Meine Meinung:
Kinotipp: The Punisher
USA 2004, ca. 124 min.
R: Jonathan Hensleigh
Deutschlandstart: 10.06.2004
Waffen, Blei, ein einsamer Held gegen das Verbrechen – klingt nach Western, ist aber klassisches Hollywood-Action-Kino. Die Comic-Verfilmung "The Punisher" erweckt das Rachefeldzug-Genre wieder zu altem Glanz.
(07.06.2004) Frank Castle (Tom Jane), Ex-Delta Force-Kämpfer und FBI-Agent, will nur noch diesen einen Job machen. Danach würde er sich ein friedlicheres Leben als in der Vergangenheit wünschen – doch ein Zwischenfall verändert alles. Denn sein vom FBI unterwanderter Waffendeal kostet den Sohn von Unterweltboss Howard Saint (John Travolta) das Leben. Und dessen Frau Livia (Laura Harring) verlangt nach Rache. Castle soll genauso leiden wie sie nach dem Verlust ihres Sohnes.
Die Folgen: Auf einem Familientreffen löschen Saints Schlägertrupps Castles gesamte Familie aus – doch er selbst überlebt. Mit einer Kugel in der Brust rettet er sich aus dem Flammenmeer. Und das Einzige, was ihm bleibt, ist ein T-Shirt mit einem Totenkopf.
Das ist die Geburtsstunde des „Punisher“ (engl.: "Bestrafer"). Denn nun beginnt Castle einen gnadenlosen Kreuzzug gegen Saint und dessen Verbrechensimperium. Er sieht seinen Kampf nicht als Rache, sondern als Bestrafung an – und die ist nicht gerade zimperlich. Denn er tötet seinen Gegner nicht nur, nein, er quält ihn und nimmt ihm nach und nach alles, was ihm heilig ist: sein Geld, sein Imperium und seine Ehe.
Mit Köpfchen und MG gegen den Rest der Welt
Tom Jane war lange nur ein Randschauspieler, den kaum jemand neben Größen wie John Travolta (gemeinsam in „Face/Off“, USA 1997) oder in B-Filmen wie „Deep Blue Sea“ (USA 1999) wahrgenommen hat. In den letzten Jahren ergatterte er erfolgreichere Rollen und spielte sich zuletzt in „Dreamcatcher“ (USA, 2003) hinauf in größere Hollywood-Produktionen.
Als „Punisher“ dürfte ihm nun die größte Publikums-Aufmerksamkeit zuteil werden – nicht zuletzt dank seines unverbrauchten Gesichts.
Denn Frank Castle, den knallharten und unnachgiebigen „Bestrafer“, gibt er mit dem gleichen stoischen und verkniffenen Gesicht, mit dem er in der Tradition eines Steven Seagal, Clint Eastwood oder Charles Bronson steht - Institutionen des amerikanischen Rachefeldzug-Kinos.
Allerdings hantiert der „Punisher“ weniger mit der Fünfundvierziger wie einst „Dirty Harry“ - vielmehr mit etwas mehr Köpfchen, schweren Militärwaffen, Messern und einer gehörigen Portion Gemeinheit.
Travolta hingegen gibt den Part des Oberbösewichts mit gelassener Routiniertheit - man kennt das aus "Password Swordfish" (USA 2001, R: Dominic Sena), wo sich die Macher von "The Punisher" wohl auch Howard Saints Frisur geborgt haben.
Story und Charaktere glaubwürdig
Einst gab der Schweden-Riese Dolph Lundgren in einer B-Verfilmung dem „Punisher“ ein reales Gesicht – ein einziges Actionfeuerwerk ohne große Story.
Was den neuen „Punisher“ ausmacht, ist genau das, was damals fehlte: eine glaubwürdige Story mit Charakteren, die nicht so einfach schwarzweiß zu sehen sind. Denn Castles Methoden sind oft genauso brutal und rücksichtslos wie die seines Gegners Saint.
Dabei kommt aber auch eine gehörige Portion Humor und Selbstironie nicht zu kurz: In einem der legendären Comics erhält Castle blutigen Besuch vom „Russen“, einem unglaublichen Muskelkoloss – im Film dargestellt durch den Ex-Wrestler Kevin Nash, der den im Vergleich dazu lächerlich klein wirkenden „Punisher“ heftig aufmischt.
Die Bilder und Kamera-Einstellungen wirken fast spartanisch, immer konzentriert auf die Personen, untermalt von kühlen Farbtönen und düsteren Settings – passend zur hoffnungslosen Grundstimmung des Films.
„The Punisher“ ist ein Produkt der Marvel Comics – kein Superheld, sondern ein einsamer Mann, der von einem starken Willen und dem Glauben an die Gerechtigkeit seiner Taten angetrieben wird.
Doch Frank Castle ist nicht unumstritten. Denn die Comic-Figur ist die gewaltverherrlichende Ikone der Siebziger, der einst als Nebencharakter eines „Amazing Spiderman“-Comics begann und dann sogar eine erfolgreiche eigene Heftserie erhielt – natürlich mit viel Blei, Gewalt und einer gewissen Portion Sadismus.
Der Film ist eine Fortsetzung dieser alten Rache-Kreuzzug-Tradition ohne große Schnörkel, eben echtes Männerkino in geradliniger Manier der Siebziger und eine Hommage an eine erfolgreiche Comic-Figur. Die unverhohlenen Gewalt-Szenen im Film sind nicht jedermanns Geschmack, aber wer den „Punisher“ verfilmen will, kommt eben nicht drum herum.