Autor Thema: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze  (Gelesen 3265 mal)

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[Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« am: 5.03.2022 | 10:06 »
Es ist Freitag, der 11. Nov. 1927.
Heute vor neun Jahren endete der Grosse Krieg.
Und bald findet die Grablegung eines guten Freundes statt.

Über dem Wannsee Friedhof in Berlin fallen die Regentropfen fast senkrecht vom Himmel und schlagen wie winzigste Kometen auf den Asphalt. Der Himmel ist düster. Schwer und Wolkenverhangen. Die Sonne scheint getilgt worden zu sein. Lediglich graue Schleier. Unklare, verschwommene Konturen.

Bereits seit den Morgenstunden regnet es kontinuierlich. In unterschiedlichsten Stärken.
Pfützen. Überall und allgegenwärtig. Kleine Spiegel auf schmutzigem Asphalt. Sie fangen den Regen auf und zeichnen auf ihrer Oberfläche Ringe aus den Tropfen, die auftreffen und vergehen.

Die Menschen hetzen die Strassen entlang und trachten mit ihren schnellen Schritten dem Regen zu entgehen - vergeblich.

Die Tristesse dieser Tage frisst sich wie Säure in die Gehirne der Leute. Sie eilen dahin. Trübsinnig. Schwermütig. Mit gesenkten Köpfen und geschlossenen Mänteln. Die Krägen hochgeschlagen. Alles grau in grau. Niemand nimmt den anderen wahr. Die Auslagen in den Schaufenstern bleiben unbeachtet.

Regenschirme, wartend an den Bordsteinen auf die Lücke zw. den vorbeifahrenden, schwarzen Automobilen. Stumm wie Pilze unter den Linden und doch scheinbar verweht wie das Laub der kahlen Bäume.
« Letzte Änderung: 8.03.2022 | 20:34 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #1 am: 5.03.2022 | 10:19 »
Die Gruben auf den Friedhöfen sind immer gleich.
Löcher für die Kadaver. Ob einst geliebt, gehasst oder ignoriert ist ohne jeden Wert. Gleich gross. Gleich tief.

Kein Unbeteiligter weiss, ob es die Ruhestätte eines alten Mannes oder eines jungen Mädchens sein wird.

Zwei Drittel aller Freunde und Verwandten, so sagt man, entscheiden sich dem Wetter entsprechend dafür oder dagegen, einem Begräbnis beizuwohnen. Somit ist auch die Anzahl der Gäste bei dieser Beisetzung überschaubar.
« Letzte Änderung: 8.03.2022 | 20:41 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #2 am: 5.03.2022 | 10:51 »
Die Menschen würdigen andere Menschen weit weniger, als sie es vorgeben zu tun oder es sich auch nur eingestehen würden.

Die Liebe dieser Menschen zu Gott lässt sich darin messen, wie sehr sie seine Geschöpfe und ihren Nächsten achten. Und so manch ein Toter ist bereits vergessen, noch bevor sein Körper im Grabe liegt.

Viele sind zur Beisetzung des Professors nicht erschienen - trotz aller Berühmtheit von Eisensteins.

Hüte und Regenschirme verbergen die Gesichter der geneigten Häupter der Menschen am Grab.

Man kann den Regen riechen. Ein Geruch von Erde.

Der Regen platscht energisch und laut klatschend in Pfützen, auf Kieswege und auf aufgeweichten, schlammig-weichen Boden.
« Letzte Änderung: 8.03.2022 | 20:41 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #3 am: 5.03.2022 | 18:24 »
Vor dem gähnenden offenen Schlund des Grabes von Prof. von Eisenstein haben sich Freunde und Familie versammelt. Ausser Euch sind dort noch...

Der Gemeinde Pastor Haverkamp.
Elfi, des Professors Ehefrau.
Hieronymus, sein Bruder im Rollstuhl, der die Trauerrede spricht.
Dahinter ein junger Mann, Hans, der den Rollstuhl festhält.
Leonhardt, der Sohn des Professors.
Agnes, die Haushälterin des Professors.
Die Ärztin, Dr. von Zahnd.
Dazu noch vier Honoratioren. Die bekannten Professoren Johann Wilhelm Möbius, Herbert Georg Beutler und Ernst Heinrich Ernesti der Fakultät Physik von der Humboldt-Universität Berlin, sowie Dr. Arkascha Ivanow von der Staatlichen Hochschule Leningrad.

Am Ende seiner Trauerrede wendet sich der Blick von Hieronymus von Eisenstein ins kleine Rund.
"Danke.
Schön meine Herr.
Schaften dass sie mein.
Em Bruder die letzte Ehre.
Er.
Wiesen haben."
« Letzte Änderung: 8.03.2022 | 20:42 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #4 am: 6.03.2022 | 14:57 »
Pastor Haverkamp drückt Elfi als erster sein Beileid aus und ihre Tränen mischen sich mit dem Regen, der auf Ihr Gesicht fällt.

Die Trauergäste kondolieren, einer nach dem anderen. Jeder hat ein paar Trost spendende Worte parat, oder auch nur einen Händedruck oder eine Umarmung, doch über den Verlust des Mannes hinwegtrösten vermag es nicht.

Als der Russe, Dr. Arkascha Ivanov, vor dem offenen Grab steht, hört Ihr ihn sagen.
"Mein Freund. Дltes Physikus. Яussisches Яedensart sagen: Besser Du stehen an Grab, als Du liegen drin. Ist es niccht? Lebe wohl."

Er wirft mit einer langstieligen Schaufel Erde in das Grab.

Jedesmal, wenn das passiert, hört man ein schmatzendes Geräusch, wenn die durchgeweichte Erde auf das Holz des Sarges klatscht.

Dann will er die Schaufel an Professor Möbius weiterreichen, doch dieser weicht entsetzt zurück.
"Nein!" ruft er und macht eine abwehrende Geste.

Der Russe scheint verwirrt.
"Was? Was niccht? Icch nur wollen höflicch sein. Niet? Wescchalb?"

Möbius ist schreckensbleich.
"Steck die Schaufel wieder in die Erde." Er zittert. "Steck sie zurück. Wenn man die Schaufel an einen anderen weitereicht, dann gibt man ihm grosses Unglück in die Hand. Wohlmöglich den Tod."
Schnell hat sich Möbius aber auch wieder gefasst und beruhigt sich.

Der letzte vor Euch am Grab ist Professor Beutler.
"Du hattest ein erfülltes und interessantes Leben. Und mit Deinem Infakt einen schönen und schnellenTod. Du hattest auch noch das Glück, bei deiner Arbeit abberufen zu werden, als Du die Sterne beobachtet hast. Nun ja, etwas länger hättest Du Dir aber noch Zeit nehmen können, meine ich. Aber Du hattest es ja schon immer etwas eiliger. Bis irgendwann, alter Knabe."
« Letzte Änderung: 11.04.2022 | 01:14 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #5 am: 23.03.2022 | 15:03 »
Nachdem Ihr kondoliert habt, hört Ihr von der nahen Andreaskirche, die aus roten Backsteinen erbaut wurde, und an die Friedhofsmauer angrenzt, das Geläut der Glocken herüberschallen.

Die beschauliche Kirche in der Lindenstrasse ist klein aber fein. Sie wurde in neugotischem Stil errichtet und ist ohne auffälligen Prunk.

Ihre Vorhalle dient gleichzeitig auch als Aussegnungshalle. Es ist jetzt etwas dreissig Jahre her, dass die Kirche, die zur Gänze von den Wannseer Bürgern finanziert wurde, eingeweiht wurde.

Um Euch herum befinden sich die Grabanlagen bedeutender Familien unter ihnen Künstler, Wissenschaftler, Bankiers und Industrielle. Und von Eisenstein ist nun einer von ihnen.

Und wieder unterhalten sich die Professoren.

Ernesti: "Wussten Sie, dass es Menschen gibt, die unter der sogenannten Koimetrophobie leiden? Also Gräber und Friedhöfe meiden wie der Teufel das Weihwasser?"

Beutler: "Glauben Sie, werter Professor, dass diese Leute die Endlichkeit fürchten?"

Ernesti: "Vielleicht fürchten sie ja den Verlust im Speziellen."

Beutler: "Oder sogar im Allgemeinen? Was meinen Sie, Herr Kollege?"

Ernesti: "Ich glaube, diese Personen fürchten die Nähe des Todes, weil sie einfach mehr wissen, als andere, normale Menschen. Sie haben möglicherweise einen sechsten Sinn und können den Tod erspüren. Das halte ich durchaus für möglich."

Möbius: "Auch ich fühle mich auf Friedhöfen etwas unwohl. Vor allem die Jahrhunderte alten Friedhöfe, mit ihren bemoosten Gräbern, dem verwilderten, knorrigen Bewuchs, verwitterten Steinen. In meiner Vorstellung hausen hier jene, die den Gräbern zu entsteigen vermögen, um Rache an den Lebenden zu nehmen."

Ernesti: "Herrlich, wie Ihre morbide Phantasie Legenden um Geister und Untote lebendig werden lässt. Es soll ja Menschen geben, die tatsächlich glauben, dass es Kreaturen wie Vampire gibt, die sich an den Lebenden laben und ihnen das Leben aus dem Mark heraus saugen."

Beutler: "Nichts als Legenden. Aberglaube."

Ernesti: "Gespensterfurcht."

Beutler: "Sinnestäuschungen. Hirngespinste. Oder Wahn."

Möbius: "Oder etwas, von dem nur wenige Menschen wissen, dass es das gibt. Mehr als die Schulweisheit bereit ist verstehen zu wollen, weil die Wahrheit zu grauenvoll ist und der menschliche Verstand noch nicht bereit dafür ist."
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #6 am: 24.03.2022 | 23:47 »
Die Professoren gehen langsam auf dem Kiesweg Richtung Kirche durch den Regen.

Möbius: "Ich hatte heute Nacht einen schrecklichen Albtraum..." Er schaut auf die Steinchen zu seinen Füssen.

"Ich schreckte hoch aus einem unruhigen Schlaf und schaue im stockfinsteren Zimmer an die Wanduhr. Es ist null Uhr und sieben Minuten. Urplötzlich spüre ich scharfe Fingernägel, die sich in meine Brust bohren und eine lederige, verrottende, glitschige Hand presst sich auf meinen Mund, um meine Schreie zum Verstummen zu bringen. Der süssliche Gestank der Verwesung liegt schwer in der Luft..."

"Ich wache auf und ringe nach Luft, als ob mir jemand im Schlaf die Kehle zugeschnürt hätte. Der Mond scheint ins Zimmer. Die Wanduhr zeigt sechs Minuten nach Mitternacht, als ich plötzlich kratzende Geräusche von unterhalb meine Bettes wahrnehme..."

"Meine Frau rüttelt mich wach. Ich komme langsam zu mir, während sie mir gut zuredet, ich solle mich doch beruhigen... Alles sei gut. Ich hätte nur schlecht geträumt... Sie küsst mich innig auf den Mund, während sie ihren Arm um mich legt und ihren Körper an mich schmiegt..."

Beutler: "Aber Hildegard ist doch bereits vor fünf Jahren gestorben!?"

Möbius: "Das ist noch nicht einmal das Schlimmste." Er macht eine lange Pause, als ob er abwägen müsse, ob und wie er weitererzählen soll.

"Heute morgen war das Bettlaken völlig verdreckt. Ich hatte feuchte Erde an den Füssen. Die Spuren führten aus dem Schlafzimmer durch das Haus hinunter in den Garten. Doch die Hintertür war verschlossen! Und der Schlüssel steckte von aussen!!!"
« Letzte Änderung: 25.03.2022 | 01:37 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #7 am: 25.03.2022 | 22:34 »
Die Honoratioren schreiten schnellen Schrittes weiter Richtung Kirche, als würden sie dem Regen schlussendlich doch zu entkommen trachten und ihr könnt unter den Regenschirmen und hochgestellten Krägen ihrer Mäntel nur noch Wortfetzen ihres Gespräches verstehen bzw. erahnen.

Es geht anscheinend um die 'Archenhold-Sternwarte' (im Treptower Park, im Bezirk Alt Treptow), um einen vor Wochen 'entdeckten Kometen', um Cleopatra, sowie um eine 'Waffe'.

In der Kirche werden die Schirme geräuschvoll durch Schütteln von ihrer nassen Last befreit und dann zusammengefaltet.
Die kultivierteren Herrschaften hängen den Griff im Ellenbogen über den angewinkelten Arm, die weniger kultivierten klemmen sich das Utensil schlicht unter die Achsel.

Als eine pechschwarze Katze die Aussegnungshalle von links nach rechts kreuzt, zeigt sich bei Möbius erneut sein schwaches, zerbrechliches Nervenkostüm.

Die Katze rennt schnell aus der Halle, über den Kiesweg, und verschwindet in einem Gebüsch, aus dem sogleich ein klägliches, hohes Fiepen zu hören ist.

Möbius: "Die Kat...ze... von links. Sie kommt... von... links. Das ist ein Zeichen.. Ein böses Omen."
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #8 am: 25.03.2022 | 22:38 »
Der Mann muss von den beiden anderen Professoren zur Linken und zur Rechten gestützt werden, sonst würde er zu Boden gestürzt sein.
Der Russe holt derweil flugs einen Flachmann aus der Brusttasche seines Mantels und verleibt dem aufgelösten Möbius ein paar kräftige Schlucke ein.

Ivanov: "Chier. Trink Brüdercchen. Das sein Wasser des Lebens. Ist sicch von Vater Vitali. Es vitalisieren Körper."

Währenddessen wird Möbius auf eine Bank an der Wand der Halle plaziert. Er hustet.

Ein paar Minuten des Wartens vergehen, bis alle Trauernden in der Kirche angekommen sind.

Möbius kalkweisse Gesichtsfarbe zeigt indessen wieder Anzeichen von Leben.
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #9 am: 25.03.2022 | 22:46 »
Erneut ist es Hieronymus, der ältere Bruder des verstorbenen Professors, der das Wort ergreift.
Jetzt, da der Regenschirm ihn nicht mehr verdeckt, seht Ihr zum ersten Mal deutlich Hieronymus Frederick Julien von Eisenstein vor Euch.

Der an den Rollstuhl gefesselte Mann sieht aus wie eine uralte Mumie. Kaltes, totes Fleisch, das spricht und seine Worte an Euch richtet.

Der Mann wirkt fragil und energetisch zugleich. Sein Körper ausgezehrt, abgemagert, ausgemergelt, zerbrechlich und schwach. Sein Geist hellwach und messerscharf.
 
Unter der pergamentartigen, fahlen Haut mit vielen dunklen Pigmentflecken, treten die Knochen markant hervor. Der skelettierte Schädel des Mannes, mit den tiefliegenden Augen und den langen Zähnen, hat etwas raubtierhaftes, geierartiges. Das schüttete, weisse Haar trägt er zum Pferdeschwanz gebunden.

Doch seine Art zu sprechen ist eigenwillig und zutiefst verstörend.

Die mumienhafte Hand Hieronymus' hebt sich langsam von der Armlehne seines Rollstuhls. Sein Zeigefinger deutet den Friedhofsweg entlang, in Richtung Stadt.

"Meine." Seine Stimme ist dünn, aber eindringlich und gut zu verstehen.
"Herrschaften ich habe mir er.
Laubt einen Leichen.
Schmaus im Hause.
Meines Bruders richten.
Zu lassen."

"Wir würden.
Uns..." Er blickt zu Elfi hoch, die seinen Blick mit einem Nicken beantwortet.
"Freuen.
Wenn Sie.
Uns noch die Ehre erweisen.
Würden Sie bewirten zu dürfen so.
Dass wir noch etwas in.
Erinnerungen über meinen Bruder.
Schwelgen können."
« Letzte Änderung: 26.03.2022 | 09:05 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #10 am: 30.03.2022 | 16:46 »
Richard Gregor VON RISACH, ANTIQUAR

Ich runzle ein wenig die Stirn angesichts des divenhaften Auftritts von Moebius, lasse mir aber weiter nichts anmerken. Ich lasse den Gottesdienst über mich ergehen und passe den Bruder des Verstorbenen nach der Kirche ab.

"Verzeihen Sie, Sie werden sich nicht an mich erinnern, wir sind uns zuletzt kurz vor Kriegsausbruch begegnet und auch da nur kurz, ich war einer der Teilnehmer des Privatissimus das Ihr Bruder seinerzeit für einige Promoventen an der Universität gehalten hat. Ich hatte die Ehre als einziger soz. Fachfremder teilnehmen zu dürfen. Ihr Bruder war - soweit ich seine Theorien überhaupt zu begreifen im Stand war - eine große Inspiration für mich. Tatsächlich hatte ich gehofft, ihn bei meinem Besuch in der Stadt als Kenner der Werke Fechners heranziehen zu dürfen und so gleichzeitig die alten Bande wieder aufleben zu lassen. Da mir dies versagt bleibt und ich auch Ihr zweifelsohne auf den Familien- und Freundeskreis beschränktes Treffen nicht stören will, erlauben Sie mir diese kurze Frage, ob Sie noch jemanden in der Stadt kennen, der Fechners Werk, insbesondere seine Handschriften, so gut kennt wie Ihr Bruder? Ich möchte einige Briefe, die angeblich aus Fechners Hand stammen, für einen Kunden auf Echtheit überprüfen. Wenn ich niemanden finde, war meine Reise umsonst. Es tut mir wirklich leid, Sie in einer solchen Stunde mit einer solchen Privatangelegenheit zu behelligen, aber ich werde nur zwei Tage in Berlin sein, daher hoffe ich, dass Sie mir meine Frage vergeben werden."
« Letzte Änderung: 30.03.2022 | 21:23 von Der Läuterer »

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #11 am: 30.03.2022 | 21:46 »
Der Mann im Rollstuhl mustert Dich eindringlich. Er runzelt leicht die Stirn und seine tiefliegenden Augen blicken direkt in Deine.
"Sie sind der Anti.
Quar aus Heil.
Bronn, oder von Risach nicht.
Wahr."

"Seien Sie.
Unser.
Gast ich werde.
Sehen was in Ihrer an.
Gelegenheit getan werden kann."

Hieronymus lässt sich von Hans weiter schieben, während er sich mit Dir unterhält.
"Briefe des Begründers der Ex.
Perimentellen Ästhetik sind von.
Hohem Interesse vor oder.
Nach 1876."

"Fahren Sie doch.
Mit uns machen Sie.
Uns die Freude."
« Letzte Änderung: 31.03.2022 | 16:45 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #12 am: 1.04.2022 | 16:45 »
Richard Gregor VON RISACH, ANTIQUAR

"Aus Freiburg, aber ansonsten haben Sie ganz Recht, ich fühle mich geehrt, dass Sie sich noch an mich erinnern. Damals war ich allerdings noch Doktorand an der Fakultät für Archäologie hier in Berlin. Zu gütig, ich werde unter diesen Umständen gern mit Ihnen kommen, die Briefe sind eine kuriose Sache, weil Sie aus einer Periode stammen sollen, in der Fechner wegen eines Nervenleides weder lesen noch schreiben konnte... ich persönlich halte sie für eine Fälschung, aber wenn Sie echt wären, wäre das für die Fachwelt eine kleine Sensation, daher wäre mir die Meinung des Verewigten hier von unschätzbarem Wert gewesen. Nun, ich werde ein Taxi nehmen und direkt zum Haus fahren?"
« Letzte Änderung: 1.04.2022 | 21:41 von Der Läuterer »

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #13 am: 1.04.2022 | 22:16 »
"Verewigten. Hehehe. Ver...e...wigten! Das hab ich ja noch nie gehört. Hehe. He. He." Hans ist sichtlich amüsiert über Deinen Ausdruck. Doch als Hieronymus seinen mumienhaften Schädel zu ihm nach hinten dreht, verstummt er sofort wieder.

Dann wendet er sich Dir wieder zu.
"In Halt lich.
Welchen.
Bezug hat der.
Text zu sei.
Ner Arbeit."

"Gibt es neue.
Er staunliche As Pekte.
Über rasch Ende Änderungen.
Haupt Gegenstand in.
Halt kenn Zeichen.
Wesen tliche Be Reiche.
Themen Gebiete."
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #14 am: 3.04.2022 | 17:50 »
"Zur Arbeit Ihres Bruders haben die Texte, soweit ich sehen kann, keinen direkten Bezug; es sind drei kurze Berichte über seinen Geisteszustand in den dunklen Jahren an einen Freund, der aber nicht namentlich genannt wird. Er beschreibt einige zutiefst bedrückende Erlebnisse, die ihn - wenn die Briefe echt sind - wohl veranlasst haben, seine Licht-Isolation aufzugeben und darüber zu schreiben. Von einem 'Boden der Nacht' und einem 'Grund der Träume' ist die Rede, soweit ich es entziffern kann, die Schrift ist fahrig und schwer zu lesen. Ihr Bruder war der einzige Mensch, den ich kenne, der mit Fechners Manuskripten so gut vertraut war, dass ich seiner Aussage über Echtheit oder Unechtheit Gewicht beizumessen bereit bin."

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #15 am: 5.04.2022 | 18:10 »
Hans ergreift unerwartet hinter Euch das Wort und rezitiert...
"Wir sind Schatten in des Todes grauem Reich,
wir entsagen der Hoffnung auf ein besseres Morgen.
In der Stunde des Schicksals sind wir alle gleich,
allein mit unseren Ängsten, Zweifeln, Sorgen.
Wir träumen von der Kindheit,
fernab von Mühsal, Krankheit, Wut und Hass.
Voll durstigem Sehnen, dass Linderung uns erreicht,
vom Frühling, in dem Morgentau benetzte das Gras.
An Tagen, an denen das Lachen war noch so leicht."

Der junge, blonde Mann scheint von sich selbst überrascht...
"Entschuldigung. Es ist nur etwas Lyrik... Ein Gedicht, das ich mal aufgeschnappt und mir gemerkt habe. Ich... ich wollte sie nicht unterbrechen."

Er schaut verlegen zu Boden.
"Sicherlich habe ich es falsch wiedergeben. Und vollständig gemerkt habe ich es mir sicherlich auch nicht."
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #16 am: 11.04.2022 | 01:10 »
Dr. Arkascha Ivanow.
"Wenn icch denken an Leicchenschmaus, icch bekommen viel kaltes Füsse. Eisbein, wie Germanski sagen."

Er lacht.
"Und icch sein Яusski... Icch sonst niccht friere in Kälte. Kälte gut."

"Gedanke... Geben eine verrücktes Schriftsteller Дmericanski, der behaupten anderes Дrt von Menschen leben überall unter grosses Friedhöfe, wie in unterirdische Städte, mit viele Tunnel, und die sicch ernähre von die Toten. Er sie nennen Ghul."

Er schaudert.
"Wir also niccht begraben unsere Tote. Wir lege Vorrat an. Fleisch Vorrat für die, die dort lebe. Die Ghul."

"Micch überkomme kaltes Grause bei Gedanke."
« Letzte Änderung: 11.04.2022 | 18:38 von Der Läuterer »
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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #17 am: 13.04.2022 | 02:51 »
Als Hans sein Gedicht von sich gibt, schweige ich betreten und leicht konsterniert, tue dann so, als hätte das Ganze gar nicht stattgefunden. Ich lächle Hieronymus gequält an und sage: "Gut, dann sehen wir uns in Kürze im Haus Ihres Bruders, ich werde ein Taxi nehmen. Danke vielmals." Ich deute eine Verbeugung an und wende mich in Richtung Ausgang.

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #18 am: 25.04.2022 | 12:35 »
Zähflüssig schiebt sich der Trauerzug von der Kirche zur Straße, um zum Hause des Verstorbenen zu gelangen. Die nassgänzenden schwarzen Regenschirme überspannen ihn wie die Schuppen einer schwarzen Raupe. Manche Trauergäste unterhalten sich angeregt, doch es sind die wenigsten. Eine elegant gekleideter Mann, dann die Ärztin. Dann vereinzelte Männer, alle in schwarz gehüllt. Dann wir ... Mein Vater stochert sich mit seiner Krücke von einer Pfütze zur nächsten, während ich versuche, ihn mit dem Schirm vor dem gröbsten Nass zu bewahren.

Immer wieder sehe ich mich um. Es sind nicht viele gekommen. Kaum verwunderlich angesichts dieses tristen Wetters, das jedem gebietet, Zuhause Zuflucht zu suchen anstatt sich auf den Straßen herumzutreiben. Ein seltsamer alter Kauz, der Professor, denke ich bei mir. Eine andere junge Frau eilt am Trauerzug vorbei. Ob er den anderen Frauen hier auch lüsterne Blicke zugeworfen hat? Bestimmt. Er war ein langjähriger und guter Kunde meines Vaters gewesen. Da bekommt man so das ein oder andere über einen Menschen mit. Mal hier und da ein paar Tabletten und Tinkturen gegen seine Zipperlein. Und Wein, viel Wein. Der Professor hatte ihn geliebt. Rot, trocken, am liebsten schwer. Ein unangenehmes Gefühl beschleicht mich bei dem Gedanken, wie ich die Tabletten für den Professor aus dem Regal hole, während ich seinen unverholenen Blick im Rücken spüre. Ein alter Lustmolch, mehr nicht. Ich konnte ihn nie leiden. Ich blicke schuldbewußt zu meinem Vater. Aber es gehört zum guten Ton, hier zu sein, bei so einem langjährigen Kunden. Ob ich ihn nun mal mochte, oder nicht.
« Letzte Änderung: 10.05.2022 | 20:49 von WhiteFairy »

Offline Gnomus

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #19 am: 28.04.2022 | 02:07 »
Ich gehe mit schnellen, energischen Schritten Richtung Ausgang, um von dem absonderlichen Hans davonzukommen, den Kopf gesenkt, halte dann, als ich den Großteil der Trauergemeinde schon fast überholt hatte, kurz inne, als ich aus dem Augenwinkel jemanden erkenne. Ich werde langsamer, um mich zu vergewissern und drehe mich, als ich mir sicher bin, zu dem alten Mann, der auf die junge Dame gestützt geht hin, froh, in diesem Kuriositätenkabinett von einem Trauergottesdienst ein vertrautes Gesicht zu sehen.
"Herr... Herr Haußmann?", frage ich den Alten. "Verzeihen Sie, ich bin im Vorteil, denn ich habe mich doch ein wenig verändert, seit wir uns das erste Mal begegnet sind. Risach mein Name, ich habe Ihrem Sohn, dem jungen Gotthilf, seinerzeit Stunden im Lateinischen und Griechischen gegeben, noch vor dem Krieg. Oh, da soll mich doch..." Ich wende mich an Marie. "Wenn das nicht das junge Fräulein Marie ist!" Ich deute eine Verbeugung an und lüpfe den Rand meines Zylinders, schüttle dem Alten die Hand. "Kommen Sie zum Leichenschmaus? Ich wollte soeben einen Wagen nehmen, kann ich Sie mitnehmen?"

Offline WhiteFairy

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #20 am: 7.05.2022 | 22:28 »
Mein Vater mustert den Mann eingehend, der ihm gegenübersteht, bevor sich sein Miene aufhellt und er schmunzelt. "Ja sowas, mit Bart hätte ich Sie beim besten Willen nicht erkannt, Herr Risach!" Er reicht ihm die Hand. "Das ist ja ein Überraschung, Ihnen hier zu begegnen. Wie geht es Ihnen? Mir war entgangen, dass Sie ... Sie waren wohl ein Freund des Professors? Ein Jammer ist das, ja, ein Jammer ..."
Dem freundlichen Gruß des Herrn Risach entgegne ich ein Lächeln und reiche ihm ebenfalls die Hand. "Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen." Sein Gesicht kommt mir gänzlich unbekannt vor. Ich muss 8 oder 9 Jahre alt gewesen sein, überschlage ich schnell. "Ich war noch ein Kind. Verzeihen Sie mir, dass ich mich nicht an Sie erinnere. Ihr Angebot ist überaus freundlich! Mein Vater ist nicht mehr gut zu Fuß, wie sie sehen. Gerne fahren wir mit Ihnen, nicht wahr, Vater?"
"Aber natürlich, Mariechen ..." Ich werfe meinem Vater einen entrüsteten Blick zu und insistiere. "Vater, bitte, nenn mich nicht so!" Sichtlich unangenehm berührt blicke ich verunsichert um mich und lächle Herrn Risach flüchtig zu.
"Wollen wir gehen? Es ist wahrlich kein angenehmes Wetter, um noch länger hier draußen im Nassen zu stehen." Ich ziehe meinen Vater sanft weiter.
« Letzte Änderung: 18.05.2022 | 23:00 von WhiteFairy »

Offline Gnomus

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #21 am: 8.05.2022 | 21:15 »
"Ja, da haben Sie Recht... den Bart habe ich mir bei Eintritt in die Armee wachsen lassen, nach Rückkehr aus dem Feld habe ich ihn soz. als Erinnerungsstück behalten, nun ja."
"Ein Freund des Professors war ich nicht, lediglich ein faszinierter Zuhörer in seinen Vorlesungen, ich arbeitete seinerzeit an einer Dissertation und war sicher, man könne seine Theorien für die Archäologie fruchtbar machen, so hatte ich dir Ehre, zu einem Privatissimum für einen kleinen Kreis in seinem Haus geladen zu werden." - Im Reden gehe ich mit den beiden durch das Friedhofstor hinaus auf die Straße und steuere einen Taxistand an. "Die  Verbindung riss natürlich während des Krieges ab, doch jetzt hat mich ein Auftrag die alten Bande wieder beleben lassen... zumindest wollte ich das, aber bei meinem Eintreffen erfuhr ich dann vom plötzlichen Ableben des Professors. Ein großer Verlust für die deutsche Wissenschaft!"
An die junge Dame gewandt: "Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, Gnädigste, das alles ist in der Tat fast fünfzehn Jahre her und Sie waren ja wirklich noch ein Kind."
Ich gehe zu einem der Taxis, nenne die Adresse und helfe zusammen mit Marie dem Alten auf die Rückbank, steige dann vorne ein.
"Woher kannten Sie den Professor, wenn ich fragen darf?", frage ich, nach hinten gewandt, im Losfahren

Offline Grimhood

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #22 am: 9.05.2022 | 12:25 »
Lieutenant George Coldthirst, Britischer Offizier

"Arse", lasse ich unhörbar unterhalb meines Schnurrbarts von mir. Der Regen zieht sich weiter zusammen und scheint sich bevorzugt auf dieses graue Viertel einzuschießen. Auf dieses 'bloody weather' könnte ich als Erinnerung an die Heimat im Moment verzichten. Schon die dritte Straße suche ich nach einem Taxi ab, doch auf diese Idee scheinen erfahrenere Einheimische schon früher gekommen zu sein. Nur die interpretativen Erzeugnisse deutscher Journalisten in der heutigen Ausgabe der Berliner Morgenpost trennen mein Haupt von dem nassen Trommelregen über mir. Zumindest einen Straßenzug sollte die Ausgabe dem unbarmherzigen Wetter noch standhalten können. Vielleicht war der Zwischenhalt in Berlin keine gute Idee gewesen, doch 2 Jahre am Ende der Welt, wo das Klima die Kleidung schon kurz nach dem Anziehen am Körper kleben läßt, haben mich so manche Art der Zerstreuung vermissen lassen. Berlin ist ein Mekka des Films geworden, produzieren die Deutschen doch mehr Filme im Jahr als der Rest Europas zusammen. Die zahlreichen kleinen Kinos und Varietes in der deutschen Hauptstadt lassen viele bedrückende Erinnerungen kurzzeitig vergessen. Trotzdem wäre es nun wohl weiser gewesen, die Nacht nicht durchzumachen und früher in der Pension einzukehren.

Endlich erblicke ich einen Taxistand. Mehrere Fahrgäste sind schon eingestiegen und die Fahrzeuge setzen sich teils gemächlich, den nassen Straßen geschuldet, in Bewegung. Ich winke mit meiner freien Hand dem Taxifahrer des letzten für mich erreichbaren Taxis entgegen in der Hoffnung, dass die Fahrgäste genug Mitgefühl empfinden, nicht mal einen durchnässten Briten im Regen stehen zu lassen.

"Hier!" rufe ich dem überrascht dreinblickenden Fahrer entgegen.

Offline WhiteFairy

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #23 am: 13.05.2022 | 04:36 »
"Sehr interessant! Und natürlich in beruflicher Hinsicht bedauerlich für Sie." Gerade losgefahren drosselt das Taxi das Tempo und kommt wieder zum Stehen. Mein Vater fährt unbeirrt fort. "Ach wissen Sie, der gute Professor und seine Familie sind langjährige Kunden von mir. Ich betreibe die Aptheke nue wenige Straßen entfernt. Mit den Jahren, ach, was sage ich, mit den Jahrzehnten, lernt man sich doch recht gut kennen."
Schwungvoll wird die Tür des Taxis aufgerissen. Ein Herr mit klatschnassem Mantel und völlig durchweichtem Tagesblatt schiebt sich eilig auf die Rücksitzbank neben mich. Ich rücke etwas weiter in die Mitte. Seine Kleidung hat etwas Ungewöhnliches. Keiner der Trauergäste, stelle ich bei mir fest.
Mein Vater lacht. "Na, da haben Sie aber Glück gehabt!" Er betrachtet die durchgeweichte Zeitung und zwinkert. "Ein Regenschirm hätte Ihnen die Zeitung bewahrt."

"Wohin soll es gehen, der Herr?", fragt der Taxifahrer.

Offline Grimhood

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Re: [Tot & begraben] Prolog - Die schwarze Katze
« Antwort #24 am: 13.05.2022 | 09:48 »
Splendid, denke ich mir und öffne beherzt die Seitentür als der Taxifahrer zum Stehen kommt. Das Taxi ist bereits gut gefüllt und obwohl es mir unangenehm ist, mich den fremden Herrschaften aufzudrängen, setze ich mich non-chalant dem Regen entkommend auf den Rücksitz, wodurch ich eine junge Lady dazu nötige sich in die Mitte der Rückbank zurückzudrängen.

"In der Tat, werter Herr, daran habe ich gestern Abend leider nicht mehr gedacht," bemerke ich zu dem freundlichen Mann.

"Ich bitte vielmals um Verzeihung und hoffe keine Umstände zu bereiten," bemühe ich mich in möglichst akzentfreiem Deutsch zu äußern, während ich die nasse Zeitung in den Fußraum lege, um niemanden damit zu berühren.

Guter Dinge, dass es den Herrschaften nichts auszumachen scheint das Taxi zu teilen, antworte ich dem Fahrer "zum Tempelhofer Ufer 14, bitte".
Das Grand Hostel in der Straße wurde vor kurzem von einem großen Mietshaus zum Hostel umfunktioniert. Die fast 3 Dutzend Zimmer sorgen für die nötige Diskretion, ohne groß aufzufallen spät abends das Gebäude zu verlassen.
Ich richte mich mit kerzengeradem Rücken im Sitz auf und stelle mich den Herrschaften vor: "Gestatten, Coldthirst, George Coldthirst. Ich besuche für einige Tage Berlin und hatte mich, das muss ich zu meiner Schande gestehen, nicht auf das Wetter vorbereitet."