5 Tipps: Abwesende Spieler
Immer wieder taucht in Rollenspiel-Runden die traurige Situation auf, dass ein Spieler zum vereinbarten Termin nicht erscheint. Gerade für Spielrunden mit wenig Spielern (drei bis vier) kann das dramatisch werden.
Prinzipiell ist das Fernbleiben eines Spielers nicht weiter schlimm. Es gibt verschiedene Methoden, um mit seinem Charakter in der Spielwelt zu verfahren, die ich weiter unten vorstellen werde. Besonders dramatisch wird das Problem erst, wenn der fehlende Spieler für das Abenteuer besonders wichtig war, weil sein Charakter wichtige Informationen besitzt, die der Rest der Gruppe noch nicht hat. Aber auch in so einem Fall muss man nicht in Panik geraten.
Die wichtigste Maßnahme, um der Abwesenheit von Spielern vorzubeugen, ist das Einsammeln der Charakterblätter. Du solltest sie als Spielleiter nach jeder Spielrunde unbedingt aufbewahren. Falls ein Spieler beim nächste Mal nicht auftaucht, hast du wenigstens die Werte seines Charakters. Manche Spieler werden sich dagegen sträuben - aus welchen Gründen auch immer. Lass sie dann einfach nach jeder Spielrunde eine Kopie ihres Charakterblattes aktualisieren.
1. Spielercharaktere Parken
Eine der einfachsten und tatsächlich auch besten Möglichkeiten, mit Charakteren abwesender Spieler umzugehen, ist, sie irgendwo in der Spielwelt abzustellen. Zu dieser Methode solltest du als Spielleiter greifen, wann immer es geht. Vielleicht kann der Charakter des betreffenden Spielers einfach zu Hause bleiben, weil er eine Grippe hat, vielleicht liegt er sogar im Krankenhaus (Die Verletzungen vom letzten Kampf waren doch schlimmer als zunächst angenommen ...).
Charaktere abwesender Spieler sind auch wunderbar dazu geeignet, irgendwo Wache zu schieben oder um in Nebenhandlungen Aufträge zu erledigen, die nicht unbedingt entscheidend für das Abenteuer sind. Sie können beispielsweise Botengänge erledigen oder in Cyberpunk-Szenarien Ausrüstung besorgen oder als Decker oder Netjunky Informationen aus dem Netz ziehen. Würfel ein paar Proben für die entsprechenden Aktionen (immerhin hast du ja die Spielwerte für den Charakter da), um über Erfolg oder Misserfolg zu entscheiden.
Parkt man auf diese Weise Spielercharakter in Nebenhandlungen oder auf entlegenen Schauplätzen, stören sie nicht die Handlung und sind bestenfalls sogar noch nützlich. Als Spielleiter hast du nur wenig Sorgen mit dem Charakter. Vor allem besteht kaum die Gefahr, dass der Charakter in der Abwesenheit des Spielers getötet wird - was natürlich extrem ärgerlich wäre. So eine Bestrafung hat kein Spieler verdient, da wir hier natürlich davon ausgehen, dass sein Fehlen einen guten Grund hat.
2. Spielercharaktere als Spielleitercharaktere
Als Kontrast zur besten Methode hier nun die schlechteste: Du übernimmst als Spielleiter den Spielercharakter und führst ihn durch das Abenteuer. Diese Methode hat sehr viele Nachteile:
Erstens lenkt dich das Spielen des Charakters vom Abenteuer ab. Du hast schon genug zutun, warum dir noch mehr Arbeit aufhalsen.
Zweitens wirst du schnell in irgend welche Konflikte geraten. Du wirst den Charakter des abwesenden Spielers nie überzeugend spielen können, da du als Spielleiter ja viel mehr Wissen über das Abenteuer hast.
Drittens könnte der Spielercharakter in Laufe des Abenteuers sterben.
Viertens leidet die Darstellung des Charakters darunter, dass er von dir gespielt wird. Du wirst ihn nie so spielen können, wie sein eigentlicher Spieler, schon allein deswegen nicht, weil du als Spielleiter weniger Zeit hast, um ihn darzustellen.
Solltest du dich für die zuerst vorgeschlagene Methode entscheiden, wird es nicht ausbleiben, dass du ab und zu auch Charaktere abwesender Spieler übernehmen musst. Halte solche Momente dann aber so kurz wie es nur geht. Vielleicht kannst du aber Situationen, in denen der betroffene Charakter auftritt auch noch mit einer dritten Methode bewältigen:
3. Spielercharaktere als Zweitcharaktere
Warum nicht einfach einem deiner Spieler den Charakter des abwesenden Spielers als Zweitcharakter zuteilen? Natürlich sollte auch bei dieser Methode der Charakter nach der ersten Methode geparkt werden. Aber auch dann muss der Charakter ab und zu mal in Erscheinung treten. In solchen Momenten könnte der Charakter ja auch von einem anderen Spieler übernommen werden. Diese Methode ist vor allem deswegen so empfehlenswert, weil sie dir als Spielleiter Arbeit abnimmt.
Natürlich brauchst du dazu gute Spieler in deiner Runde, die der Aufgabe, zwei Charaktere gleichzeitig zu spielen, auch gewachsen sind. Probiere es einfach mal aus. Auch wenn deine Spieler erst davor zurückschrecken sollten. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und manchmal wachsen Spieler mit ihren Aufgaben über sich hinaus. Wenn's nicht klappt, naja, dann macht man das nächste Mal halt was anderes oder probiert's nochmal - je nach deinem Gefühl, ob deine Spieler es vielleicht doch packen könnten und am betreffenden Abend nur schlecht drauf waren.
Nur extrem erfahrene Spielrunden sollten dazu übergehen, die Charaktere abwesender Spieler das ganze Abenteuer über als Zweitcharaktere auftreten zu lassen. Das kann bei wirklich guten Spielern ein einmaliges, bereicherndes Erlebnis sein - kann aber bei weniger guten Spielern zu Katastrophen führen.
4. Konzepte, die abwesende Spieler einplanen
Es gibt einige Konzepte für Gruppen von Spielercharakteren, die man schon bei der Charaktererschaffung beachten kann und die einem später dabei helfen können, Charaktere abwesender Spieler zu parken. Wenn beispielsweise die Charaktere alle FBI-Agenten sind, die jeden Spielabend einen neuen Fall erhalten, ist das Fernbleiben eines Spielers vollkommen unproblematisch. Sein Charakter ist dann einfach noch mit Papierkram beschäftigt, krankgeschrieben oder gerade im Urlaub.
Genauso können die Spielercharaktere Reporter oder Bodyguards sein.
Vielleicht sind die Spielercharaktere aber auch in einem Fantasy-Setting allesamt Leibwächter, Diener oder Schüler eines Magiers, Ritters, Priesters oder Fürsten? Dann kann ihr Herr dem Charakter des abwesenden Spielers einfach einen anderen Auftrag erteilt haben - vielleicht bekam er ja auch irgend eine Strafarbeit aufgebrummt. Genauso können die Spielercharaktere Mitglieder der Stadtwache sein.
Auch dein Abenteuer oder deine Kampagne kann so angelegt werden, dass die Abwesenheit von Spielern sich nicht verheerend auf den Spielverlauf auswirkt. Plane einfach die einzelnen Abenteuer so, dass die Spielercharaktere sich am Ende eines Abends stets an einem Punkt befinden, der das Parken eines Charakters erleichtert. Ideal ist dafür natürlich ein Episoden-Stil: Jeder Abend entspricht dabei genau einem Abenteuer. Der Ausgangspunkt und der Endpunkt einer Geschichte ist dann stets der Unterschlupf, die Zentrale oder der gemeinsame Wohnort der Spielercharaktere.
5. Bekommen Charaktere abwesender Spieler Erfahrungspunkte?
Eine schwierige Frage. Einerseits ist es natürlich unfair, wenn Spieler für ihre Abwesenheit genauso belohnt werden, wie Spieler, die jeden Abend anwesend sind. Andererseits müssen die Charaktere abwesender Spieler ja in der Spielzeit auch irgendetwas erlebt haben. Je nach dem, wie sehr du Erfahrungspunkte in deiner Spielrunde als Belohnung verwendest, kannst du dich deswegen für folgende Methoden entscheiden:
Erstens: Auch abwesende Spieler erhalten die volle Anzahl von Erfahrungspunkten für ihre Charaktere. Auf diese Weise bleiben die Charaktere in deiner Kampagne ungefähr auf dem gleichen Niveau (wenn du das für erstrebenswert hältst). Der Nachteil: Die anwesenden Spieler werden benachteiligt. Wenn ihnen das nichts ausmacht, ist diese Methode empfehlenswert.
Zweitens: Die Charaktere abwesender Spieler erhalten gar keine Erfahrungspunkte. Hart aber gerecht: Keine Arme keine Kekse. Sei dir aber darüber im Klaren, das der betroffene Spieler das als Strafe empfinden kann. Vielleicht ist das ja auch so von dir gemeint, aber du darfst dich dann auch nicht darüber wundern, dass der Spieler schließlich deswegen sauer ist - vor allem wenn seine Abwesenheit einen guten Grund hat. In der Regel würde ich deswegen von dieser Methode abraten.
Drittens: Abwesende Spieler erhalten für ihre Charaktere Erfahrungspunkte - aber wesentlich weniger als die der anwesenden Spieler. Auf diese Weise ist garantiert, dass der betroffene Charakter nicht zu sehr benachteiligt ist. Diese Methode ist in der Regel auch die realistischste, weil ja die Charaktere abwesender Spieler meistens auch weniger erleben.
Fazit
Die Abwesenheit von Spielern ist immer ärgerlich. Aber mit einer entsprechenden Vorbereitung kann sie weniger dramatisch ausfallen. Als Realist musst du schon bei der Planung deiner Kampagne davon ausgehen, dass einige Spieler ab und zu mal nicht kommen können. Manche Spielrunden sind so dynamisch, dass sowas nicht auffällt. Dann kannst du dich glücklich schätzen, mit so guten Spielern spielen zu dürfen.
In den meisten Runden stört es aber, wenn Spieler fehlen, und deswegen ist Vorsorge auch hier besser als Nachsicht.
© Marcus Johanus