Der Californier Jack Vance (Jahrgang 1916) gilt als einer der Altmeister der Science fiction und Fantasy. Vance publiziert regelmäßig seit den frühen 50er Jahren, darunter herausragende Science fiction, einige Krimis und eine etwas bizarre und chaotische Fantasy, die so gar nichts mit der Fantasy im Stile Tolkiens zu tun hat. Bei Vance sind die Charaktere häufig pedantisch auf ihren eigenen Vorteil bedacht und verschaffen ihn sich am liebsten mit List, geschliffenen Wortgefechten und manchmal auch mit Gewalt; auf diese Weise kommen eigenwillige, manchmal bitterböse und immer ziemlich ironische Handlungsstränge zustande. In seinem Fantasy-Zyklus 'Die sterbende Erde' und seinen Geschichten um den Glücksritter Cugel geht es beispielsweise nicht darum die Welt zu retten, denn diese ist schon unrettbar verloren, sondern sich bis zum Weltuntergang eine schöne Zeit auf Kosten der anderen zu machen - nur haben die anderen natürlich etwas dagegen, wie man sich denken kann. Vance Geschichten handeln häufig von der Selbstsucht des Menschen, seiner Eitelkeit und darum, das die Welt betrogen sein will (und natürlich auch von dem betrogenen Betrüger). Um dies möglichst drastisch darstellen zu können, zeigt Jack Vance Gesellschaften mit überdrehten und fremden Gebräuchen, die vor Fallstricken für den Nichteingeweihten nur so wimmeln. Vance kann aber auch gefälliger schreiben und ging mit seiner Lyonesse-Trilogie den Tolkienfreunden ein Stück entgegen. Die Romane 'Herrscher von Lyonesse', 'Die grüne Perle' und 'Madouc' gehören somit auch zum Besten, was im Bereich der High Fantasy geschrieben wurde und brillieren sowohl inhaltlich, wie auch stilistisch. Die Lyonessebücher sind Jack Vance ganz eigene Interpretation der Arthussage. Auch das Inselkönigreich Lyonesse (im Golf von Biskaya - heute versunken) sucht nach einem Hochkönig der es eint, aber wer hat das Zeug zum Herrscher? Auch hier kommt beispielsweise das Gralsmotiv vor, aber Vance schickt nicht etwa gestandene Rittersleut' nach dem Kelch der Christenheit aus, sondern eine Prinzessin wider Willen und ihr Stallbursche gehen auf diese Queste.
Mit 'Jenseits der Leere' (engl. Ports of Call) liegt nun wieder einmal ein neuer Science ficition Roman auf deutsch von ihm vor, in dem es um die abenteuerliche Odyssee eines jungen Mannes durch die Galaxis geht. Eigentlich wollte sich der junge Myron Tany nur eine gute Zeit auf der Raumyacht seiner stinkreichen Tante Hester machen, deren Crew sich auf die Suche nach einem Jungbrunnen gemacht hat, aber plötzlich sieht er sich mitten auf einem fremden Planeten gestrandet und ohne die Mittel um wieder nach Hause zu reisen - da ist guter Rat teuer. Mit diesem Roman beweist Vance, daß er noch lange nicht zum alten Eisen gehört, sein Stil ist wie immer pointiert, ironisch und barock. Die deutsche Übersetzung ist stellenweise etwas zahm geraten und der Aufdruck von Bastei, daß es sich um eine deutsche Erstveröffentlichung handelt stimmt nicht, da die Edition Andreas Irle dieses Buch schon unter dem Titel 'Kaleidoskop der Welten' in limitierter Auflage veröffentlicht hat. Jack Vance ist inzwischen leider erblindet und schreibt mit Hilfe eines Sprachcomputers. Um so erklärlicher ist vielleicht seine Faszination mit Farben, die er immer detailliert schildert, wie überhaupt seine Beschreibungen gerne sehr opulent ausfallen - seine Romane sind häufig mit Fußnoten versehen, wo er Zusammenhänge und Begrifflichkeiten genauer erklärt.
Unerklärlicherweise war Vance in seiner Heimat den USA nie so bekannt, wie er es eigentlich verdient hätte, aber dafür gilt er in Europa, bes. in Frankreich, Italien, Holland oder auch in Schweden als Superstar dieser Genres. Vance ist jedenfalls auch etwas für erklärte Gegner der Science fiction, da er sich weniger mit harten, wissenschaftlichen Analysen aufhält, sondern lieber die soziokulturellen Aspekte fremder Gesellschaften, verpackt in Schelmenromanen, beschreibt. Und seine Fantasy ist in jedem Fall etwas für Leute, die mal etwas anderes in diesem Bereich lesen wollen, wie etwa die Geschichten auf der sterbenden Erde um den Dieb, der sich Cugel der Schlaue nennt (Die Augen der Überwelt/The Eyes of the Overworld & Cugel der Schlaue/Cugel the Clever) und natürlich sein Meisterwerk der High Fantasy 'Lyonesse'.
Servus, Lyonesse
ps: Pelgran Press hat mit dem Dying Earth RPG ein würdiges Rollenspiel im vanceschen Stil herausgebracht, das in dem Fantasy-Setting der Sterbenden Erde spielt.