Autor Thema: Ressourcen & Inventory: Immersion?  (Gelesen 1716 mal)

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Online kelko

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Ressourcen & Inventory: Immersion?
« am: 30.07.2022 | 12:04 »
Mich würde mal interessieren wie ihr ein Punkt selbst erlebt und bewertet. Es geht nämlich um die Fähigkeit "Ressourcen".

Disclaimer: Natürlich nur anwendbar auf Settings wo es Geld analog zu unserem gibt.


Das ist ja AFAIK die Fähigkeit auf die gewürfelt wird, wenn es darum geht ob man etwas wichtiges mit hat bzw. wenn man etwas kaufen will.
Anstelle einer zusätzlichen Spielmechanik-Ressource die man als Spieler und GM tracken muss (und möglicherweise sogar noch Inventory mit Platz-Constraints), wird es so behandelt wie alle anderen Proben auch.
Kann ich theoretisch absolut nachvollziehen. Aber schon früh als ich paar Fate-Runen geleitet habe und umso mehr als ich letzten paar DnD-Runden selbst mal mitgespielt habe kommen mir Zweifel in der Praxis.

- Als GM war mir unklar wann ich die wirklich Würfeln lassen soll. Sie kaufen ein Bier im Pub. Bei DnD bezahlen sie dafür, haben dadurch weniger. In Fate darauf würfeln lassen und dann würfeln sie -4 und können sich nicht mal ein Bier leisten, beim nächsten Würfel-Wurf aber theoretisch das halbe Dorf (+4)?
- Die Spieler hatten durchaus selbst den Gedanken "Hey, wir gehen da und dort hin. Lasst uns vorher noch X, Y, Z mitnehmen". Sehr gut aus RP-Sicht. Dann kommen Sie an eine Situation in der sie das brauchen. Aber wie setze ich das Game-mechanisch um? Führe sozusagen ein Pseudo-Inv und merke mir was sie gekauft haben und sobald sie in jene Situation kommen haben sie diese Probe automatisch geschafft? Oder lass ich die über "Vorteil erschaffen" ein Aspekt "Seil" erzeugen. Dann können sie aber nur +2 oder neu Würfeln. Aber sie haben das Seil ja. Warum sollten sie dafür würfeln?
- Als PC im RP sagen zu können "Hey, bezahl für mich mit" und dem andern PC ein Silberstück in die Hand zu drücken fühlt sich einfach ... "echter" an (nicht zuletzt weil der andere PC dann das Geld vielleicht für anderes aufwendet und meinen PC anschwärzt?!)
- Ich kann theoretisch mehr Sachen kaufen wenn ich jedes mal neu Würfle - da ja jeder Würfelergebnis vollständig unabhängig von allem was vorher war ist. Während wirklich Geld eine endliche Ressource ist und irgendwann ich einfach nichts mehr habe.

Ich weiß nicht, für mich steht an der Stelle die Gamemechanik der Immersion im Weg. Jeder von uns weiß was es heißt mit Geld umzugehen, es ist jedem anerzogen und dadurch natürlich genug. Dann aber vom gelernten abweichen zu müssen und zu würfeln?

Ein Gedanke der mir kam war folgendes:
- Geld ähnlich DnD einführen (mit Kupfer, Silber, Gold). Je nach Ressourcen-Level kriegt man "Handgeld" am Anfang jeder Session (ähnlich Erfrischungsrate und Fase-Punkten). Für Ressourcen 0 gibt es 5 Kupfer, für 1 gibt es 2 Silber, für 2 gibt es 1 Gold, für 3 gibt es 5 Gold. Alles drüber bleibt bei 5 Gold
- Wenn Spieler was "reisetaugliches" kaufen dürfen die es sich in nem Inventory notieren und es gilt als automatisch erfolgreicher Probenwurf wenn jener Gegenstand zum Einsatz kommt
- Hat man den Gegenstand vorher nicht erworben wird auf Ressourcen gewürfelt (sozusagen: Ich hab es nicht explizit vorher eingekauft, aber glücklicherweise noch rumliegen gehabt unbewusst dennoch eingepackt.)
- Alles was über "mit Handgeld bezahlbar" hinaus geht (Ich kaufe ein Haus) wird wie üblich auf Ressourcen gewürfelt, mit einem Widerstand von mind. 3

Wenn man so will gilt also alles ab Ressourcen 3 als Reich und kann sich halt auch mal mehr leisten. Und dort macht die Varianz wieder irgendwo Sinn (gutes Jahr <-> schlechter Ertrag, ...). 0 gilt als "Kommt gradeso über die Runden" und 1 - 2 als "Joa, geht. Aber Sprünge mach ich keine".
Man hat aber normal Geld (und vielleicht als Spieler um die Immersion noch weiter zu stärken sogar tatsächlich Münzen die man durch die Gegend reicht), welches endlich ist und man nach uns bekannten Regeln verwendet.


So mal meine groben Gedanken die mir letztens dazu kam in die Runde geworfen: Wie geht es euch mit dem Thema?

Offline Haukrinn

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Re: Ressourcen & Inventory: Immersion?
« Antwort #1 am: 30.07.2022 | 12:15 »
Einfach nur die Ressourcenfähigkeit zu haben finde ich ebenfalls ziemlich mittelmäßig. Es gibt ja diverse Varianten, die das Ganze aufwerten, z.B.

* Etwas nicht erfolgreich erworben zu haben verursacht Stress
* Etwas unbedingt haben zu wollen resultiert in einer Konsequenz
* Reichtum. gefundene Schätze usw. sind Aspekte, die man man auf Ressourcenwürfe anwenden kann. Oder man kann sie nutzen um Ressourcenstress zu heilen.

Hinzu kommt, genauso wie Kleinscheiß auf dem Charakterbogen keine Rolle spielt sollte er auch beim Kaufen (oder besitzen) von Gegenständen keine Rolle spielen. Das gilt umso mehr, wenn die ganze Sache keine Bedeutung für das Abenteuer oder die Geschichte hat. Natürlich würfelt man dann für das Bier in der Taverne nicht, und auch nicht für die Hartwurst, die man auf dem Markt ersteht. Auch nicht für nen ollen Dolch. Spannend wird es erst dort, wo man Gegenstände "braucht", um überhaupt etwas tun zu können (Felswand hochklettern und kein Seil dabei? Tja...) oder wenn es besondere Gegenstände geht (die Aspekte oder Stunts haben) - nur dann würde ich würfeln lassen. Und zwar sehr gerne auch rückblickend, weil einem das die immens lahmen Planungsphasen im Spiel verkürzt und der Tatsache Rechnung trägt, dass die Charaktere wissen was sie tun, auch wenn der zugehörige Spieler mal nicht auf Draht war und vergessen hat Magerquark einzukaufen.
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Online nobody@home

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Re: Ressourcen & Inventory: Immersion?
« Antwort #2 am: 30.07.2022 | 12:31 »
Persönlich halte ich Ressourcen nicht unbedingt für eine furchtbar kritische Fertigkeit, die man überhaupt in jede Kampagne mitschleppen muß -- wenn's mir mehr ums Abenteuer an sich geht und weniger um die Einkaufstouren davor und zwischendurch, dann geht's allemal auch ohne (und wenn ich meinen Charakter dann unbedingt als ungewöhnlich reich oder arm für Gruppen- oder Spielweltverhältnisse deklarieren will, kann ich das immer noch in einen Aspekt einarbeiten, der sich dann wie gehabt verwenden läßt). Zuerst gesehen habe ich die Fertigkeit überhaupt erst in Spirit of the Century, wo's halt um Pulp-Helden ging, die traditionell aus unterschiedlichsten Verhältnissen stammen können, und seitdem scheint Fate sie teilweise mehr aus Massenträgheit mitzuschleppen.

Ansonsten würde ich Ressourcen, wenn schon, dann persönlich weniger als Maß für den direkten "Geldbeutelstand" oder auch nur das "monatliche Einkommen" und mehr als Organisationstalent verwenden -- wer einen hohen Wert darin hat, mag nebenbei auch reich sein, aber hauptsächlich weiß er halt, wie und wo er schnell und effektiv an die Dinge herankommt, die er haben möchte, wenn er sie braucht. (Siehe z.B. den Typ Charakter, der nie weiß, wie er seine Miete bezahlen soll, dem's aber komischerweise an notfalls improvisierten Zauberutensilien oder Netzflüssigkeit und Ersatzkostümen nie mangelt...) Und kleinteilige Inventarverwaltung ist ohnehin etwas, was sich Fate von der Philosophie her weniger antun will; wenn's keinen guten Grund gibt, warum es anders sein sollte(*), haben die Charaktere halt einfach dabei, was sie so brauchen, um ihre Fertigkeiten normal einzusetzen.

(*) "Mit ausgeräumten Taschen im Gefängnis" wäre natürlich einer, aber da helfen dann auch Ressourcen weniger, es sei denn vielleicht bei Bestechungsversuchen bei den Wärtern so nach dem Motto "Du weißt, ich bin nicht ganz arm..."

Nachtrag: Und natürlich muß Ressourcen als Fertigkeit, wenn ich sie denn verwenden will, auch etwas sein, wovon den Spielern sofort einleuchtet, daß sie ihnen dann in der Praxis auch etwas bringt. Habe ich Ressourcen in meiner Kampagnenfertigkeitsliste, aber in der ganzen Gruppe hat bloß einer alibihalber einen Ressourcenwert von Durchschnittlich (+1) und alle anderen haben die Fertigkeit ganz außen vorgelassen, weil ihnen andere Sachen "ganz offensichtlich" wichtiger vorkamen, dann klafft da wahrscheinlich eine gewisse Lücke zwischen den jeweiligen Erwartungen.
« Letzte Änderung: 30.07.2022 | 12:47 von nobody@home »

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Ressourcen & Inventory: Immersion?
« Antwort #3 am: 30.07.2022 | 13:59 »
Oder mein Charkonzept sieht keine Ressourcen  ggf sieht es sogar weniger vor.

Aber würde ich das bei einem Bier tun?
Nur in Ausnahmefällen
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline Rise

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Re: Ressourcen & Inventory: Immersion?
« Antwort #4 am: 1.08.2022 | 11:04 »
Grundsätzlich finde ich das spielen mit Geld ziemlich stressig. Man kann auch sagen, nach vielen Jahren Shadowrun, D&D und anderen Systemen hatte ich es einfach über.
Aber FATE regelt das sehr radikal und wenn man direkt aus D&D kommt und das Geld zählen noch nicht über hat ist es natürlich schwierig um zu steigen.
Ich hatte den sanften Ausstieg durch 7te See. Da gab es zwar noch Geld, aber schon dort wurden kleinteilige Dinge wie ein Bier eigentlich nicht mehr gezählt. Und vor allem konnte man sich mit Geld nichts "verbessern". Das hat dann dazu geführt, dass der "Wert" und eamit auch der "Focus"  für den Spieler einfach gar nicht mehr im Geld lag.

Geld als Ressource zu handhaben ist keine schlechte Idee. Aber ich kann auch verstehen das es nicht immer passt und finde deshalb die zahlreichen Spielarten die FATE "Nebenwerke" wie Malmsturm, Shadowcore etc. anbieten ziemlich wichtig um sich eine eigene Idee und innere Flexibilität für eigene, an die Kampagne angepasste,  Lösungen zurecht zu legen.

Beispiele dazu sind ja schon genannt worden.

Offline YY

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Re: Ressourcen & Inventory: Immersion?
« Antwort #5 am: 1.08.2022 | 11:18 »
Je nachdem, wie das Settings ist, kann es auch heißen: Der SC hat kein Geld (EC-Karte etc) dabei, und kann in dieser Situation nicht mals der Bier bezahlen. Oder es ist Monatsende, und das Konto ist tatsächlich bis zur Dispo-Grenze belastet.

Das stößt aber trotzdem recht flott an die Grenze.
Eine so abstrakte Handhabung funktioniert noch am besten, wenn man sehr selten und damit auch wahrscheinlich mit großen Abständen würfelt.

Sobald es kleinteilig wird, sind die Verwerfungen schnell größer als der Verwaltungsaufwand für ein konkretes Nachhalten.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline RackNar

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Re: Ressourcen & Inventory: Immersion?
« Antwort #6 am: 1.08.2022 | 11:20 »
Ist zwar nicht Fate, aber das Vorgehen in https://www.drivethrurpg.com/product/241672/Neon--Chrom-Deutsch---German empfand ich als sehr brauchbar.
„Ich gebe zu, dass ich mich irren kann, dass Du recht haben kannst und dass wir zusammen vielleicht der Wahrheit auf die Spurkommen werden.“ - Frei nach Popper

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Re: Ressourcen & Inventory: Immersion?
« Antwort #7 am: 1.08.2022 | 11:46 »
Ein fehlgeschlagener Ressourcenwurf kann natürlich auch schlicht und ergreifend heißen: Geld hast du eigentlich genug, aber das Bier ist gerade alle (die Umstände sind schuld!). Da nutzt dann eben auch der tollste Kontostand nichts, bis sich das wieder ändert. ;)

Wobei es ja in Angebot-gegen-Nachfrage-Situation gerade bei Dingen, die einen Wurf überhaupt erst wert sind (ein einzelnes Glas Bier halt eher nicht, aber über eine Runde vom Besten für den ganzen Saal, um sich beliebt zu machen, können wir reden...), tatsächlich zumindest mal hier und da ganz allgemein plausibel vorkommen kann, daß das Angebot gerade nicht ausreicht -- und solange der Replikator noch nicht erfunden ist, wird sich daran auch nicht viel ändern. Das müßte eigentlich jeder Supermarkt oder sonstige Laden einigermaßen bestätigen können.

Und natürlich gibt's ggf. auch noch die Erfolg-mit-Haken-Option. "Okay, du kannst dich mit dem NSC einigen, aber neben Geld alleine schuldest du ihm jetzt noch einen Extragefallen/er will dir sein XYZ nicht auf Dauer verkaufen, ist aber bereit, es dir unter Auflagen zu leihen/er hat es gerade jetzt nicht zur Hand, aber wenn du ein paar Tage warten kannst"...alles allemal kreativer und potentiell interessanter als ein schlichtes "Tja, klappt nicht und nix passiert".
« Letzte Änderung: 1.08.2022 | 12:33 von nobody@home »

Offline KhornedBeef

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Re: Ressourcen & Inventory: Immersion?
« Antwort #8 am: 1.08.2022 | 17:00 »
Ich verstehe das Problem. Dafür ist Fate eben nicht gedacht, bzw. erfordert Zusatzarbeit, um Ressourcenmanagement als Spielanteil zu integrieren.
Zunächst mal: Nein, wenn ich einen Aspekt habe, der besagt, dass ich etwas dabei habe, habe ich das immer. Ob mir das bei einer normalen Handlung einen Vorteil bringt, hängt dann von Einsätzen und Fatepunkten ab, aber als narrative Legitimation sollte es genauso stark sein wie andere Aspekte, die dir erlauben, eine Lichtschwert professionell zu führen, Dämonen zu beschwören, oder eine Parlamentssitzung aufzulösen.
Und nein, Fate löst Regelwürfe nicht so aus, dass ich einfach 100 x "Öffne Tür" klicken kann und dann geht sie auch mit Skill 1 eben auf. Bzw. andere Rollenspiele machen das auch nicht. Es muss wichtig genug sein, um überhaupt zu würfeln. Und andersherum: Wenn eine Fertigkeit zwölfmal pro Szene und fünfzigmal pro Sessioneingesetzt wird, unterläuft das jede Design-Regel, die ich für Fate kenne. Dann hat man schon etwas falsch gemacht.
Shadowcore ist ein guter Hinweis, das hat sein ganz schlanke Version von Ressourcen. Eigenlich nur eine Skala von "my cup runneth over" bis "FML" und dann kommen Konsequenzen, oder so. Das könnte man als Geld-System nutzen, und die Ressourcen-Fähigkeit tatsächlich für etwas anderes als einfaches Bezahlen nach Katalogpreis nutzen, oder um Kredite zu bekommen.
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"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

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