Jo, ich schreib immer sehr verklausuliert. Ich hatte beim Hören das Gefühlt, zum Ende eurer Diskussion geht ihr tendenziell zu einer (moralische) Bewertung des Komplex über, mit der ihr euch irgendwie selbst sabotiert.
Soweit ich mich jetzt erinnere, vollzieht ihr ausführlich nach, wie Krankheit, Sucht oder Essstörung ästhetisiert bzw. erotisiert wird. Dann arbeitet ihr die problematischen Momente dieser Genussökonomien heraus. Das provoziert bei euch aber auch, dass es sowas wie natürliche Sexualität gebe, wie es das Zitat oben andeutet. Hier muss ich widersprechen. Für mich ist der Punkt der (lacanschen) Psychoanalyse gerade der, dass es keinen sexuellen Instinkt gibt und dies gilt für alle sexuierten Tiere. Der Unterschied zwischen Tier und Mensch ist dann, wie sich der Mangel an der Sexualität inhärenten Wissens ausdrückt, als einfaches Nicht-Wissen oder als das Unbewusste (die schönste mir bekannte Formulierung für unbewusstes Wissen ist "ein Wissen, das sich selbst nicht weiß"). Lacans berühmte Formulierung hierfür ist: "Il n'y a pas de rapport sexuel" (wörtlich meist als "es gibt keinen Geschlechtsverkehr" übersetzt). Dies wird aber häufig dahingehend missverstanden, dass es keine Beziehungen, Geschlechtsverkehr, Geschlechterdifferenz usw. geben kann, es notwendig scheitern muss. Aber so ist das nicht gemeint, sondern dass diese Leerstelle überhaupt erst das Genießen ermöglicht und in-formiert. Weil es an 'natürlicher' Sexualität mangelt, können wir uns darüber streiten, was natürlich sei. Alenka Zupančič legt das umfassend in "Was ist Sex? Psychoanalyse und Ontologie" dar.
Warum also Heroin chic? Ich finde, die naheliegende Antwort ist (entsubstalisierter) Exzess bzw. die Aushandlung wie nah man an diesen Mangel heran kann / soll, insbesondere als Abgrenzung von der 'gesunden' Schönheit der 80er. Wie Zizek es formulierte, die letzten Konsumenten sind Drogensüchtige. Ihr habt auch darauf hingewiesen, dass Kleinbürgerliche (in den unteren Schichten) immer wieder nach Möglichkeiten suchen, die ihnen Genießen beibringen, aber ohne die Folgen ertragen zu müssen. Zizeks Beispiel hierfür ist Titanic, also die kleinbürgerliche Frau, die in den Bauch des Kahns absteigt, um sich für ihr neues Leben in Amerika vorzubereiten. Das melancholische Subjekt, das in der unendlichen Warenvielfalt den eigenen Begehrensgrund verloren hat, versucht im imaginierten Exzess das verlorengegangene Objekt klein a zurückzugewinnen, wäre für mich das Bild.
EDIT: Bzgl. der Lungenkrebserkrankung ist mir zuerst der Film Constantine (2005) eingefallen.