Mir würde hier tatsächlich die Entwicklung des Charakters an sich fehlen. Ja, man würde zwar durch Gegenstände stärker und mächtiger ... aber wenn ich über Jahre und Jahre mein Handwerk (in diesem Fall z.B. Drachen erschlagen und Jungfrauen erretten), dann würde ich irgendwie ja schon besser. Meine Fähigkeiten und Fertigkeiten würden doch nicht auf ewig den selben Standard haben, wie direkt nach meiner Ausbildung.
@The Forlorn Poet: Es gibt halt zwei Ansätze...
1. die Heldenreise - Du möchtest jemand spielen, der irgendwann zu einem Drachentöter/Damsel-in-Distress-Retter wird und ihn auf dieser Reise dahin begleiten.
2. Sword & Sorcery: Du möchtest jemand spielen, der bereits ein Drachentöter/Damsel-in-Distress-Retter ist - der auch eine Geschichte hat, die aber Vorgeschichte und nicht Bestandteil des ausgespielten Inhalts war.
Beide Ansätze sind vollkommen legitim.
Im zweiten Ansatz kann es ebenso eine Entwicklung der Spielfigur geben - nur findet die eben nicht mehr in Werten sondern in Charakterzügen oder anderen Ebenen statt.
Der Drachentöter könnte zum Beispiel herausfinden, dass Drachen niemals böse waren und er die ganze Zeit belogen wurde. Oder dass er keine Lust mehr auf seinen alten Job hat.
oder, oder ...
In meiner Rollenspieler-Vita (seit 1984) sind einfach so viele Charaktere mitten in einer "wir werden jemand" Kampagne auf der Strecke geblieben, weil die Kampagne eingeschlafen ist,
dass ich auf die Heldenreise einfach keine Lust mehr habe. Das geht soweit, dass ich auch keine fantasische Literatur mehr aushalte, die eine Heldenreise beschreibt.
Deswegen empfinde ich dieses Versprechen "Im Rollenspiel kannst Du alles sein, was Du möchtest" in dem HR-Konzept als Etikettenschwindel.
Aber dazu hatte ich im anderen Thema ja schon gewettert...
Ich glaube, die Summe an Charakteren, die ich in der Rolle "in der Position" gespielt habe, wo ich sie mir während der Charaktererschaffung vorgestellt hatte, kann man an zwei Händen abzählen.
Wir sprechen also von einer einstelligen Zahl - in 38 Jahren Rollenspiel.
Das ist für mich ehrlich gesagt viel zu viel "Mach was du willst". Ich brauche für meinen Spielspaß ein gewisses Maß an Regeln.
Es geht doch nicht um "mach was Du willst". Klar braucht ein Rollenspiel ohne Heldenreise auch Regeln für die gespielten Figuren und ihre Erschaffung. Wahrscheinlich braucht es sogar mindestens genau so viele.
Denn als aller erstes muss man mal geregelt bekommen, was man selbst möchte und was man bei den anderen okay findet.
Und das gilt für alle beteiligten, inklusive des Spielleiters. Auch der muss klar aussagen können (und damit muss es in Regeln gefasst werden),
was er für ein Spiel spielleiten möchte...
Nur mal als Beispiele:
1. Man einigt sich auf "sowas wie Harry Potter, nur im Fantasy" (Magierakademie Aventurien).
Der Spielleiter hat die Harry Potter Bände 5-7 in der Vorstellung, wo es richtig zur Sache geht.
Die Spieler schaffen sich Erstklässler-Charaktere.
2. Man einigt sich auf "sowas wie Stadtwache". Einer macht Nobby von der Scheibenwelt,
der andere einen traumatisierten Kriegsveteran und der dritte einen Hexer, der, um nicht verfolgt zu werden,
zum Schein in die Stadtwache untergetaucht ist. Der Spielleiter spielt Detektivabenteuer.
Diese Beispiele funktionieren logischerweise nicht. Die Leute haben nicht genug Infos über ihre Vorstellungen ausgetauscht und sich nicht über eine klare Regelung geeinigt, was die Leute sein sollen, was sie können sollen.
Ob das jetzt mit "wir würfeln auf die Lebenslauftabellen, bis alle 35 Jahre alt sind" oder "jeder bekommt Achtundrölfzig XP zum Ausarbeiten" ist, ist dann Sache des ausgesuchten Spielsystems.
Trotzdem funktioniert das nach klaren Regeln. Nur wird der Veteran nach dem achten Fall immer noch ein Veteran sein. Und nicht der Spitzenermittler - weil seine Entwicklung zum ausgereiften Menschen (Erwachsener) vor Beginn des Rollenspiels abgeschlossen war (vorausgesetzt, man hat sich auf den Veteranenlevel geeinigt).
Der Unterschied ist, dass es eben nicht den klassischen "von Zero to Hero" Weg die XP Rampe nach oben geht (oder Treppe, wenn es Stufen beinhalten muss).
(Theoretisch kann man sich sogar auf eine begrenzte Werteentwicklung einigen ("von Hero to Veteran" oder "von Erstklässler bis Viertklässler")...
Und man nutzt den Bereich eines Rollenspiels, der funktioniert. Und erlebt nicht, dass man irgendwann feststellt, dass der Spielleiter keinen Bock mehr hat, weil in der 17. Stufe die Vorbereitung des Abenteuers so kompliziert wird, dass es keinen Spaß mehr macht. Und man erlebt auch nicht, dass die Kampagne eingestellt wird, bevor man der Drachentöter geworden ist, der man werden wollte.