Autor Thema: Was ist für euch "balancing"  (Gelesen 10820 mal)

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Offline flaschengeist

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Was ist für euch "balancing"
« am: 9.07.2021 | 18:21 »
In letzter Zeit ist mir beim Hören von RPG-Podcasts immer wieder aufgefallen, dass der Begriff "balancing" sehr unterschiedlich verstanden wird. Ich z.B. verstehe balancing so: Charaktere, die gleiche Charakterressourcen (Erfahrungspunkte, Stufen, Talente etc.) in einen Kompetenzbereich (z.B. Kampf, soziale Interaktion, Wildnis, Wissen) stecken, sollen relativ ähnlich Kompetenzen ernten.

Was ist für euch balancing? Und bitte keine Diskussionen über den Sinn und Unsinn von balancing und darüber, ob das, was jemand darunter versteht, "richtig" ist. Mir geht es darum, ein möglichst breites Bild davon zu erhalten, was so alles unter den Begriff subsummiert wird.
« Letzte Änderung: 19.08.2021 | 08:28 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittelgewichtiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Metamorphose

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #1 am: 9.07.2021 | 18:42 »
Für mich ist Balancing Verhältnissmässigkeit.
Wenn zwei Abenteurer*innen das gleiche Kompetenzniveau (oder Stufe) haben, dass sie dann auch etwa gleich viel Chancen auf Erfolg haben.
Das wird für mich daran gemessen, dass in den verschiedenen Kompetenzbereichen die das System bietet, sie in etwa gleich viel Kompetenz-zuwachs haben konnten. Das alles einfach in der internen Logik des Systems oder der Welt Verhältnissmässig ist. Für mich hat Balancing viel mit Logik und nichts mit ausgeglichenheit zu tun.
Edit: Hatte hier viel mehr Text, kürzte es aber da es ein bisschen zu agedreht war ;)
« Letzte Änderung: 9.07.2021 | 18:46 von Metamorphose »
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Offline Crimson King

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #2 am: 9.07.2021 | 19:01 »
Balancing findet für mich auf zwei Ebenen statt. Zum einen sollten alle Mitspielenden einigermaßen gleichwertige Möglichkeiten haben, in ihrem Sinne zum Spiel beizutragen. Das kann man noch mal in Balancing der Kompetenz und Balancing des Spotlights aufteilen. Je nach Spielrunde ist das eine oder das andere mehr oder weniger relevant.

Zum anderen sollten sie, sofern man dieses Balancing wünscht, mit Herausforderungen konfrontiert werden, die mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln überwindlich sind.
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Offline aikar

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #3 am: 9.07.2021 | 19:13 »
Dass zwei Spieler mit Charakteren der selben Erfahrungsstufe bei üblichem Spielstil dieses Systems das Gefühl haben, gleich fähig und wichtig für den Erfolg der Gruppe zu sein, auch ohne ständigen Eingriff der Spielleitung zum Nachjustieren des Spotlights.
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Online schneeland

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #4 am: 9.07.2021 | 19:22 »
Für mich gibt es da im Wesentlichen drei Dimensionen:
1) Dem eigenen Charakter-Kompetenzbereich entsprechende Widersacher vorzufinden
2) Eine vergleichbare Kompetenz verschiedener Charaktere
3) Vergleichbare Anteile am Rampenlicht im Spiel

(2) und (3) sind manchmal, aber m.E. nicht immer deckungsgleich.
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Offline Flamebeard

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #5 am: 9.07.2021 | 20:11 »
Balancing findet für mich statt, wenn auf Seiten des Regelwerks zwei Dinge gegeben sind:

1) Alle Klassen können auf selbem Entwicklungsstand gleich viel zum Fortschreiten der Geschichte beitragen

2) Sollte dies durch Nicht-Kampfhandlungen stattfinden können, muss dies frühzeitig und eindeutig kommuniziert werden.

Des weiteren muss auf Spieler-Seite eines gegeben sein:

1) Die Spieler müssen sich darüber im Klaren und Willens sein, jede mögliche Lösung eines Problems in Betracht zu ziehen, so sie diese erkennen.
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Offline Koruun

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #6 am: 9.07.2021 | 20:32 »
Ein Modewort, das aus der Videospielkultur herübergeschwappt ist, welches es "in den guten alten Zeiten" (in meinem Falle als ich mit AD&D 2E anfing, um 2000 herum) im Rollenspiel nicht gab.
Uh, ich fühle mich ein bisschen "edgy", ist aber meist meine Reaktion auf dieses Wort im Rollenspiel. Scheiß auf Balance.
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Offline Maarzan

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #7 am: 9.07.2021 | 20:38 »
Das Balancing, welches mir jetzt primär einfällt, ist, dass es innerhalb eines "Themas" nicht eine generell überlegene Auswahlmöglichkeit gibt.

Ein anderer negativer Balancingeffekt ist, wenn ein Effekt alle anderen Builds quasi auf seine Schiene zwingt, oder sie ihm in einem breiten Anwendungsbereich relativ hilflos ausgeliefert sind,  erst recht, wenn das dann auch noch weit über das hinausgehend, was settingtechnisch zu erwarten wäre.

Unschön, wenn auch kein direktes Balancing-Problem sondern nur eine unnötige Anfängerfalle oder auch ein Settingfail ist, wenn der Fluff dann eine regeltechnisch klar schwächere bis nutzlose Alternative hochredet.
« Letzte Änderung: 9.07.2021 | 20:41 von Maarzan »
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Offline ArneBab

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #8 am: 9.07.2021 | 22:02 »
Für mich ist balancing, dass bei verschiedenen „Pfaden“ der Charakterentwicklung sich in ihren Fokus-Szenen nicht einer einen anderen in gemeinsamen Fokus-Szenen in des Schatten stellt, und dass nicht ein Charakter alle Szenen dominieren kann.

(ich weiß nicht, ob das schon jemand geschrieben hat. Um das Threadziel zu erreichen, habe ich das bisher bewusst vermieden)
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Offline ArneBab

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #9 am: 9.07.2021 | 22:16 »
Nach dem Lesen des Threads bisher: Ich sehe balancing v.a. negativ definiert: Schlechtes Balancing ist, wenn ein SC alle anderen überschattet und dadurch niemand anders mehr was sinnvolles beitragen kann: „Wird ja eh von dem Superdrachensamuraimagierface erledigt, da können wir auch einen trinken gehen“.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #10 am: 9.07.2021 | 23:07 »
Balancing oder eingedeutscht Spielgleichgewicht ist für mich hauptsächlich eine Frage davon, wie gut das System unterstützt, daß mehrere speziell Spielercharaktere gleichberechtigt neben- und miteinander funktionieren. NSC sind dafür eher zweitrangig, auch wenn's natürlich für die SL schön ist, wenn sich deren "Stärke" im Vergleich mit den SC und auch mal einander einigermaßen schnell und zuverlässig einschätzen läßt (das macht die Arbeit mit ihnen einfach grundsätzlich leichter); Aufgabe des Systems ist an dieser Front aus meiner Sicht nicht, der SL vorzuschreiben, was für Begegnungen sie den Spielern und ihren Charakteren anbieten/entgegenstellen darf, sondern nur, ihr bei der Einschätzung des vermutlichen Schwierigkeitsgrads einer gegebenen Zusammenstellung -- so es denn überhaupt zu einem Konflikt o.ä. kommt -- zu helfen.

Offline 1of3

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #11 am: 9.07.2021 | 23:20 »
Vielleicht so:

Bei einem Problem, das als Gruppe gelöst werden soll, können alle sinnvoll beitragen.
Bei Problemen, die allein gelöst werden sollen, wird nicht all zu viel Zeit verbraucht.
Die Zeit, in der Charaktere Probleme allein lösen, sollte in etwa ausgeglichen sein.

Dann muss man nicht auf Charakterbuilds rekurrieren.

Offline Angalion

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #12 am: 10.07.2021 | 10:58 »
Ein Modewort, das aus der Videospielkultur herübergeschwappt ist, welches es "in den guten alten Zeiten" (in meinem Falle als ich mit AD&D 2E anfing, um 2000 herum) im Rollenspiel nicht gab.
Uh, ich fühle mich ein bisschen "edgy", ist aber meist meine Reaktion auf dieses Wort im Rollenspiel. Scheiß auf Balance.

Moin allerseits,

das ist auch meist mein erster Eindruck, wenn von Balancing gesprochen wird. Aber genau da setzt für mich auch das Problem an: PnP ist nicht MMORPG. Balancing, also das nicht ein Charakter überdeutlich (durch Mächtigkeit, Vielseitigkeit o.ä.) die anderen aussticht, kann (und sollte) ja in einem PnP Rollenspiel durch die Spielleitung ausgeglichen werden.
Der Grund, warum "Balancing" gerade so ein Thema ist, liegt meiner Meinung nach daran, dass da ein Konkurrenzdenken zwischen den Spielern besteht, was an sich nicht gut ist. Der Gedanke "gemeinsam etwas zu vollbringen" ist da viel wichtiger, als dass zum Beispiel Gegner XY von jedem Character Build (auch aus der MMORPG-Szene übernommen) gleich gut verfahren soll.
Der weitergefasste Balancing-Gedanke zieht dann eben auch das Thema "Wie viel Anteil hat der einzelne Spieler in dieser oder jener Szene" mit ein.
Leider bezieht sich das dann immer nur auf die "Character Builds" und meiner Meinung nach zu wenig auf beispielsweise die verschiedenen Spielertypen (kommt jede(r) der Mitspielenden auf seine/ihre Kosten)?

Weiterhin kann Balancing sich auf auf die Ebene SC-Spielwelt beziehen: passt meine Gruppe der Meteorschwärme schmeißenden Erzmagier in diese Welt oder reißt sie diese aus den Fugen?



Zusammengefasst gibt es meiner Meinung nach folgende Balancing-Ebenen:

SC und SC
SC und NSC
SC und Spielwelt.

Offline Celegon

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #13 am: 10.07.2021 | 13:40 »
Balancing findet sicherlich auf mehreren Ebenen statt.
Derzeit findet man das m.E.n. vor allem im Bereich Regelsystem und Kampf bezüglich mundaner und magischer Möglichkeiten. Ein Stufe 20 Krieger soll genau so schnell die Gegnerhorden dezimieren können wie ein Stufe 20 Magier. Verschiedene Builds sollen gleich Effektiv sein.
Ich halte das für einen teilweise unsinnigen Ansatz. Dann bewegen wir uns nämlich eher im Bereich Tabletop, Schach oder PvP-MMO.
Auch die Ausgewogenheit verschiedener Waffen ist nicht unbedingt erstrebenswert. Es gibt einen guten Grund, warum man für bestimmte Aufgaben bestimmte Waffen entwickelt. Niemand käme doch auf die Idee alles im Haus mit einem Hammer zu reparieren. Ein Dolchkämpfer hat es in den verwinkelten, dunklen Gassen einer Stadt leicht, ist dem Ritter mit der Zweihandaxt in der offenen Feldschlacht aber hoffnungslos unterlegen. 

Viel interessanter finde ich das Balancing auf Ebene der Gruppe und der Spieler.
Hier ist es m.M.n. Aufgabe der gesamten Gruppe ein ausgewogenes und vor allem allseits spaßiges Spielerlebnis zu erzeugen.
Die Charaktere sollten alle zu einem gewissen Teil zur Entwicklung der Geschichte beitragen können, indem sie in den verschiedenen Bereichen der Anforderung der Welt eine ähnliche Kompetenz mitbringen. Dabei ist es auch am Spielleiter darauf zu achten, dass alle Charaktere Gelegenheit haben, ins Rampenlicht zu kommen. Hier muss er entsprechende Herausforderungen und Konflikte erzeugen, damit die Spieler glänzen können und die Charaktere ihre Fertigkeiten ausspielen können.

Dabi finde ich es auch wichtig, dass vin einer Kampagne das Setting klar dargelegt wird. Es macht nämlich keinen Sinn, der krasseste Kämpfer des Landes zu sein, wenn man eine rein politisch ausgerichtete Intrigengeschichte hat. Oder ein erlebtes Negativbeispiel: Alle machen eher sozialkompetete Charaktere, in der ersten Session wird das Land von übermächtigen Gegnern überfallen, die großen Städte werden zerstört und die Gruppe muss sich durch die Wildnis schlagen und einen Partisanenkrieg führen.

Da bin ich dann schnell bei dem, was Angalion schon schireb: Die Gruppe sollte von der Konzeption zusammen in die Geschichte oder die Welt passen und Jeder sollte zur gemeinsamen Lösung ähnlich viel beitragen können.
 
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Offline 1of3

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #14 am: 10.07.2021 | 13:57 »
Balancing, also das nicht ein Charakter überdeutlich (durch Mächtigkeit, Vielseitigkeit o.ä.) die anderen aussticht, kann (und sollte) ja in einem PnP Rollenspiel durch die Spielleitung ausgeglichen werden.

Oder durch die Mitspieler. Und die Beobachtung ist ja sinnvoll. Wenn wir irgendwelche Messgrößen wollen, sollten wir am Spieltisch messen und da kommen dann auch die Leute mit rein. Das heißt aber nicht, dass Regeln dann egal wären. Denn sie strukturieren ja unsere Kommunikation und können das Balancieren daher unterschiedlich schwierig machen.

Offline ArneBab

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #15 am: 10.07.2021 | 21:56 »
Die Charaktere sollten alle zu einem gewissen Teil zur Entwicklung der Geschichte beitragen können, indem sie in den verschiedenen Bereichen der Anforderung der Welt eine ähnliche Kompetenz mitbringen. Dabei ist es auch am Spielleiter darauf zu achten, dass alle Charaktere Gelegenheit haben, ins Rampenlicht zu kommen. Hier muss er entsprechende Herausforderungen und Konflikte erzeugen, damit die Spieler glänzen können und die Charaktere ihre Fertigkeiten ausspielen können.
Und dadurch kommen wir gerade wieder an das Balancing. Wenn es mehr als nur Kampfszenen gibt, muss ein Magier nicht so effizient im Kampf sein wie ein Krieger, aber wenn ein Dieb durch seine Backstab-Balista im Kampf stärker ist als ein Krieger, dann ist das Balancing regelseitig kaputt.

Schlechtes Balancing wird da ein Problem, wo es erwünschten (und im Setting angelegten) Nischenschutz aushebelt.
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Offline Justior

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #16 am: 11.07.2021 | 09:52 »
Erstmal zur Ursprungsfrage:

Balancing bedeutet für mich, dass alle Charaktere der Spieler:innen gleich gut AUfgaben mithilfe ihrer Fähigkeiten bewältigen können. Dabei gibt es zwei Faktoren: 1. Wie häufig kann ich die Fähigkeit anwenden (z.B: Ich kann sehr gut Geschichten erzählen vs Ich kann Romeo und Julia sehr gut erzählen)? 2. Wie viele Schwierigkeiten kann ich durch meine Fähigkeit beseitigen/überspringen (Ich kann die Eingangstür des Bürogebäudes öffnen vs. Ich kann uns alle direkt zum Firmenchef teleportieren)?
Balancing ist dieser Ausgleich auf Seiten des Regelsystems mit Betrachtung eines "idealisierten" Spielstil dieses Systems. Dabei ist zu beachten, dass die Figuren meistens mehr als nur eine Fähigkeit haben.


Weil Rollenspiele keine Computerspiele sind, kommen dazu natürlich noch viele weitere Faktoren hinzu, wie z.B: die Persönlichkeiten der Figuren, der Spielstil am Tisch, die Art der Kampagne/des Abenteuers, die Persönlichkeiten aller Mitspielenden uvm. In der Praxis lässt sich Balancing also nicht wirklich bestimmen, sondern ist lediglich ein Wölkchen im Hintergrund, das den Spielspaß aller Beteiligten mit beeinflusst.

Offline Alex

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #17 am: 11.07.2021 | 10:05 »
Balancing bedeutet in erster Linie Freiheit der Wahl für mich. Egal welchen Charakter ich mir erschaffe, er muss einen Sinn in der Gruppe haben und etwas bewirken können.
Dazu gehört vor allem auch die Balance zwischen Kämpfern und Magiern.

Weiterhin sollte es nicht „Über“-Charaktere geben, also wenn es 10 Arten von Kämpfern gibt, dann sollte nicht einer dabei herausstechen, weil er alles besser kann als der Rest, was dazu führt, dass jeder nur noch diesen Über-Kämpfer wählt und die anderen quasi nicht mehr wichtig sind.

Offline Angalion

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #18 am: 11.07.2021 | 11:00 »
Oder durch die Mitspieler. Und die Beobachtung ist ja sinnvoll. Wenn wir irgendwelche Messgrößen wollen, sollten wir am Spieltisch messen und da kommen dann auch die Leute mit rein. Das heißt aber nicht, dass Regeln dann egal wären. Denn sie strukturieren ja unsere Kommunikation und können das Balancieren daher unterschiedlich schwierig machen.

Dem ersten Teil stimme ich insofern zu, dass selbstverständlich alle Beteiligten - also SL und Mitspieler - zu einem erfolgreichen, schönen oder eindrucksvollen Spielerlebnis beitragen.
Regeln sind sehr sinnvoll, weil das Spiel ansonsten in Beliebigkeit ausartet - immerhin handelt es sich um PnP und nicht um einen Haufen Sechjähriger, die mit Stöcken aufeinander schießen und bei denen dann der Streit "Ich habe dich getroffen" - "nein hast Du nicht" wegen Unvereinbarkeit ausartet.

Und dadurch kommen wir gerade wieder an das Balancing. Wenn es mehr als nur Kampfszenen gibt, muss ein Magier nicht so effizient im Kampf sein wie ein Krieger, aber wenn ein Dieb durch seine Backstab-Balista im Kampf stärker ist als ein Krieger, dann ist das Balancing regelseitig kaputt.

Schlechtes Balancing wird da ein Problem, wo es erwünschten (und im Setting angelegten) Nischenschutz aushebelt.

Das bezieht sich jetzt wieder stark rein auf das Balancing zwischen SC und SC und unterstellt eine bestimme Spielmotivation, die aber je nach Gruppe gar nicht so gegeben sein muss.
Eine Gruppe sollte das aushalten, wenn "ineffiziente" Chars darunter sind. Da komme ich dann wieder zu meinem Ursprungsargument der Anpassungsmöglichkeiten des SLs: Ich kann bestimmte Encounter anpassen, oder eben auch vollkommen weglassen. Oder so abändern, dass der ursprünglich "ineffiziente" Charakter viel mehr gefragt ist, weil es kein Standarf-"Ich kloppe alles um, was steht und geht"- Encounter ist. Da kommt es dann aber stark darauf an, welchen Spielfokus die Gruppe und auch der/die einzelne Spieler/in hat:
Wenn ich einen schwachen, ängstlichen Charakter spiele und ich mich dann in einem Kampf dem starken Barbaren meiner Gruppe zuwende und dann mit aller Kraft seinen Beine umklammere, während  ich laut "Aaaah - wir werden alle sterben. Rette uns!" schreie, dann kann das durchaus sein, dass ich wenig "effektiv" bin, aber dass ich trotzdem einen Riesenspaß dabei habe. *g

Was ich eigentlich sagen will: das Bedürfnis nach absolutem Balancing unter SCs geht meist mit einem gewissen Spielstil (ich nenne ihn mal "Konkurrenzdenken") einher. Man kann so spielen. Man kann aber auch anders spielen. Es kann durchaus mal Spaß machen, in einer Gruppe einen "Über"-charakter zu haben, der dann durch andere Dinge ausgeglichen wird. Superman ist zum Beispiel in der Justice League allen anderen überlegen. Das wird aber ausgeglichen durch seine absolute Verwundbarkeit durch Kryptonit, sowie seinen sehr eng gefassten Ehrenkodex. Andere Charaktere der Justice League sind nicht so mächtig, aber nicht so eingeschränkt.

Ps. Ich bin in meinem Spielstil eher nicht festgelegt und kann sowohl mal Powergamen, als auch mal den Fokus aufs Storytellen legen. Für mich macht es da die Abwechslung.

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #19 am: 11.07.2021 | 11:15 »
Die Verantwortung fürs "Gleichgewicht" einfach nur mal eben allein bei der Spielleitung abzuladen (die ja sonst nichts zu tun hat, nicht wahr? ::)), erscheint mir persönlich schlichtweg ein Stück zu billig. Natürlich wird die so oder so aktiv daran mitarbeiten müssen, weil auch die Regelschreiber mit den besten Absichten der Welt nie an alles denken und es mit entsprechender Voraussicht gleich mit in ihr System hineinkodieren können werden...aber was am Ende an Regeln herauskommt, kann den Job der SL in dieser Hinsicht schon allemal erleichtern oder erschweren. (Ich sag' nur mal kurz "Charaktere auswürfeln"...)

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #20 am: 11.07.2021 | 11:18 »
Und dadurch kommen wir gerade wieder an das Balancing. Wenn es mehr als nur Kampfszenen gibt, muss ein Magier nicht so effizient im Kampf sein wie ein Krieger, aber wenn ein Dieb durch seine Backstab-Balista im Kampf stärker ist als ein Krieger, dann ist das Balancing regelseitig kaputt.

Imo Jein. Zustimmung, wenn die Bezeichnungen tatsächlich eine Rolle im Sinne einer Funktion beschreiben. Also Krieger = kann gut kämpfen und Dieb = kann gut stehlen.
Aber wenn die Bezeichnungen nur einen Rahmen benennen, der breit gestaltbar ist, dann passt das nicht mehr. Wenn ich in D&D einen schnellen beweglichen Kämpfer spielen will, greife ich vielleicht eher zum Rogue und lege ihn entsprechend aus. Er zählt aber ingame als Krieger- Typ. Wenn der Krieger ein Ritter sein soll, der sich besser auf dem höfischen Parkett als auf dem Schlachtfeld bewegt, passt es auch nicht. Ich weiß,  D&D als Beispiel gibt das nur sehr bedingt her, aber in anderen Systemen ist die Klasse teilweise ja nur ein Startpunkt.

Edit: schlecht ist, und das ist vermutlich dein Punkt, wenn der Krieger mechanisch gar nicht mindestens gleichziehen kann.
« Letzte Änderung: 11.07.2021 | 11:22 von Tudor the Traveller »
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #21 am: 11.07.2021 | 11:26 »
Zur Ausgangsfrage: für mich ist Balancing etwas zwischen SC. Da gehöre ich zu der Fraktion, die gleichwertigen Impact auf das Spielgeschehen für alle Spieler mittels ihrer Spielfiguren fordert. Wobei ich finde, dass jede Figur zu zentralen Spielinhalten ein Minimum beitragen können sollte.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #22 am: 11.07.2021 | 11:26 »
Kämpfe sind noch mal ein Problem für sich, weil sich da oft die Idee bemerkbar macht, daß möglichst alle SC aktiv mitmischen und dabei auch noch etwas beitragen können sollen. Das mag auf der einen Seite plausibel klingen -- schließlich geht's da ja um Leben und Tod, oder? --, stiehlt aber andererseits sofort den spezialisierten Kämpfertypen in der Gruppe die Show. Ist da "alle sind im Kampf etwa gleich effektiv" also gutes oder schlechtes "Balancing"?

Offline Maarzan

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #23 am: 11.07.2021 | 11:32 »
Kämpfe sind noch mal ein Problem für sich, weil sich da oft die Idee bemerkbar macht, daß möglichst alle SC aktiv mitmischen und dabei auch noch etwas beitragen können sollen. Das mag auf der einen Seite plausibel klingen -- schließlich geht's da ja um Leben und Tod, oder? --, stiehlt aber andererseits sofort den spezialisierten Kämpfertypen in der Gruppe die Show. Ist da "alle sind im Kampf etwa gleich effektiv" also gutes oder schlechtes "Balancing"?

Meines Erachtens schlechtes Balancing, außer es ist ausdrücklich quasi als Fokus ein Skirmisching-Spiel.

Was allerdings auch schlechtes Balancing ist, ist wenn die "Zivilisten" da völlig hilflos sind.
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Offline Justior

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #24 am: 11.07.2021 | 12:11 »
[...] Ist da "alle sind im Kampf etwa gleich effektiv" also gutes oder schlechtes "Balancing"?
Lässt sich für mich nicht pauschal sagen. Wenn wir ein System spielen, in dem Kampf ein zentrales Element ist, das in jeder SPielsitzung mindestens einmal vorkommt, dann ist es für mich gutes Balancing, weil jeder etwas beitragen können muss. Aber Rollenspiel kann auch aus mehr als nur Kämpfen bestehen (und tut es meiner Erfahrung nach bei den allermeisten Gruppen auch).