Aber man kann den Gedanken natürlich weiterdenken und fragen, warum man dann im Spiel überhaupt würfelt? Könnte ja sein, dass (egal wie unwahrscheinlich es ist) den Spielern einfach alles gelingt - oder gar nichts. Ist das dann auch ein Grund, das Würfeln gleich ganz abzuschaffen, weil "das System" dann nicht mehr funktioniert?
Na ja, es gibt ja auch regelmäßig genügend Kritik, wenn einem die Würfel das Abenteuer so richtig "sabotieren" -- und zwar gerne mal unabhängig davon, ob nun im Guten oder im Schlechten.
Insofern ist die Frage,
wann und wozu man eigentlich würfelt, grundsätzlich schon gerechtfertigt und auch nicht ganz trivial zu beantworten; das eine oder andere komplett würfellose System hat's ja im Laufe der Rollenspielgeschichte auch schon gegeben, prinzipiell scheint das also auch zu gehen, auch wenn es dem Geklapper von kleinen merkwürdig geformten Plastikstücken nach wie vor nicht den Rang abgelaufen hat.
Im Grunde machen das ja viele Spiele heutzutage tatsächlich so. Der Form halber würfeln sie zwar erstmal, aber wenn das Ergebnis nicht gefällt, hat man immer genug Gummipunkte in der Hinterhand, um dafür zu sorgen, dass es am Ende doch gefällt. Die Würfel dienen also gar nicht dazu, wirklich Unsicherheit zu erzeugen, sondern nur dazu, die Illusion zu erzeugen, es hätte sie gegeben. Interessanterweise tut D&D (als eines der wenigen großen Systeme heute) das aber nicht, d.h. es hat eigentlich sehr wohl den Mut dazu, dass Dinge im Spiel völlig anders laufen als geplant. Warum dann also diesen Mut nicht auch bei der Charaktererschaffung haben?
Mir ist bis heute kein Rollenspiel begegnet, dessen primäres Designziel darin bestanden hätte, eine billige
Mutprobe zu sein. Insofern stellt sich die Frage einfach nicht -- und ob ein System, dessen Ansatz mehr auf "klar könnt ihr hier und jetzt Erfolg haben, wieviel ist er euch denn
wert...?
" hinausläuft, nun unbedingt so viel sicherer ist als ein "Ob ihr Glück habt oder nicht, sagt euch gleich das Licht!"-Spiel, könnte man sicher auch vertiefen. Tatsache ist, was im Laufe des Charaktererschaffungsprozesses zusammenkommt, wird potentiell für eine ganze Weile das komplette
Spiel mitbestimmen und ist nachträglich in den meisten (zum Glück nicht allen) Systemen nur noch schwer bis gar nicht zu "korrigieren". Das ist also rein von der Größenordnung her nicht vergleichbar mit einer schnell mal dahergewürfelten Kletterprobe oder einem einzigen Aufwärmkampf gegen drei Goblins, nach dem man sich mal kurz beim Kleriker anstellt und dann weiter macht wie gehabt.