Die Diskussion zerfasert hier ein bisschen. Wollen wir mal festhalten: Im frühen DSA waren die Spielercharaktere
mitnichten vor allem Befehlsempfänger innerhalb einer autoritären Hierarchie (wenngleich dies schon das feudale Umfeld war). Sie waren hingegen fahrende Abenteuer, die A-Team-artig den Fall der Woche (oder des Monats) lösten.
Was allerdings richtig ist: Im Gegensatz dazu hab es im frühen D&D zwei Spielebenen - den Dungeonbash und dann das politische Spiel zwischen den Dungeon-Abenteuern bei denen die SCs im Prinzip ihre eigenen Herrschaftsgebiete aufbauten und verwalteten. Die PESA macht das ja augenscheinlich ja heute auch noch so (also Dungeonbash plus Politik). Das entspricht aber so gar nicht dem Murderhobo-Modell des frühen DSAs. Das limitierend zu finden ist
legitim, aber DSA steckte ja 1994 immer noch halbwegs in den Kinderschuhen.
Womit wir bei dem nächsten Kernfehltritt von Settembrini wären: das absolute Unverständnis für die Zeit in der Kiesows Text geschrieben wurde. Wann und womit hat Set eigentlich angefangen zu spielen? Kennt er nicht den Zustand des DSA-Rollenspiels in den frühen 90ern oder erinnert er sich einfach nicht mehr daran?
Kiesow gehts in seinem Text ganz eindeutig um den Gegensatz Rollplay vs Roleplay. Die frühen DSA-Jahre waren ja von einer Menge Rollplay, speziell Hack & Slash, geprägt gewesen. Aber das langweilt irgendwann, es ist zu wenig, zu dürftig. Außerdem wurden in den 90er Jahren plötzlich ganz andere RPGs dominant: führend in den USA VtM - und etwas dahinter auch SR. Unter diesem Eindruck entstand offensichtlich der Kiesow-Beitrag und an dem Verständnis dafür hapert's beim Set.
Und das kann man ganz deutlich an festmachen:
Set kritisiert Kiesows Wendung 'Echtes Rollenspiel'. Aber
aus dem Kontext ist völlig klar ersichtlich, dass Kiesow hier 'Echtes Rollenspiel' im Sinne von Roleplay vs Rollplay verwendet. Es ist also bei Kiesow 'echtes Rollenspiel' im Wortsinne: das Ausspielen eines Charakters, das Schauspielern. Trotzdem arbeitet sich Set dann daran im Folgenden ab.
Übrigens preist es Kiesow deshalb, weil es für ihn eine
Erweiterung von Rollplay ist, es strebt keineswegs reines Roleplay (er postuliert entgegen Sets Behauptung kein Diktat des s-A) an, sondern Rollplay PLUS Roleplay. Kiesow geht speziell auf den Roleplay-Aspekt hier ein, weil er
im frühen DSA in vielen Runden völlig vernachlässigt wurde. Es ist aber nicht so, dass der Rest unwichtig wäre; er ist schon da.
Was mich zu der These bringt, dass Stimmungsrollenspiel etwas spezifisch deutsches wäre (und, wie bereits widerlegt, der deutschen Romantik geschuldet wäre). Hat Settembrini sich denn nie zB mit den bereits oben erwähnten VtM oder SR beschäftigt? Glaubt er, dass in diesen Spielen Stimmungsrollenspiel keinen Raum findet? Gerade bei Vampire??? Sind diese amerikanischen Publikationen durch die deutsche Romantik beeinflusst? Vollends albern wird es, wenn hassran ihn im Podcast zu recht dazu auffordert mal das "deutsche Stimmungsspiel" mit dem amerikanischen zu vergleichen und Settembrini kleinlaut einräumen muss, dass er das gar nicht kann. Leider lässt der hassran das seinem Kumpel an dieser Stelle durchgehen anstatt nachzuhaken, also muss ich das mal hier machen.
Was mich zu Critical Role bringt und Episode 9 der 2. Kampagne:
Steam and Conversation.
Detaillierte Inhaltsangabe hier:
https://criticalrole.fandom.com/wiki/Steam_and_ConversationWas ist dies anderes als Stimmungsrollenspiel? Und wenn es das ist (und man zeigen kann, dass es davon noch mehr gibt), dann brechen Settembrinis Theorien allesamt wie ein Kartenhaus zusammen.
BUMM!