Bei D&D haben wir ja ein taktisches Kampfsystem und ein frei verhandelbares Skillsystem. D.h. ab dem Moment, wo ich Initiative würfle, sagen die Regeln ziemlich klar, was geht und was nicht geht (D&D5 ist wirklich sehr vorbildlich was klare Regeln angeht). Aber in allen anderen Szenen ist es immer eine Mischung aus Spieler-Skill, Charakter-Werten und DM-Urteil. Das kann man heiße Luft nennen, ich persönlich nenne es eher „Rollenspiel“.
Ich halte es für Quatsch, wenn Spieler absichtlich nicht ihr Bestes geben, weil ihr Charakter in einem bestimmten Spielwert schlecht ist. Viele, besonders DSA-sozialisierte Spieler betrachten das ja als „gutes Rollenspiel“, ich sehe aber einfach nicht den Gewinn an Spielspaß dadurch. Wenn der Spieler des Barbars mit INT 8 auf die Lösung des Rätsels kommt, dann hat der Barbar vielleicht einen Geistesblitz gehabt oder wenn der Spieler richtig cool ist, findet er eben einen Weg, das rollenkonform einzubringen, lässt seinen Charakter eine „blöde Frage“ stellen, die die anderen auf die richtige Lösung bringt, oder erinnert sich an ein altes Trinklied, in dem die Lösung vorkam, oder was auch immer. Aber als Spieler mit angezogener Handbremse zu fahren, ist doch blöd.
Die Interaktion mit NSCs bildet hier keine Ausnahme, d.h. ich persönlich lasse sowohl die Darstellung des Spielers, als auch den CHA-Wert des Charakters in meine Beurteilung einfließen, bin im Zweifelsfall großzügig und lasse normalerweise nur dann würfeln, wenn der Ausgang wirklich auf der Kippe ist und es auch um was geht. Natürlich macht es am meisten Spaß, wenn ein Charakter mit hohem CHA dann auch von einem Spieler verkörpert wird, der das einigermaßen glaubwürdig darstellen kann, aber ich würde mir nicht anmaßen, jemandem zu sagen, sorry, du bringst es nicht, spiel bitte was anderes. Wenn die Darstellung etwas schwächer ist, lasse ich vielleicht häufiger mal würfeln, wo ich es bei einer guten Darstellung ohne Wurf hätte gelingen lassen.
Für die „erste Reaktion“ von NSCs, also bevor die Spieler überhaupt was gesagt oder gemacht haben, ist CHA für mich nur an dritter oder vierter Stelle entscheidend. Für mich bedeutet CHA nicht Aussehen, da arbeite ich mit Charakterbildern und alle Spieler dürfen sich gutaussehende Bilder aussuchen, unabhängig vom CHA-Wert. D&D5 ist für mich ein cinematisches Regelwerk und jeder darf sexy sein. CHA steht eher für, naja eben das, was auch die Skills abdecken, also im Wesentlichen die Fähigkeit, andere zu Beeinflussen (mit welchen Mitteln auch immer). Statt dessen hängt die „erste Reaktion“ eher von folgendem ab:
- Wer der NSC ist, was er ggf. schon von den Charakteren gehört hat, was er ggf. von den Charakteren wollen oder befürchten könnte.
- Welchen (erkennbaren) Hintergrund die Charaktere haben (Noble wird anders behandelt als Outlander, Zwerg wird je nach Ort ggf. anders behandelt als Mensch oder Elf oder Tiefling).
- Welche Stufe die Charaktere haben, wie sie gekleidet und ausgestattet sind, wie gepflegt oder unordentlich, wie bedrohlich oder friedlich sie auftreten etc.