Also dürfen nicht einmal die wirklich üblen Waffen gleich tödlich sein. Und daraus folgt, dass vom Dolch noch weniger Gefahr ausgeht. Tja.
Das verstehe ich nicht.
Wenn sowieso alles weniger tödlich ist, warum müssen Dolche dann noch mal spürbar weniger tödlich sein und können nicht "nur" genau so vergleichsweise harmlos sein wie die anderen Waffen?
Und interessanterweise gibt es auf der anderen Seite dann doch ein paar Systeme, die sogar spürbar
tödlicher sind als die Realität und
wegen dieser Tödlichkeit (und dem vermeintlichen Realismus) gespielt werden, wenn auch von einer Minderheit.
Aber deinen Grundgedanken greife ich trotzdem gerne auf:
Aber Dolche und auch Messer sind tödliche und effektive Waffen! Kann mir mal jemand sagen, wieso gefühlt 90% der Rollenspiele sie nicht so abbilden?
Tatsächlich lässt sich das an der Stelle "sauber" beheben, wo man alle Waffen zumindest
potentiell sehr gefährlich macht.
Das macht die Modellierung eben umständlicher, weil man nicht mehr alles unter HP(-Verlust) und den zugehörigen Interpretationen zusammenfassen kann, sondern die Gefährlichkeit einer Waffe an die passende Stelle schieben muss, nämlich:
Wie leicht ist es mit einer bestimmten Waffe unter welchen Rahmenbedingungen, einen tödlichen Treffer anzubringen?
Wenn man mit dem Dolch z.B. gegen einen Gepanzerten viel Vorarbeit leisten muss (zu Boden bringen, teilweise fixieren) und mit einer Stangenwaffe oder einem Kriegshammer mit vergleichbarer Wirkung "einfach so" draufhauen kann, ist der Dolch natürlich so gesehen insgesamt die "ungefährlichere" Waffe. Betrachtet man aber den Zeitpunkt, wo alle Vorarbeit für den Dolch geleistet ist, verschwindet der Unterschied -
wenn man das im Regelwerk sauber modelliert.
GURPS macht es z.B. so, dass bei bestimmten Treffern (die versehentlich oder absichtlich erfolgen können) der Waffen(grund)schaden ziemlich egal ist, weil Schadensboni bzw. -multiplikatoren zusammenkommen, bei denen das Ergebnis auch von der "harmlosesten" Waffe ausgehend deutlich jenseits dessen ist, was ein normaler Mensch so aushält.
Relativ einfach bekommt man das umgesetzt, wenn man dem Dolch im Grappling ein paar passende Sonderregeln verpasst - damit angefangen, dass man damit überhaupt noch angreifen kann
Das geht dann auch auf der Komplexitätsstufe Mongoose Traveller oder Savage Worlds.
Bei vielen Systemen sieht es für mich aber danach aus, als hätte man gar nicht bis zur allgemeinen Tödlichkeit u.Ä. gedacht, sondern nur bis zu: Kleine Waffe/kurze Klinge = weniger Schaden als große, schwere Waffe/lange Klinge.
Was ja auch wieder nicht komplett falsch ist, aber da ist man eben bei der Zuordnung der jeweils notwendigen Trefferqualität besser aufgehoben als bei reinen Schadenswerten.
Andersrum fällt auf, dass explizit unrealistische Systeme wie z.B. Corporation es schaffen, den Dolch konkurrenzfähig zu machen; dann allerdings mit Sachen wie Talenten und Waffengeschwindigkeiten. Gerade letztere sind zwar eine brauchbare Methode, um Waffen mit geringerem Schaden auf Augenhöhe zu kriegen, aber wenn das dann auf andere Systeme übertragen wird, die zumindest realistisch sein wollen (und zwar aus dem falsch beurteilten Grund, dass z.B. in Corporation die Dolche ja gefährlicher sind als in einem anderen System und
deswegen der dortige Ansatz realistischer ist - das Gegenteil ist aber der Fall (!)), ist das wieder ein eigenes Problem.
Das ist dann aber schon ziemlich tief im Thema Designziele und Perspektive auf die Spielmechanik; führt hier ggf. zu weit.