Pfffff, also Leute, das kann man PbtA nun kaum zum Vorwurf machen, dass nicht jeder Spielertyp gleichviel Spaß daran hat.
PbtA behauptet nicht von sich, ein Rollenspiel für jeden oder ein Universalsystem oder sowas zu sein.
Hm. Das klingt, als seist du genervt oder fühltest dich angegriffen. Das solltest du nicht, weil die Diskussion ja weder gegen dich richtet, weil du das System magst, noch richtet sie sich gegen das System an sich. Es geht doch darum, verstehen zu können, warum PbtA für manche ein besonderes RPG ist, während es das für andere eben nicht ist. Es geht um Erkenntnisgewinn, nicht um Streit oder Recht haben. Es tut mir leid, wenn das anders rüber kam. Mir ist bewusst, dass wir da ein gerüttelt Maß an Ambiguitätstoleranz brauchen, weil es hier um Meinungen geht, nicht um binäre Fakten. Natürlich kann man da unterschiedlicher Meinung sein. Aber es ist doch spannend, die Gründe und Ansichten des jeweils anderen nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu verstehen.
Und ich stelle gleich noch eine Behauptung auf: Was du als "allgemein bekannte GM Best Practices" bezeichnest wurde noch nirgendwo so konzise und stringent und "nachschlagbar" erklärt, wie in den PbtA-Spielen, die ich kenne. […] Ganz egal ob du PbtA als Regelsystem dann auch verwendest: Du gehst da mit kleinen Werkzeugen und Kniffen raus, die du universell einsetzen kannst.
Damit paraphrasierst du ja genau das was ich vorher sagte - also keine Kritik meinerseits.
Es ist ja auch nicht so, als fände ich die Idee dahinter schlecht - ich finde, man sollte beide Systeme gelesen und verstanden (jaja!) haben und sich das, was sie bezwecken wollen, in sein "best practice" Spielleiterrepertoire packen.
[…]
Ich bin der festen Überzeugung, es bereichert eine Rollenspielrunde, das mal reflektiert und verinnerlicht zu haben.
Wo ich nicht mehr mitgehe, weil es mir zu pauschal und definit formuliert ist, ist wenn du sagst:
Wenn du ein gutes PbtA-RPG liest, dann weißt du danach, wie du das Genre, das es abbildet effektiv als SL bespielst und die Dinge am Tisch am Laufen hältst.
Ich finde, wenn ich ein (gutes) PbtA lese, dann weiß ich, wie ich
die Genre-Interpretation des Autoren effektiv bespielen kann und unter der Voraussetzung, dass alle mit
dieser Interpretation d'accord gehen am Laufen halte. Das ist keine Kritik speziell an PbtA - nur ist es da meiner Meinung nach nun auch nicht wirklich anders oder besser als in anderen RPGs. Auch da kann gut vermittelt werden, wie man die Vision des Genres oder Settings umsetzt und auch da muss man sich darauf halt einlassen.
Ich glaube PbtA und Fate bewirken auch eine in gewissem Sinne unterschiedliche Herangehensweise an die Fiktion und das Spiel. Bei Fate kommuniziere ich meinen Mitspielenden mittels der Regeln, was ich von der Fiktion möchte. Ich nehme mir diesen oder jenen Aspekt. Ich setze hier oder da Punkte ein. Ich wähle dieses oder jenes Manöver. Bei PbtA kann ich mich ein gewisses Stück treiben lassen. Es wird schon irgendwas triggern, wenn solange ich genretypische Dinge tue.
Aber ich kommuniziere doch auch bei 5e mittels der Regeln meinen Mitspielenden, was ich ich möchte. Durch meine Auswahl an Charakterklasse, Hintergrundgeschichte, Motivation, durch Bennies (wie bei SaWo), durch Feats. Das unterscheidet sich meiner Meinung nach hauptsächlich dadurch, wie viel Text ich vorher gelesen haben muss und wie viel Arbeit ich außerhalb des Spieles in den Charakter gesteckt habe. Und ob es nun bei PbtA einen Move nicht gibt, oder bei D&D eine Klasse kommt
letztendlich doch auf dasselbe hinaus. Sowohl bei PbtA als auch bei Fate muss ich
anders zwischen Fakt und Fiktion dolmetschen - aber dolmetschen muss ich dennoch.
Und der Name des Moves, die man nicht sagen soll, das sind die sog. "GM Moves". Das ist in der Tat sehr verwirrend. GM Moves sind nämlich keine Moves, da sie keine Trigger haben. Sie sind Reaktionen, die du als SL ziehst, wenn etwas 6- ausgeht oder wenn alle dich fragend angucken. Eben die Sache, wo du als SL kreativ ( ) werden darfst. In neueren Spielen heißen die dann auch gleich Reaktionen. Und von denen sagst du nicht den Namen. Von Basic Moves bitte immer.
Ich würde sagen, Moves funktionieren grundsätzlich anders als "Würfel mal auf...". Zunächst mal setze ich garantiert keine Schwierigkeiten. […] Die 2W6 sind so bestechend einfach gut, weil Würfeln sowieso meist nur Augenwischerei ist. Es ist eben egal, ob ein Ergebnis "durchschnittlich" oder "herausragend" ist […], solange nicht unmissverständlich geregelt ist, was das bedeuten soll. PbtA umgeht diese Geeier. Es gibt keine Schwierigkeiten. Entweder der Move triggert oder er triggert nicht. Und was dann passiert steht im Body, jeweils passend abgestimmt auf das Genre und verlässlich nachzulesen für alle.
Das sehe ich anders. Gut, als SL setzt man bei PbtA keine Situationsabhängigen Schwierigkeiten. Aber man hat durch den zu erreichenden Zielwert und die charakterabhängigen Modifikatoren auf den Wurf eben doch doch eine Schwierigkeit. Und wenn man ganz ehrlich ist, setzt man sogar (mindestens) drei Schwierigkeiten: "on a miss (≤6)… on a 7-9… on a 10+". Das ist für mich alter Wein in neuen Schläuchen.
Und in einem Spielzug einen "Trigger" zu formulieren ist mir zu sehr "stating the obvious" und dann eben andererseits doch genau das, was mir andere Systeme auch an die Hand geben. Nur mit dem Vorangestellten Hinweis, dass es erst angewendet werden soll, wenn sich in der Fiktion des Spieles die entsprechende Situation oder Auslöser ("Trigger") ergibt. Wer macht denn das bei regulären Fertigkeiten anders? Ich reagiere da instinktiv und emotional mit einem "No shit Sherlock!". Denn noch einmal: Was im System oder seiner Anwendung geschieht ist das Gleiche. Sehen wir mal von der Granularität ab, gibt es wenig Unterschiede zwischen einer Savage Worlds "Klettern" Probe und einem "Act under Pressure".
Act Under Pressure
This covers trying to do something under conditions of particular stress or danger. Examples of acting under pressure are: staying on task while a banshee screams at you; barricading a door before the giant rats catch up; resisting the mental domination of a brain-worm; fighting on when you’re badly injured.
When you act under pressure, roll +Cool.
• On a 10+ you do what you set out to.
• On a 7-9 the Keeper is going to give you a worse outcome,
hard choice, or price to pay.
• On a miss, things go to hell.
Klettern (Stärke)
Mit dieser Fertigkeit erklimmen Charaktere Wände, Bäume oder Klippen. Normalerweise ist keine Probe nötig, um eine Leiter, ein Seil oder einen Baum mit vielen Ästen zu erklettern, es sei denn, der Spielleiter sieht einen guten Grund dafür (wenn der Charakter zum Beispiel verwundet ist oder verfolgt wird). In Stresssituationen muss der Charakter eine Probe ablegen und das Ergebnis mit den unten stehenden Vorgaben abgleichen. […]
** Fehlschlag: Der Charakter macht keinen Fortschritt. Falls sein modifiziertes Ergebnis 1 oder weniger beträgt, stürzt er auf die nächste Ebene hinab – welche auch immer das sein mag (siehe Sturzschaden auf Seite 188). Falls der Charakter durch ein Seil oder eine andere Maßnahme gesichert war, fällt er nur die Hälfte der Länge der Sicherungsmaßnahme und erleidet stattdessen eine Erschöpfungsstufe.
** Erfolg: Der Charakter gewinnt seine halbe Stärke in Zoll an Höhe. Ein Charakter mit Stärke W6 kann zum Beispiel pro Runde 3“ klettern, wenn er seine Probe schafft.
** Steigerung: Wie bei Erfolg, jedoch gewinnt der Charakter zusätzliche 2“ an Höhe.
Ist das kleinteiliger als ein entsprechender PbtA Spielzug? Sicher. Aber ein PbtA Spielzug ist eben nicht grundlegend anderes, als das. Man könnte sagen die "Klettern" Probe ist ein konkreter Anwendungsfall eines "Act under Pressure" Spielzuges.
Bei beiden haben wir einen Auslöser: eine
Streßsituation, in der wir agieren wollen. SaWo erwähnt da sogar explizit, wann der Auslöser gegeben und nicht gegeben ist.
Bei beiden haben wir eine Probe mit 2W und ein dreigeteiltes Ergebnis der Probe. (Ja, in einem Fall gibt es keine externen Modifikatoren, aber die kann ich auch ignorieren.)
Der einzige Unterschied ist hier für mich, dass es bei SaWo eben nicht allgemein formuliert ist, sondern auf einen konkreten Anwendungsbereich bezogen. Das ist aber - genau so wie die Frage der Modifikatoren) eine Frage der
Kleinteiligkeit, nicht des Grundprinzips. Das unterscheidet sich zwischen PbtA und SaWo so wenig wie zwischen SaWo und SR.
Einschub: Allein der "Act under Pressure" Move ist für sich genommen schon
a) ein
stating the obvious, weil in beinahe jedem anderen Spiel die explizit kommunizierte Grundprämisse bei Proben ist, nur würfeln zu lassen, wenn etwas auf dem Spiel steht, und b) unscharf ist: Was mache ich denn, wenn ich jemandem "under pressure" "help oute"? Und ist genau das nicht eigentlich immer der Fall? Kann ich ohne Druck mit "Ass Kicken"? Kann ich dann jemandem helfen, der nicht unter Druck ist? Und kann ich das, ohne dass ich selbst unter Druck gerate? Wie gehe ich mit dieser Situation um: Handwedele ich als SL (was ich auch in anderen Systemen kann und sollte), finde ich im Gespräch mit der Gruppe eine Lösungsidee (was ich in jeder guten Gruppe (können) sollte, oder ignoriere ich einen Teil der Regeln (inwiefern sind sie dann nicht eher hinderlich als hilfreich, genau wie in anderen Systemen)?
Hinzu kommt: Wenn es darum ginge, einen möglichst einfachen Würfelmechanismus zu verwenden, warum dann einen Mini-Pool von 2W6 anstatt einfach einen W12 zu nehmen? ICh vermute, dass diese Entscheidung zumindest teilweise aufgrund der Verteilungskurve getroffen wurde.