Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich verstehe, nach was duderino hier sucht. Eine Bestätigung für eine allgemeingültige These? Oder ein System, das deinen Vorstellungen entspricht?
Auch nach dem Lesen der Antworten bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich verstanden habe, worum es geht und ob hier alle über das selbe reden. Daher bitte um Entschuldigung, wenn ich irgendwelche Aussagen falsch interpretiere.
These 1: Rollenspiel macht grundsätzlich Spaß.
These 2: Regeln tragen dazu bei, innerhalb des Spaß-Bereichs des Rollenspiels zu bleiben.
Beispiel 1: Naturwissenschaftliche Diskussionen über die Biegsamkeit von Stahl vermeiden
Beispiel 2: Nicht frustriert davon sein, dass der andere Spieler so viel mehr Dinge tun kann, als man selbst.
Zu These 1: Wenn Rollenspiel einem grundsätzlich liegt, wovon ich bei den Anwesenden hier ausgehe, ja.
Zu These 2: Jein. Manche Regeln sind aktiv fördernd (das sind aber meiner Meinung nach genau die, die einschränken, siehe weiter unten) andere bilden einfach nur eine Basis.
Regeln können abstrahieren (Beispiel 1), aber wenn die Regeln naturwissenschaftlichem Wissen (das bei jemandem am Tisch vorhanden ist) widersprechen, werden sie erst recht zu Diskussion führen.
Und Regeln können Balancing erzeugen (Beispiel 2), was ich persönlich sehr schätze, aber wenn man sich z.B. die OSR-Szene anschaut gibt es genügend Spieler:innen, die das nicht brauchen oder sogar aktiv ablehnen.
These 3: Manchmal wird der Einfluss von Regeln auf den Spielspaß als negativ wahrgenommen. Das passiert wenn:
1. Wenn sich die Breite der möglichen Optionen, durch welche ein Spieler seinen Charakter individualisieren kann, künstlich eingeschränkt wirkt.
2. Regelbereiche keine ausreichende Tiefe bei der Abbildung von Detail-Entscheidungen innerhalb einer Disziplin erlauben.
3. Die Resultate von Resolutions-Mechanismen nicht den Erwartungen entsprechen.
4. Verständlichkeit und Anwendbarkeit der Regeln den Zeitaufwand oder Gedankenaufwand während dem Spielen zu stark beeinflussen.
sein
Während (3) und (4) weithin bekannt sind, scheinen mir (1) und (2) auf dem aktuellen Rollenspielmarkt wenig verbreitete Designziele zu sein.
Ja zu 3 und 4, nein zu 1, jein zu 2.
1. Passende Einschränkung kann spielspaßfördernd sein. Das ist ja genau der Weg, den PbtA (und eigentlich jedes Klassenbasierte System) geht. Die wählbaren Rollen entsprechen dem, was am ehesten das Gefühl des gewünschten Genres entspricht und fördern damit das Spielerlebnis.
Dazu kommt, dass Individualisierung durch Regeloptionen abgebildet werden kann, aber nicht zwangsweise werden muss. FATE liefert eine deutlich größere Bandbreite an möglichen Charakterkonzepten als selbst DSA, genau genommen ist mir noch nichts untergekommen, was ich damit nicht abbilden hätte können. Und für die einen ist genau das Individualisierungsfreiheit. Aber es gibt auch Spieler:innen, die mangelnde Individualisierungsmöglichkeit bei FATE beklagen, weil sie darunter vor allem regeltechnische Individualisierung verstehen und ihnen dafür Aspekte und ein paar Stunts nicht ausreichen.
2. Was eine "ausreichende" Tiefe ist, ist subjektiv.
Ich glaube das Problem hier ist, Rollenspiel als etwas einheitliches zu sehen.
(oder die Analyse muss abstrakter werden bezgl. Rollenspielregeln als Kommunikation/Anleitung statt an spezifischen Inhalten/Spielzielen orientiert.
Rollenspiel, welches deine geschmacklich individuellen Vorlieben gekonnt unterstützt macht Spaß.
Ein Spiel, welches dies handwerklich top umsetzt, aber für einen Spielstil, der dir* so gar nicht liegt, macht DIR dann keinen Spaß, einem anderen mit entsprechendem Geschmack dann schon.
*abstraktes du/dir
Das. 100%ige Zustimmung.
Es wäre irrsinn, sämtliche Diskussionen über Qualitäten von Dingen nur noch auf Subjektivismus zu reduzieren, sobald es eine vehemente Gegenmeinung gibt.
Manche Qualitäten sind objektiv bewertbar. Gerade Spaß an einer Sache ist aber inhärent subjektiv.
Und das muss auch nicht alles immer mega tief verregelt sein. Es muss eben nur dafür sorgen, dass ein Spieler, der sich aufs Barde-Sein spezialisiert, etwas interessantes damit tun kann, das über triviale Probe-Würfe hinausgeht.
Jein. Das Regelsystem sollte unterstützen, dass die Spieler Spaß haben, Zustimmung. Für manche Spieler sind aber triviale Probe-Würfe genau das Maximum an Regeln, das sie haben wollen und alles mehr ist eine Spaßbremse. Und für manche Spieler muss alles mega tief verregelt sein und alles darunter ist eine Spaßbremse.
Du sagst ja selber
Das Problem mit dem richtigen Maß an Kleinteiligkeit stellt sich natürlich. Und natürlich wirds mal wem zu viel oder zu wenig sein. Bei mir ist das manchmal sogar tagesform-abhängig. Wenn ich müde bin, will ich DSA nicht mit Zonenregeln spielen.
Aber im großen und ganzen kann man ja doch sagen, dass es "gelungenere Granulierungen" und "weniger gelungene" gibt.
Klar gibt es Rollenspiele, die handwerklich gut gemacht und durchdacht sind um das zu tun, was sie sollen und solche, die das nicht sind.
Aber ob das Ergebnis "gelungen" im Sinne von "macht Spaß" ist, lässt sich nicht verallgemeinern. Ich kenne persönlich Spieler, für die ist DSA4.1 die perfekte Krone der Rollenspielsysteme, ich würde es nicht mal mehr mit der Zange angreifen. Und für andere ist es FATE und es gibt genug Spieler:innen, die damit gar nicht können. Ich kenne sogar einen Spieler, für den hat selbst Turbo FATE noch zu viele Regeln und er versucht es weiter zu vereinfachen.
Und ich frage mich, ob ein System, das ohne zu viel Regelkompliziertheit und mit erwartbaren Probenresultaten einfach nur dadurch zu einem der "besten" Systeme werden könnte, wenn es
gemäß (1) eine sehr sehr große Breite möglicher Charakterprofile erlaubt
und gemäß (2) sicherstellt, dass für jedes mögliche Profil auch ausreichend viele Nuancen/Entscheidungs-Optionen in der Anwendung der Charakterkompetenzen regeltechnisch abgebildet sind.
Was denkt ihr?
Klar ist das so. Die Schwierigkeit ist es auch umzusetzen.
Um 1) zu erlangen braucht man beispielsweise ein sehr gutes Balancing, welches sicherstellt das möglichst viele Charakterideen gleichwertig spielbar sind.
Um 2) zu erlangen braucht man zum einen vielfältige Regeloptionen welche es schnell ermöglichen "übliche" Aktionen abzuwickeln, gleichzeitig aber auch freie und schnell umsetzbare Regelhilfen für den Spielleiter um nicht vom Regelwerk abgedeckte Aktionen umzusetzen und schließlich muss das ganze eine möglichst hohe Relevanz entwickeln. Sprich: Ein noch so freies Regelwerk hilft nicht viel wenn es keinen Unterschied in den Auswirkungen von Aktion A und Aktion B gibt, dies gibt Spielern keine echte Entscheidungsmöglichkeit. Hohe Relevanz beinhaltet aber wieder komplexe Regelauswirkungen die wie am Anfang gesagt möglichst flüssig und schnell umgesetzt werden müssen ohne lange nachblättern zu müssen. Die Konfliktlösungsmechanik muss sowohl schnell als auch vielseitig und natürlich nachvollziehbar bleiben, dazu möglichst auch ohne irgendwen zu bevorteilen.
Um das alles unter einen Hut zu bringen hilft nur solche Aspekte von Anfang an, vom ersten Tag des Designprozesses zu berücksichtigen und ein möglichst solides Fundament zu erschaffen von dem aus man dann die einzelnen Dinge umsetzen und von dem aus man das Regelwerk um andere Elemente erweitern kann.
Damit sind wir wieder bei der Suche nach dem "perfekten" System. Letztendlich kann ich aber bestenfalls die perfekte Lösung für meinen gewünschten Stil und Grad und Granularität finden/entwickeln. Denn was "ausreichend" viele Nuancen/Entscheidungs-Optionen in der Anwendung der Charakterkompetenzen bleibt einfach subjektiv. Was für die einen wünschenswert ist, ist für andere erschlagend oder zu oberflächlich.