leser überhaupt nicht interessiert?
(Das schafft häufig nicht mehr Atmosphäre sondern Frust)
Wenn man etwas ausführlicher beschreibt, dann mMn. deshalb, weil sich der Betrachter dafür interessiert.
Also etwas in seinem "Betrachtungsfokus" ist.  Das ist bei wichtigen NSC -denen er auf den Zahn fühlen muss, um einen Mord aufzuklären idR.  der Fall.
(Es ist ja auch noch eine Spannung da, wie bei einem Krimi,  welcher der Anwesenden es war)
Wenn man da ein paar Sätze länger verweilt,  um Hinweise so zu verstecken, dass der Spieler genauer zuhören muss, dann tut das für gewöhnlich niemandem weh.
Gleiches gilt für die Untersuchung der privaten Gemächer, der Verdächtigen.
Auch hier dürfte es die Spieler nicht stören, etwas länger zu verweilen, um nach Hinweisen zu suchen.
(Schließlich ist ja noch spannend, wer was zu verbergen hat).

Wäre der, der seinen Hof kehrt,  einer der Hauptverdächtigen,  und könnte man durch seine Art und Weise den Hof zu kehren irgendwas Wichtiges über ihn herausfinden (Vielleicht welchen Abdruck seine Schuhe hinterlassen oder dass er mit dem linken Fuss leicht hinkt -alles Indizien, die für den Fall wichtig sind), dann wäre das vielleicht auch spannender.
Und ein paar Sätze der Beschreibung wert.
« Letzte Änderung: 21.08.2020 | 07:30 von Issi »

Offline Maarzan

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #18 am: 21.08.2020 | 08:23 »
Bezgl. Fokus:
Um den Fokus zu fangen muss aber erst einmal etwas da sein. Auch im Ultraweitwinkel bekommst du einen ersten Eindruck.
Das Problem: jede Person hat dann ihre eigene Mustererkennung, welche diesen Fokus leitet: Der Dieb sieht den Wohlstand der Bürger, der Kämpfer die Sicherheitselemente, der Kleriker die Kirchen und der Magier den Buchladen und der Barbar die Kneipe, zumindest sind das die Elemente, welche am ehesten seine Aufmerksamkeit ziehen und dann je nach Qualität dann auch die passenden Details zeigt.
« Letzte Änderung: 21.08.2020 | 08:25 von Maarzan »
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Issi

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #19 am: 21.08.2020 | 08:33 »
Bezgl. Fokus:
Um den Fokus zu fangen muss aber erst einmal etwas da sein. Auch im Ultraweitwinkel bekommst du einen ersten Eindruck.
Das Problem: jede Person hat dann ihre eigene Mustererkennung, welche diesen Fokus leitet: Der Dieb sieht den Wohlstand der Bürger, der Kämpfer die Sicherheitselemente, der Kleriker die Kirchen und der Magier den Buchladen und der Barbar die Kneipe, zumindest sind das die Elemente, welche am ehesten seine Aufmerksamkeit ziehen und dann je nach Qualität dann auch die passenden Details zeigt.
Jepp.
Und im Prinzip leiten die Spieler ja auch selbst ein,  was sie sich näher bzw. genauer anschauen.
So fragt der Spieler des Diebes die SL vielleicht zuerst:" Sind wohlhabende Leute anwesend?"
SL: "Ja,  du siehst von weitem einen Mann der ziemlich wohlhabend aussieht."
Dieb: "Ok,  da gehe ich mal näher ran. Was hat er denn so an Wertgegenständen dabei?"
Darauf kann die SL dann auch eine detailliertere Beschreibung des NSC geben.
(z. B. Älterer Mann, leicht untersetzt, trägt einen kostbaren, moosgrünen Mantel mit Fellkragen, dazu eine schwarze Samtmütze mit roten Federn. An seinem Gürtel hängt ein verziertes Kurzschwert, mit silbernem Griff. Und daneben eine dicke Börse aus Leder.  Er unterhält sich gerade mit einem Weinhändler.)

Gleiches gilt auch für andere Figuren Typen.
Die Spieler sagen idR. ihren Fokus selbst an.

Edit.
Wenn die ganze Gruppe (oder auch nur eine Figur) zum ersten Mal eine bestimmte Szenerie sieht (Markt, Schankstube whatever), dann liefert die SL schon erste Eindrücke .
Bsp. Schankstube.
"Schon beim Eintreten schlägt euch der Dunst von Pfeifenrauch entgegen. Im Inneren der Schankstube  ist es laut. Und ihr seht eine beleibte Schankmaid, die große Krüge durch die Gegend balanciert. Der Raum ist mit dunklem Holz vertäfelt,  und an langen Bänken drängen sich dicht an dicht trinkende und speisende Gäste.
Manche scheinen einfache Bauern aus der Gegend zu sein,  andere wohlhabende Kaufleute. Ein paar Blicke treffen euch als ihr eintretet. Was macht ihr?"

Spieler: "Ist da irgendwo noch ein freier Platz?"

Undsoweiter,  undsofort.

- Die SL bietet also schon Szenen an. A la "was liegt da vor euch/dir."
Aber den Fokus (Was will ich mir dort näher anschauen?) setzen die Spieler selbst.
« Letzte Änderung: 21.08.2020 | 11:03 von Issi »

Offline ArneBab

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Re: Spannende Darstellung
« Antwort #20 am: 22.08.2020 | 11:09 »
So gehts also auch und macht definitiv wenig Arbeit.

[...] a strange-looking weather-beaten man, [...] smoking a long-stemmed pipe curiously carved. His legs were stretched out before him, showing high boots of supple leather that fitted him well, but had seen much wear and were now caked with mud. A travel-stained cloak of heavy dark-green cloth was drawn close about him, and in spite of the heat of the room he wore a hood that overshadowed his face; but the gleam of his eyes could be seen as he watched the hobbits. [...]
He is one of the wandering folk - Rangers we call them [...]
[...] he's known round here as Strider. Goes about at a great pace on his long shanks; though he don't tell nobody what cause he has to hurry.
[...] threw back his hood, showing a shaggy head of dark hair necked with grey, and in a pale stern face a pair of keen grey eyes.

Weniger ist hier mehr.
… Arbeit :-)

Das sind Beispiele aus dem Herrn der Ringe, die JRR Tolkien wahrscheinlich Jahrelang immer und immer wieder überarbeitet hat. Weniger ist mehr, aber das richtige weniger zu finden, das dann mehr ist, das ist verdammt schwer.

weather-beaten, stretched out, supple leather, caked with mud, drawn close, gleam of his eye, wandering folk, great pace, shanks, shaggy head, necked with grey, pale stern, keen.

Jedes dieser Worte trägt gleich mehrere Charakterisierungen. Eine Liste mit passenden Wörtern für eine bestimmte Art von Leuten kann daher die Charakterisierung stark beschleunigen.
« Letzte Änderung: 22.08.2020 | 11:20 von ArneBab »
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«