Autor Thema: Erfahrungen mit PbtA  (Gelesen 10213 mal)

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HEXer

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #25 am: 17.02.2022 | 12:11 »
Pfffff, also Leute, das kann man PbtA nun kaum zum Vorwurf machen, dass nicht jeder Spielertyp gleichviel Spaß daran hat.
PbtA behauptet nicht von sich, ein Rollenspiel für jeden oder ein Universalsystem oder sowas zu sein.

Hm. Das klingt, als seist du genervt oder fühltest dich angegriffen. Das solltest du nicht, weil die Diskussion ja weder gegen dich richtet, weil du das System magst, noch richtet sie sich gegen das System an sich. Es geht doch darum, verstehen zu können, warum PbtA für manche ein besonderes RPG ist, während es das für andere eben nicht ist. Es geht um Erkenntnisgewinn, nicht um Streit oder Recht haben. Es tut mir leid, wenn das anders rüber kam. Mir ist bewusst, dass wir da ein gerüttelt Maß an Ambiguitätstoleranz brauchen, weil es hier um Meinungen geht, nicht um binäre Fakten. Natürlich kann man da unterschiedlicher Meinung sein. Aber es ist doch spannend, die Gründe und Ansichten des jeweils anderen nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu verstehen. :)


Und ich stelle gleich noch eine Behauptung auf: Was du als "allgemein bekannte GM Best Practices" bezeichnest wurde noch nirgendwo so konzise und stringent und "nachschlagbar" erklärt, wie in den PbtA-Spielen, die ich kenne. […] Ganz egal ob du PbtA als Regelsystem dann auch verwendest: Du gehst da mit kleinen Werkzeugen und Kniffen raus, die du universell einsetzen kannst.

Damit paraphrasierst du ja genau das was ich vorher sagte - also keine Kritik meinerseits. :)

Es ist ja auch nicht so, als fände ich die Idee dahinter schlecht - ich finde, man sollte beide Systeme gelesen und verstanden (jaja!) haben und sich das, was sie bezwecken wollen, in sein "best practice" Spielleiterrepertoire packen.
[…]
Ich bin der festen Überzeugung, es bereichert eine Rollenspielrunde, das mal reflektiert und verinnerlicht zu haben.

Wo ich nicht mehr mitgehe, weil es mir zu pauschal und definit formuliert ist, ist wenn du sagst:

Wenn du ein gutes PbtA-RPG liest, dann weißt du danach, wie du das Genre, das es abbildet effektiv als SL bespielst und die Dinge am Tisch am Laufen hältst.

Ich finde, wenn ich ein (gutes) PbtA lese, dann weiß ich, wie ich die Genre-Interpretation des Autoren effektiv bespielen kann und unter der Voraussetzung, dass alle mit dieser Interpretation d'accord gehen am Laufen halte. Das ist keine Kritik speziell an PbtA - nur ist es da meiner Meinung nach nun auch nicht wirklich anders oder besser als in anderen RPGs. Auch da kann gut vermittelt werden, wie man die Vision des Genres oder Settings umsetzt und auch da muss man sich darauf halt einlassen.

Ich glaube PbtA und Fate bewirken auch eine in gewissem Sinne unterschiedliche Herangehensweise an die Fiktion und das Spiel. Bei Fate kommuniziere ich meinen Mitspielenden mittels der Regeln, was ich von der Fiktion möchte. Ich nehme mir diesen oder jenen Aspekt. Ich setze hier oder da Punkte ein. Ich wähle dieses oder jenes Manöver. Bei PbtA kann ich mich ein gewisses Stück treiben lassen. Es wird schon irgendwas triggern, wenn solange ich genretypische Dinge tue.

Aber ich kommuniziere doch auch bei 5e mittels der Regeln meinen Mitspielenden, was ich ich möchte. Durch meine Auswahl an Charakterklasse, Hintergrundgeschichte, Motivation, durch Bennies (wie bei SaWo), durch Feats. Das unterscheidet sich meiner Meinung nach hauptsächlich dadurch, wie viel Text ich vorher gelesen haben muss und wie viel Arbeit ich außerhalb des Spieles in den Charakter gesteckt habe. Und ob es nun bei PbtA einen Move nicht gibt, oder bei D&D eine Klasse kommt letztendlich doch auf dasselbe hinaus. Sowohl bei PbtA als auch bei Fate muss ich anders zwischen Fakt und Fiktion dolmetschen - aber dolmetschen muss ich dennoch.

Und der Name des Moves, die man nicht sagen soll, das sind die sog. "GM Moves". Das ist in der Tat sehr verwirrend. GM Moves sind nämlich keine Moves, da sie keine Trigger haben. Sie sind Reaktionen, die du als SL ziehst, wenn etwas 6- ausgeht oder wenn alle dich fragend angucken. Eben die Sache, wo du als SL kreativ ( >;D ) werden darfst. In neueren Spielen heißen die dann auch gleich Reaktionen. Und von denen sagst du nicht den Namen. Von Basic Moves bitte immer.



Ich würde sagen, Moves funktionieren grundsätzlich anders als "Würfel mal auf...". Zunächst mal setze ich garantiert keine Schwierigkeiten. […] Die 2W6 sind so bestechend einfach gut, weil Würfeln sowieso meist nur Augenwischerei ist. Es ist eben egal, ob ein Ergebnis "durchschnittlich" oder "herausragend" ist […], solange nicht unmissverständlich geregelt ist, was das bedeuten soll. PbtA umgeht diese Geeier. Es gibt keine Schwierigkeiten. Entweder der Move triggert oder er triggert nicht. Und was dann passiert steht im Body, jeweils passend abgestimmt auf das Genre und verlässlich nachzulesen für alle.

Das sehe ich anders. Gut, als SL setzt man bei PbtA keine Situationsabhängigen Schwierigkeiten. Aber man hat durch den zu erreichenden Zielwert und die charakterabhängigen Modifikatoren auf den Wurf eben doch doch eine Schwierigkeit. Und wenn man ganz ehrlich ist, setzt man sogar (mindestens) drei Schwierigkeiten: "on a miss (≤6)… on a 7-9… on a 10+". Das ist für mich alter Wein in neuen Schläuchen.

Und in einem Spielzug einen "Trigger" zu formulieren ist mir zu sehr "stating the obvious" und dann eben andererseits doch genau das, was mir andere Systeme auch an die Hand geben. Nur mit dem Vorangestellten Hinweis, dass es erst angewendet werden soll, wenn sich in der Fiktion des Spieles die entsprechende Situation oder Auslöser ("Trigger") ergibt. Wer macht denn das bei regulären Fertigkeiten anders? Ich reagiere da instinktiv und emotional mit einem "No shit Sherlock!". Denn noch einmal: Was im System oder seiner Anwendung geschieht ist das Gleiche. Sehen wir mal von der Granularität ab, gibt es wenig Unterschiede zwischen einer Savage Worlds "Klettern" Probe und einem "Act under Pressure".


Zitat
Act Under Pressure
This covers trying to do something under conditions of particular stress or danger. Examples of acting under pressure are: staying on task while a banshee screams at you; barricading a door before the giant rats catch up; resisting the mental domination of a brain-worm; fighting on when you’re badly injured.
When you act under pressure, roll +Cool.
• On a 10+ you do what you set out to.
• On a 7-9 the Keeper is going to give you a worse outcome,
hard choice, or price to pay.
• On a miss, things go to hell.

Zitat
Klettern (Stärke)
Mit dieser Fertigkeit erklimmen Charaktere Wände, Bäume oder Klippen. Normalerweise ist keine Probe nötig, um eine Leiter, ein Seil oder einen Baum mit vielen Ästen zu erklettern, es sei denn, der Spielleiter sieht einen guten Grund dafür (wenn der Charakter zum Beispiel verwundet ist oder verfolgt wird). In Stresssituationen muss der Charakter eine Probe ablegen und das Ergebnis mit den unten stehenden Vorgaben abgleichen. […]

** Fehlschlag: Der Charakter macht keinen Fortschritt. Falls sein modifiziertes Ergebnis 1 oder weniger beträgt, stürzt er auf die nächste Ebene hinab – welche auch immer das sein mag (siehe Sturzschaden auf Seite 188). Falls der Charakter durch ein Seil oder eine andere Maßnahme gesichert war, fällt er nur die Hälfte der Länge der Sicherungsmaßnahme und erleidet stattdessen eine Erschöpfungsstufe.
** Erfolg: Der Charakter gewinnt seine halbe Stärke in Zoll an Höhe. Ein Charakter mit Stärke W6 kann zum Beispiel pro Runde 3“ klettern, wenn er seine Probe schafft.
** Steigerung: Wie bei Erfolg, jedoch gewinnt der Charakter zusätzliche 2“ an Höhe.

Ist das kleinteiliger als ein entsprechender PbtA Spielzug? Sicher. Aber ein PbtA Spielzug ist eben nicht grundlegend anderes, als das. Man könnte sagen die "Klettern" Probe ist ein konkreter Anwendungsfall eines "Act under Pressure" Spielzuges.

Bei beiden haben wir einen Auslöser: eine Streßsituation, in der wir agieren wollen. SaWo erwähnt da sogar explizit, wann der Auslöser gegeben und nicht gegeben ist.
Bei beiden haben wir eine Probe mit 2W und ein dreigeteiltes Ergebnis der Probe. (Ja, in einem Fall gibt es keine externen Modifikatoren, aber die kann ich auch ignorieren.)

Der einzige Unterschied ist hier für mich, dass es bei SaWo eben nicht allgemein formuliert ist, sondern auf einen konkreten Anwendungsbereich bezogen. Das ist aber - genau so wie die Frage der Modifikatoren) eine Frage der Kleinteiligkeit, nicht des Grundprinzips. Das unterscheidet sich zwischen PbtA und SaWo so wenig wie zwischen SaWo und SR.


Einschub: Allein der "Act under Pressure" Move ist für sich genommen schon
a) ein stating the obvious, weil in beinahe jedem anderen Spiel die explizit kommunizierte Grundprämisse bei Proben ist, nur würfeln zu lassen, wenn etwas auf dem Spiel steht, und b) unscharf ist: Was mache ich denn, wenn ich jemandem "under pressure" "help oute"? Und ist genau das nicht eigentlich immer der Fall? Kann ich ohne Druck mit "Ass Kicken"? Kann ich dann jemandem helfen, der nicht unter Druck ist? Und kann ich das, ohne dass ich selbst unter Druck gerate? Wie gehe ich mit dieser Situation um: Handwedele ich als SL (was ich auch in anderen Systemen kann und sollte), finde ich im Gespräch mit der Gruppe eine Lösungsidee (was ich in jeder guten Gruppe (können) sollte, oder ignoriere ich einen Teil der Regeln (inwiefern sind sie dann nicht eher hinderlich als hilfreich, genau wie in anderen Systemen)?

Hinzu kommt: Wenn es darum ginge, einen möglichst einfachen Würfelmechanismus zu verwenden, warum dann einen Mini-Pool von 2W6 anstatt einfach einen W12 zu nehmen? ICh vermute, dass diese Entscheidung zumindest teilweise aufgrund der Verteilungskurve getroffen wurde.

HEXer

  • Gast
Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #26 am: 17.02.2022 | 12:13 »
Na und? Fans anderer Systeme sind ja auch sehr gut darin, diese ständig und bei jeder Gelegenheit für jeden Inhalt, Spielstil und Gruppe zu empfehlen, ob es zur konkreten Fragestellung oder präferierten Spielstil eines Users passt oder nicht.

Hab ich euch heute eigentlich schon von Ubiquity erzählt...? ;)

Swafnir

  • Gast
Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #27 am: 17.02.2022 | 12:23 »
Ubiquity mag ich auch gerne.

Jetzt weiß ich auch wieder eine Sache die mich an Der Sprawl gestört hat: Das Buch stinkt wie die BASF-Abgase. Das kann man kaum lesen ohne Kopfweh zu bekommen. Und das nach fast fünf Jahren. 

HEXer

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #28 am: 17.02.2022 | 12:24 »
Hey, das ist multisensorische Immersion. Das ist für Cyberpunk ein Feature, kein Bug. :)

Offline Haukrinn

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #29 am: 17.02.2022 | 12:37 »
Ich finde es in dem Zusammenhang schwierig pbta und Fate zusammen zu nennen. Beide Systeme verfolgen unterschiedliche auf unterschiedliche Weise. Die Gemeinsamkeit liegt eher darin, dass sich die Vorgehensweise in beiden Fällen von klassichen RPGs mehr oder weniger stark unterscheidet.

Aber hier geht ja auch aussschließlich um pbta. Ich versuche mich einmal auf das Wesentliche zu konzentrieren, auch wenn's mir schwer fällt. Eins vorweg, zumindest von dem, was Jiba hier geschrieben hat, wie "sein" pbta-Spielerlebnis aussieht, kann ich sagen, meins ist ziemlich anders.

1. pbta wirkt hölzern: Ich glaube das liegt vor allem daran, wie die Regeln im Spiel vorgestellt werden. Es gibt ein klares, sehr knapp gehaltenes Format (Moves, Tags, etc.), das sich sehr deutlich vom Fluff, aber auch vom erläuternden Fließtext abhebt (ist so ein bisschen wie ein wissenschaftlicher Artikel mit Formeln, die dort ja auch klar abgehoben werden). Das mag, wenn man es erstmalig sieht, seltsam anmuten, hat aber auch entscheidende Vorteile: Ich kann ganz klar erkennen, was Regel ist und was nicht. Ich habe keinen Schnick-Schnack, der den Erkenntnisfluss ausbremst. Sondern eine Reduktion auf das Wesentliche. Ich erachte das mittlerweile als klaren Vorteil und bin immer wieder genervt, wenn ich jetzt neue klassiche Regelwerke lesen, die nicht so aufgebaut sind. PS: Dieses klare Herausstellen der Regelanteile ist für mich auch ein deutliches Signal, dass du dich eben an diese Regeln halten und sie nicht einfach handwedeln oder ignorieren sollst. pbta ist nicht nur ein Regelwerk, es ist eine Spielanleitung - ein Apsket, der klassischen RPGs leider oft völlig abgeht.

2. pbta ist hölzern: Ja, so mutet es an, wenn man von der klassischen Seite kommt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass RPG-Neulinge diesen Eindruck nicht teilen und sich auch sehr viel leichter ins Spiel reinfinden. Weil sie zum Beispiel nicht denken, Moves wären Proben oder Spielwerte des Charakters. Problematisch wird es dort, wo man zu verkopft als erfahrener RPG-ler gewohnte Muster nicht ablegen kann; bestes Beispiel: bei Dungeon World ist plötzlich alles Defy Danger, weil man doch auf irgendwas würfeln muss. Nein, muss man nicht. Moves machen (und zwar auch als SL) muss man nur da, wo sich neue interessante Optionen für die Fiktion ergeben können, die man nicht einfach festlegen möchte, sondern wo das Spiel über den Fortgang entscheiden soll. Dafür sind Moves da. Sie verregeln den Kern der "Story Engine". Alles, was für die Story im Sinne des Spiels nicht relevant ist, muss auch nicht verregelt werden.

3. pbta ist monothematisch: It's a feature. Ich ziehe da gerne den Vergleich zu Fernsehserien. Abseits der obligatorischen Musicalfolge (die ich am Tisch auch nur mit viel Alkohol ertragen würde) möchte ich nicht, dass die Mordkommission plötzlich einen Piratenschatz aus einem Dungeon birgt. Oder dass Sculder und Mully über Preise für Ausrüstung feilschen müssen anstatt dem Geheimnis der Alienverschwörung auf die Spur zu kommen. Du spielst nur Teenager für die es darum geht, erwachsen zu werden und vor welche Herausforderungen und Probleme sie das stellt, plötzlich nicht mehr als unschuldige Kinder zu gelten (Nicht deren Eltern, nicht deren Lehrer). Oder nur Überlebende der Apokalypse, deren Leben ständig auf Messers Schneide steht und die ihren Zusammenhalt immer wieder neu finden müssen. Oder nur übernatürliche Wesen, die gegeneinander paktieren und intrigieren. Oder nur die Cops eines Polizeireviers in einem Problemviertel, die eigentlich keinerlei Kontrolle mehr über die äußeren Umstände haben, weil nicht nur Gangs, sondern auch Politiker und Presse nur gegen sie zu arbeiten scheinen - das kann man als einengend und monothematisch betrachten - ich betrachte es als klaren Fokus und Einnordung um zu Geschichten zu kommen, die begeistern und die so, ohne viel zusätzlichen Aufwand, mit klassischen Spielen nur für im Zusammenspiel erprobte und sehr erfahrene Gruppen wirklich möglich sind.

Ein weiterer Kritikpunkt, der hier schon mehrfach kam, und auch schon mehrfach eigentlich widerlegt worden ist, äußere ich mich auch nochmal: Natürlich darf man bei jedem Rollenspielsystem sagen "ja, aber so kann man da auch spielen". Bei pbta musst du dir das aber nicht herleiten oder annehmen, dass es so ist, sondern da steht es explizit so drin. RAW. Spieler- und SL-Agenda sind RAW. SL-Moves sind RAW. Vielleicht ist das auch eine Problemursache, denn in der Hinsicht ist pbta mehr Monopoly als D&D.  :)

Eigentlich ist letzteres für mich auch der zentrale Punkt, der den Erkenntnisgewinn durch pbta ausmacht: Es beschreibt Dinge explizit und unmissverständlich, die man vielleicht vorher immer implizit als selbstverständlich vorrausgesetzt hat. Ich bin mit letzterer Einstellung (z.B. auf Cons) immer wieder auf die Nase gefallen, weil ich natürlich von meiner Hausgruppe und dem dort implizit entstandenen "Spielvertragswerk" ausgegangen bin, weil man "halt so spielt, ist doch klar". Und wie bei vielen zwischenmenschlichen Interaktionen gilt auch hier: Nein, ist es eben nicht.  :)
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HEXer

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #30 am: 17.02.2022 | 12:44 »
Nur kurz for the record: Den Aspekt eine Spielanleitung zu sein und als solche vieles Auf den Punkt zu bringen, sehe ich auch so. Das ist ein Vorteil, den viele andere Spiele nicht haben.

Gleichzeitig kann es aber eben auch ein Nachteil sein, und zwar genau dann, wenn die Anleitung in Gruppen-, Spiel-, oder Genrekonventionen reingrätscht, die bereits bestehen. Das mag vielleicht ein, nein, der zentrale Grund sein, warum es für Neulinge oft gut funktioniert, und bei "erfahrenen" Spielleiten für manche super funktioniert und für andere so gar nicht: Weil sich das dann eben genau oder genau nicht deckt, bzw. weil es etwas expliziert, dass manche gerne expliziert wollen und andere eben genau nicht.

Danke für die Anregungen! Das bringt mich in meinem Verständnis gegenüber PbtA, aber auch mir selbst gegenüber bei der Frage, warum es nichts für ich ist, weiter. :)

Offline Jiba

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #31 am: 17.02.2022 | 13:14 »
Eins vorweg, zumindest von dem, was Jiba hier geschrieben hat, wie "sein" pbta-Spielerlebnis aussieht, kann ich sagen, meins ist ziemlich anders.

Das ist nicht mein PbtA-Spielerlebnis, sondern ein PbtA-Spielerlebnis, von mir kurz entworfen, als Workaround um bestimmte Probleme des Systems, die bestimmte Spielertypen damit haben.

Bei PbtA-Spielen, die einen hohen Flow verlangen und von minimaler Brechung der Perspektive profitieren ("Bluebeard's Bride" z.B.) geht mein Leitstil tatsächlich in die Richtung. Bei anderen PbtA-Spielen, z.B. in meiner "Rhapsody of Blood"-Runde, leite ich eher so, wie Haukrinn das beschreibt.
« Letzte Änderung: 17.02.2022 | 13:23 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline grasi

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #32 am: 17.02.2022 | 13:20 »
Der Aspekt, der mir in der Diskussion etwas zu kurz kommt, ist die Tatsache wieviel Spaß es macht bei PbtA Würfe zu vergeigen - oder zumindest nur einen Teilerfolg zu erzielen.
Anders als bei Spielen wo es nur Erfolge oder Misserfolge gibt, treiben bei PbtA gerade die "Erfolge mit Komplikationen" die Story immer sehr schön voran und es entstehen plötzlich interessante Situationen, die vielleicht bei einem klassischen System mit einem Erfolg oder einem Misserfolg so niemals entstanden wären.
Aber das setzt auch eine Spielleitung voraus, die in der Lage ist solche Situationen aus dem Handgelenk zu zaubern.


Offline Haukrinn

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #33 am: 17.02.2022 | 13:32 »
Aber das setzt auch eine Spielleitung voraus, die in der Lage ist solche Situationen aus dem Handgelenk zu zaubern.

Ich hatte nie den Eindruck, dass das in der Praxis wirklich ein Problem ist. Oft ergibt sich das ja direkt aus vorherigen (Spieler oder SL)-Moves mehr oder weniger automatisch.  :)
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HEXer

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #34 am: 17.02.2022 | 13:40 »
Der Aspekt, der mir in der Diskussion etwas zu kurz kommt, ist die Tatsache wieviel Spaß es macht bei PbtA Würfe zu vergeigen - oder zumindest nur einen Teilerfolg zu erzielen.
Anders als bei Spielen wo es nur Erfolge oder Misserfolge gibt, treiben bei PbtA gerade die "Erfolge mit Komplikationen" die Story immer sehr schön voran und es entstehen plötzlich interessante Situationen, die vielleicht bei einem klassischen System mit einem Erfolg oder einem Misserfolg so niemals entstanden wären.

Kann ich gut nachvollziehen. Aber ich muss sagen, dass ich da inzwischen finde, dass Broken Compass es noch besser macht mit seiner Art, wie es Erfolge und Teilerfolge generiert und wie man die dann auf die aktuelle(n) Probe(n) anwenden kann. Vielleicht wäre das ja interessant für dich?

Aber das setzt auch eine Spielleitung voraus, die in der Lage ist solche Situationen aus dem Handgelenk zu zaubern.
Ich hatte nie den Eindruck, dass das in der Praxis wirklich ein Problem ist. Oft ergibt sich das ja direkt aus vorherigen (Spieler oder SL)-Moves mehr oder weniger automatisch.  :)

Da gibt es glaube ich verschiedene "Typen": Für manche genügt es, wenn die kurze Erinnerung kommt, so etwas einzubauen. Manche brauchen da mehr an die Hand und für manche funktioniert es gar nicht. Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass man das aber durchaus trainieren kann. Aber das setzt eben auch ein sehr solides Vertrauen innerhalb der Spielgruppe voraus.

Offline Suro

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #35 am: 17.02.2022 | 13:40 »
@HEXer - Bzgl. des "Act under pressure"-Beispiels: Das funktioniert leider nur bedingt. "Act under pressure" ist einer dieser komischen PbtA-Moves - und das nicht nur weil er aus "The Sprawl" kommt (;)) - sondern weil es einer dieser imho ungeschickten Kitchen-Sink-Moves ist, mit denen man alles mögliche abdecken kann. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass PbtA-Moves besonders allgemein oder wenig kleinteilig sind - im Gegenteil: Neben viel spezifischeren "Basic Moves" (wie z.B. "Volley" in DW) haben Klassen Moves für einzelne Fähigkeiten (z.B. "I am the Law" bei der Paladin-Klasse). Man kann sogar soweit gehen, für einzelne bestimmte Gegner oder Örtlichkeiten einzelne Moves schreiben (vgl "Open a sewer hatch", DW p. 347).

Besonders sind PbtA-Moves aber auch in anderer Hinsicht: Am bemerkenswertesten finde ich glaube ich die Einschränkung auf bestimmte (Typen) von Folge-Ereignissen in der Fiktion, die durch den Würfelwurf erfolgt - oft zusätzlich im Zusammenhang mit einer Entscheidung. Als Beispiel kann das "On a 7-9 the Keeper is going to give you a worse outcome, hard choice, or price to pay.". Das ist einer dieser Aspekte von PbtA, den man mögen muss, wenn einem die Spiele gefallen sollen: Für mich ist es Teil eines erzählspieligen Minispiels hauptsächlich für die Spielleiterseite, bei dem man spontan nach Vorgabe kreativ sein muss. Ich finde das sehr ansprechend, kann aber gut nachvollziehen, wenn es anderen völlig gegen den Strich geht.

Letztlich finde ich, dass man die Unabhängigkeit von einer situativen Schwierigkeit nicht einfach so wegwischen kann. Dass ein komplizierteres Schloss kein besseres Würfelergebnis verlangt als ein einfaches, ist ziemlich ungewöhnlich (und produziert imho einige Probleme). Ich habe das für mich zwar inzwischen ganz gut gelöst (ich verwende eine Mischung aus an die Situation angepasster Konsequenzen und schärferer Unterscheidung, ob Würfeln überhaupt nötig ist), aber - wie oben gesagt - elegant finde ich das inzwischen nicht mehr wirklich gelöst, gerade als Spielanleitung müsste das ein PbtA-Spiel gründlicher erklären als das (in den Texten, die ich kenne) passiert.

Das hier gar nicht als Kritik deiner grundsätzlichen Standpunkte, ich will hier nur meine andere Perspektive auf das Beispiel festhalten.

[Wurde geschrieben, während ich getippt habe:]
Der Aspekt, der mir in der Diskussion etwas zu kurz kommt, ist die Tatsache wieviel Spaß es macht bei PbtA Würfe zu vergeigen - oder zumindest nur einen Teilerfolg zu erzielen.
Anders als bei Spielen wo es nur Erfolge oder Misserfolge gibt, treiben bei PbtA gerade die "Erfolge mit Komplikationen" die Story immer sehr schön voran und es entstehen plötzlich interessante Situationen, die vielleicht bei einem klassischen System mit einem Erfolg oder einem Misserfolg so niemals entstanden wären.
Aber das setzt auch eine Spielleitung voraus, die in der Lage ist solche Situationen aus dem Handgelenk zu zaubern.
Sehe ich auch so, siehe mein zweiter Punkt in diesem Post.
« Letzte Änderung: 17.02.2022 | 14:01 von Suro »
Suro janai, Katsuro da!

HEXer

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #36 am: 17.02.2022 | 13:45 »
Das hier gar nicht als Kritik deiner grundsätzlichen Standpunkte, ich will hier nur meine andere Perspektive auf das Beispiel festhalten.

Alles gut, das kam auch überhaupt nicht so an. :) Ich finde den Austausch ja gerade sehr spannend!

Offline grasi

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #37 am: 17.02.2022 | 13:48 »
Zitat
Kann ich gut nachvollziehen. Aber ich muss sagen, dass ich da inzwischen finde, dass Broken Compass es noch besser macht mit seiner Art, wie es Erfolge und Teilerfolge generiert und wie man die dann auf die aktuelle(n) Probe(n) anwenden kann. Vielleicht wäre das ja interessant für dich?
Wenn man es irgendwann mal zu einem fairen Preis beziehen kann, schaue ich mir das auf jeden Fall an.

HEXer

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #38 am: 17.02.2022 | 13:50 »
Wir können das auch gerne mal online zusammen machen. Oder du guckst einfach erstmal in den Schnellstarter.


Swafnir

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #39 am: 17.02.2022 | 13:53 »
pbtA ist zwar sehr mechanisch, aber am Ende steht halt die Narration über allem. Das ist ein Punkt, den ich sehr ansprechend finde. Das ist aber wohl auch oft das Problem. Viele denken dabei zu viel über die Moves nach und spielen sehr darauf bezogen. Die Stärke des Systems liegt aber auf der Narration, wenn man sich gedanklich von der Spielmechanik löst und sie nur beachtet wenn sie auch getriggert wird. 

Offline grasi

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #40 am: 17.02.2022 | 14:01 »
Wobei ich zugeben muss, dass ich PbtA und insbesondere das von mir favorisierte City-of-Mist erst so wirklich durch verschiedene Actual Plays verstanden habe.  ;D
Aber so wie ich es jetzt spiele (und wer weiß schon, ob das so wirklich richtig ist), finde ich es super cool.   :D
Liegt mir aber auch, weil ich sehr faul bin und wenig vorbereite, dafür aber ganz gut improvisiere kann.

Offline GornOfDagon

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #41 am: 17.02.2022 | 14:38 »
Der einzige Unterschied ist hier für mich, dass es bei SaWo eben nicht allgemein formuliert ist, sondern auf einen konkreten Anwendungsbereich bezogen. Das ist aber - genau so wie die Frage der Modifikatoren) eine Frage der Kleinteiligkeit, nicht des Grundprinzips. Das unterscheidet sich zwischen PbtA und SaWo so wenig wie zwischen SaWo und SR.

HEXer, genau dieses Beispiel "Klettern" zeigt doch ziemlich gut den Unterschied: Bei SaWo & Co ist genau festgelegt, was passieren soll. Bei einem Fehlschlag fällst du und nimmst x Schaden. Punkt. Bei PbtA heißt es nur "schlimmstes Ergebnis". Das lässt doch viel mehr Raum, dieses "schlimme Ergebnis" in die Fiktion einzubauen. Das muss nicht nur in Schaden und einer erneuten Klettern-Probe enden, damit endlich der Berg erklommen ist. Die Formulierung bei SaWo "Der Charakter macht keinen Fortschritt." klingt für mich aus erzählerischer Sicht ganz grauenhaft. Viel interessanter ist doch, wenn der Charakter sein Ziel (also einen Fortschritt) erreicht, sich aber plötzlich in einer scheinbar ausweglosen Situation wiederfindet. Halt das "schlimmste Ergebnis". Und genau dieses Prinzip finde ich bei PbtA so faszinierend.

Achamanian

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #42 am: 17.02.2022 | 15:21 »
HEXer, genau dieses Beispiel "Klettern" zeigt doch ziemlich gut den Unterschied: Bei SaWo & Co ist genau festgelegt, was passieren soll. Bei einem Fehlschlag fällst du und nimmst x Schaden. Punkt. Bei PbtA heißt es nur "schlimmstes Ergebnis". Das lässt doch viel mehr Raum, dieses "schlimme Ergebnis" in die Fiktion einzubauen. Das muss nicht nur in Schaden und einer erneuten Klettern-Probe enden, damit endlich der Berg erklommen ist. Die Formulierung bei SaWo "Der Charakter macht keinen Fortschritt." klingt für mich aus erzählerischer Sicht ganz grauenhaft. Viel interessanter ist doch, wenn der Charakter sein Ziel (also einen Fortschritt) erreicht, sich aber plötzlich in einer scheinbar ausweglosen Situation wiederfindet. Halt das "schlimmste Ergebnis". Und genau dieses Prinzip finde ich bei PbtA so faszinierend.

So richtig sehe ich den unterschied in der (oder meiner) Praxis nicht. Sowohl spiele ich mit eigentlich allen Regelwerken so, dass die Mechanik ignoriert wird, bis ich sie punktuell brauche, und dann verschwindet sie wieder im Werkzeugkasten; und die Mechanik deteterminiert dann i.d.R. auch keinen starren Ablauf; wenn eine Klettern-Probe misslingt, dann passiert irgendwas passendes Blödes, egal, ob ich jetzt pbtA, DSA, RuneQuest oder Savage Worlds spiele (außer, dass ich Savage Worlds nicht spiele ;)).
Was ich an pbtA-Spielen tatsächlich als Lektüre toll finde, ist, dass sie das explizit machen: Über SL-Eingriffe als Moves nachzudenken oder das Konzept der Fronts bei DungeonWorld hat mir z.B. schon echt was dabei gebracht, die Elemente, die ich beim Spielleiten sowieso verwende, bewusster zu verwenden.

Gleichzeitig helfen mir die tatsächlich festgeschriebenen Moves in der Anwendung nur gar nicht; sie führen eher dazu, dass ich mich an gewissen Punkten genötigt fühle, jetzt die Spielmechanik zu triggern, weil etwas eben laut Regeln zu einem Move passt, anstatt mich einfach zu fragen, ob ich die jetzt wirklich brauche.

Letztendlich ist das natürlich eine Frage der Souveränität, es hindert mich ja nichts daran, mit pbtA genauso souverän umzugehen wie mit jedem anderen Regelwerk und einfach zu sagen: "Ist mir doch egal, ob da steht, dass ein Move getriggert wird." Ich bin mir auch nicht sicher, warum es mich bei pbtA mehr stört, solche Regeln zu ignorieren. Evtl. hat es damit zu tun, dass pbtA für mich sehr gut herausarbeitet, was beim RSP eigentlich passiert, wenn es gut läuft, aber das dann wieder in präskriptive Regeln gießt, die für mich daherkommen als "An die muss man sich halten, DAMIT es gut läuft." Und das ist natürlich Unsinn.

Online schneeland

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #43 am: 17.02.2022 | 15:44 »
Letztendlich ist das natürlich eine Frage der Souveränität, es hindert mich ja nichts daran, mit pbtA genauso souverän umzugehen wie mit jedem anderen Regelwerk und einfach zu sagen: "Ist mir doch egal, ob da steht, dass ein Move getriggert wird." Ich bin mir auch nicht sicher, warum es mich bei pbtA mehr stört, solche Regeln zu ignorieren.

Zumindest ich habe in ähnlicher Konstellation das Problem, dass ich das Gefühl habe, einen Kernbestandteil des Regelsystems ignoriere, wenn ich einfach willkürlich entscheide, ob ein Move triggert oder nicht.
Das ist dann auch einer der Punkte, an denen ich mit PbtA in der/meiner Spielpraxis nicht so glücklich war - der Move grätscht quasi in die Fiktion rein und sagt: würfel hier mal bitte und dann geht es mit einer von x Optionen weiter. Kann man natürlich drumherum arbeiten, aber dafür gibt's dann letztlich zu viele andere Systeme, die für die Sachen, die ich gerne (setting/genremäßig) spielen möchte, besser funktionieren, als dass mir das sinnvoll erschiene.
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Offline GornOfDagon

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #44 am: 17.02.2022 | 15:56 »
Sowohl spiele ich mit eigentlich allen Regelwerken so, dass die Mechanik ignoriert wird, bis ich sie punktuell brauche, und dann verschwindet sie wieder im Werkzeugkasten

Klar kannst du in jedem System Regeln ignorieren oder hinzufügen. Aber darum geht es ja gar nicht. Wenn wir über Systeme und Erfahrungen mit selbigen diskutieren, dann gehören die Regeln doch erstmal dazu, oder? Und das ist in dem Klettern Beispiel halt ziemlich eindeutig und zeigt die generelle Ausrichtung des Systems.

Und meiner Erfahrung nach unterstützen die Systeme verschiedene Spielstile besser oder schlechter. Egal, wie sehr man alles mit Hausregeln anpasst.

Bsp. D&D/Pathfinder&Co: Wenn ein Spieler eine kreative Idee für eine Aktion hat und das System dafür mehrere Vorbedingungen wie "Talente" fordert, dann kannst du diese Regeln zwar ignorieren und dem Spieler die Aktion erlauben, aber dann ist der zweite Spieler ganz traurig, weil er ja seine ganzen Erfahrungspunkte extra in solche Talente gesteckt hat. Erlaubst du die Aktion nicht, ist der "kreative" Spieler enttäuscht.

Die Mechanik bei PbtA vom Teilerfolg, bei dem die Aktion des Spielers gelingt, aber dennoch etwas Interessantes für die Story passiert, finde ich schon als eine Art Alleinstellungsmerkmal. Ich finde es großartig, weil es den Spieler zufriedenstellt UND der SL in die Hände spielt.

Achamanian

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #45 am: 17.02.2022 | 16:10 »
Bsp. D&D/Pathfinder&Co: Wenn ein Spieler eine kreative Idee für eine Aktion hat und das System dafür mehrere Vorbedingungen wie "Talente" fordert, dann kannst du diese Regeln zwar ignorieren und dem Spieler die Aktion erlauben, aber dann ist der zweite Spieler ganz traurig, weil er ja seine ganzen Erfahrungspunkte extra in solche Talente gesteckt hat. Erlaubst du die Aktion nicht, ist der "kreative" Spieler enttäuscht.

Lustigerweise stört mich ja gerade an pbtA, dass es mir vielen Varianten zu "D&Dish" in dieser Beziehung ist, weil du eben die sehr spezifischen Playbook-Moves hast, die bestimmten Playbooks vorbehalten sind; und wenn ich dann anderen Charakteren vergleichbares "erlaube" empfinde ich das sofort als eine Verletzung des Nischenschutzes in Klassensystemen.

Das ist eher so ein kleiner Beef, den ich mit pbtA habe und der ein bisschen am Kern der Sache vorbeigeht. Und sicher hast du recht, dass moderne D&Ds im Vergleich zu pbtA estrem starr daherkommen. Aber das wäre jetzt auch nicht meine Vergleichsebene. Ich finde eben, es gibt viele klassische Systeme (D100-Sachen z.B.), die es mir sehr viel einfacher machen, nur punktuell die Regeln hervorzuziehen und sie gleich wieder verschwinden zu lassen.

Offline aikar

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #46 am: 17.02.2022 | 16:11 »
Die Mechanik bei PbtA vom Teilerfolg, bei dem die Aktion des Spielers gelingt, aber dennoch etwas Interessantes für die Story passiert, finde ich schon als eine Art Alleinstellungsmerkmal. Ich finde es großartig, weil es den Spieler zufriedenstellt UND der SL in die Hände spielt.
Ich mag das auch, aber ich kenne Spieler:innen, denen genau diese Mechanik das Spiel vermiest. Weil in den meisten Fällen das Ergebnis "Erfolg mit Haken" ist und sie damit irgendwie das Gefühl kriegen, selten was richtig hinzukriegen.

Was PbtA für mich wirklich zu etwas Besonderem gemacht hat ist, das es den Erzählfluss selten bis gar nicht verliert. Wo jedes klassische System spätestens beim Wechsel in den Kampf ein anderes Spielgefühl erzwingt, macht PbtA einfach weiter. Und das liebe ich  :headbang:

FATE schafft das auf seine Art auch, aber bei FATE ist ständig eine gewisse Meta-Ebene dabei, egal was man macht. Meist kann ich damit gut, aber nicht immer. Dafür kann ich eben mit FATE echt alles bespielen.
« Letzte Änderung: 17.02.2022 | 16:13 von aikar »
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Achamanian

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #47 am: 17.02.2022 | 16:12 »

Was PbtA für mich wirklich zu etwas Besonderem gemacht hat ist, das es den Erzählfluss selten bis gar nicht verliert. Wo jedes klassische System spätestens beim Wechsel in den Kampf ein anderes Spielgefühl erzwingt, macht PbtA einfach weiter. Und das liebe ich  :headbang:

Das finde ich auch toll an pbtA - dass der Kampf einfach nahtlos mit den gleichen Regeln weiterläuft wie der Rest auch, ist schon eine großartige Sache!

Offline RackNar

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #48 am: 17.02.2022 | 16:20 »
Ich mag das auch, aber ich kenne Spieler:innen, denen genau diese Mechanik das Spiel vermiest. Weil in den meisten Fällen das Ergebnis "Erfolg mit Haken" ist und sie damit irgendwie das Gefühl kriegen, selten was richtig hinzukriegen.

Aber ist das nicht einfach zu lösen, wenn der Haken außerhalb des Charakters zu verorten ist? Der Charakter hat alles richtig gemacht, aber die Umstände sind gegen ihn.
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Offline Haukrinn

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Re: Erfahrungen mit PbtA
« Antwort #49 am: 17.02.2022 | 16:28 »
Zumindest ich habe in ähnlicher Konstellation das Problem, dass ich das Gefühl habe, einen Kernbestandteil des Regelsystems ignoriere, wenn ich einfach willkürlich entscheide, ob ein Move triggert oder nicht.
Das ist dann auch einer der Punkte, an denen ich mit PbtA in der/meiner Spielpraxis nicht so glücklich war - der Move grätscht quasi in die Fiktion rein und sagt: würfel hier mal bitte und dann geht es mit einer von x Optionen weiter. Kann man natürlich drumherum arbeiten, aber dafür gibt's dann letztlich zu viele andere Systeme, die für die Sachen, die ich gerne (setting/genremäßig) spielen möchte, besser funktionieren, als dass mir das sinnvoll erschiene.

Ich glaube das ist auch tatsächlich ein großes Problem bei einigen pbtas, die nicht wirklich konsequent designt sind. In den "guten" Varianten steht jeder Move irgendwie in Verbindung zur Spielprämisse und -agenda und treibt diese damit voran. Da gibt es sowas wie "Defy danger" oder "Act under pressure" nicht oder es ist klar umrissen, wann so ein Move zur Anwendung kommen soll (vgl. zum Beispiel den von der Idee ähnlich aufgebauten Move "do something under fire" in Apocalypse World, der aber eben nicht regelt, dass du etwas tust, sondern dass du den Mut aufbringst etwas zu tun).

Und man muss gewillt sein, sich darauf einzulassen und da vielleicht dem Spieleentwickler auch zu vertrauen. pbta sagt "Wenn es ein Move ist, dann mach den Move". Die fiktionale Entscheidungsfreiheit hast du immer noch, insbesondere als SL: Denn wenn es kein Move ist, machst du auch keinen Move. Mich würde an der Stelle interessieren welche konkrete Situation euch da in den Sinn kommt, wo das Spiel sagt "es ist ein Move" und ihr sagt "ich will das aber nicht, das passt jetzt nicht"?

Lustigerweise stört mich ja gerade an pbtA, dass es mir vielen Varianten zu "D&Dish" in dieser Beziehung ist, weil du eben die sehr spezifischen Playbook-Moves hast, die bestimmten Playbooks vorbehalten sind; und wenn ich dann anderen Charakteren vergleichbares "erlaube" empfinde ich das sofort als eine Verletzung des Nischenschutzes in Klassensystemen.

Ja, dein Gefühl trügt dich auch nicht. Moves sind Nischenschutz und die sollen verhindern, dass so etwas passiert. :)
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