Die Dunkelheit unter dem HügelTitel: Die Dunkelheit unter dem Hügel
System: Call of Cthulhu (7. Edition)
Veröffentlichung: Pforten in die Finsternis
Autor: Christopher Smith Adair
Verlag: Pegasus Spiele (Original: Chaosium)
Spieldauer: 4-6 Stunden
Genre/Stil: Dungeon
vorgefertigte Charaktere: nein (die Anthologie enthält aber allgemeine Beispielcharaktere)
Seitenzahl: 23 Seiten
Ort: Providence, Rhode Islands
Zeit: 1920er
Mythosbezug: die Charaktere erforschen die Unterkunft eines Zauberers des Schlangenvolks; im Dungeon kommen außerdem Ghasts und Nachkos (deformierte Menschen) vor
Einstieg: Ein Freund lädt die Charaktere zu sich ein, da er in seinem kürzlich geerbten Anwesen „etwas Unglaubliches“ entdeckt hat
Rezensionsgrundlage: ich habe das Abenteuer geleitet
Worum geht es:Unter der Stadt Providence befinden sich Höhlen und Gänge, die einst vom Schlangenvolk geschaffen wurden und in denen der Schlangenzauberer S’syaa-H’risss auf jene Zeit wartet, in der das Schlangenvolk wieder über die Erde herrschen wird.
Im 18. Jahrhundert entdeckte der Sklavenhändler Elijah Winscott einen der Gänge, der vom Providence River direkt zu seinem Anwesen führte. Als die Gesetze gegen den Sklavenhandel erlassen wurde, wollte er diesen Tunnel nutzen, um weiterhin Sklavinnen in die Stadt bringen zu können. Doch das Vorhaben endete in einer Katastrophe: Die Sklavinnen wurden von Ghasts zerfetzt oder weiter in in die Tiefe geschleppt, weshalb Elijah den Tunnelzugang rasch schließen ließ.
Nun, rund 150 Jahre später, hat Josh Winscott das Anwesen seines Vorfahren Elijah geerbt und ist dort auf den Tunnel gestoßen. Gemeinsam mit den Investigatorinnen möchte er diesen erforschen. Doch bevor es dazu kommt, unternimmt er bereits alleine eine erste Expedition in die Tiefe, von der er nicht zurückkehrt. Möchten die Investigatorinnen ihrem Freund helfen, müssen sie daher ebenfalls in den Untergrund von Providence hinabsteigen, wo sie auf Ghasts, deformierten ehemaligen Sklavinnen („Nachkos“) und S’syaa-H’risss stoßen.
Inhaltliche Kritik:Die Dunkelheit unter dem Hügel ist ein Dungeonabenteuer, wie man es eher von D&D und anderen klassischen Fantasysystemen kennt: Die Investigatorinnen erkunden nach und nach die einzelnen Räume, sind dabei mit Herausforderungen (Hinabklettern, Fallen) konfrontiert und müssen sich mit schrecklichen Kreaturen herumschlagen. Ich war im Vorfeld durchaus skeptisch, ob ein Dungeon-Abenteuer mit Cthulhu funktionieren kann, wurde aber positiv überrascht: Das Erkunden fremdartiger Räume und die ständige Bedrohung durch Angriffe furchteinflößender Wesen sorgen für eine unheimliche Stimmung, die durchaus zu Cthulhu passt. Das Abenteuer bietet dabei auch eine erfrischende Abwechslung von den typischen, eher investigativen Abenteuern.
Die Umsetzung selbst hat mich allerdings weniger überzeugt, da einige Ideen eher albern als originell sind. So gibt es beispielsweise einen „Saal der Musik“, eine Grotte, in der sich eine Art Orgel aus Bronze und Messing befindet, die statt Pfeifen über heulende Totenköpfe verfügt. Besonders gestört hat mich aber, dass die Beschreibungen des Dungeons und der Räume nicht zu einem Gangkomplex passen, der vom Schlangenvolk vor Millionen von Jahren gebaut wurde. Hier hat man, denke ich, viel Potential verschenkt, indem man eher einen 08/15-Dungeon mit Mythoswesen bevölkert hat, statt sich Gedanken darüber zu machen, wie Angehörige des Schlangenvolkes leben: Warum verfügt S’syaa-H’risss beispielsweise über einen Arbeitssessel, der perfekt zur Anatomie von Menschen passt?
Positiv fand ich wiederum, dass die einzelnen Herausforderungen ganz unterschiedlich angegangen werden können. Es gibt nicht nur eine richtige Lösung, sondern die Spielerinnen sind gefordert, kreativ zu werden. Zugleich gibt es auch verschiedene Möglichkeiten, wie das Abenteuer enden kann, wobei der Idealfall, dass Josh Winscott gerettet wird alle Investigatorinnen fliehen können, eher schwer zu erreichen ist und Spielerinnen voraussetzt, die angesichts des übermächtigen Schlangenzauberers nicht kapitulieren, sondern kreative Lösungen finden.
Präsentation und Vorbereitung:Hinsichtlich der Form, gilt dasselbe wie für alle anderen Abenteuer der Anthologie: Es ist sehr viel Text. Die wesentlichen Informationen werden gemeinsam mit einer Vielzahl an stimmungsvollen, letztlich aber irrelevanten, Beschreibungstexten präsentiert. Soweit ich das verstanden habe, war das durchaus eine bewusste Entscheidung der Herausgeberinnen, da sich diese Anthologie an Einsteigerinnen richtet. Ich weiß allerdings nicht, ob es für Einsteigerinnen sonderlich einfach ist, beim Leiten permanent blättern zu müssen.
Ich selbst habe mir fürs Leiten daher eine A4-Übersicht mit den einzelnen Räumen und den wichtigsten Features gemacht und habe dann vor allem auf Grundlage dieses „Spickzettels“ geleitet. Eine solche Übersicht hätte ich mir auch im Abenteuer gewünscht, um der SL Vorbereitungsaufwand zu ersparen. Zugleich muss man dem Abenteuer aber zugute halten, dass die Darstellung wirklich sehr übersichtlich ist. Es gibt sinnvolle Zwischenüberschriften, Hervorhebungen im Text und Textboxen zu bestimmten Themen, wodurch ich stets rasche alle gesuchten Informationen gefunden habe.
Die (wenigen) Handouts sind, wie meist bei Cthulhu, sehr schön gemacht. Über die Bebilderung des Abenteuers hülle ich aber besser den Mantel des Schweigens - die ist einfach nur vollkommen unpassend.
Änderungen:Nachdem ich mit einigen Details unzufrieden war, da sie meines Erachtens nicht zum Schlangenvolk passen, habe ich zunächst Lovecrafts „Die Namenlose Stadt“ gelesen, eine Geschichte, in der ein Forscher eine ehemalige Stadt des Schlangenvolks erkundet. Hier zeigt sich, dass Lovecraft sich deutlich mehr Gedanken zur Architektur und Lebensweise des Schlangenvolkes gemacht hat als der Abenteuerautor. Zugleich bleibt bei Lovecraft aber, wie immer, vieles unklar. Ich konnte aus der Kurzgeschichte wenig Konkretes für das Abenteuer gewinnen und habe mir daher selbst ein paar Gedanken gemacht:
Statt der Orgel gab es im Saal der Musik in mehreren Metern Höhe mehrere Löcher in den Wänden, vor die Felle gespannt waren. Diese Felle wurden von Nachkos getrommelt, wobei die Charaktere diese nicht sehen konnten, und auch den Rhythmus selbst aufgrund der ultratiefen Frequenzen vor allem als Vibration der Luft wahrnahmen. Soweit sie das Trommeln doch erahnen könnte, stellte es einen verstörenden Rhythmus dar, der keinem bekannten Rhythmus entsprach, aber zumindest entfernt an traditionelle karibische und afrikanische Musik erinnerte.
Sessel und Treppen wurden gestrichen, Bücher wurden durch Pergamente ersetzt.
Die Raumhöhe habe ich beibehalten (Lovecrafts Protagonist muss aufgrund der niedrigen Raumhöhe hingegen permanent kriechen), ich habe aber vorgesehen, dass es in der Höhe auch kleinere Gänge gibt, die man erreicht, indem man sich Stalagtiten hinaufschlängelt.
Darüber hinaus den Anfang gestrafft: Als die Investigatorinnen erstmals bei dem Anwesen ankamen, war Josch bei mir bereits in den Dungeon hinabgestiegen. Die im Buch vorgesehene Version, wonach die Investigatorinnen am Abend ankommen, man vereinbart, dass es am nächsten Morgen losgehen soll, Josh aber nachts alleine in die Tiefe hinabsteigt, erschien mir nämlich zu riskant: Warum übernachten die Freund nicht bei Josh im Anwesen? Was, wenn die Investigatorinnen noch am Abend hinabsteigen wollen? Fühlen die Spielerinnen sich nicht gegängelt, wenn ein NPC ohne Not eine solche Dummheit begeht? Vor diesem Hintergrund habe ich die Spielerinnen lieber gleich das leere Anwesen finden lassen, sodass sie von der ersten Minute an selbst entscheiden konnten, was sie tun möchten, statt einen Zeitplan aufgedrängt zu bekommen. Das Handout über den Sklaventunnel, das man eigentlich in der Bibliothek finden kann, habe ich neben anderen Büchern über die Geschichte des Anwesens auf Josh Küchentisch platziert, da es mir naheliegender erschien, dass Josh sich für die Geschichte des Anwesens interessiert, als dass die Charaktere in die Bibliothek recherchieren gehen, wenn ihr Freund verschwunden ist.
Fazit:Wer einmal einen Cthulhu-Dungeon spielen möchte, erhält mit der Dunkelheit unter dem Hügel einige interessante und unheimliche Schauplätze. Ich empfehle allerdings, einige Räume abzuändern, damit das Ganze nicht albern wirkt. Mit etwas Arbeit kann aus dem Abenteuer aber ein spannender und stimmungsvoller Spielabend entstehen. Daneben lässt sich das Abenteuer auch als Ideensteinbruch verwenden, etwa wenn die Investigatorinnen im Zuge eines anderen Abenteuers auf eine Unterkunft des Schlangenvolkes stoßen.
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