Dir auch ein gutes Neues.
[...]
Aber ich würde mich freuen, wenn bei manchen Mitmenschen durch die offensichtliche Klugheit ab und an auch mal etwas Freundlichkeit hindurchscheinen und aufblitzen würde.?[...]
Ich wünsche Dir auch ein frohes, erfolgreiches und vor allem gesundes neues Jahr!
Wie gesagt, ich habe fail forward bisher nicht als "klappt trotzdem" verstanden, sondern als "klappt nicht, aber ganz umsonst war es auch nicht".
Ja, so würde ich es auch interpretieren.
Dieser Thread deutet an, dass mein Verständnis von FF falsch ist oder zumindest nicht der gängigen Anwendung entspricht.
Den Eindruck habe ich jetzt, nach all dem was Du geschrieben hast, nicht.
Mir ist halt auch wichtig, so wie du und einige andere schon schrieben, dass ein Fehlschlag des Checks auch ein Fehlschlag in der Fiktion ist. Ich verstehe jetzt auch, dass mein Problem mit FF zum Teil mit meinem "traditionellen" herausforderungsorientierten Stil zusammenhängt. Ich habe nie Fate oder PbtA etc gespielt, dieser Blickwinkel fehlt mir also.
1. Ein Fehlschlag sollte auch ein Fehlschlag sein. FF verstehe ich nicht so, dass ein Fehlschlag in einen Erfolg umgemünzt wird, wie hier durch zweifelnde Mitdiskutanten teilweise suggeriert. Es geht darum, die Geschichte und den Erzählfluss nicht ins Stocken zu bringen.
2. Was den Blickwinkel angeht, würde ich Dich ja gerne spontan zu (wahlweise) einer offenen pbta oder FATE Runde bei einem unserer Vereinstreffen einladen, aber a. Corona und b. sind wir in Aachen, das ist nicht der Nabel der Welt. Wenn Corona vorbei ist, kannst Du mir aber gerne bei Interesse ne PN schicken.
[...]irgendwie fühlen sich für mich geschenkte Erfolge ohne Wurf etwas weniger verdient an.
Ist es denn geschenkt? Hatten die Spieler von sich aus die Idee, dort nach Informationen zu suchen oder hast Du ihnen gesagt: geht mal da hin und sucht?
Ich denke trotzdem, dass meine Idee von FF funktionieren kann. Um bei meinem Beispiel zu bleiben: der Magier findet nicht die Information, die er sucht, aber er findet etwas anderes. Vielleicht ein Ritual, das ihnen helfen kann oder eine Spur, wie er die Information mit Mehraufwand doch bekommt (Verweis auf Band 3, den die Bib aber nicht hat).
Ich hätte gehofft, hier dazu einfach Listen zu erstellen als Udeengeber für "war nicht umsonst".
Nochmal zusammengefasst, wie ich FF als SL einsetze:
FF dient in erster Linie dazu, einen interessanten Erzählfaden beizubehalten. Es dient auf der Spielebene vor allem dazu, den Spieler, der sich mit einer Idee in die Geschichte investiert hat, nicht mit einem
Nichts abzuspeisen. Nicht bestimmte Würfelwürfe/Würfelergebnisse werden
belohnt, sondern eine Investition in die gemeinsam erzählte Geschichte durch Ideen, Taten, Beiträge, etc.. Ein
Fehlschlag unterbricht daher nicht die Handlung, sondern konfrontiert den Spieler mit einer neuen, anderen Situation, denn (wie gesagt) er hat ja nicht
nichts gemacht, sondern
etwas! Insofern ist
suddelny Ogres auch nicht unbedingt ein FF, jedenfalls nicht unbedingt in dieser Situation.
Es wurden schon sehr gute Beispiele genannt: Du findest die Information, aber sie ist verschlüsselt (Geheimschrift, Alte Sprache, etc.). Narrativ bleibt es bei einem Fehlschlag: ich habe die Information nicht! Aber die Geschichte ist an der Stelle nicht abgeschnitten, da ich jetzt entweder den Bibliothekar streicheln muss, damit er mir das Wörterbuch gibt, den grisgrämigen Einsiedler finden muss, der als letzter Überlebender seines Volkes diese Sprache noch spricht, einen Dämon beschwören muss, damit er mit den doofen Folianten übersetzt, etc. pp. was auch immer in DEINE Geschichte konkret passt.
Es ist aber auch vollkommen legitim zu sagen: Du findest nichts! Nada, rien, nothing! Auch
das kann ein Hinweis sein! Selbst in der besten Bibliothek von Welt wo gibt, findest Du keine Information zu dem merkwürdigen Wesen. Das ist
kann auch eine interessante Information sein und die Charaktere weiterbringen.
Der aufgebrachte Mop oder der wütende Bibliothekar ist nicht wirklich ein FF, sondern ein neues Element. Kann man machen, geht dann aber wirklich mehr in die Richtung pbta als D&A12345.
Die von mir beschriebene Sichtweise auf Rollenspiel, die vor allem pbta eigen ist, hat gegenüber D&A12345 und anderen trad. games einen ganz entscheidenden und schweren Nachteil: Sie verändert die reale Balance am Spieltisch. Die meisten trad. games und D&A12345 legen mehr oder weniger großen Wert darauf, balanciert zu sein. Damit bringen sie die Spieler (mehr oder weniger) jedenfalls zunächst einmal alle auf ein gemeinsames Level. Die Sichtweise von pbta verändert aber die Balance am Spieltisch massiv zuungunsten von Spielern, die es nicht gewohnt oder realweltlich nicht so geschickt darin sind, einfallsreiche Geschichten zu erzählen oder einfach etwas zurückhaltend oder schüchtern sind. Damit sind Spiele wie pbta auch weniger inklusiv als D&A12345.
Ein Beispiel: Alle Charaktere könnten zunächst einmal potenziell gleich gut
überreden. Und wenn der eine Charakter das weniger gut kann, dann deshalb, weil er einen Skillwert und 3 und der andere von 87 hat. Dafür kann er aber dann besser Kämpfen, Klettern, Schleichen,
wattauchimmer. Gerade bei Skills wie
Überreden oder
Verhandeln etc. habe ich in der Vergangenheit nicht wenig Ungemach erlebt, wenn der SL darauf bestanden hat, dass die Audienz mit dem Goblinkönig jetzt gefälligst ausgespielt wird und der Erfolg der Spieler von ihrem
tatsächlichen Verhandlungsgeschick abhinge. Es gibt jedoch nicht wenig Spieler, die das weder mögen, noch wollen, aber am
Numbercrunching während der Kämpfe Riesenfreude haben.
Ich habe bei nicht wenigen pbta-artigen Runden erlebt, dass erzählerisch geschickte Spieler andere Spieler, die ihrem Wesen nach eher zurückhaltend oder gar schüchtern waren, regelrecht an die Wand oder ins Abseits gespielt haben. Das zu verhindern, ist für mich in pbta-artigen Runden eine große Herausforderung als SL. Traditionelle Systeme wie D&A12345 bieten da mit ihrer klaren Struktur, der klaren Initiative-Reihenfolge und den klar und absolut berechenbaren Kämpfen einen gewissen Schutz, den viele Spieler sehr schätzen. Sie können also dem Spiel und müssen nicht dem SL Vertrauen.
Darum ist es ein Vorteil, dass trad. games (mehr oder weniger) praktisch keinen narrativen Input durch die Spieler (oder die SL) voraussetzen, um zu funktionieren. Ich habe Runden erlebt, bei denen einzelnte Spieler den ganzen Abend über keinen einzigen Mucks von sich gegeben und nur während der Kämpfe auf Kommando Würfel geworfen haben. Das klingt vielleicht etwas eingeschränkt, der Fakt ist aber: Sie waren aktiv dabei und beteilitg! Und es hat ihnen Spaß gemacht! Bei pbta oder FATE wäre das systembedingt fast nicht möglich.
Ich kann daher sehr gut verstehen, wenn bei Spielern aus der traditionellen Ecke, ein
Fail to Forward wie ein
Cheaten sauer aufstößt. Das Spiel fühlt sich dann weniger symmetrisch an, denn eine Handlung wird fast immer vom gedachten Erfolg her beschrieben: Ich klettere da mal hoch, ich forsche mal nach, ich horche mich mal um. Es wird durch FF nicht
Inkompetenz [sic], sondern Einfallsreichtung und Ideenreichtum belohnt, aber Ideen muss man erstmal haben und zweitens auch formulieren können und vor allem formulieren
wollen! FF gefährdet daher das reale Balancing am Spieltisch enorm.
Die einzige Lösung besteht darin, dies mit den SpielerInnen gleich am Anfang glasklar zu kommunizieren.
(uff... sorry, wegen so viel Text)