Ich finde den Unterschied zwischen unseren Spielkulturen sehr interessant. Auf der einen Seite die Uralt-DSAler (nicht viele, aber es gibt uns), die die alten Abenteuer in den richtigen Kontext stellen: Ein Dungeoncrawl ist ein Dungeoncrawl, und: Scheiß auf den Kanon, den gibt es nämlich bei der Erstauflage noch gar nicht.
Und auf der anderen Seite die Spieler und Meister, die mit späteren Auflagen sozialisiert worden sind (oder diese am häufigsten gespielt haben): Dungeoncrawls sind langweilig und sinnlos.
Jetzt ist es ja eine Binsenweisheit, daß vor allem in den Anfangstagen unseres Hobbys fast nur Dungeons gespielt wurden, und zwar schon bevor D&D überhaupt veröffentlicht wurde. "Fun Dungeon" ist einer der Begriffe, die häufig fallen. Für uns Nordlichtboys ist ein Fun Dungeon eben genau das: Spaß. Für die Vertreter der späteren Auflagen ist er ein Unding, weil "unlogisch".
Auch das spielt meiner weiteren Argumentation in die Hände, daß das spätere Hartwurst-DSA zum Teil ein echter Spaßkiller ist: Die Welt wird kleiner, ausformulierte Geheimnisse sind eben keine mehr, und irgendwann gibt es so viele vordefinierte Grenzen, daß man froh sein kann, wenn man eine Region findet, in der die Helden noch echte Abenteuer erleben können.
Aber es geht noch weiter: Die erste Auflage von DSA wurde von Ulrich (Alrik) Kiesow geschrieben, und der hatte halt nun mal D&D für den deutschen Markt übersetzt. Das damalige D&D war, wie auch DSA, stark davon geprägt, daß es keinen Kanon gab. Sandboxing war das Gebot der Stunde, nicht nur, weil es nicht sonderlich viele Module gab, sondern auch, weil es die freieste Art zu spielen war. Es gibt denkwürdige Kolumnen im alten Dragon Magazine, in denen sich Gygax kopfschüttelnd über die Fragen von Spielleitern aufregt, die von ihm Regeln hatten wollten, die im Original D&D nicht vorkamen ("Write them yourself").
Um Sandboxes richtig spielen zu können, braucht man Regeln für Fortbewegung, für Reisen, für Proviant, für Heilung. Aber genau das hatte das Abenteuer-Basis-Spiel nicht (das kam erst bei "DSA 1.5" = Ausbau-Set mit dazu, bzw. in Form von Zusatzregeln in Abenteuern). Auch Regeln für Downtime (die Zeit, in der die Helden nicht von den Spielern gespielt werden) fehlen eigentlich komplett. In meinen Augen hat das der gesamten fatalen Entwicklung des Metaplots und des Kanons erst richtig Vorschub geleistet, weil viele frischgebackene Meister dann lieber auf Kaufabenteuer warteten, anstatt die Welt selbst zu gestalten und Regelungen zu entwerfen, die für ihre Gruppen funktionierten.
So wurde vor allem in den späteren Ausgaben DSA zum reinen Konsumspiel: Man spielt, was angeboten wird. Für den Verlag großartig, für das freie Erleben einer fantastischen Welt nicht.