Autor Thema: Was darf/soll gleich funktionieren?  (Gelesen 8449 mal)

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Achamanian

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Was darf/soll gleich funktionieren?
« am: 12.06.2021 | 18:43 »
Angestoßen von diesem Thread:

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,119342.msg134995892.html#msg134995892

ein paar allgemeine Fragen und Überlegungen:

Über welche Bereiche hinweg sollte ein System eures Erachtens vereinheitlichen, welche Bereiche sollten sich bewusst regeltechnisch absetzen? Und warum? Ich glaube, da gibt es stark auseinandergehende Meinungen, und mich würden die Gründe interessieren.

Zum einen gibt es die Position, dass möglichst alle Spielhandlungen über gleichbleibende Abstrakte Mechanismen geregelt werden können, sodass z.B. auch eine physische Konfrontation sich auf Regelebene nicht von einem Duell der Willenskraft unterscheidet, oder dem Kampf gegen die Naturgewalten. Starke Beispiele für die regeltechnische Umsetzung dieses Anspruchs sind Fate und Questworlds/Heroquest.

Dann gibt es die Erwartung, dass bestimmte Bereiche sich auch regeltechnisch anders "anfühlen", um ihre Besonderheit hervorzueben (und sie evtl. auch zu einem MiniGame zu machen, das sich vom sonstigen Spielfluss abhebt). Typisch sind da natürlich Kampf und Magie. Wenn man zu OSR-D&Ds schaut, gilt das aber auch für Sachen wie Diebesfertigkeiten (und ich habe durchaus schon gehört, dass Diebesfertigkeiten natürlich D100-Roll-Under sein müssen, weil sie halt nicht das gleiche sind wie Attacken oder Rettungswürfe).

Ich selbst tendiere einerseits stark zum Wunsch nach einem einheitlichen System, was aber in gewissem Maße auch ästhetisch motiviert ist und gar nicht unbedingt so viel mit meiner Spielpraxis zu tun hat. Ich finde Fate z.B. "schön", spiele es aber nicht so gerne. Ich finde es bei modernen D&Ds schön, dass es einheitliche Eigenschaftsboni mit weitgehend einheitlichen Auswirkungen auf die verschiedenen Subsysteme gibt, die diese verwenden, während es mich bei BRP (das ich im Spiel eigentlich lieber mag) stört, dass aus den Haupteigenschaften auf unterschiedliche Arten Werte abgeleitet werden, die auf unterschiedlichen Skalen operieren (Schadensbonus als Würfelgröße, Trefferpunkte als Zahlenwert, je nach genauem System auch Skillboni, Erfahrungsboni, Aktionspunkte, Initiativeränge ...).

Andererseits bin ich bei Fate dann auch wieder an dem Punkt, an dem ich sage: Ich hätte gerne ein "richtiges" Magiesystem, also eines, das auch auf Regelebene noch ein paar Extravolten und klarere Festlegungen macht. Warum? Keine Ahnung. Damit Magie sich absetzt oder eben potenziell interessante Mini-Spiele erzeugt. Oder vielleicht auch, damit sie sich "real" anfühlt - Magie hat ja an sich erst einmal leicht etwas Beliebiges; wenn man sie dann zum Ausgleich nicht nur innerhalb des Settings, sondern auch innerhalb der Regeln in sehr konkrete, greifbare Mechanismen gießt (im Sinne von "Eine Feuerlanze macht 4W6 Elementarschaden" und eben nicht nur "eine Feuerlanze ist eine Offensivaktion, die als solche nach den üblichen Regeln abgewickelt wird), erscheint sie vielleicht "verbindlicher" und dadurch "echter". Sicher bin ich mir da aber nicht.

Offline schneeland

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #1 am: 12.06.2021 | 18:48 »
Magie wäre auch für mich der Kandidat, der gerne ein bisschen anders sein darf. Wobei Mechaniken z.B. für göttliche Magie und arkane Magie nicht zwingend verschieden sein müssen (auch z.B. unterschiedliche Spruchlisten oder Zauberdomänen nett sind).
Beim Rest ist es auch bei mir eher so, dass ich Einheitlichkeit angenehmer finde (allein schon, weil es die durch Mechanik erzeugte kognitive Last beim Spielen verringert).

Edit:
Wobei mir gerade noch auffällt, das so etwas wie Hacking auch ein Grenzfall ist, bei dem ich mir nicht sicher bin, was ich eigentlich lieber mag - ich tendiere auch leicht zu einem separaten Subsystem, ggf. mit der Option, das Ganze über eine zusammenfassende Probe abzuhandeln.
« Letzte Änderung: 12.06.2021 | 18:51 von schneeland »
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Offline Maarzan

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #2 am: 12.06.2021 | 19:00 »
Ein wesentlicher Teil meines Spielspaßes ist der Blick auf die Simulation: Wie wird was aus einer Spielwelt dann in Zahlen und Mechaniken abgebildet und wie gut funktioniert das dann, wenn man daran als PC in der Spielwelt dran rumfrickelt oder als SL dann Spieler drauf löslässt.

Für die Spielpraxis kann das theoretisch dann auch mal zu viel werden, aber im Prinzip bin ich da in weiten Bereichen relativ schmerzfrei - auch wenn ggf. die Chance bleibt, dass ein System auch trotz Aufwand einfach fehldesigned sein könnte und der Aufwand damit für Nüsse und eben nicht förderlich.
Aber auch nicht zu offensichtliche Fehler zu finden (und idealerweise dann zu verbessern) kann Spaß machen.
 
Da es noch andere, kleinere Bereiche des Spielspaßes gibt, wird ein Spiel ohne größtmögliche Detailtreue nicht automatisch ungenießbar, aber es wird zunehmend fader und störender und diese anderen Teilbereiche müssten dann entsprechend mehr geschmacksfreundlich umgesetzt werden, um den Verlust an Detailliebe für mich zu kompensieren.

Magie ist nun etwas, was nicht aus unserer Welt übernommen ist, aber auch da mag ich es, wenn es den Anschein erweckt es könnte aus einer "echten" Welt übernommen worden sein und es entsprechende Details gibt, welche es zu entdecken und zu probieren gibt.
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Offline YY

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #3 am: 12.06.2021 | 19:07 »
Das "Exotische" an verschiedenen Bereichen früherer D&D-Regeln ist ja gerade, dass dort schon die Grundmechanismen andere sind.

Heute verläuft die Trennung ja "nur" an der Linie, ob auf den selben Grundmechanismus mehrere unterschiedliche Türmchen gestellt werden oder ob da ein dicker Turm drauf kommt, in den alles rein passt.


Bei FATE u.Ä. stelle ich immer wieder fest, dass mir beim Spielen etwas spielmechanisches "Futter" fehlt.
Mit der klassischen Aufteilung dagegen bin ich ziemlich zufrieden: Grundlegende Mechanismen inkl. Fertigkeiten und dann als darauf aufbauende Bereiche Kampf, Magie, etc. 
Zig verschiedene Magiearten, zwei verschiedene Sorten Hacker und spielmechanisch verschieden beackerte Kampfstile oder auch nur -bereiche (wie z.B. Nah- und Fernkampf) brauche ich dann aber doch nicht.


Also: Ein Grundmechanismus als Fundament und darauf verschiedene, nicht zu große und nicht zu verspielte Türmchen. 
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Colgrevance

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #4 am: 12.06.2021 | 19:11 »
Ich sehe das wie YY. Welche "Türmchen" genau mir die Regeln liefern sollten, hängt wesentlich von Setting und Spielinhalten ab: Wenn ich Hexploration spiele, sollten dann natürlich auch Regelmodule zu Erkundung, Reise etc. vorhanden sein, die ich bei einem Intrigen-/Soziallastingen Spiel nicht wirklich brauche; in einer Postapokalyptischen Welt dürfen gerne Ressourcenverbrauch und andere Surival-Aspekte verregelt sein, in einer High Fantasy-Welt möchte ich das lieber nicht haben. Die Grundmechanismen sollten aber möglichst gleich funktionieren.

Online nobody@home

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #5 am: 12.06.2021 | 19:17 »
Ich bin schon sehr für Einheitlichkeit. Nicht unbedingt gerade fürs Extrem; auch ich habe kein überwältigendes, zwingendes Bedürfnis, wirklich gnadenlos alles durch genau ein und dasselbe Schema F durchnudeln zu müssen. ;D Aber je weniger Ausnahmen und Spezialfälle ich mir merken muß, weil die Regeln beispielsweise im großen und ganzen dasselbe halbe Dutzend einfache Grundelemente zuverlässig wieder und wieder verwenden, um so weniger Sorgen muß ich mir speziell um meine Regelkenntnisse machen und um so mehr kann ich mich auf den Rest des Spiels konzentrieren.

Entsprechend darf denn aus meiner Sicht auch Magie grundsätzlich schlicht dieselben Regelwerkzeuge verwenden wie die nichtmagischen Spielanteile auch. Daß sich die Magie in einem bestimmten Setting im Detail dann wieder grundlegend von der in einem anderen unterscheiden mag, ist ja erst mal weniger ein Argument speziell dagegen als vielmehr eins gegen die Idee, daß man für verschiedene Hintergründe einfach dasselbe konkrete Magiesystem verwenden könnte -- ob sich dessen Regeln nun an den "normalen" orientieren oder ihr komplett eigenständiges Ding sind (mundanes Spiel mit Würfeln, Magie mit Jenga-Turm...? :think:), hat damit eigentlich nichts zu tun.

Offline Megavolt

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #6 am: 12.06.2021 | 19:27 »
Ich bin flexibel, aber wenn man mich mit der Taschenlampe unter der Bettdecke fragen würde, würde ich sagen, ich will lieber überlegene Einzelfall-Modellierungen als die totale Einheitlichkeit aller Modellierungen.

Offline Rorschachhamster

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #7 am: 12.06.2021 | 20:16 »
Nicht sehr überraschend, als alter OSLer bin ich der Meinung das Einheitlichkeit unwichtig ist, solange die unterschiedlichen Regeln klar und knackig sind. RW, Angriffswurf, Diebesfähigkeiten - Ein Wurf mit deutlichem Ausgang. Der Rest ist Rollenspiel, wenn da zu viel Berechnungen und Modifikationen reinspielen, oder gar verschiedene Erfolgsstufen, wird es... mindestens ablenkend.  :)
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DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #8 am: 12.06.2021 | 21:27 »
Im Idealfall gibt es einen Grundmechanismus für alles, der gut darin ist, spezifische Verfeinerungen zuzulassen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Offline Ávila

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #9 am: 12.06.2021 | 22:16 »
Ich bin grundsätzlich misstrauisch gegenüber Systemen, bei denen Einheitlichkeit Designziel ist. Das sind fast immer verkopfte Reißbrettentwürfe, die am Spieltisch eher mäßig funktionieren. Das hat meiner Meinung nach zwei Gründe: Zum einen ist ein Mechanismus, der alles gleich gut abbildet, in keiner Situation wirklich spitze. Zum Anderen ist Abwechselung interessant. Ein immer gleicher Regelmechanismus ist letztlich eine langweilige Spielmechanik.
« Letzte Änderung: 12.06.2021 | 22:27 von Ávila »

Tarendor

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #10 am: 12.06.2021 | 22:37 »
Ich bin grundsätzlich misstrauisch gegenüber Systemen, bei denen Einheitlichkeit Designziel ist. Das sind fast immer verkopfte Reißbrettentwürfe, die am Spieltisch eher mäßig funktionieren. Das hat meiner Meinung nach zwei Gründe: Zum einen ist ein Mechanismus, der alles gleich gut abbildet, in keiner Situation wirklich spitze. Zum Anderen ist Abwechselung interessant. Ein immer gleicher Regelmechanismus ist letztlich eine langweilige Spielmechanik.

Das kann ich nur unterschreiben. Nach einem relativ kurzen Ausflug in den Indie-Bereich (zum Beispiel Fate u.a.)  haben wir gemerkt dass uns das nichts gibt. War einfach langweilig.

Offline KhornedBeef

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #11 am: 12.06.2021 | 22:55 »
Ich tendiere lustigerweise trotz der Ästhetik oft zu einheitlichen Systemen. Ästhetisch finde ich, wenn Regeln die Besonderheit ihrer Fiktion ausdrücken, ihren Geist atmen. Ästhetisch finde ich, wenn man sich mit den Regeln seiner Figur identifizieren kann wie mit ihrem Hut oder Helm.
Warum dann das andere? Zum einen sind die Regeln schneller gelernt, wenn es richtig gemacht wird. Zum anderen sind auch die rulings einfacher: ich brauche weniger Erfahrung mit den mannigfaltigen Spielsituationen. Fate kann man im Elfenbeinturm durchlesen und jede fiktive Situation zumindest ordentlich verregeln, weil es eben kaum Grenzfälle zwischen verschiedenen Regelprinzipien gibt. Wenn ich dann noch dahin ausgehe, dass alle anderen weniger in die Regeln investieren als ich, ist das schon verlockend.
Trotzdem würde ich eigentlich eine hybride Lösung bevorzugen (das ist wohl mit dem Türmchen auch eingeschlossen?). Einheitliche Grundregeln, optionale spielerinnenverwaltete Zusatzregeln. 13th Age macht das ein bisschen, aber ist mir noch zu umfangreich im Moment. Einige neuere Systeme sind da näher dran glaube ich.
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Offline Talasha

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #12 am: 12.06.2021 | 23:01 »
Eine schwere Frage..... ich finde das Grundprinzip sollte ungefähr gleich funktionieren, aber genug Raum lassen um z.B. Göttliche- und Arkane Magie schön differenziert dar zu stellen.
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Offline Gorbag

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #13 am: 13.06.2021 | 00:45 »
Ich finde entscheidend bei der Frage ist, wo der Fokus liegt in dem System. Da wo der Fokus liegt dürfen und sollten sich Regeln auch gerne was unterscheiden. D&D ist z.B. stark auf Kampf getrimmt entsprechend will ich, dass sich ein Krieger und ein Barbar unterscheiden oder ein Magier/Kleriker. Das dürfen (und sollen) eher Detailunterschiede sein, so dass die Regeln im Hintergrund irgendwie ähnlich bleiben, aber wenn Krieger/Barbar regelmechanisch identisch sind, dann ist eine der Optionen rein narrativ und kann gestrichen werden (in einem auf Kampf fokusierten System). Kurzum, da wo der Fokus liegt, will ich auch Details in den Regeln haben aber so, dass das Gesamtsystem sich homogen anfühlt und ein innere Logik verfolgt.

Was diese Regel aber immer sticht, ist wenn eine Regelmechanik mich begeistert. Die darf dann beliebig schlecht zum Rest des Systems passen. Der Hukster der bei Deadlands z.B. über Probe + Pokerspiel zaubert ist in meinen Augen immer noch ein Geniestreich. Es ist egal, dass das sonst keine Regel gibt, die ähnlich funktionert, einfach weil dieses Mini-Game so hervorragend mit dem Fluff des Systems zusammenpasst.

Offline KhornedBeef

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #14 am: 13.06.2021 | 07:35 »
Ich finde entscheidend bei der Frage ist, wo der Fokus liegt in dem System. Da wo der Fokus liegt dürfen und sollten sich Regeln auch gerne was unterscheiden. D&D ist z.B. stark auf Kampf getrimmt entsprechend will ich, dass sich ein Krieger und ein Barbar unterscheiden oder ein Magier/Kleriker. Das dürfen (und sollen) eher Detailunterschiede sein, so dass die Regeln im Hintergrund irgendwie ähnlich bleiben, aber wenn Krieger/Barbar regelmechanisch identisch sind, dann ist eine der Optionen rein narrativ und kann gestrichen werden (in einem auf Kampf fokusierten System). Kurzum, da wo der Fokus liegt, will ich auch Details in den Regeln haben aber so, dass das Gesamtsystem sich homogen anfühlt und ein innere Logik verfolgt.

Was diese Regel aber immer sticht, ist wenn eine Regelmechanik mich begeistert. Die darf dann beliebig schlecht zum Rest des Systems passen. Der Hukster der bei Deadlands z.B. über Probe + Pokerspiel zaubert ist in meinen Augen immer noch ein Geniestreich. Es ist egal, dass das sonst keine Regel gibt, die ähnlich funktionert, einfach weil dieses Mini-Game so hervorragend mit dem Fluff des Systems zusammenpasst.
Ich hatte das oben so verstanden, dass die grundsätzliche Mechanik (wie D20+Mod/Überwürfeln) einheitlich sein soll, nicht die Regeln gleich. Vergleiche Fate: gleiche Würfel, gleiche Erfolgsschritte, gleiche Einbindung von Umgebung/Situation. Trotzdem können ja Krieger und und Zauberer potenziell ganz verschiedene Sachen.
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Offline flaschengeist

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #15 am: 13.06.2021 | 08:14 »
Das kann ich nur unterschreiben. Nach einem relativ kurzen Ausflug in den Indie-Bereich (zum Beispiel Fate u.a.)  haben wir gemerkt dass uns das nichts gibt. War einfach langweilig.

Kann ich auch unterschreiben. Schon bei Savage Worlds war mir das Zaubern zu "flach". Demnächst probieren wir mal für einen "few shot" Tales of Xadia mit Cortex Prime, da ist alles extrem abstrahiert. Würde mich daher sehr wundern, wenn es nicht beim ausprobieren bleibt aber ich bin gespannt.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittelgewichtiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline 1of3

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #16 am: 13.06.2021 | 16:10 »
Oder vielleicht auch, damit sie sich "real" anfühlt - Magie hat ja an sich erst einmal leicht etwas Beliebiges; wenn man sie dann zum Ausgleich nicht nur innerhalb des Settings, sondern auch innerhalb der Regeln in sehr konkrete, greifbare Mechanismen gießt (im Sinne von "Eine Feuerlanze macht 4W6 Elementarschaden" und eben nicht nur "eine Feuerlanze ist eine Offensivaktion, die als solche nach den üblichen Regeln abgewickelt wird), erscheint sie vielleicht "verbindlicher" und dadurch "echter". Sicher bin ich mir da aber nicht.

Muss es denn unbedingt auf Zahlen und Würfel rekurieren, um verbindlich zu wirken? Ich probiere mal ein Beispiel:

Regenmetall
Zur Herstellung braucht man Regen aus dem Großen Sturm, Tonkrüge aus Erde,
die an drei Stellen in der Wüstenei gefunden wird und einen Regenschmied, der für einen Monat täglich über dem eingefangenen Regen singt. Dann entsteht eine silbrige Flüssigkeit mit folgenden Effekte

- Sie hält Obst und Gemüse frisch
- Sie dient als Lügendetektor, wenn du eine Hand reinhälst
- Ein Regenschmied kann sie bewegen
- Ein Regenschmied kann kurze Abläufe programmieren (meist für Kunst)
- Ein Regenschmied kann sie dazu bringen bei bestimmten Reizen die Form zu ändern. Beliebt sind ausfahrbare Klingenwaffen

Ist das verbindlich? Falls ja, muss man sich halt einfach nur mal die Mühe machen, aufzuschreiben was Magie in dem Setting tut.




Offline Colgrevance

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #17 am: 13.06.2021 | 19:11 »
Ist das verbindlich? Falls ja, muss man sich halt einfach nur mal die Mühe machen, aufzuschreiben was Magie in dem Setting tut.

Ich kenne (leider) auswendig gar keine veröffentlichten Spiele, die sich systematisch diese Mühe machen - sowas hat mir z. B. bei HeroQuest Glorantha immer gefehlt. Kannst du mir interessehalber mal Spiele nennen, wo das wirklich so ohne Bezug zu Zahlen und Würfel durchexerziert wird (also nicht nur ein-zwei Beispiele geliefert werden)?

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #18 am: 13.06.2021 | 19:24 »
Ich kenne (leider) auswendig gar keine veröffentlichten Spiele, die sich systematisch diese Mühe machen - sowas hat mir z. B. bei HeroQuest Glorantha immer gefehlt. Kannst du mir interessehalber mal Spiele nennen, wo das wirklich so ohne Bezug zu Zahlen und Würfel durchexerziert wird (also nicht nur ein-zwei Beispiele geliefert werden)?

Ich denke, es gibt unabhängig von der genauen Art der Beschreibung bestenfalls wenige Magiesysteme, die buchstäblich alles aufzählen, was Magie in ihrem Setting kann und auch jemals können wird. So sehr festlegen wollen sich ihre Erfinder dann in der Regel eben doch nicht, weil sich die Magie dann schnell nicht mehr "magisch" (hier im Sinne von: flexibel als Handwedelwerkzeug einsetzbar) genug anfühlt.

Achamanian

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #19 am: 13.06.2021 | 19:56 »
Ich denke, es gibt unabhängig von der genauen Art der Beschreibung bestenfalls wenige Magiesysteme, die buchstäblich alles aufzählen, was Magie in ihrem Setting kann und auch jemals können wird. So sehr festlegen wollen sich ihre Erfinder dann in der Regel eben doch nicht, weil sich die Magie dann schnell nicht mehr "magisch" (hier im Sinne von: flexibel als Handwedelwerkzeug einsetzbar) genug anfühlt.

Ich glaube nicht, dass das das Problem ist ... die Entwicklung einer "Ritualistik" für Magie würde in meinen Augen sogar potenziell für eine sehr viel "magischere" (also über Symbolismen organisierte) Magie sorgen; das übliche, abstraktere Prinzip von "Tausche magisches Energiequantum gegen konkrete Wirkung" ist ja eigentlich sehr viel technzistischer und wohl eher in der Thermodynamik verankert als in irgendwelchen mystischen Traditionen.

Ich denke, es ist eher so, dass man bei der Entwicklung einer solchen Ritualistik nich darum herumkäme, die Generierung magischer Effekte zu einem Hauptthema des Spiels zu machen (wie das z.B. Unknown Armies macht). Das ist aber in den wenigsten Fällen gewünscht, meist will man ja doch eher den Effekt und dann weiter im Text, und so was wie materielle Kompenenten werden - wenn überhaupt vorgesehen - heutzutage ja selbst bei D&D weitgehend abstrahiert, um sich nicht konkret mit der Buchführung über solchen Kram belasten zu müssen.

Offline Yney

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #20 am: 13.06.2021 | 20:31 »
Mir persönlich liegt es nicht so, wenn die Mechanismen für unterschiedliche Aspekte all zu ähnlich sind. Beispielsweise kann ich einem Magiesystem nicht viel abgewinnen, bei dem z.B. Feuermagie und Blitzmagie eigentlich das gleiche machen, nur eben mit verschiedenen Schadensarten um sich werfen. Und auch zum Thema Magie: Wenn Magie einfach alles kann, dann driftet mir das zu sehr in ein System, dass sich in seinen Effekten immer weiter aufbläht.
Aber wie gesagt: Das ist wie so oft persönliche Geschmackssache. Gerade wenn man Magie mag, bei der es so richtig kracht, dann kann ich mir gut vorstellen, dass man mit einer nach oben offenen Effektskala viel mehr Spaß haben wird.

Ich habe bei Feenlicht die Magie ganz gezielt aus dem abgeleitet, wie die verschiedenen Elemente "funktionieren". Da unterscheiden sich Erdmagie und Feuermagie nicht nur drastisch in ihren Wirkungen, sondern auch ihre Mechanismen laufen ein wenig anders ab. Dennoch haben sie zumindest in der Form von Spruchmagie regeltechnisch die gleiche Mechanik (mit ein wenig unterschiedlichen Werten - Erdmagie ist langsamer). Aber beispielsweise elfische Magie oder die Magie von Priestern besitzt auch ganz andere Mechanismen. Mir gefällt's so besser - das muss aber nicht jedem so gehen.

Und auch bei anderen Dingen habe ich gerne Varianten statt immer gleicher Prozesse, die sich (für mich) dann nur in ihrem Namen unterscheiden.

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #21 am: 13.06.2021 | 20:40 »
Ich glaube nicht, dass das das Problem ist ... die Entwicklung einer "Ritualistik" für Magie würde in meinen Augen sogar potenziell für eine sehr viel "magischere" (also über Symbolismen organisierte) Magie sorgen; das übliche, abstraktere Prinzip von "Tausche magisches Energiequantum gegen konkrete Wirkung" ist ja eigentlich sehr viel technzistischer und wohl eher in der Thermodynamik verankert als in irgendwelchen mystischen Traditionen.

Und umgekehrt wieder sind gerade diese mystischen Traditionen gerne sehr viel neumodischer und "technizistischer" als die schlichte Magie in der gängigen Folklore, die sich damit begnügt, sie einfach funktionieren zu lassen, ohne sie groß zu hinterfragen. Woher kriegen denn dort die einschlägigen Feen, Hexen, Flaschengeister, Zauberer, oder magischen Galoschen ihre Kräfte genau? Kümmert eigentlich keinen, Hauptsache, sie haben sie; insofern würde ich sagen, daß das Phänomen, daß "man meist doch eher den Effekt haben will", schon deutlich ältere Wurzeln haben dürfte als erst speziell die heutige Rollenspielmode oder auch nur das Hobby Rollenspiel als solches überhaupt. ;)

Offline Colgrevance

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #22 am: 13.06.2021 | 22:12 »
Und umgekehrt wieder sind gerade diese mystischen Traditionen gerne sehr viel neumodischer und "technizistischer" als die schlichte Magie in der gängigen Folklore, die sich damit begnügt, sie einfach funktionieren zu lassen, ohne sie groß zu hinterfragen. Woher kriegen denn dort die einschlägigen Feen, Hexen, Flaschengeister, Zauberer, oder magischen Galoschen ihre Kräfte genau? Kümmert eigentlich keinen, Hauptsache, sie haben sie; insofern würde ich sagen, daß das Phänomen, daß "man meist doch eher den Effekt haben will", schon deutlich ältere Wurzeln haben dürfte als erst speziell die heutige Rollenspielmode oder auch nur das Hobby Rollenspiel als solches überhaupt. ;)

Es geht aber auch im Rollenspiel nicht primär um die Frage, woher die Magie kommt, sondern vor allem eben darum, welche festen Effekte sich wie erzielen lassen. Und da schön mystisch vage zu bleiben, ist für Folklore und Literatur natürlich genau die richtige Methode, aber am Spieltisch wollen die allermeisten Spieler in längerfristigen Spielen meiner Erfahrung nach durchaus handfestere Regelungen, die im zweifelsfall auch wiederholbar sind. Und damit natürlich zwangsläufig "technizistischer" anfühlen werden.

Aber das führt jetzt doch arg weit vom Ursprungsthema weg...

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #23 am: 13.06.2021 | 22:35 »
Es geht aber auch im Rollenspiel nicht primär um die Frage, woher die Magie kommt, sondern vor allem eben darum, welche festen Effekte sich wie erzielen lassen. Und da schön mystisch vage zu bleiben, ist für Folklore und Literatur natürlich genau die richtige Methode, aber am Spieltisch wollen die allermeisten Spieler in längerfristigen Spielen meiner Erfahrung nach durchaus handfestere Regelungen, die im zweifelsfall auch wiederholbar sind. Und damit natürlich zwangsläufig "technizistischer" anfühlen werden.

Aber das führt jetzt doch arg weit vom Ursprungsthema weg...

Letzten Endes kommt's ja fürs Spiel auch weniger darauf an, was "die Magie" kann (im Zweifelsfall ruhig erst mal alles, sie ist ja kein Charakter, um dessen "Übermacht" man sich sonst vielleicht sorgen müßte :)), als ganz konkret darauf, was der einzelne jeweils betrachtete Magier kann und was nicht. Fürs Thema relevant wäre demnach also, wie sich Letzteres in Regelform niederschlägt bzw. niederschlagen soll -- nicht dagegen unbedingt so sehr, welche Art von innerspielweltlichem Magietheoriefluff man daran koppeln will (auch wenn der gegebenenfalls sicher auch an und für sich schon interessant sein kann).

Offline ArneBab

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Re: Was darf/soll gleich funktionieren?
« Antwort #24 am: 14.06.2021 | 01:12 »
Was diese Regel aber immer sticht, ist wenn eine Regelmechanik mich begeistert. Die darf dann beliebig schlecht zum Rest des Systems passen. Der Hukster der bei Deadlands z.B. über Probe + Pokerspiel zaubert ist in meinen Augen immer noch ein Geniestreich. Es ist egal, dass das sonst keine Regel gibt, die ähnlich funktionert, einfach weil dieses Mini-Game so hervorragend mit dem Fluff des Systems zusammenpasst.
Huckster sind toll! Auch wenn ich mit meiner Hexe 7 mal an einem Spielabend den schwarzen Joker gezogen habe :-)

Ich denke, dass das daran liegt, dass Magie oft der Kern der Welt ist. Was auch immer die tiefsten Wahrheiten und Designprinzipien der Welt sind, Magie reizt sie bis zum Extrem aus.

Magie für Fate müsste daher, wenn die Welt für die Regeln entwickelt wird, konsequent zuende gedacht in die Fate-Punkt-Ökonomie eingreifen.

Beispiele:

  • Jetzt gilts: Für die nächste Aktion haben Fate-Punkte dreifache Wirkung, oder ihr erhaltet die dreifache Anzahl Fate-Punkte für tolle Aktionen.
  • Alles lebt: Jede kleine Geste erzeugt temporäre Aspekte. Du kannst Boni aus den kleinsten Details erhalten — aber es sind auch alle angehalten, aus kleinen Details explodierende Nebeneffekte zu erfinden. Ein Schmetterling kann einen Sturm rufen. Positive und negative Effekte müssen sich ausgleichen — die Diskrepanz müssen Zaubernde aus ihren Fate-Punkten begleichen.
  • Irrelevanz: Du kannst keine Fate-Punkte einsetzen. Nur noch der Zufall gilt. Kann genutzt werden, um durch Fate-Punkte aktivierte Fähigkeiten zu kontern.
  • Du bist nur, was du bist: Es wird für die nächsten Handlungen nicht gewürfelt. Werte ändern sich NUR noch über Fate-Punkte.
  • Stunt: Erkennt es, wenn SCs Fate-Punkte erhalten oder nutzen.
« Letzte Änderung: 14.06.2021 | 01:14 von ArneBab »
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