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Autor Thema: [AD&D 2.5E] Von Feuer und Düsternis – Erzählungen aus Euborea  (Gelesen 29162 mal)

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Offline Jenseher

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Sitzung 130 - Thobshim, der Fährmann
« Antwort #150 am: 12.01.2025 | 09:43 »
„Wollt ihr etwa auf diesen Kreaturen reiten?“ Zussas Gesicht, das von nassen, roten Locken eingerahmt war, verzog sich in einer Mischung aus Abscheu und Furcht. Sie blickte die Echsen aus gebührendem Abstand an, deren unruhige, wilde Geräusche sie schon aus der Ferne gehört hatten. Die Kreaturen, welche die Länge von über fünf Schritten besaßen, fauchten sich teils gegenseitig an. Die enormen Unterreichsgeschöpfe waren durch lange Rümpfe und gestreckte Fußglieder gekennzeichnet. Ihr dünner, kraftvoller Schwanz zuckte unruhig hin und her. Ab und an versuchte eines der Wesen nach einer Ansammlung von Riesenpilzen zu beißen, wurde jedoch gewaltsam von der schwarzen Kette zurückgehalten, die um den Hals gelegt war. Sie beobachteten die Echsen bereits einige Zeit und hatten bemerkt, dass die Geschöpfe auch versuchten nach ihresgleichen zu schnappen – wenn auch die Attacken nur angedeutet und bis jetzt immer ins Leere gegangen waren. Neire hatte zu bemerken gegeben, dass der Hunger der Kreaturen zunahm und sie wohl bald über ihre Artgenossen herfallen würden. Der Jüngling bewegte sich jetzt vorsichtig durch die dunkle Höhle auf die Kreaturen zu. Er hatte sich ein Tier ausgesucht, dessen schuppenbesetzte Haut grünlich schimmerte. Jedoch schien das Wesen ab und zu seine Farbe zu ändern. Kopf und Füße der Echsen hatten Ähnlichkeiten zu denen eines Frosches. Im Maul der Kreatur sah Neire spitze lange Zähne, doch die dunklen Augen hatten ihn noch nicht bemerkt. Neire dachte zurück an den Tempel des Jensehers, als er seine magischen Linsen benutzte. Er hatte zuvor Zussa und Bargh im Gemach von Arberdys von Lichtenhoch alleine zurückgelassen und war in den Tempel des Jensehers gereist. Kraft seiner schwarzen Kunst war es ihm möglich gewesen Halbohr Bericht zu erstatten. Über die Pläne, die sie mit dem Grottenschrat Grublik ausgeheckt hatten. Halbohr hatte eingewilligt, Grublik im Kerker der Festung von Isenbuk zu empfangen. Danach war Neire zurückgekehrt und sie hatten eine Zeit gerastet. Dann waren sie aufgebrochen und hatten die Geräusche der Echsen gehört. Neire hatte sich an die Sättel erinnert, die er an dreien der Kreaturen gesehen hatte. Er hatte an Bücher aus Nebelheim gedacht, in denen er von den Lastenechsen gelesen hatte. So hatten sie sich entschieden, die Höhle der Kreaturen aufzusuchen. Jetzt sah Neire seine Umgebung in blutroten Farbtönen verschwimmen. Ein stechender Schmerz ging durch seinen Kopf, als er in den niederen Geist der Kreatur eindrang. Augenblicklich wurde das Wesen ruhig und begann sich abzusetzen. Auch zwei weitere der Kreaturen besänftigte Neire mit der Magie des Jensehers. Dann zog er sich den Tarnmantel zurück und trat neben die erste Kreatur. Er strich ihr über den Schädel, was sich das Wesen gefallen ließ. Die Echse stieß ihre lange Zunge hervor und leckte sich über Haut und Augen. Neire bemerkte auch das vernarbte Gewebe, das er in einem Bereich des Nackens sah. Er zog sich auf einen der vier Sättel hoch und schaute grinsend zu Zussa. „Kommt hinauf Zussa oder habt ihr Angst. Ihr seid doch schon einmal auf einem Pferd geritten oder?“ Zussa und auch Bargh bewegten sich näher auf die Kreatur zu. Doch als Zussa in die Nähe des Wesens kam, schnappte die Echse nach ihr. Zussa sprang erschrocken zurück und schnaubte. „Niemals, Neire… niemals steige ich auf dieses Monster.“ Neire beruhigte die Kreatur und als auch Bargh aufgesattelt hatte, zog Zussa ihre bockige Miene. Als sie an ihr vorbeiritten, ging die junge Feuerhexe eine Zeit neben ihnen. Dann zog sie sich unter einem Murren hinauf und so setzten sie ihre Reise durch die Unterreiche fort.

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Das Rauschen vor ihnen ohrenbetäubend laut. Sie waren eine längere Zeit auf der Kreatur geritten, die immer wieder kleine Pausen eingelegt hatte. Nur durch die beeinflussenden Worte Neires hatte sich die Echse wieder erhoben. Neire hatte sich daran erinnert, dass die Lastenechsen als faule Geschöpfe beschrieben wurden, die bevorzugt in der Nähe von warmen Quellen hausten. Ihre Reise war langsam gewesen, doch sie waren stetig vorangekommen. Nachdem sie einige kleinere Tunnel passiert hatten, war für Neire das Geräusch eines Rauschens in der Ferne zu vernehmen gewesen. Je weiter sie gekommen waren, desto lauter war das Geräusch geworden. Nun bewegten sie sich auf ein Ufer zu, hinter dem sie die donnernden Fluten eines schwarzen Wassers sahen. Der Tunnel führte auf der anderen Seite weiter, doch bis dorthin waren es bestimmt zwei Dutzend Schritte. Die Luft der Höhle war erfüllt von Wasserdampf und irgendwo weiter im Stein mussten ein Wasserfall oder Stromschnellen liegen. Als sie an das Ufer kamen, sahen sie die Gestalt, die hinter einem Stein an einer Barke gearbeitet hatte. Die seltsame Kreatur legte ruhig Pinsel und Eimer ab und richtete sich zu beachtlicher Größe auf. Sie stand auf zwei Beinen und hatte eine Größe von zweieinhalb Schritten. Ihr Körper stellte eine Kreuzung zwischen einem Menschen und einem Fisch dar. Sie besaß zwei dünne Arme und Beine sowie den Kopf eines übergroßen Karpfens, mit seitlichen Glubschaugen und spitzen Zähnen. Die Augen des Wesens schauten dabei chaotisch in verschiedene Richtungen. Eines ruhte jedoch auf Zussa, die ihren Säbel gezogen hatte. Die Kreatur trat näher an sie heran, nachdem sie einen Fisch ins Wasser geworfen hatte, den sie zuvor in der Hand getragen hatte. Die Gestalt war mit zwei großen gekrümmten Messern bewaffnet, die von zwei ledernen Schultergürteln über dem sonst nackten Körper gehalten wurden. Die nass glitzernde Schuppenhaut des Wesens änderte die Farbe – von sanftem Grün hin zu einem leichten Gelb – als sie anfing zu sprechen. Zuerst hörten sie nichts unter dem Grollen, doch dann wiederholte sie ihre Worte, die an ein Glucksen, ein Quaken und ein Zischen erinnerten. „Nicht Dunkle ihr, aber dennoch reiten wie Dunkle!“ Neire schaute auf die Gestalt hinab, deren starker Gestank nach totem Fisch ein Ekel-induziertes Würgen bei Zussa hervorrief. Dann fragte er. „Wir müssen hinüber. Könnt ihr das Boot steuern? Wie ist euer Name Fremder?“ Die Haut der Kreatur nahm jetzt wieder einen grünlichen Schimmer an und das Fischmaul verzerrte sich zu einem Grinsen. „Ihr geben Münze, dann bringt euch Thobshim hinüber. Eine Münze für euch, eine für euch und zwei für sie.“ Die Kreatur zeigte dabei zuletzt auf Zussa und ihre Färbung verwandelte sich wieder in sanftes Gelb. „Wieso eine Münze für uns und zwei für sie?“ fragte Neire. „Das dort nicht gut. Will Thobshim angreifen.“ Die Kreatur gluckste dabei lachend und ihre Farbe änderte sich jetzt in ein Blau. Neire hatte auch von diesen Kreaturen gelesen. Sie wurden als Kuo-Toa bezeichnet und änderten unwillentlich ihre Körperfarbe. Die Gelehrten der Unterreichswerke hatten über die Intention der Farben gerätselt und es hatte keine einheitliche Meinung gegeben. Ein Buch in Nebelheim hatte jedoch einen Farbkodex vorgeschlagen, an den sich Neire kaum noch erinnerte: Die Farben waren dort beschrieben worden mit:

Grün: Gier, Geiz und Vorfreude,
Blau: Belustigung, Wohlbefinden und Lust,
Gelb: männliches Dominanzverhalten,
Braun: nachdenklich, ängstlich und
Dunkel/Keine Farbe: Anspannung, Furcht, Kampf, Aggression.


Neire nickte Thobshim zu und fragte: „Was ist mit dieser Echse? Könnt ihr sie hinüberbringen?“ Die Gestalt nickte zögerlich und antwortete. „Echse groß, Echse gefährlich. Doch Thobshim erfahren. Kann rüberbringen, Echse, allein. Ihr bezahlen Thobshim zehn Münzen für Echse.“ Neire zog fragend ein Platinstück, woraufhin die Gestalt mit froschähnlichen Lauten die Wahl der Münze bestätigte. „Wir zahlen euch das Doppelte Thobshim, wenn ihr uns erzählt, was ihr wisst!“ Neire holte dabei ein Säckchen mit Münzen hervor und reichte es dem Fremden. Der Kuo-Toa nickte und seine Schuppen hatten eine tiefgrüne Färbung angenommen. „Thobshim erzählen euch. Thobshim mag Geschichten.“ „Nun gut…“ sagte Neire, „Woher seid ihr?“ Ein Auge der Kreatur fing nun wirr an in verschiedene Richtungen zu blicken, während das andere auf Zussa ruhte. „Thobshim von hier und von dort. Viel herumgekommen in Ewigdunkel und Unterfels. Thobshim kommt aus Schrein der Göttin oder Schrein von Gott.“ Seine Schuppen wandelten sich nun in blasses Blau, während er mit einem tiefen Rülpsen lachte. Der Gestank von verfaultem, totem Fisch war fast unerträglich, doch der Kuo-Toa fuhr unbeeindruckt fort. „Schrein von Thobshim Herkunft, Schrein von Vater oder Schrein von Mutter. Priester wissen selber nicht.“ „Eure Priester wissen selbst nicht, ob euer Gott Mann oder Frau ist? Wie heißt euer Gott?“ Thobshim nickte, bevor er antwortete. „Schrein von Thobshim Herkunft ist Schrein von Tsathoggua.“ Bereits Neire, aber auch Bargh hatten von dieser obskuren Gottheit gehört. Sie wurde von den Kuo-Toa als Vater- oder Muttergottheit verehrt. Unter den Priestern gab es keine Einigkeit und es waren wohl bereits Kriege zwischen den verschiedenen Kuo-Toa Fraktionen geführt worden. Die Sieger hatten sich dann als Halter der Wahrheit präsentiert und die Anhänger der jeweils anderen Geschlechtertheorie als Frevler geopfert. Neire hatte eine Abhandlung über diesen Gott gelesen, der wohl einst durch den Glauben der Kuo-Toa und durch das Brabbeln seines Namens in die Existenz berufen wurde. Er hatte zudem Theorien über die Heimat des Gottes gelesen, die einige Gelehrte in der Hölle sahen. Andere wiederum sprachen von der Elementarebene des Wassers. Als eine der Formen des Gottes war Neire ein monströser, übergroßer Frosch in Erinnerung geblieben. Neire dachte weiter nach, wurde dann aber durch die Worte Thobshims aus den Gedanken gerissen. „Danke Vater, danke Mutter, dass Thobshim gibt!“ Dabei beugte das Fischwesen seinen übergroßen Kopf. „Und ihr Thobshim? Seid ihr Vater oder Mutter?“ Die Hautfarbe von Thobshim wandelte sich ins Gelbe, als er sprach. „Thobshim durfte sich schon über viele Eier bringen. Milch von Thobshim gut, Thobshim viele Milch für Eier geben, ja. Thobshims Fingerlinge stark. Thobshim, Thobshim.“ Zussa wendete angewidert ihr Gesicht ab, als sich Thobshim auf die Brust schlug und Bargh verstand glücklicherweise nicht alle Worte. „Der Schrein, Thobshim. Erlauben sie Fremden wie uns, Handel zu treiben, die Priester?“ Das Fischwesen dachte einen Augenblick nach, bevor er antwortete. „Schrein nicht für euch, nicht für Dunkle. Schrein aber direkter Weg zur Stadt von Dunklen. Dunkle gehen durch Schrein. Hohepriester Va-Guulgch sie passieren lassen. Keine Edelsteine, keine Perlen. Ihr aber nicht. Ihr Perlen und Edelsteine geben an Hohepriester.“ Neire nickte, als er die Worte hörte. „Wir müssen eurem Hohepriester einen Wegzoll bezahlen, doch die Dunkelelfen können ohne Wegzoll nach Erelhei-Cinlu passieren?“ Jetzt wurde Thobshims Haut dunkel und er brachte zischende Worte hervor. „Thobshim Dunkle hassen. Hassen Dunkle und mächtige Stadt. Thobshim will Dunkle töten und an Fische verfüttern.“ Der Kuo-Toa trat dabei mit einer seiner Flossen auf den Boden. Neben sich hörte Neire Bargh in ihrer eigenen Sprache murmeln. „Er will sich die Dunkelelfen selbst zufüttern, dieser stinkende Bastard!“ Dann fragte Neire: „Und Hohepriester Va-Guulgch? Verlangt er keinen Tribut von den Dunkelelfen?“ Thobshims Farbe wurde wieder blau, dann antwortete er. „Ah, Hohepriester verrückt. Will Edelsteine und Perlen, ist aber schwach. Will Seemutter herrschen sehen über alles, will aber nur Edelsteine und Perlen.“ Neire lächelte Thobshim zu und sprach. „Habt dank Thobshim. Nun bringt uns über den Schwarzstrom.“

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Sie hatten sich danach von Thobshim über den Schwarzstrom bringen lassen. Zussa war zuerst widerwillig in das Boot gestiegen. Der Fährmann hatte sie jedoch – mit der Hilfe von zwei Seilen – sicher über das reißende Wasser gebracht. Dann hatte nur Neire gesehen, wie Thobshim die Echse über den Fluss gebracht hatte. Der Fährmann hatte einen halbkreisförmigen Haken verwendet, den er der Echse in den Nacken gestochen hatte. Das Tier hatte für einen Augenblick wild gezittert, war dann aber gefügig und kontrollierbar geworden. Thobshim hatte es mit Drehungen des Hakens auf seine Barke geführt und sich auf die Echse gesetzt. Das Boot war zwar bedrohlich tief gesunken, doch er hatte das Wesen auf die andere Seite befördert. Sie hatten sich dann verabschiedet und waren in die Dunkelheit davongeritten. Neire hatte die Wunde der Echse begutachtet, die sich aber bereits auf wundersame Weise geschlossen hatte. Dort wo er den Einstich vermutet hatte, hatte er frisches, warzenartiges Narbengewebe sehen können. Ihr Reittier, das Thobshim auch hatte trinken lassen, hatte sie dann weiter durch die Dunkelheit getragen und das Rauschen hinter ihnen war immer leiser geworden. Dann hatte Neire plötzlich den gutturalen Aufschrei von zwei Kuo-Toa aus der Dunkelheit vor ihnen gehört. Sie hatten alle abgesattelt und Neire hatte sich vorangeschlichen. Er war in ein Höhlensystem gekommen, in dem er zischelnde nasale Stimmen hören konnten. Es war, als wollten sie flüstern, jedoch war es ihnen nicht gelungen. Neire ging lautlos vorwärts, bis er hinter einer Biegung den Gestank von totem Fisch vernehmen konnten. Er schaute um die Ecke und sah dort drei kleine Gestalten, die zwei riesige Leiber toter Kuo-Toa zogen. Die Gestalten waren kaum mehr als einen Schritt groß und zwei waren jünger. Sie trugen Kurzschwerter, Dolche sowie Rüstungen und waren in unscheinbare Gewänder gehüllt. Zwei Gewänder schimmerten aber in den vielfarbigen Strömungen des Unterreichs. Neire schlich sich auf den älteren Mann zu, der seine beiden jüngeren Mitstreiter zur Vorsicht mahnte. Neire sah Furcht in dem schlanken, steingrauen Gesicht. Die Gestalt hatte hellgraue Haare und blickte sich immer wieder vorsichtig um. Die beiden Kreaturen, die sie zogen, hatten aufgedunsene, aufgeschnittene Bäuche, Fischköpfe und Glubschaugen. Neire kam im Rücken des älteren Mannes an und stach zu. Einmal, dann zweimal, drang sein Degen in den Rücken. Der dritte Stich ging durch Hals und Kopf und die Klinge aus grünlichem Höllenstahl brachte todbringende Säure hervor. Ein Loch fraß sich in das Haupt des Älteren. Die beiden jüngeren ließen von ihrem Fang ab und starrten in gequälter Panik auf ihren Anführer. Dann stach Neire zu. Wieder und wieder. Es ging so schnell, dass er keine Schreie hören konnte. Erst als die drei blutenden Leiber den Boden bedeckten, richtete er sich auf und schaute nach Bargh und Zussa.

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Sitzung 131 - Der Schrein von Tsathoggua
« Antwort #151 am: 19.01.2025 | 10:58 »
Neire schlich sich durch den dunklen natürlichen Tunnel. Die Luft war wärmer und feuchter geworden. Er hatte außerdem einen leichten Salzgeschmack auf den Lippen. Aus der Ferne hörte er Geräusche von flatschenden Schritten und ein Gemurmel von Glucks- und Zischlauten. Sie hatten ihre Reise auf der Echse fortgesetzt und die Leichen der Kuo-Toa und der Tiefengnome hinter sich gelassen. Auf ihrem Weg hatten sie dann eine Pause gemacht, einen Fackelkreis errichtet und Gebete zu ihrer Göttin gesprochen. Dann hatte sie das Lastentier der Dunkelelfen weitergetragen, durch die nicht enden wollenden Kavernen. Neire hatte nach der Karte navigiert, die sie einst der Leiche von Eclavdra abgenommen hatten. Schließlich waren die Spuren der Kuo-Toa häufiger geworden. Sie waren an verschiedenen Seitentunneln vorbeigekommen, aus den sie Stimmen gehört hatten. Eine Gruppe von Kuo-Toa hatten sie vor sich vermutet. Die Geräusche hatte Neire aus einem abbiegenden Gang vernommen. Die Kreaturen waren allerdings in ihre Gehrichtung abgebogen und schritten jetzt vor ihnen. So hatte sich Neire von der Echse hinabgelassen und war schleichend zu ihnen aufgeschlossen. Jetzt sah er die Fisch-ähnlichen Silhouetten von drei Gestalten in der Dunkelheit. Eine ging voran, war über zwei Schritt groß und bewaffnet mit einer langen Harpune. Von ihren Schuppen ging ein matt-gelblicher Schimmer aus. Die beiden folgenden Kreaturen waren kleiner, unbewaffnet und von gräulich-trister Fischhaut. Ihre Leiber waren nicht muskulös, sondern aufgedunsen. Ihre Extremitäten waren dünn. Sie beide trugen lederne Säcke, die sie sich über ihre Schultern geworfen hatten. Neire hatte ihren Worten eine Zeitlang gelauscht und sie immer besser verstanden. Die vorangehende Kreatur schien ein Freund oder ein Ehemann der beiden weiblichen Fischwesen zu sein, die ihm folgten. Neire hatte zudem eine Art Vorfreude erkannt, als die Geschöpfe über den Schrein von Tsathoggua sprachen, der wohl nicht mehr weit entfernt war. Neire schloss weiter auf. Aus der Nähe konnte er sehen, dass die Kreaturen Muschelamulette trugen, in deren Aushöhlungen das krude Bildnis eines fettleibigen Frosches gezeichnet war. Die Kuo-Toa hatten ihn nicht bemerkt und so schlich er sich hinter das Männchen. Der Gestank von altem, totem Fisch erzeugte ein Gefühl von Übelkeit, doch er biss die Zähne zusammen. Dann stieß er der großen Kreatur seinen Degen in den Rücken. Der grünliche Dämonenstahl drang durch die Brust und begann zu zischen, als die Klinge eine gefährliche Säure hervorbrachte. Der gewaltige Leib mit dem Barsch-ähnlichen Kopf begann zu zittern, als sich die seitlichen Glubschaugen wild und chaotisch in teils gegensätzliche Richtung drehten. Dann brach das Wesen zusammen. Neire hörte hinter sich das Aufplatschen von Wasser, als die eine der beiden Weibchen den Sack fallenließ. Das Wesen stürmte an ihm vorbei, während ihre Gefährtin wie gelähmt in die Dunkelheit starrte. Neire ließ den Degen nach vorn schnellen. Die Klinge drang in ihre Hüfte. Er hörte ein Knacken von Knochen, als das Hüftgelenk splitterte. Das Wesen brach in Todeszuckungen und einem Schwall von Blut zusammen. Er drehte sich um und stach die letzte Pilgerin nieder. Erst dann widmete er sich der Untersuchung der Säcke und der Amulette. Viel fand er nicht. Außer einigen Perlen hatten die Gestalten im salzigen Wasser der Säcke lebende Fische und Krustentiere als Proviant für ihre Reise getragen. Neire hob die drei Muschelamulette auf und ging zurück zu Zussa und Bargh.

„Ich will es nicht anziehen Neire! Es stinkt und es ist von diesem niederen Gott, der sogar von einigen völlig verrückten Menschen angebetet wird.“ Neire schaute sie ernst an. Er war zur Echse zurückgekehrt, die sich ohne seinen Einfluss in eine Ruheposition begeben hatte. Neire war wieder aufgesattelt und hatte das faule Wesen zum Weitergang angetrieben. Dann hatte er Zussa und Bargh von seinem Plan erzählt und ihnen jeweils eines der Amulette überreicht. „Es ist nur für eine Zeit. Wir geben uns als Pilger aus, die diesen Schrein aufsuchen. Betrachtet es als List, nicht als Frevel an unserer Göttin.“ Auch Bargh nickte zustimmend und hängte sich das Amulett um. Sie waren mittlerweile bei den Leichen der drei Fischwesen angekommen. Die Echse begann bereits mahlende Bewegungen mit ihrem Maul zu machen und züngelte in Richtung der Leiber. Neire spürte die Fressgier der behäbigen Kreatur und sah Sabber aus ihrem Maul herabrinnen. Er flüsterte ihr wohlwollende Worte zu. Dann schnappte die Echse nach dem ersten Fischwesen. Die gewaltigen Kiefer schlossen sich um den Leib einer Pilgerin. Dann zuckte der Hals nach oben und das Tier warf den wanstigen Körper spielend in die Luft. Die Echse riss ihren Schlund auf und begann das Fischwesen zu zermalmen. Sie alle spürten das Würgen der Schluckbewegungen. Noch die Hälfte der des großen Pilgers verschlang ihr Reittier, bevor es sich träge hinsetzte. Neire wollte es gerade weiter antreiben, da sagte Zussa. „Wir sollen auch die Reste der Leichen mitnehmen. Vielleicht in Ortnors Labor. Es wäre nicht gut, wenn wir uns als Pilger ausgeben und sie hier die Leichen sehen.“ Neire nickte und antwortete: „Ihr habt Recht Zussa und ich hätte es vergessen. Lasst uns die Leichen in das Labor schaffen, Bargh.“

~

Irgendwann hatten sie wieder Stimmen im Tunnel vor sich gehört. Neire hatte gelauscht und die Sprache der Kuo-Toa erkannt. Er hatte Wachen des Tempels vermutet und sie hatten sich ihnen weiter genähert. Als sie in natürliche Hörweite gekommen waren, hatten die Schritte plötzlich innegehalten und die Stimmen hatten geflüstert. „Hört ihr das?“ hatte eine gesagt. Eine andere hatte bejaht und gefragt: „Sind es die Dunklen? Kommen sie wieder? Wissen sie es vielleicht?“ Ein dritter hatte direkt verneint. „Nein, woher sollen sie es wissen. Auch wenn es die trockenen Dunklen sind, tut so, als wenn ihr sie liebhaben würdet.“ Neire hatte die Echse weitergeführt und so waren ihnen schließlich drei Kreaturen entgegengetreten. Sie hatten aufgedunsene Leiber und waren kaum kleiner als Bargh. Eine hatte eine Stangenwaffe mit Widerhaken. Die anderen beiden trugen Harpunen. Die Fischhaut der drei schimmerte in vollen Gelbtönen. Sie hielten plötzlich inne und ihre Haut nahm einen Braunton an, als sie das Reittier betrachteten. Neire beugte sich zu ihnen hinab und sprach: „Seid gegrüßt, nasse Brüder des großen Tsathoggua. Wir kommen von weit her, um der Seemutter zu huldigen. Wir sind auf dem Weg in den Schrein.“ Neire versuchte die Sprache von Glucks-, Quack und Zischlauten so gut, wie es ging, zu imitieren. Ein Kuo-Toa drehte ein Glubschauge zu seinen Gefährten, während das andere Neire betrachtete. „Hört ihr das, meine Freunde?“ fragte er in einem tiefen Glucksen und Rülpsen. „Weitere der Trockenen von oben. Sie wollen den Segen unserer Mutter erhalten.“ Eine andere schien zu lachen, was sich mehr nach einem dumpfen und stoßhaften Gurgeln anhörte. „Meint ihr sie können länger die Luft anhalten, als die anderen Trockenen.“ Die Kreatur mit der Stangenwaffe drehte sich wieder um und sagte. „Hört nicht auf ihn. Wenn ihr den Segen unserer Mutter empfangen wollt, seid ihr willkommen. Aber sagt, woher habt ihr diese Echse?“ Neire lächelte der Gestalt zu. „Wir haben sie den Dunklen abgenommen, die auch ihr nicht mögt. Haben die Dunklen getötet.“ Es war ein Tuscheln und ein Zischen zu hören, als die Krieger sich ungläubig anglotzten. „Was… ihr habt die Dunklen getötet?“ Neire nickte und sagte. „Wieso nicht? Sie waren nicht sehr freundlich zu uns und wir mögen sie nicht.“ Zwei der Kuo-Toa änderten ihre Farbe ins Dunkle, doch die Haut des Stangenwaffenträgers glitzerte bläulich. „Wir hassen Dunkle, doch Tod von Dunklen kann Gefahr für Tempel bedeuten… Wollt ihr den Segen empfangen, solltet ihr wissen, was nur Wenige der Trockenen verstanden haben. Was es bedeutet, der Segen der Göttin…“ „Müssen wir Wasser atmen, um den Segen zu erhalten?“ Die Gestalt verneinte die Frage und ihre Fischhaut begann sich ins grünliche zu ändern. „Wir können euch sagen, können euch unseren Segen geben, wenn ihr…“ Neire hatte bereits eine kleine Perle hervorgeholt, die er der Gestalt zuwarf. Die Schuppen änderten ihre Farbe in ein tiefes, purpurnes Blau. „Ist es Zufall?“ Gluckste die Kreatur. „Ihr habt den richtigen Einfall gehabt. Mutter verlangt Tribut. Es ist an euch Tribut zu geben, wieviel ihr geben wollt. Und geht nicht ins Wasser vor Abbild von Mutter. Es tut den Trockenen nicht gut. Hütet euch auch davor im Schrein herumzuwandern. Sonst werdet ihr zerhackt und unseren Kleinen vorgeworfen.“ Neire nickte und antwortete. „Habt Dank für euren Rat, Bruder. Wir werden eure weisen Worte berücksichtigen.“ Die Gestalt nickte ihnen zu und verabschiedete sich mit den Worten: „Ja, haltet eure Flossen nass.“ Sie nickten den Kuo-Toa zum Abschied zu und blickten ihnen nach, wie sie verschwanden in der Dunkelheit. Nur Neire lauschte noch ihren Worten. Die Kuo-Toa unterhielten sich über sie und rätselten, ob sie wohl verrückt seien. Doch sie sprachen auch über ihre Waffen und ihre Unterstützung für die Seemutter, die sie zu gewinnen hofften.

Vor Bargh, Neire und Zussa ragte eine kolossale rechteckige Halle auf, die in ein sanftes, grünliches Licht gehüllt schimmerte. Die Wände waren von Kacheln bedeckt, über die faustgroße Egel krochen. Der Schleim der Kreaturen war fluoreszierend und sorgte für den grünlichen Schimmer. Es war bestimmt 70 bis 80 Schritt auf die andere Seite und die Decke verlor sich in großer Höhe. Zur Mitte des Prachtsaals führten Terrassen hinab, auf denen viele aufrecht gehende Fischwesen beteten oder meditierten. In der Mitte der Halle befand sich ein steinernes Wasserbecken, aus dessen modrigen Tiefen sich eine Pyramide verschiedenfarbiger Segmente erhob. Während die untere Ebene aus grauem Stein war, folgten bläulicher und grünlicher Marmor auf den höheren Ebenen. Sie starrten jedoch alle wie gebannt auf die Obszönität einer Statue, die auf der abgeflachten Spitze der Pyramide saß. Dort war die steinerne Fratze eines Frosch-ähnlichen Monsters zu sehen, das auf fetten Waden und dicken Vorderbeinen hockte. Das Wesen hatte riesige seitliche Glubschaugen sowie einen Körper, der von Fettwülsten und Warzen überzogen war. Gewaltige Ohren, in der Form von Fledermausschwingen, standen vom Kopf ab. Von der Brust hing zudem ein kolossaler Busen. Zwischen den Beinen war aber auch ein gewaltiges, männliches Geschlechtsteil zu erkennen, das in einem halb-erigierten Zustand dargestellt war. Während sie die Kreatur betrachteten, hatten sie den Eindruck, dass das Wesen sie anglotzte. Für einen Augenblick standen sie im Bann der steinernen Kreatur und vergaßen den salzigen Geruch der Halle sowie den disharmonischen Singsang der Gebete. Dann lösten sie ihren Blick und bemerkten die Augen der Kuo-Toa, die sie anstarrten. Von der gegenüberliegenden Seite näherten sich einige Krieger, die lederhaut-bezogene Schilde, Schwerter, Lanzen, Speere und Netze trugen. Sie wurden von einem Fischwesen angeführt, dessen Haut in einem beißenden Gelbton leuchtete. Während sich die Gestalten näherten, konnten sie sehen, dass einer der Kuo-Toa Pilger in das Wasser des Bassins hinabstieg und auf die Pyramide hinzuschwamm. Er stieg über die moosbewachsenen Stufen einer Treppe hinauf und legte einige Gold und Platinstücke in eine der Riesenmuscheln, die sich dort geöffnet hatten. Dann richtete er seine Gebete an die Seemutter. „Ihr dort, Trockene! Was macht ihr hier?“ Die Stimme des Anführers riss Neire aus seinen Betrachtungen. Er hatte kaum Zeit gehabt sich die Vielzahl von Öffnungen und Fensterscharten anzuschauen, die von der Halle hinfort führten. Er antwortete der Kreatur in ihrer Sprache. „Seid gegrüßt, nasser Bruder. Wir kommen von weit her, um den Segen der Seemutter zu erhalten. Wir kommen, um ihr unsere Schätze darzureichen.“ Die Gestalt nickte, drehte aber dann ihren von scharfen Zähnen besetzten Barschkopf in Richtung der Echse. „Und das dort! Woher habt ihr das? Reittier von trockenen Dunklen.“ Neire wählte seine Worte jetzt bedachter. „Ja, es ist ein Reittier der Dunklen. Wir haben es ihnen abgenommen. Jetzt gehört es uns oder vielleicht auch bald euch.“ Das Kind der Flamme bemerkte, wie sich der Griff um den Speer verfestigte. „Was heißt das, abgenommen? Woher habt ihr es?“ Neire lächelte jetzt, ließ sich von der Echse hinabgleiten und verbeugte seinen Kopf. „Ich bin Neire und ich komme von weit her. Wie ist euer Name Krieger?“ „Mein Name ist nicht wichtig. Woher habt ihr es! Sprecht!“ Die Haut der Gestalt war dunkler geworden, wie auch die seiner Kameraden. Trotzdem trat Neire näher an ihn heran. „Die Geschichte ist lang und ich würde sie viel lieber eurem Hohepriester Va-Guulgh erzählen. Ruft euren Hohepriester, denn wir wollen mit ihm sprechen.“ Als Neire die Wut in den Augen der Kreatur sah, die sich begann in verrückten Hass zu wandeln, beschwor er die Kräfte des Jensehers. Das Rot der Linsen mischte sich mit dem Grün der Halle zu einem goldenen Schimmer. Dann drang er in den Geist der Kreatur ein. Augenblicklich wandelte sich seine Fischhaut in tiefes Blau mit einem türkisem Anteil. Die Gestalt gluckste die Worte. „Ich bin Horrlik, holen Hohepriester Va-Guulgch für euch, doch ihr müsst euch an unsere Bräuche halten. Echse bleibt hier, nur ihr könnt kommen.“ Neire trat jetzt näher zu der Gestalt, die ihn mit ihren Glubschaugen betrachtete. Er flüsterte. „Sagt, sind noch andere Trockene hier? Sind sie Krieger?“ Die Gestalt rülpste lachend. „Nein, keine Krieger. Nur drei hier. Trockenen ist langweilig, Trockene sind verrückt.“ „Was ist es, was die Dunklen vielleicht nicht wissen oder nicht wissen sollten?“ Die Färbung der Fischhaut wurde wieder etwas dunkler. „Gab Vorfall hier. Trockener Dunkler war hier. Wollte nicht Tribut bezahlen. Einer von uns verlor Geduld. Er tötet dunklen Trockenen. So etwas darf nicht passieren, aber er hindurchgegangen ohne Münze zu bezahlen.“ „Ich verstehe. Nun, ich möchte jetzt mit Va-Guulgch sprechen. Holt ihn, mein Freund der nassen Flosse.“ Neire sah, wie sich die Gestalt umdrehte und ihre Untergebenen anwies. „Es sind unsere Freunde. Kommt, wir holen Va-Guulgch.“ Als sich keiner der Kuo-Toa umdrehte, schlug Horrlik mit dem hölzernen Schaft seines Speeres zu. Es gab ein dumpfes Klatschen auf dem Fischfleisch des Halses einer der Untergebenen und ein Zischen von Schmerz. Die Kreaturen fügten sich und begannen um die Pyramide herumzutrotten.

Zussa, Bargh und hatten die Lastenechse zurückgelassen, die einen Egel von der Wand geschnappt hatte. Aus den Augenwinkeln hatten sie jedoch bemerkt, dass das kleine graue Wesen dem Reittier nicht bekommen war. Die Echse hatte fluoreszierenden Schleim ausgespuckt, hatte sich danach aber in eine Ruhehaltung begeben. Sie hatten sich auf die andere Seite der Halle bewegt und die meisten der Kuo-Toa Pilger hatten sie nicht mehr beachtet. Nur die großen Glubschaugen der monströsen Froschstatue waren ihnen gefolgt. So waren sie in einen Bereich gelangt, in dem sich ein großer Durchgang in eine Thronhalle eröffnete. Auf einer Erhöhung hatten sie einen Thron, geformt wie aus einer Perle und bedeckt von detaillierten Bildnissen kämpfender Seekreaturen, gesehen. Perlen funkelten dort und auf beiden Seiten des Thrones waren kleinere Statuen von Tsathoggua zu sehen. Die Thronhalle war verziert mit wellenförmigen Mustern. Der grünliche Schimmer war stärker hier und sie sahen eine größere Anzahl der Egel an den Wänden. Vor ihnen hatte die Reihe der Fischkrieger den Eingang in die Halle versperrt. Sie hörten auch hier die Gesänge und sie sahen die Schatten von Priestern im Raum. Dann war eine Kreatur erschienen, die mit einem Speer bewaffnet war. Va-Guulgh trug rituelle Brandnarben fremder Zeichen auf seinem aufgedunsenen Wanst. Seine Haut war sichtlich älter, seine Zähne länger und Raubfisch-artig. Mit ihm kamen die Krieger um Horrlik, auf dessen Gesicht frische blutige Striemen von Peitschenhieben zu sehen waren. Im Gefolge des Hohepriesters waren aber auch weitere Priester, die perlenverzierte Dreizacke trugen. Va-Guulgch rammte seinen Speer auf den Boden, dessen Kopf wie eine viergliedrige Klaue geformt war. Seine krächzende Stimme hallte durch das königliche Gemach. „Wer seid ihr, Fremde, dass ihr es wagt nach mir zu schicken, als ob ich euer Bediensteter wäre? Wer wagt es meine Gebete zur Seemutter zu stören?“ Neire verbeugte sich tief, dann strich er sich seine gold-blonden Locken zurück und lächelte. „Ich bin Neire, Kind der Flamme. Das ist Bargh, der Drachentöter und das Zussa, Hand der Flamme. Wir sind gekommen um der Seemutter zu huldigen. Wir haben auch ein Geschenk für euch, oh mächtiger Va-Guulgch.“ Neires gespaltene Zunge fuhr sich über seine Lippen und er schmeckte die salzige Luft. Dann zog er die Krone von Arberdys von Lichtenhoch hervor, auf der wertvolle Diamanten funkelten. Die Kuo-Toa betrachteten die Kostbarkeit eines vielleicht längst vergangenen Kaisers und ihre Fischhaut begann grünlich zu schimmern. „Eine Krone bringt ihr mir? Eine Krone der Trockenen.“ Die Worte von Va-Guulgch waren vorsichtig, doch Neire fühlte seine Gier. „Wir haben weitere Schätze, oh mächtiger Va-Guulgch. Wir möchten sie der Mutter, möchten sie Tsathoggua opfern.“ Va-Guulgch stieß seinen Speer auf den Boden. Dann sagte er. „Ihr müsst die Schätze in die Muscheln der Pyramide legen, um ihren Segen zu erhalten. Doch sagt… ihr bringt Va-Guulgch ein wertvolles Geschenk. Was wollen die Trockenen von mir? Was wollen sie von Va-Guulgch?“ Neire hielt die Krone höher, als er in die Halle rief. „Wir wollen, dass ihr Erelhei-Cinlu angreift. Wir werden mit euch in den Krieg ziehen. Die Mutter will es so. Wir haben ihre Stimme gehört. Die Zeit der Schwäche ist für euch vorbei. Die Kuo-Toa werden sich erheben.“ Die Kuo-Toa vor ihnen verstummten. Sie hörten für einen Augenblick nur noch die dumpfen Gesänge hinter ihnen. Dann donnerte Va-Guulgch. „Ihr Narren… ihr seid verrückter als wir es sind. Ereilhei-Cinlu ist mächtig. Wir würden zu Grunde gehen. Würden nicht einmal an ihrem Turm vorbeikommen.“ „Ich bin von weit gekommen und habe viele Schätze mitgebracht. Bin ich umsonst gekommen? Bin ich gekommen, nur um zu erfahren, dass die Kuo-Toa schwach sind?“ Va-Guulgch blickte sich um und schien seine Worte abzuwägen. Dann grollte er: „Kennt ihr die Halle der Sterne? Nein ihr kennt sie nicht. Ihr würdet nicht einem solchen Wahnsinn verfallen sein… Es würde mich freuen, mich und alle unserer Rasse. Es würde uns freuen, wenn sie zugrunde gehen, diese verdammten trockenen Dunklen. Doch die Zeit ist nicht reif. Unsere Mutter wird stärker werden müssen. Dann werden wir zuschlagen. Wir werden die Sternenhalle fluten und unsere Kleinen werden ihre leblosen Körper fressen. Den Rest werden wir der Seemutter opfern. Wir werden stark sein und wir werden viele sein. Wir werden Ewigdunkel und Unterfels beherrschen. Die große Mutter und wir.“ Neire nickte und ließ die Krone in seinem Rucksack verschwinden. Als er sich wieder aufrichtete, starrte er Va-Guulgch an. „Die trocken Dunklen würden im Wasser untergehen, Va-Guulgch. Doch sie beherrschen das Feuer. Was kann man also besser machen, als durch die Dunkelheit zu gehen und mit dem Feuer zu spielen. Spielt also mit dem Feuer, bevor das Feuer mit euch spielt und euch vernichtet.“ Dann begannen Neires Augen rötlich zu glühen und er rief die Flammen seiner Herrin.