Gemeint ist wohl
diese Szene aus Age of Ultron. In ihr hat Bruce einen "Der-Morgen-nach-Hulk"-Kater; Natasha versucht, Bruce von einer gemeinsamen Zukunft zu überzeugen; Bruce ist fast sauer, dass Natasha aus seiner Perspektive den Realitätssinn verloren hat: Wie kann sie glauben, dass Bruce je etwas anderes als auf der Flucht sein kann. Und als Monster kann er niemals Vater werden.
Aber Natasha kann auch keine Mutter werden, sie wurde einst zwangssterilisiert. Natasha spricht über diese traumatische Erfahrung, weil sie Bruce klarmachen möchte, dass sie enorm viel gemeinsam haben: Beide werden gejagt, beide können keine Kinder bekommen. Für Natasha ist das eine Basis für ihre Beziehung. Und weil Bruce seine Liebes- und Beziehungsunfähigkeit dem Monster in sich zuschreibt, fasst Natasha ihre Gemeinsamkeiten mit dem Satz zusammen: "Denkst Du noch, Du bist das einzige Monster im Team?"
Ich finde diese Szene hervorragend. Sie dauert nur 3.30 Minuten. Die Figuren versuchen in ihr, als Menschen einen Umgang mit dem zu finden, was sie als Gejagte, als Monster/Assassinin anrichten und die Gesellschaft mit ihnen angerichtet hat. Die Szene ist so vielschichtig, hat zweieinhalb Momente, in denen alles gut werden könnte zwischen Natasha und Bruce, doch Bruce hält sein Monstertum für unüberwindbar und damit jede Liebesbeziehung für falsch. Natasha offenbart ihre wohl größte Verwundung, die sie erlitten hat, den traumatischen Missbrauch im "Roten Raum", und sie kann Bruce damit auch rühren, aber erreichen kann sie ihn damit letztlich nicht.
Weil die Szene toll geschrieben, gespielt und gefilmt ist, erreicht sie trotz der nur 3.30 Minuten, die ihr in einem Actionfilm einer Actionfilmreihe zur Verfügung stehen, und obwohl in ihr heftigste Offenbarungen stattfinden einen unfassbar hohen Grad an naturalistischer Tragik. Mark Ruffalo könnte über die Drogensucht seiner Figur sprechen und Scarlett Johansson über den Missbrauch ihrer Figur durch ihren Vater - und die Szene könnte aus einem oscarreifen Suburb-Drama stammen.
So rudimentär wie Natasha ausgearbeitet war, so wenig die Hulk-Widow-Liebesgeschichte in einem Actionfilm ausgearbeitet sein kann: Dass Joss Whedon in diesen nur dreieinhalb Minuten ein so tiefer Einblick in eine bis dahin schlecht beleuchtete Beziehung gelingt, ist für mich große Filmkunst.
Vorgeworfen wird dem Autoren und Regisseur Joss Whedon, dass Natasha sich für ein Monster hält, weil sie sterilisiert sei. Das halte ich, wie ich hoffentlich einleuchtend erklärt habe, für großen Quatsch, weil Natasha Bruce in seinem "Ich bin ein Monster"-Trostlosigkeit verzweifelt zu erreichen versucht und nur s e i n e n Begriff dafür aufnimmt.