Ich habe ihn nun endlich auch gesehen im Kino, und mein Verdikt ist zwiespältig. Ich wurde unterhalten. Aber als Dune Film war es eine zumindest im Nachgang doch eine Enttäuschung.
Würde ich das Buch und den David Lynch Film nicht kennen, wäre das Urteil wahrscheinlich deutlich positiver.
Zumindest die erste Hälfte (nennen wir es mal "die große Exposition") fand ich in der Tat deutlich schlechter gelöst, deutlich weniger ausdrucksstark als die David Lynch Version, und insgesamt viel zu "gehetzt". Die gesamte Intrigen wurden bis zur Banalität zurückgeschnitten oder als "common Knowledge" einfach ausgesprochen.
Im Buch besitzen viele Charaktere eine recht komplexe Persönlichkeit mit eigenen Motiven und Konflikten. Hier ist davon so gut wie nichts mehr übrig oder wird recht platt einfach serviert.
Dazu passt dann auch, dass "für den weiteren Verlauf nicht mehr wichtige Charaktere", die aber im Buch deutlich mehr Raum beanspruchen, recht sang- und klanglos getötet werden.
So blieben auch beinahe alle wichtigen Nebencharaktere, wie Herzog Leto, Lady Jessica, die Ehrwürdige Mutter, Piter de Vries, Thufir Hawat, Baron Harkonnen, Dr. Yueh blass, und ihre durchaus komplexen Motivationen wurden nur angeschnitten.
Ich verstehe, dass es eine ganz bewusste Entscheidung von Villeneuve war, diese Komplexitäten der Vorgeschichte, die Charaktere und Intrigen, die vielleicht für die Main Story Line des Aufstiegs Muad'dibs direkt wenig Bedeutung haben, abzuflachen, damit sein Storytelling nicht überfrachtet würde - wie es bei der 19984er Version ja letztendlich der Fall war.
Nichtsdestotrotz wirkt das von ihm skizzierte Universum dadurch deutlich ärmer, die Charaktere deutlich zweidimensionaler und die Storyline insgesamt beinahe stumpf.
Ein bisschen mehr Zeit hätte Villeneuve sich mit vielen Szenen nehmen sollen, und dafür die eine oder andere erfundene Szene weglassen. Nicht, um jeden sub plot zu erzählen, sondern einfach um den Charakteren mehr Tiefe zu geben.
So führte es dann zu der seltsamen Situation, dass eigentlich narrativ wichtige Szenen seltsam schwach bis irrelevant wurden, wie z.B. die (auch noch unnötigerweise veränderte) Harvester-Szene, weil die Aussage über Herzog Leto (die auf einen bedeutungsschwangeren "Blick des Erkennens" und eine Sure von Liet Kynes reduziert wurde) kaum noch Gewicht und Relevanz hatten. Das hatte teilweise eher den Charakter einer Checkliste von Aussagen, die einmal getroffen werden müssen, damit wir Zuschauer später die Storyline für plausibel halten.
Die Szene mit dem Schmerztest, anderes Beispiel, ebenfalls ein unnötig schwach verkürzter Dialog zwischen Paul und der Ehrwürdigen Mutter.
Vielleicht ist da auch einiges in der deutschen Synchro verloren gegangen, das kann ich nicht sagen.
Aber gerade solche Schlüsselszenen, in denen wichtige Konzepte der Geschichte erzählt werden, hätte man sauber inszenieren müssen.
Das Wüstenkapitel fand ich dann deutlich angenehmer zu sehen. Vom Ballast der durchgehechelten komplexen Hintergründe befreit, und mit helleren Wüstenräumen (und sicherlich war der Kontrast gewollt so inszeniert), hatte das ein gutes Tempo, und in der Tat hätte ich auch noch weitergucken können.
Die Besetzung fand ich zu großen Teilen sehr gut. Gerade Thimotée Chalamet gefällt mir deutlich besser als Kyle Maclachlan.
Umso schader, dass halt viele Charaktere so unterwickelt waren. Ich stimme zu, dass die Rolle der Lady Jessica zu weinerlich ausgelegt wurde.
Das Set Design fand ich viel zu monoton. Gerade zwischen Calladan und Arrakis hätte man einen stärkeren Kontrast als den "von grau-in-grau zu sandfarben-in-sandfarben" finden und nutzen können. Ich fand den Brutalismus der Arrakeenischen Innenarchitektur klasse, die Vista von Arrakeen City dagegen seltsam amorph und schlecht, beinahe wie End-90er Lucasfilm CGI. Die Wüste war der Hammer, tolle Locations und tolle (digital) Matte Paintings.
Insgesamt ist Villeneuves
Dune, Part 1 als Film sicherlich deutlich besser als die 1984er Version. Ich freue mich schon auf Teil 2.
Als "Verfilmung eines Epos" überzeugt er mich aber tatsächlich weniger als die alte David Lynch Version.
Ich hoffe daher, dass der zweite Teil noch stärker in die Tiefe der "philosophischen" Konflikte und Themen geht.
Ich empfehle hier übrigens noch mal ausdrücklich das wirlich hervorragende deutsche Hörspiel zum Buch. Gerade für die, die mit diesem Film in das DUNE-Universum einsteigen, liefert es (neben dem Buch selber, logisch) ein Füllhorn an zusätzlichen Themen und deutlich mehr Tiefe. Findet man auch bei Youtube.