Ich möchte gerne den Begriff "touristisches Rollenspiel" prägen, da ich ihn für hilfreich und für relevant halte.
Touristisches Rollenspiel findet dann statt, wenn das Erleben und der Nahkontakt mit einer bekannten Welt ein relevantes Kriterium für die Spielqualität darstellt. Der Begriff ist wertfrei gemeint. So wie sich ein Tourist freut, durch Neuschwanstein laufen zu dürfen, so freut man sich beim touristischen Rollenspiel an der besonderen Nähe zur ausgedachten Welt. Die Tatsache, dass man in Neuschwanstein nichts anfassen darf, ist unter touristischen Gesichtspunkten erst einmal nicht von Bedeutung.
Touristisches Rollenspiel gibt es kaum in Reinform, sondern es handelt sich um einen graduellen Wert. Ich habe schon Abenteuer in Aventurien erlebt, die hatten auf der Tourismus-Skala definitiv 9/10 Punkte. Mich würde ein Star Wars Rollenspiel mit einem Wert unter 3/10 (also ohne marschierende Sturmtuppler und ohne grunzende Wookies oder so) eher stören. Ein solides Old School Abenteuer kommt mit bloßen austauschbaren Versatzstücken (böser Nekromant, gefährlicher Edelstein, Mumienprinz) aus, hat also nur 1/10, und ist vielleicht trotzdem großartig.
Touristisches Rollenspiel und Railroading kommen oft im Doppelpack, haben aber nicht zwingend etwas miteinander zu tun. Auch in Aventurien gibt es solide Sandboxes, auch ein Tourismus-befreites OSR-Dungeon kann totales Railroading sein.
Touristisches Rollenspiel kann bereichern, weil es den Spielinhalten mehr Relevanz verleiht, und es kann schaden, wenn es als erdrückend empfunden wird.
Was sagen denn die hohen Gelehrten des Tanelorns dazu? Gibts Anmerkungen, Ergänzungen oder Kritik?