Achtung: Es folgen geisteswissenschaftliches Geschwafel und Spoiler zur Dune-Reihe
Ich bin ja bekennender Dune-Stan und dementsprechend konnte der Flim meinen Erwartungen sowieso nicht gerecht werden. Das ist aber mehr mein Problem als das des Films. So find ich ihn sehr gut. Ich mag die Bildgewalt, die er bei Zeiten sehr gekonnt an den Tag legt (hab den Film leider in nem nicht so guten Kino gesehen, überlege ihn mir nochmal anzusehen um das ein wenig mehr wertschätzen zu können). Auch der Soundtrack hat mir sehr gefallen, hat an den richtigen Stellen das Bild betont.
Inhaltlich fällt mir folgendes auf:
- Die Motivation und Handlung rund um Yueh wird kaum bearbeitet. Das ist nachvollziehbar, aber gleichzeitig auch Schade. Ich weiß nicht genau warum, aber ich halte die Szenen a) wo Yueh Paul die OK-Bibel gibt und b) in der Yueh mit Jessica redet für relativ wichtig. Wir wissen nichts über die imperiale Konditionierung und letztlich das Novum, das das Manöver Harkonnens irgendwie bezeichnet - dass die Konditionierung gebrochen wird. Gerade was b) betrifft kann ich es aber nachvollziehen, da hier (soweit ich mich erinnere) sehr viel mit innerem Monolog gearbeitet wird und das nur sehr krampfig im Film darstellbar ist. Das scheint mir generell in Bezug auf eine Verfilmung von Dune ein Problem zu sein.
- Scheinbar wurden Feyd und Rabban zu einer Person vermengt. Vielleicht ziehen sie den aber auch im nächsten Teil aus dem Hut. Man weiß es nicht. Die Figuren zusammen zu ziehen macht so gesehen Sinn, weil die Bedeutung von Feyd sich irgendwie erst im Nachhinein herausstellt, nämlich dass Feyd der potentielle Vater des Kwisatz Haderach werden sollte (wäre Paul weiblich geboren worden) und so zumindest irgendwie den Antipol zu Paul darstellen würde. In Hinblick auf dieses Thema ist auch die Frage ob Hasimir Fenring in dieser Verfilmung auftauchen wird. Er tut zwar relativ wenig für den Plot aber ist für die Mythologie der Welt durchaus wichtig.
Was ich spannend finde ist, dass Villeneuve die ödipale Komponente der Erzählung zu betonen scheint (und die ist definitiv auch im Buch stark da). Besonders ins Auge sticht da die Szene, in der Paul und Jessica nach dem Absturz ihre Anzüge anziehen. Hier sehen wir sehr deutlich Jessicas Blick auf den nackten Paul. Auch später tritt Jessica oft in Situationen auf (oder wird gezeigt) in denen Paul und Chani anbandeln. Auch die Tatsache, dass Paul letztlich mit dem Steinbrenner geblendet wird verweist ja per se schon auf Ödipus.
Bzgl Paul und Mary-Sue würd ich Waldviech zustimmen. Die gesamte Geschichte ist so aufgebaut, dass sie letztlich die klassische Heldenreise dekonstruiert und dabei letztlich ihren totalitär-perversen Kern entlarvt. Paul ist literally der gezüchtete Messias. Er kann, nachdem er das Wasser des Lebens getrunken hat, durch Raum und Zeit sehen und damit alle möglichen Outcomes sehen. Mächtiger gehts nicht. Und damit sieht er auch an einer Stelle das, wozu er selbst letztlich führen wird: Den Djihad und den Fanatismus seiner Jünger. Interessant ist hier, dass Paul ja selbst mit sich zweifelt als er das sieht. Hier gibt es eine Szene (im Buch wie auch glaub ich im Film), die seinen Kampf mit dem was sein wird sehr gut abbildet. Dabei wirft er Jessica vor, zu was sie ihn letztlich gemacht hat. Hier finden wir vielleicht ein abgewandeltes christliches Motiv: Das von Jesus im Garten von Getsemane oder auch am Kreuz ("Mein Gott, warum hast du mich verlassen?"). Gleichzeitig gibt es durch den Namen eine klare Identifikation mit dem Apostel Paulus (Paul bzw sein Großvater Paulus Atreides, der vom Stier getötet wurde und in der ersten hälfte des Films immer wieder durch das Bild referenziert wrid)
Die Wirkung so einer Messiasfigur wird in einer Passage über Stilgar relativ deutlich in der es (schnell aus dem Kopf rekonstruiert) heißt: "Und er wurde vom Fremen Naib zum Werkzeug des Lisan al ghaib". Die ganze weitere Geschichte von Dune zeigt, finde ich, dass, selbst wenn der Messias der Messias ist, der Glaube an ihn eine totalitäre Komponente in sich führt. Paul weiß das vom ersten Moment an aber zieht erst dann die Konsequenzen, als er sich selbst blendet, nur um dann als der blinde Prophet wieder aufzutauchen und das zu verkünden, was er immer schon gewusst hat.
Soweit meine Gedanken zum neuen Dune.