Autor Thema: Bronze, Eisen ,Stahl ? (V)  (Gelesen 4146 mal)

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Bronze, Eisen ,Stahl ? (V)
« am: 1.01.2022 | 15:56 »
Bronze ,Eisen Stahl ? sind die Unterschiede wirklich so groß ? bei Waffen,Wehrzeugen und Rüstungen . Ja Gut Bronze ist wahrscheinlich zu weich. Doch wenn eine Gruppe den Schritt zu Eisen schon vollzogen hat braucht sie dann sicher Stahl ? erschüttert das tatsächlich die Welt ? Und ist die Auswirkung unterschiedlich bei Werkzeugen,Rüstungen und Waffen ?
« Letzte Änderung: 3.01.2022 | 18:42 von Supersöldner »

Offline Aedin Madasohn

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #1 am: 1.01.2022 | 16:23 »
sind die Unterschiede wirklich so groß ?

einfache - sehr stark vereinfachende! - Antwort: JA

Bronze braucht Zinn und Kupfer.
Kuper lässt sich noch simpel aus Erz herausschmelzen/zu Metall reduzieren.
Zinn ist selten und musste weit herangeholt werden (Verfügbarkeit und Preis also)
mit Arsen lassen sich Arsenbronzen herstellen, deren Erreichbare Vickershärte mit Eisen und sogar billigen Stahl mithalten kann
hat aber auch einen hohen Verschleiß unter dem Fachpersonal Arsengießer  ;)

Kupfer macht aber die Bronze DEUTLICH schwerer als Eisen/Stahl.

Eisenerze sind wesentlich breiter verfügbar
die Verhüttung/Reduzierung der verschiedenen Erzsorten ist aber wesentlich anspruchsvoller
Abscheidung von versprödenden Verunreinigungen (Phosphor Schwefel, Stickstoff) ist eine Kunst
Natürliche Mangan-Eisenerze (norrischer Stahl) noch viel seltener als Zinn etwa und dementsprechend das Zeug für Heldensagenschwerter
von Eisen zu schmiedbaren Eisen zu Stahl - eine Wissenschaft

kurzum, wenn eine Zivilisation den technologischen Sprung schafft, von importabhängiger Bronze zu autarker Waffeneisenversorgung zu kommen, so rennen die Hethiterbarbaren einmal quer durch die Weltgeschichte bis Bab´ilim und voller Beute zurück.
ja, dass kann man im Jahre des Ereignis als "welterschütterndTM" einsortieren.


 

Offline Sosthenes

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #2 am: 1.01.2022 | 17:36 »
Wie schon geschrieben ist Verfügbarkeit ein wichtiger Faktor. Wenn Zinn etwas verbreiteter gewesen wäre, hatten sich manche Zeitlinien vielleicht ein bisschen verschoben.

Zum anderen muss man beim Begriff "Stahl" auch aufpassen. Wir haben hier nicht etwas wo es nur "Eisen" gab, bis man dann einen Sprung geschafft hat und plötzlich sah's aus wie in der WMF Abteilung eines Kaufhauses. Stahl war etwas vereinfacht gesagt _immer_ Teil der Eisengewinnung, es geht also "nur" darum wie reproduzierbar, gut und häufig der ist.
Das reichte dann eben vom händischen Rauspicken der "stahligsten" Eisenbrocken aus der Verhüttung bis zum revolutionären Bessemer-Verfahren des 19ten Jahrhunderts und seiner modernen industriellen Nachfahren.
Und die Basiseigenschaften des natürlichen Vorkommens sind natürlich auch anders. Im Rollenspiel-Setting mag das halt ganz anders sein (und u.U. auch nicht geologisch sinnig). Extremfall schlechtes Eisen und dafür viel Kupfer/Zinn, oder halt auch wenig davon, dafür supertoller Naturstahl.

Die Kosten der Handarbeit sind auch relevant. Schlechtes Eisen oder schlechte Hüttentechnik kann ich ausgleichen. "Damaszieren" von Klingen auf der einen Seite, Kettenhemden auf der anderen – größere Stahl-Einzelplatten zu machen war bedeutend schwerer als Bronze, weswegen Bronze-Plattenrüstungen noch länger gängig waren als bei Waffen Eisen schon verbreiteter. Aber wenn ich da einfach "nur" kleine Drahtstücke verbinden kann, kann ich mit Manpower Nachteile des Materials ausgleichen.
(Und umgekehrt, Platten wurden m.W. irgendwann in der Massenproduktion billiger als Kettenhemden, wegen gestiegenen Anteil der Arbeitskosten)

Mit den Materialien kann man generell einiges machen. Gab griechische Bronzerüstungen die es von der reinen Härte mit schlechterem Stahlrüstungen aus dem 16ten Jahrhundert aufnehmen konnten (150 Vickers). Aber die Härte von gutem in Wasser abgeschreckten Stahl geht halt etwas weiter (> 500).

Sprich, du hattest rein geschichtlich lange eine Parallelzeit, keinen momentante "Spurchwechsel", und sicher könnte man den in einer fiktiven Welt auch noch länger herausziehen. Aber irgendwann gewinnt Stahl.
« Letzte Änderung: 1.01.2022 | 17:38 von Sosthenes »

Offline Rorschachhamster

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #3 am: 1.01.2022 | 19:20 »
Was noch zu bedenken ist, ist Magie! Dein niegelnagelneuer Spätmittelalterlicher Feldpanzer ist natürlich knorke, aber mein Erbstück ist ein mykenischer Plattenpanzer + 5 (mit Eberzahnhelm)
Schau: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mycenaean_armour_from_chamber_tomb_12_of_Dendra_1 .JPG
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Offline Grey

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #4 am: 1.01.2022 | 19:29 »
Doch wenn eine Gruppe den Schritt zu Eisen schon vollzogen hat braucht sie dann sicher Stahl ?
Ja.

Wie @Sosthenes schon geschrieben hat: Zwischen Eisen und Stahl besteht eigentlich keine scharfe Trennlinie, sondern die Legierung wurde nach und nach immer besser. Aber es war bereits ein himmelweiter Unterschied zwischen reinen Eisenwaffen und frühmittelalterlichem persischem Tiegelstahl (der selbst bei heutigen Zugfestigkeitstests noch erstaunlich gut abschneidet). Aus letzterem schmiedeten die Wikinger das Ulfberht, mit dem man eine Klinge aus purem Eisen praktisch in der Mitte durchhauen konnte. Wer bei der Stahlentwicklung technisch den Anschluss verlor, war auf dem Schlachtfeld verloren.
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Offline Sosthenes

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #5 am: 1.01.2022 | 19:33 »
Ich hatte das lustigerweise auch schon umgekehrt: Dieser magische Bronzeschuppenpanzer aus dem Dungeon ist zwar toll, aber zurück in der Stadt kann ich eine kannelierte Vollplatte aus gehärtetem Stahl bekommen...  (War bei GURPS, ist aber auch gerne ein Problem bei D&D)

Aber Magie ist halt immer der Joker, wenn das mitspielt steht alles in Frage. Mal abgesehen von Orichalkum, Mithril, Unobtainium und anderen Fantasiewerkstoffen.

Aus letzterem schmiedeten die Wikinger das Ulfberht, mit dem man eine Klinge aus purem Eisen praktisch in der Mitte durchhauen konnte.

Naja, jetzt wollen wir mal nicht gleich in die Sagas gehen, sonst haben wir auch wieder diese Legenden mit Schwertern gradebiegen. (Und IIRC haben die Wikis die besseren Schwerter eher importiert)
« Letzte Änderung: 1.01.2022 | 19:36 von Sosthenes »

Offline phant

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #6 am: 1.01.2022 | 19:56 »
Tausende Jahre vor unserer Zeitrechnung in einer Schmiede....
"Ich glaube nicht, dass sich das durchsetzt....dieses Stahl...."
🤡

Offline Sosthenes

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #7 am: 1.01.2022 | 20:01 »
Tausende Jahre vor unserer Zeitrechnung in einer Schmiede....
"Ich glaube nicht, dass sich das durchsetzt....dieses Stahl...."
🤡

Oder umgekehrt "Ich kaufe jetzt nur noch Eisen, beim Kupfer besch𒀄 mich dieser Ea-Nasir nur wieder".

Offline Grey

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #8 am: 1.01.2022 | 21:28 »
Naja, jetzt wollen wir mal nicht gleich in die Sagas gehen, sonst haben wir auch wieder diese Legenden mit Schwertern gradebiegen. (Und IIRC haben die Wikis die besseren Schwerter eher importiert)
Ich gehe hier nicht nach den Sagas, sondern nach einer Fernsehdokumentation, in der u.a. diverse Experimental-Archäologen zu Wort kamen. Demnach hatten die Wikinger zwar den Stahl importiert, die Schwerter daraus aber selbst geschmiedet. (Die Handelswege, auf denen der Tiegelstahl nach Skandinavien gelangte, ließen sich wohl bis zum kaspischen Meer zurückverfolgen.)

In der Sendung wurden u.a. Tests in einem Stahlwerk vorgeführt, bei denen der persische Tiegelstahl (das Material des Ulfberht) auf Augenhöhe mit mancher heutigen Stahlsorte abschnitt, während andere mittelalterliche Stahlsorten regelrecht zerbröselten. Der "direkte Vergleich" Ulfberht vs. Eisenklinge wurde zwar nicht vorgeführt, aber nach den Aufnahmen aus dem Stahlwerk glaubte ich den verbalen Erläuterungen des Archäologen, dass einem Eisenschwert der Aufeinanderprall mit einem Ulfberht im Allgemeinen schlecht bekam. (Klar, das Ulfberht hatte hinterher wahrscheinlich auch 'ne Scharte, aber es war noch einsatzfähig.)
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Offline Isegrim

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #9 am: 1.01.2022 | 21:32 »
Wenn da Stahl importiert wurde, heißt das, das wichtige Verarbeitungsschritte schon vollzogen waren, va die Reinigung von Verunreinigungen und die gleichmäßige Verteilung des richtigen Kohlenstoffanteils. Könnte also sein, dass die notwendigen Techniken in Skandinavien noch nicht angewandt wurden bzw werden konnten.
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Offline Grey

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #10 am: 1.01.2022 | 21:43 »
Wenn da Stahl importiert wurde, heißt das, das wichtige Verarbeitungsschritte schon vollzogen waren, va die Reinigung von Verunreinigungen und die gleichmäßige Verteilung des richtigen Kohlenstoffanteils. Könnte also sein, dass die notwendigen Techniken in Skandinavien noch nicht angewandt wurden bzw werden konnten.
So habe ich das auch noch im Gedächtnis. Selbst herstellen konnten die Wikinger den Stahl noch nicht, verarbeiten schon. Wie das in der Praxis aussah, hat der eine Archäologe in der Sendung sehr schön vorgeführt. (Als roter Faden zog sich sein Projekt durch die Sendung, wie er eigenhändig ein Ulfberht geschmiedet hat. Nur mit Hilfsmitteln, wie sie laut Quellenlage im 10. Jh. in Skandinavien existierten.)
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Offline nobody@home

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #11 am: 1.01.2022 | 22:15 »
Na ja, Handelswege und -netzwerke sind eh ein Aspekt der Geschichte, der bei solchen Diskussionen liebend gern vernachlässigt wird. :) Beispiel Bronze: die englischsprachige Wikipedia hat (leider ohne Gegenstück auf Deutsch) eine eigene Seite samt Karte zu antiken Zinnquellen und -handel; anscheinend wäre es schon damals gar nicht so unwahrscheinlich gewesen, mit Zinn von den britischen Inseln hergestellten Bronzegütern aus beispielsweise Griechenland oder Ägypten zu begegnen...

Sidekick-Kai

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #12 am: 1.01.2022 | 22:16 »
Interessanter Thread. Abo.

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #13 am: 1.01.2022 | 22:29 »
Zum anderen muss man beim Begriff "Stahl" auch aufpassen. Wir haben hier nicht etwas wo es nur "Eisen" gab, bis man dann einen Sprung geschafft hat und plötzlich sah's aus wie in der WMF Abteilung eines Kaufhauses. Stahl war etwas vereinfacht gesagt _immer_ Teil der Eisengewinnung, es geht also "nur" darum wie reproduzierbar, gut und häufig der ist.
Und selbst damit ist es noch nicht abgeschlossen, das richtige Wärmebehandlung nach dem Schmieden ist auch extrem Wichtig damit der Stahl die gewünschte Härte und Elastizität erreicht.
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Offline Sosthenes

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #14 am: 1.01.2022 | 23:33 »
Ich gehe hier nicht nach den Sagas, sondern nach einer Fernsehdokumentation, in der u.a. diverse Experimental-Archäologen zu Wort kamen.

Wenn du den Namen hast, würde mich das interessieren. Williams' Quellen gehen ja eher von einer baltischen Quelle aus, mit vielen Kopien.

Der "direkte Vergleich" Ulfberht vs. Eisenklinge wurde zwar nicht vorgeführt, aber nach den Aufnahmen aus dem Stahlwerk glaubte ich den verbalen Erläuterungen des Archäologen, dass einem Eisenschwert der Aufeinanderprall mit einem Ulfberht im Allgemeinen schlecht bekam.

Ich seh ganz ehrlich immer noch nicht wie das vorzustellen wäre. Eklatante Härteunterschiede gab es in jeder Epoche. Das führt dann bei breiten Stahlstücken unterschiedlicher Qualität die aufeinandertreffen aber nicht automatisch zu einem Trumpf-Effekt wo das eine komplett durchdrungen wird, wie bei Wolverine oder Lichtsäbeln.
Man kann ja auch z.B. ein Stahlschwert mit einem Holzknüppel parieren.

Deswegen zum Thema: Wichtig war's, vor allem wenn's gegen Rüstungen geht die härter sind, aber die Unterschiede sind jetzt auch nicht magisch. Frühe Eisenschwertbesitzer sind nicht durch Bronzerüstträger gegangen wie ein Bügeleisen durch Butter. Kommt da auch eher auf die Form der Spitze an (nur Spitze, mit Klingen kommst du praktisch durch keine Rüstung).

Ich denke einer der wichtigeren Faktoren durch alle Zeiten hinweg ist wie _billig_ es wurde. Wie gesagt, es gibt hochwerte Bronzerüstungen die es mit späteren Stahlrüstungen aufnehmen können. Aber ob es nun eine Rüstung ist die sicher nur Fürsten leisten können oder die ein guter Waffenknecht sich mit einem Monatslohn bezahlt, sind schon andere Größenordnungen.

Wir hatten halt auch Eisen/Stahl an den meisten Plätzen der Welt. Ich weiß jetzt nicht wie viel man noch aus Kupferlegierungen hätte rausholen können wenn man's unbedingt hätte versuchen müssen. Muss man ja heute noch nicht, also schon recht theoretische Materialkunde.

Offline Runenstahl

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #15 am: 2.01.2022 | 01:39 »
Hier mal ein Video in dem Bronze und Stahlschwerter verglichen werden (und aufeinander treffen).

https://www.youtube.com/watch?v=V28ItY0K9ts

Resultat: Eisen ist wesentlich härter als Bronze und wenn die Klingen aufeinander treffer bleiben in der Bronze deutliche Spuren zurück. Dennoch kann das Eisenschwert die Bronze nicht einfach "durchschneiden". Der Unterschied in der Tödlichkeit dürfte im Rollenspiel eher gering ausfallen. Vermutlich hätte die Bronzeklinge NACH dem ersten Kampf einen kleinen Malus auf Folgekämpfe weil sie halt schnell Stumpf wird.
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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #16 am: 2.01.2022 | 08:41 »
Selbst bei Schwertern aus modernem Stahl kann es passieren das ein besseres in ein Schlechteres rein scheidet.

Hier mal ein Beispiel dem dem Skallagrim zwei Messer gegen einander getestet hat.

https://www.youtube.com/watch?v=-Mx7avQa4rY
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Offline Raven Nash

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #17 am: 2.01.2022 | 09:48 »
Resultat: Eisen ist wesentlich härter als Bronze und wenn die Klingen aufeinander treffer bleiben in der Bronze deutliche Spuren zurück. Dennoch kann das Eisenschwert die Bronze nicht einfach "durchschneiden". Der Unterschied in der Tödlichkeit dürfte im Rollenspiel eher gering ausfallen. Vermutlich hätte die Bronzeklinge NACH dem ersten Kampf einen kleinen Malus auf Folgekämpfe weil sie halt schnell Stumpf wird.
Das eigentliche Problem bei Bronze (und auch Eisen) ist nicht das "durchschneiden", sondern das Verbiegen. Bronzeklingen verbiegen sich nach ein, zwei Hieben auf Schilde z.B. Auch von Eisenklingen ist bekannt, dass die Krieger immer wieder mal mit dem Fuß draufstiegen, um sie gerade zu biegen.

Bronze hält dazu noch keine Schärfe. Das Material ist zu weich. Nach ein paar Hieben sind die Dinger schlicht stumpf wie Löffel. Deshalb sind Bronzewaffen auch tendentiell eber Stichwaffen (Speere) oder stumpfe Hiebwaffen (Äxte, Keulen). Eine Axt haut immer noch rein, auch wenn sie stumpf ist. Die ersten reinen Kampfklingen waren übrigens Bronze-Rapiere - allerdings kam man schnell dahinter, dass Männer im Kampf instinktiv hauen und nicht stechen...

Was hier noch völlig außen vor gelassen wurde, aber entscheidend ist: Die Herstellung des Roheisens.
Rasenerz in einfachen Öfen bringt minderwertiges Eisen hervor, weil es zu viele Verunreinigungen enthält. Deshalb wurden verschiedene Sorten verschweißt, um eine homogenere Klinge zu erzeugen -> Damaszierung. In Europa sind das die "wurmbunten" Schwerter des Frühmittelalters, in Japan kam man nie auf die Idee, bessere Öfen zu bauen...

Die wahre Kunst am japanischen Schwert besteht darin, aus dermaßem minderwertigen Stahl noch halbwegs brauchbare Klingen zu schmieden. Im Vergleich zu gutem Monostahl sind sie schlicht Mist (übrigens der eigentliche Grund, warum man damit kaum pariert - das halten die Dinger schlicht nicht aus).

Für Stahl braucht man gutes Eisen, dass dann aufgekohlt wird. Das passiert durchaus schonmal zufällig. Mit besserer Verhüttung und heißerem Schmiedefeuer kann man den Prozess aber steuerbar machen. In Europa hat sich da relativ bald eine Industrie entwickelt. Passau war etwa berühmt für seine Klingen, die dann in ganz Europa verkauft wurden, um sie vor Ort zu fassen und kampftauglich zu machen.
Die Vorstellung des Schmiedes, der an seinem Amboss ein komplettes Schwert herstellt, ist bereits im Hochmittelalter selten und bald darauf vorbei.
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Offline Aedin Madasohn

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #18 am: 2.01.2022 | 09:59 »
Stahl war etwas vereinfacht gesagt _immer_ Teil der Eisengewinnung, es geht also "nur" darum wie reproduzierbar, gut und häufig der ist.

zu dem Thema Verhüttung und der dabei erzielbaren Qualitäten gibt es ja viel experimentielle Archologie.
Aufbauend auf der Analyse der mittelalter-Schlacke (und deren noch hohen Eisenanteilen) und den mittelalterlichen Beschreibungen der ganzen Arbeistschritten kann schon auf eine geringe Qualität "dieser" Produktion geschlossen werden.
Es geht dabei um die im "Prozess" erreichbaren Temperaturen und den Schmelzpunkt von reinen Eisen vs hochkohlenstoff-haltigen Eisen (Mischungen haben geringere Schmelzpunkte als rein-Stoffe)
die Aufarbeitung/Absenkung dieser Kohlenstoffgehalte ist keine kleine Nummer, womit wir wieder bei der Sosthenes genannten Reproduzierbarkeit wären.
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interessant noch, das die Landesarchäologen von NRW im Siegerland einen keltenzeitlichen Hochofen in einem Kaliber ergraben haben (Hanglage, Windseite für Lufteinblasung etc.pp.) welcher genügend hohe Temperaturen für das Ausschmelzen des reduzierten Eisens aus der Schlacke erreichte (Schlackereste konnten auch analysiert werden) und damit wesentlich reproduzierbarer Waffenqualität im Kohlenstoffgehalt erreichte.

Das hat den "Galliern" zwar gegen Römer und Germanen nicht geholfen, muss für ihre Bewaffnungsmöglichkeiten aber schon deutlich in der Qualität gewesen sein.   

es wurde ja schon gelästert, dass die Griechen und dann die Römer mehr durch Wein (Suff) als durch Waffenüberlegenheit über die Gallier gesiegt hätten  ;D
also, Drogen toppen noch  >;D
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Offline Ein Dämon auf Abwegen

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #19 am: 2.01.2022 | 11:04 »
Das eigentliche Problem bei Bronze (und auch Eisen) ist nicht das "durchschneiden", sondern das Verbiegen. Bronzeklingen verbiegen sich nach ein, zwei Hieben auf Schilde z.B. Auch von Eisenklingen ist bekannt, dass die Krieger immer wieder mal mit dem Fuß draufstiegen, um sie gerade zu biegen.
Das gilt aber im prinziep auch für Stahl, was du brauchst das Schwerter nicht permanent verbiegen ist Federstahl.
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Offline Raven Nash

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #20 am: 2.01.2022 | 11:11 »
Das gilt aber im prinziep auch für Stahl, was du brauchst das Schwerter nicht permanent verbiegen ist Federstahl.
Nö, du brauchst die richtige Wärmebehandlung. 1040er oder1060er Werkzeugstahl gibt tolle Schwertklingen - wenn richtig gehärtet.
Federstahl nimmt man vor allem für stumpfe Übungsklingen, weil der sich eben besser biegt - und das macht den Stoß sicherer. Will man bei einer "echten" Klinge aber genau nicht - die sind extra steif geformt (stoßoptimiert) oder extra flach (hieboptimiert) oder ein Kompromiss.
Man kann Federstahl nehmen - muss man aber nicht.

Ich find's immer extrem lustig, wie sie das Härten bei Forged in Fire darstellen - das haut so niemals hin, weil u.a. das Anlassen fehlt. Und jeder schmiedet Damast - für nix. ;D
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Offline Sosthenes

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #21 am: 2.01.2022 | 13:15 »
Auch von Eisenklingen ist bekannt, dass die Krieger immer wieder mal mit dem Fuß draufstiegen, um sie gerade zu biegen.

"Bekannt" = Polybius, oder? Aber natürlich nur die schlechten Schwerter der Gallier, nicht die der tollen Römer. Naja.

Wobei's ja auf der anderen Seite sogar Leute gab, die meinten eine 10 Grad Biegung einer gefundenen Klinge wäre absichtlich, wohl weil olympische Florettfechter sowas auch machen.

Deshalb sind Bronzewaffen auch tendentiell eber Stichwaffen (Speere) oder stumpfe Hiebwaffen (Äxte, Keulen).

Ich glaub das ist auch nicht mehr ganz so Stand der aktuellen Forschung, wobei das auch eher in den letzten Jahrzehnten mehr Thema wird. (Hier muss man aber auch enthusiastische, aber nicht so wissenschaftliche Youtuber rausnehmen, die verwässern hier gerne die Landschaft...)

Auf die ersten Schwerter trifft das noch zu, aber ein paar Jahrhunderte später sind dann auch Klingenformen die auch fürs Hauen und nicht nur Stechen gemacht wurden. Die Scharten und anderen Einsatzschäden zeigen dann auch noch eine verbesserte Nutzung derselben.

Vorletztes Jahr kam das was interessantes aus heimatlichen Landen, muss mal sehen ob ich das noch finde. War ein bissl HEMA-verseucht, wenn ich mich recht erinnere.

Aber ja, wie die aufkommenden "Mein Stahl ist besser als dein Stahl" Diskussionsansätze zeigen ist die Vielseitigkeit des Materials auch eine Stärke, erst recht wenn man das kontrolliert machen kann. Dann kann ich auch zu einer Waffe/Rüstung und deren Einsatzzweck und Aufbau das passende Material finden (bzw. Materialmix).

Für's Fantasy fände ich interessant was für verschiedene Erzvarianten man finden oder konstruieren könnte, die einen "Standortvorteil" ergeben würden. Also bestimmtes Eisen-C-Mix, oder Zinn mit Element X (Selen, Phosphor, was weiss ich), was dann ein "realistisches" Mithril/Orichalcum ergibt. Kann man dann im Regelsystem gerne noch etwas übertreiben, d.h. +1 geben.
Ist natürlich wenn es sonst übernatürliche Sachen gibt eigentlich irrelevant ob dies nun zu begründen wäre oder tatsächlich ein Unobtainium ist, aber ich kann mein Setting dann als wissenschaftlicher als andere verkaufen ;)

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #22 am: 2.01.2022 | 13:29 »
Welche Literatur zum Thema ist empfehlenswert?
"These things are romanticized, but in the end they're only colorful lies." - This Is Hell, Polygraph Cheaters

Offline Aedin Madasohn

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #23 am: 2.01.2022 | 13:29 »
"Bekannt" = Polybius, oder? Aber natürlich nur die schlechten Schwerter der Gallier, nicht die der tollen Römer. Naja.

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in einer der Sagas klagten die "normalen" Kämpfer, dass ihre Schwerter nicht "bissen"=scheideten, woraufhin der "Helden"Hetmann seine geheime Kiste öffnete und "scharfe" Klingen verteilte.
natürlich in der laufenden Schlacht, so viel Zeit muss sein.
aber nur dank dieser Gabe konnte gesiegt werden.

Also nicht Kraft, Geschick und Mut der Mannschaft, nein, nur die Wunderwaffen aus der Trickkiste des jetzigen Königs brachten den Sieg.

wer Spuren Kübel von Speichelleckerei durch "Bardenhistoriker" findet, darf gerne darin baden gehen  ;D ;D ;D

Offline Chronist

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Re: Bronze, Eisen ,Stahl ?
« Antwort #24 am: 2.01.2022 | 13:45 »
Hier das Video zur Rekonstruktion der Herstellung „Wurmbunter Klingen“: https://www.youtube.com/watch?v=fkzxYojj3cI

Ein zusammenfassender wissenschaftlicher Artikel dazu: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/aiw/article/view/43334/36793
"So be wise, because the world needs more wisdom. And if you cannot be wise, pretend to be someone who is wise and then just behave like they would." Neil Gaiman

“Fairy tales are more than true: not because they tell us that dragons exist, but because they tell us that dragons can be beaten.” G.K. Chesterton/N. Gaiman