Autor Thema: Der Hang zu "negativen" Settings  (Gelesen 15460 mal)

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Offline nobody@home

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #25 am: 24.07.2022 | 08:38 »
Ich denke die Stärke von Grenzalnden und untergegangenen Zivilisationen ist der "Sense of Wonder" und nicht das Elend der Nachgeborenen.

Solange man sie halt aus der Sicht von Kolonialherren, Touristen, Grabräubern Archäologen und anderen Eindringlingen und nicht aus der von zurückgedrängten Ureinwohnern und eventuellen "eigentlichen" Erben der alten Hochzivilisationen betrachtet, klar. ;) Wobei das vermutlich gleich ein gutes Beispiel dafür ist, wie ein und dasselbe Setting sich prinzipiell schon recht unterschiedlich anfühlen kann, einfach nur je nachdem, auf welcher Seite man eigentlich gerade spielt...

Offline Maarzan

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #26 am: 24.07.2022 | 08:40 »
Ein gutes Stück weit mag schlichte (wenn auch nicht zwingend bewußte) Faulheit dahinterstecken. Es ist eben wesentlich leichter, einzureißen als aufzubauen, und in "dreckigen" Welten läßt sich, um's mal etwas drastisch auszudrücken, auch gleich viel besser der wurzel- und verantwortungslose Mörderhobo raushängen, ohne daß man sich deswegen gleich schlecht fühlen muß -- "die anderen sind ja auch nicht besser!", nicht wahr...?

In rechtsfreien Raum lässt sich aber auch etwas unbeschwerter - gerade, wenn man nicht so extrem auf externen Schutz angewiesen ist - aufbauen, wenn man nicht so zwingend auf das Kleingedruckte der Bauordnung und dem rechtzeitigen Besorgen von Passierschein 14 A achten muss.

Die meißten negativen Settings haben wesentlich repressivere Ordnungsautoritäten, welche den Spielercharakteren die Entscheidungsfreiheit nehmen, auch mal für das Gute einzustehen.

Mein Eindruck ist, dass diese repressiven dunklen Autoritäten durchaus mit mehr bilden Flecken und bürokratischer Reibung bis Blindheit gesegnet sind als vom SL als "gut" definierte Autoritäten gegenüber Spielercharakteren. Wenn die erklärten Bösen dann in einen Tempel einbrechen oder auch einen Niederbrennen dann ist das Plot, wenn SC das versuchen ist es dann oft ein quasi als persönlich erlebter Affront, der mit jedem zur Verfügung stehenden Mittel zur Not vom Gott selber mit Blitz vom Himmel bekämpft wird.
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Offline Radulf St. Germain

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #27 am: 24.07.2022 | 09:48 »
Solange man sie halt aus der Sicht von Kolonialherren, Touristen, Grabräubern Archäologen und anderen Eindringlingen und nicht aus der von zurückgedrängten Ureinwohnern und eventuellen "eigentlichen" Erben der alten Hochzivilisationen betrachtet, klar. ;) Wobei das vermutlich gleich ein gutes Beispiel dafür ist, wie ein und dasselbe Setting sich prinzipiell schon recht unterschiedlich anfühlen kann, einfach nur je nachdem, auf welcher Seite man eigentlich gerade spielt...

Ich möchte da höflich ergänzen, dass es mir um einen anderen Aspekt ging, der nichts mit Kolonialismus zu tun hat. Es geht mir in einem Grenzland (oder Grenzalden oder wie immer ich das normalerweise nenne  ~;D) nicht um einen leeren Raum voller Wilder sondern um einen unbekannten Ort. Genauso spannend wie "Ruinen in der Wildnis" finde ich Barbarenhorden, die in ein dekadentes mächtiges Reich einfallen und dort exotische Wunder entdecken. Historische Beispiele gibt es genug und langweilig sind die nicht:

* Germanische Barbaren in Rom
* Alexander in Persien
* Azteken und Tolteken
* Mongolen und Chinesen


Offline Weltengeist

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #28 am: 24.07.2022 | 09:58 »
Ich merke in der Diskussion, dass viele hier "negatives Setting" viel weiter definieren als ich. Ich selbst würde beispielsweise den klassischen Wilden Westen oder sowas wie Star Wars nicht als negative Settings sehen, sondern als welche in der Mitte, in denen es sowohl Licht als auch Schatten gibt. Negative Settings sind für mich eher solche, bei denen man den Untergang höchstens ein bisschen verzögern kann (Call of Cthulhu), in denen die Welt von den Bösen beherrscht und geprägt wird (Midnight, Dark Souls, viele Cyberpunk-Sachen) oder in denen so gut wie jeder SC+NSC ein Arsch ist und die Welt das auch so erwartet (Warhammer, Shadowrun, viele Serien- und Computerspiel-RPGs).
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Offline Waldviech

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #29 am: 24.07.2022 | 10:00 »
Mal ganz davon ab, dass es mehr als genug Settings gibt, in denen Leute auf die Hinterlassenschaften ihrer eigenen Vorfahren stoßen und das durchaus ein Quell von Sense of Wonder ist. Bei Exalted, Fading Suns oder Zeug das in der italienischen Rennaisance spielt, beispielsweise.

Barbaren ! Dekadente Stadtstaaten ! Finstere Hexenmeister ! Helden (oder sowas Ähnliches)!

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Offline Raven Nash

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #30 am: 24.07.2022 | 10:08 »
Solange man sie halt aus der Sicht von Kolonialherren, Touristen, Grabräubern Archäologen und anderen Eindringlingen und nicht aus der von zurückgedrängten Ureinwohnern und eventuellen "eigentlichen" Erben der alten Hochzivilisationen betrachtet, klar. ;)
Dazu muss es das aber erstmal geben. Wenn die SCs selbst die Erben der Hochkultur sind, oder es weder Ureinwohner noch lebende Nachfahren gibt, entfällt das ganze Gedöhns.

Ist ja irgendwie lustig, dass du (und wohl auch eine große Menge anderer) bei "untergegangene Hochkultur" zuerst an Südamerika und Ägypten denkst, anstatt an Römisches Reich, Griechenland und Persien.

Darauf baut ja z.B. auch Beowulf (5e) auf - die Hinterlassenschaften der "Riesen", die zum Großteil römische Ruinen sind, usw.
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Offline Alexandro

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #31 am: 24.07.2022 | 10:12 »
Mein Eindruck ist, dass diese repressiven dunklen Autoritäten durchaus mit mehr bilden Flecken und bürokratischer Reibung bis Blindheit gesegnet sind als vom SL als "gut" definierte Autoritäten gegenüber Spielercharakteren. Wenn die erklärten Bösen dann in einen Tempel einbrechen oder auch einen Niederbrennen dann ist das Plot, wenn SC das versuchen ist es dann oft ein quasi als persönlich erlebter Affront, der mit jedem zur Verfügung stehenden Mittel zur Not vom Gott selber mit Blitz vom Himmel bekämpft wird.

Habe ich komplett umgekehrt erlebt. Wenn die SC in bösen Settings irgendetwas übergriffiges machen, dann passiert erstmal gar nichts, es kommt nichtmal zu Spielinhalten ("Wie vertuschen sie das?"). Wenn sie die bösen Tempelanzünder-NSC selber zur Strecke bringen wollen, dann sind diese idR zu connected, dass schon der Versuch (selbst wenn er scheitert) durch das Setting bestraft wird, gerne mal durch NSC die plötzlich mehr Informationen haben, als sie sollten, um den Spielern zu zeigen wo der Hammer hängt. *würg*

Dagegen ist moralisch fragwürdiges Verhalten in guten Settings wesentlich interessanter: sowohl von Spielerseite (wenn die SC oder NSC fragwürdiges Verhalten vertuschen wollen, dann hat man den Plot für mehrere Spielabende, während dies in dysteren Settings auf ein "is' ja eh egal" hinausläuft).

Eher ist es so, dass man in guten Settings häufiger mit Bedrohungen für dieses zu tun hat, gerne auch mal von innen (siehe Star Trek, mit seinem "korrupten Starfleet-Admiral der Woche").
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Offline Runenstahl

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #32 am: 24.07.2022 | 10:48 »
Ich kann da keine spezielle Tendenz erkennen. Klar gibt es "finstere" Settings, aber es gibt auch genug andere. Die Mischung machts und ich persönlich mag beide Settingtypen. Und ein bißchen ist es auch Geschmackssache. Ist Star Wars während der klassischen Filme nun ein Negativ-Setting weil dort das Böse regiert ? Meiner Meinung nach nicht, aber wie gesagt: Geschmackssache.
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Offline tartex

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #33 am: 24.07.2022 | 10:55 »
Ist Star Wars während der klassischen Filme nun ein Negativ-Setting weil dort das Böse regiert ? Meiner Meinung nach nicht, aber wie gesagt: Geschmackssache.

Wow. Die Zieheltern des Helden werden in reinster Nazi-Manier liquidiert und dann ein ganzes Planet mit Milliarden Wesen weggeblasen, dass die Atombomben gegen Hiroshima und Nagasaki nichts dagegen sind.

Naja, ich bin sicher es gibt Leute, die sagen man müsse einfach mehr positiv denken, dann wäre das alles ja nicht so schlimm.  >;D
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Offline Isegrim

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #34 am: 24.07.2022 | 10:59 »
Star Wars ist mE kein negatives Setting, sondern der klassische Kampf gut vs böse. Wäre es ein negatives Setting, wären die Rebellen im Endeffekt genauso brutal & verkommen wie das Imperium; sind sie aber nicht. Und (Spoiler) die gewinnen sogar... ;)

« Letzte Änderung: 24.07.2022 | 11:05 von Isegrim »
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Offline Boba Fett

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #35 am: 24.07.2022 | 11:00 »
Moin!

Ich frage mich echt, woher dieser Hang zu den "negativen" Settings kommt. Sind düster Settings wirklich beliebter in der Spielerschaft?

Dystere Settings (dark irgendwas, geht ja auch in allen Genres) haben (immer) ihre Anhänger.
Und ich hab ein bisschen den Eindruck, dass es auch "Mode-Wellen" gibt, wo diese Settings mehr Zulauf finden und die dann auch wieder abflauen.
Aber das gibt es wohl auch in anderen Pop-Medien, Comics, Movies, TV-Serien und Romanen. Und da die ja alle verbandelt sind pushen sich solche Wellen eben manchmal auch zu Hypes.

Inwiefern die dysteren Edgelords, die in purer Darkness schwelgen, dann wirklich plausibel sind, würde ich gar nicht bewerten wollen, denn ich bewerte ja auch nicht den Paladin Max Mustermann in seiner shiny sparkling Rüstung. Und ob die fünsteren Mordbuben on the Block wirklich mehr verbrannte Asche hinterlassen, als die üblichen Murder-Hobos würde mich auch (nicht) interessieren.

Es ist halt Eskapismus. Und manchmal möchte man eskapistisch auf die Kacke hauen, dass es nur so spritzt. Wer's mag...


Star Wars: kömmt drauf an. Der übliche Rebellions-Widerstandskampf "Wir stürzen den Tyrannen und stellen die gute alte Republik (die eigentlich total verkommen war)!" ist wohl eher "Brave Hero" Krams.
Auch da könnte man mal gucken, inwiefern der Zweck die Mittel heiligt (Rogue One macht das ja vor). Aber das ist ja nicht die einzige Bühne mit Lichtschwert-Lightshow dran.
Edge of the Empire (Ennio Morricone Spaghetti Western Musik - Start!) könnte man dyster präsentieren, Clone Wars auch, Ritter der alten Republik bestimmt auch.
« Letzte Änderung: 24.07.2022 | 11:09 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Eadee

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #36 am: 24.07.2022 | 11:04 »
Das ist mir auch schon aufgefallen und es hängt mir zum Hals raus. Selbst das eigentlich positiv aufgebaute DSA hat ja mit der G7 gut ein viertel seiner Spielwelt weggebombt und durch postapokalyptische S****** ersetzt, nur weil Horror- und Postapokalyptische Spiele Trendy wurden.

Ich muss zugeben ich spiele auch gerne mal WoD, Shadowrun oder Cthulluh wenn ich es düster mag. Aber ich will eben auch Spiele und Settings die einen Kontrast dazu bieten, in denen die Spielwelt erstmal grundlegend positiv oder wenigstens neutral dargestellt wird.

Einen seltsamen Kontrast bildet die Faszination für negative Settings übrigens auch zum Siegeszug der Gummipunkte, die neuerdings überall rein müssen, damit es bloß nicht zu gefährlich wird und man sich am Spieltisch Erfolge kaufen kann. Die wirklich harten Regeln, die zu "düster und dreckig" passen würden, laufen unter Old School Revival und werden mehrheitlich von einigen alten Säcken jenseits der 45 gespielt, sind der Mehrheit aber schon lange nicht mehr zuzumuten, weil man sich doch eigentlich lieber garantierte Erfolgserlebnisse verabreichen lassen möchte.

Faszinierende Beobachtung, ja, die ganzen düsteren Settings hatten auch früher schon solche Mechanismen (karmapool bei Shadowrun, Willpower bei WoD).

Ich kann mir gut vorstellen dass ein System das in beiden Kategorien (Spielwelt und Regeln) gleichermaßen fies ist, wenig Spaß macht und auch ein System das in beiden gleichermaßen überfreundlich ist, schnell seinen Reiz mangels Herausforderung verliert.

Ich mag es wenn die Regeln fies sind, die Spielwelt aber eher freundlich ist. Dann versucht man Konflikte eben eher nicht durch Kämpfe zu lösen, weil die NSCs meist rational oder gut sind und ein Kampf ECHT gefährlich ist.

Ich mag aber auch Rollenspiele in denen alles und jeder böse ist, die Regeln aber erlauben mit Gummipunkten oder ähnlichem da nochmal rauszukommen. Da riskiert man gerne mal zu kämpfen (es trifft ja eh keinen Falschen) und hat trotzdem brauchbare Chancen zu überleben.

Offline Isegrim

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #37 am: 24.07.2022 | 11:06 »
Wie oben gesagt, zeichnet ein negatives Setting sich für mich dadurch aus, dass Idealismus sinnlos ist, vom Setting selbst bestraft wird. In einem negativen Setting ist die einzige sinnvolle Verhaltensweise, selber ähnlich skrupellos und opportunistisch zu sein wie alle anderen auch. Cyberpunk ist da für mich ein Beispiel, oder Warhammer. Auch in eigentlich nicht rein negativen Settings kann es Orte geben, die so funktionieren (in Star Wars bspw Mos Eisley), aber das sind begrenzte Gebiete, nicht das ganze Universum.
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Offline Runenstahl

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #38 am: 24.07.2022 | 11:07 »
Wow. Die Zieheltern des Helden werden in reinster Nazi-Manier liquidiert und dann ein ganzes Planet mit Milliarden Wesen weggeblasen, dass die Atombomben gegen Hiroshima und Nagasaki nichts dagegen sind.
Naja, ich bin sicher es gibt Leute, die sagen man müsse einfach mehr positiv denken, dann wäre das alles ja nicht so schlimm.  >;D

Star Wars ist mE kein negatives Setting, sondern der klassische Kampf gut vs böse. Wäre es ein negatives Setting, wären die Rebellen im Endeffekt genauso brutal & verkommen wie das Imperium; sind sie aber nicht. Und (Spoiler) die gewinnen sogar... ;)

Danke das ihr meinen Post derart bildhaft untermauert. Genau wie ich sage: Geschmackssache.  ;D
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Offline Aedin Madasohn

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #39 am: 24.07.2022 | 11:14 »
"alles ist kaputt (gegangen)" sein? - Also, im Sinne von, will die Spielerschaft das wirklich so?

Streckenweise ist in einem SF Setting das ja der Notnagel für Designer/Autor und nachher auch Spiellleitung, dass

es zwar Supertechnologie gibt: Energiebedarf der Hyperraumreise ist gedeckt, Superrechenpower für die Sprungberechnung liegt vor

genau diese Power aber nachher nicht "frei" verfügbar ist, um alle "Probleme" zu lösen.
hey, wir lassen den Hyperrraum-Energieabzapfer unseres Raumschiffes einfach den ganzen Planeten mit sauberer Energie versorgen und unsere SuperBord-KI im Zentralrechner einfach immer die besten und gerechtesten Lösungen errechnen und schon sind WIR "Helden/Explorer"Beschützer/Space-Ärchaologen" überflüssig
danke für eure Zeit in der Sitzung 1 und jetzt bestellen wir Pizza, auf Netflix läuft garantiert noch was...

Raumschiffe gibt es, sie bauen auf Technologien auf, die nicht jeder Planet mehr reproduzieren kann, die auch mal Fehlspringen (und es gibt keine gute Obrigkeit, die dann Spacenotrettungsteams losschickt. Ersatzteile kann man auch nicht so einfach online ordern und sich schicken lassen undundund)
und wo die Runde auch mal über halb vergessene/aufgegebene Sackgassenwelten stolpern darf, auf denen mehr oder weniger skurille Gesellschaftsmodelle exestieren (man denke an SF Fernseh-Serien), die in einem voll vernetzten Universum ihre liebe Not hätten mit "Öffentlichkeit" 

Waffen dürfen auch nicht zu mächtig werden  ;)
ansonsten killen ja SuperKI-wendig bis zum Abwinken, Reichweite per Hyperraum unendlich, Sprengkraft unbegrenzt KamikazeDrohnen jeden Piraten/Despoten/böse Aliens/heranrasenden Meteroiten auf dem ersten Meter
Battledroid Armeen/Polizei/Justiz unter Leitung einer unsäglich guten "gerechten" unkorrumpierbar programmierten KI regeln alles zur vollsten Utopie

also, zu viel Technologie bringt einen Kipppunkt. Übermächtig gut lässt sich wenig spielen. Wird übermächtige Technologie zum Gegner, sind wir wieder in der Cyperpunk Dystopie. Also der "Mittelweg" mit "broken" Technologielevel, wo plötzlich der Mensch/Spezies mit eignem Kompass wieder wichtig wird.

gute/helfende Chars lassen sich ja dort gut aussoielen, wo sie den Kontrast in einem garuen Setting herausarbeiten können (wenn die Tischrunde es überhaupt will)
Spacegemetzel wie 40K kann Tabletop eh besser



Offline nobody@home

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #40 am: 24.07.2022 | 11:14 »
Dazu muss es das aber erstmal geben. Wenn die SCs selbst die Erben der Hochkultur sind, oder es weder Ureinwohner noch lebende Nachfahren gibt, entfällt das ganze Gedöhns.

Ist ja irgendwie lustig, dass du (und wohl auch eine große Menge anderer) bei "untergegangene Hochkultur" zuerst an Südamerika und Ägypten denkst, anstatt an Römisches Reich, Griechenland und Persien.

Sagen wir's mal so: das Römische Reich (ob das nun wirklich so "hoch" war oder nicht, sei dahingestellt, in Sachen militärische Vorherrschaft war es jedenfalls im Mittelmeerraum und drum herum für eine ganze Weile tatsächlich dominierend) ist natürlich das Vorbild schlechthin für die verklärte untergegangene Zivilisation in so ziemlich jedem Fantasysetting. Gerade aus der Sentimentalität der Hinterbliebenen erklären sich ja so manche gängige Klischees direkt. Aber da gab's halt auch schnell keine weitab vom Weg liegenden Ruinen mit irgendwelchen lange verlorenen Gegenständen mehr, weil die Geschichte im ehemaligen Reichsgebiet munter weitergelaufen ist -- um das Gegenstück vom "Abenteurer im Dungeon" und "Sense of Wonder durch Exotik zum Bestaunen" zu kriegen, mußt du schon in Gegenden vorstoßen, wo von deiner Protagonistenkultur seit mindestens ein paar Jahrzehnten keiner mehr (oder einfach von vornherein noch so gut wie nie jemand) war.

Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #41 am: 24.07.2022 | 11:14 »
Mir fällt da immer"Riddick" (Vin Diesel) ein.
"Riddick 3"- "Überleben ist seine Rache."
 ~;D

Ich habe den Film nie gesehen.
(In einen der Teile habe ich Mal kurz reingeschaut, und beschlossen, dass ich nichts verpasse)

" Walking Dead" hat ja auch seine Fans, die sich an Szenarien erfreuen, wo es ums blanke Überleben geht.
Da wird der Mensch dann zum Tier.
Und gezwungenermaßen zur Metzelmaschine. Weil er keine andere Wahl hat.


Das spielt quasi mit dem Ur- Überlebenstrieb. Adrenalin pur.
Vielleicht erhoffen sich manche dadurch auch ein intensiveres Spielerlebnis inklusive aggressiver Gegner und weniger SL- Gnade.
(Als üblich)



Offline Weltengeist

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #42 am: 24.07.2022 | 11:23 »
Dystere Settings (dark irgendwas, geht ja auch in allen Genres) haben ihre Anhänger.

Das ist ja nicht der Punkt. Natürlich haben sie das, und natürlich ist das legitim.

Das Seltsame ist, dass in letzter Zeit sehr viele Settings, die neu rauskommen, auf dieser Schiene reiten. Übrigens nicht nur im Rollenspiel, sondern auch bei Romanen, Graphic Novels, Filmen/Serien und Computerspielen. So als ob die Mehrzahl der Menschen, die sich mit Medien beschäftigen, nur noch darauf stehen würden. Und das deckt sich halt nicht mit meiner Beobachtung am Spieltisch, wo die meisten sich schon von der Illusion von Gefahr fast bis zur Handlungsunfähigkeit einschüchtern lassen.

Ich sehe diese Tendenz mit einer gewissen Sorge, weil sie auch etwas über die Weltsicht der Menschen aussagt. Die Message in den Medien ist häufig: Die Welt ist total scheiße, und du kannst entweder gar nichts daran ändern oder nur dann, wenn du zur Drecksau wirst oder zufällig ein Superheld bist. Das ist - wenn es zur Regel wird - kein gutes Narrativ, auch und gerade mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen.
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Offline YY

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #43 am: 24.07.2022 | 11:33 »
Das Seltsame ist, dass in letzter Zeit sehr viele Settings, die neu rauskommen, auf dieser Schiene reiten. Übrigens nicht nur im Rollenspiel, sondern auch bei Romanen, Graphic Novels, Filmen/Serien und Computerspielen. So als ob die Mehrzahl der Menschen, die sich mit Medien beschäftigen, nur noch darauf stehen würden.

Auch wenn es hier endgültig zur allgemeinen Medienkritik wird (immerhin gilt es auch für Rollenspielsettings):

Da wird gerne mal Dysternis mit Tiefgang verwechselt und dementsprechend ist das für viele eher nicht so talentierte Autoren eine willkommene Abkürzung.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Aedin Madasohn

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #44 am: 24.07.2022 | 11:40 »
...das Römische Reich ...weil die Geschichte im ehemaligen Reichsgebiet munter weitergelaufen ist... "Abenteurer im Dungeon" und "Sense of Wonder durch Exotik zum Bestaunen" zu kriegen, mußt du schon in Gegenden vorstoßen, wo von deiner Protagonistenkultur seit mindestens ein paar Jahrzehnten keiner mehr (oder einfach von vornherein noch so gut wie nie jemand) war.

Kaiser Tiberius hat sein verrufenes Lustschloss ("Fischchen") auf einer Insel hinterlassen, wo die Sonne im Meer versinkt.
Trutzig, abweisend, so (ver)baut, dass der alte, menschenscheue Kaiser seine Ruhe hatte...
...so hoch auf den Felsen gebaut, dass inzwischen so einiges abgestürzt/eingestürzt ist...
...schaurige Geschichten bei der örtlichen Bevölkerung, die die Villa meiden...
aus gutem Grund vielleicht...?

diverse in unwirtlicher Landschaft (nubische Wüste, Puntland, Orphim) nur mit der Logistik eines Imperiums versorgbare Goldminen
harren mit ihrer letzten nicht abgeholten Goldausbeute den Schatzsuchenden...
...abgelegen in der syrische Wüste - arabische Limes Kastelle, zugemauert im Hadrianswall, verlassen in der caledonischen Einöde der Antoniuswall...
bergen noch "römisch/byzantinische wunderliche Vergeltungswaffen", inzwischen verbotene Schriften von damals populären christlichen Sekten, Heidenkulten und vor inquisitorischen Bücherverbrennungen gerettete medizinische Werke der Antike (bei fantasy-Einschlag: Grimoire zur Beschwörung von Krankheiten unter den erwarteten Barbaren Belagerern, die jetzt aber...)

innerhalb der riesigen Stadtmauer des antiken Roms liegen aufgegebene Stadtviertel - größer als der Teil der heute dicht bewohnten...
...es wird gemunkelt, dass der Baccus-Kult dort noch immer Menschen bei Orgien zerreißt...
...exotische, menschenfressende Bestien aus Tierhaztenzeiten hier auf die vereinzelten Streuner jagt machen...
...der heilige Stein der magnesischen Magna Mater eines Finders hart...
 ..unten die Krypta toter (??? >;D) Heidenkaiser, oben die angstschlotternden Lebenden, die sich hier verschanzten, doch werden enge Zugänge und tonnenschwere Tore (die nur dank nicht mehr verstandener griechischer "Mechanik" bewegbar waren) nicht gar zu einer Mausefalle für einen selbst, wenn...

...möge das Abenteuer mit euch sein  ;D  ~;D
« Letzte Änderung: 24.07.2022 | 11:43 von Aedin Madasohn »

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #45 am: 24.07.2022 | 11:40 »
Auch wenn es hier endgültig zur allgemeinen Medienkritik wird (immerhin gilt es auch für Rollenspielsettings):

Da wird gerne mal Dysternis mit Tiefgang verwechselt und dementsprechend ist das für viele eher nicht so talentierte Autoren eine willkommene Abkürzung.

Mit anderen Worten, letztendlich erleben wir hier auch nur mal wieder Sturgeons Gesetz in Aktion. Ich denke, dem würde ich zustimmen. :)

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #46 am: 24.07.2022 | 11:59 »
Das Thema "untergegangene Hochzivilisation" ist halt auch sehr tief in der Geschichte verankert. Das geht ja mindestens mit dem Zusammmenbruch der Bronzezeit von vor 3000 Jahren los. Xenophon beschreibt in der Anabasis, wie die Griechen an den Ruinen uralter, verlassener Städte vorbeiziehen, und wer die Pyramiden erbaut hat wusste damals auch keiner mehr. Der "Untergang" des römischen Reiches im Westen war dann nochmal ein Einschnitt, der vor allem ab der Renaissance betont wurde.

D.h. in Europa, im Mittelmeerraum und im Nahen Osten hast du "seit Menschengedenken" den Zustand, dass es immer eine untergegangene Hochzivilisation vorher gab.

Offline tartex

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #47 am: 24.07.2022 | 12:07 »
Star Wars ist mE kein negatives Setting, sondern der klassische Kampf gut vs böse. Wäre es ein negatives Setting, wären die Rebellen im Endeffekt genauso brutal & verkommen wie das Imperium; sind sie aber nicht. Und (Spoiler) die gewinnen sogar... ;)

Du sagst also: düstere Settings sind nur solche, wo man nicht gewinnen kann?  :think:

Du Frage ist halt, wo man die Kamera draufhält.

Ich will jetzt natürlich nicht wieder die Diskussion "Wieviele Zivilisten auf dem Todesstern draufgegangen sind." aufmachen.

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Vielleicht einigen wir uns einfach auf "Ich will ein Wohlfühl-Setting mit klarer Schwarz-Weiß-Moralität, wo ich mir keine Sorgen machen muss Unschönes hinter dem Vorhang zu finden."
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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #48 am: 24.07.2022 | 12:16 »
Ich leite gerade noch Godbound. Das ist vom Setting her eine kaputte, ungerechte Welt, aber die SCs sind mächtig genug, das zu ändern. Das kommt aber bei einem Teil der Spielerschaft sehr schlecht an: "Das ist mir zu viel Verantwortung."

Offline Isegrim

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #49 am: 24.07.2022 | 12:27 »
Du sagst also: düstere Settings sind nur solche, wo man nicht gewinnen kann?  :think:

Nein, ich sage, ein düsteres Setting ist eines, in dem man (nur) gewinnen kann, wenn man selbst nach den Regeln des Settings spielt, und sich eben "düster" verhält. Ja, die Rebellen bei Star Wars haben den Todesstern gesprengt, weil er eine Massenvernichtungswaffe war und Krieg herrschte. Hätten sie Coruscant in die Luft gejagt, um den Imperator zu killen, wär das "düster"; es wär mE aber auch nicht mehr Star Wars...

Du Frage ist halt, wo man die Kamera draufhält.

Jain. Man kann (in Film, Literatur, Rollenspiel) nur ausgewählte Orte zeigen, die "düster" sind, und ignorieren, dass nebenan das ideale Utopia herrscht. Ich hatte allerdings den Eindruck, es geht Doc Byte um Settings, in denen die ganze Welt, das ganze Universum so ist. In einem Cyberpunk-Setting wird es vermutlich kein Land mit einem funktionierenden, klassenlosen Kommunismus geben, da das die Grundlage des Settings, die Allmacht der Konzerne, konterkarieren würde.

Vielleicht einigen wir uns einfach auf "Ich will ein Wohlfühl-Setting mit klarer Schwarz-Weiß-Moralität, wo ich mir keine Sorgen machen muss Unschönes hinter dem Vorhang zu finden."

???

Das verstehe ich nicht. Schwarz-weiß sagt doch grade, dass es beides gibt, schönes und unschönes, und man sich nicht sicher sein kann, was man hinter einem Vorhang findet. In den Düster-gritty-dark-Settings hingegen ist klar, hinter dem Vorhang ist es genau so grau-in-grau wie davor.

« Letzte Änderung: 24.07.2022 | 12:35 von Isegrim »
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides