Autor Thema: "Touristisches Rollenspiel"  (Gelesen 3354 mal)

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Offline Megavolt

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"Touristisches Rollenspiel"
« am: 4.11.2022 | 11:32 »
Ich möchte gerne den Begriff "touristisches Rollenspiel" prägen, da ich ihn für hilfreich und für relevant halte.

Touristisches Rollenspiel findet dann statt, wenn das Erleben und der Nahkontakt mit einer bekannten Welt ein relevantes Kriterium für die Spielqualität darstellt. Der Begriff ist wertfrei gemeint. So wie sich ein Tourist freut, durch Neuschwanstein laufen zu dürfen, so freut man sich beim touristischen Rollenspiel an der besonderen Nähe zur ausgedachten Welt. Die Tatsache, dass man in Neuschwanstein nichts anfassen darf, ist unter touristischen Gesichtspunkten erst einmal nicht von Bedeutung.

Touristisches Rollenspiel gibt es kaum in Reinform, sondern es handelt sich um einen graduellen Wert. Ich habe schon Abenteuer in Aventurien erlebt, die hatten auf der Tourismus-Skala definitiv  9/10 Punkte. Mich würde ein Star Wars Rollenspiel mit einem Wert unter 3/10 (also ohne marschierende Sturmtuppler und ohne grunzende Wookies oder so) eher stören. Ein solides Old School Abenteuer kommt mit bloßen austauschbaren Versatzstücken (böser Nekromant, gefährlicher Edelstein, Mumienprinz) aus, hat also nur 1/10, und ist vielleicht trotzdem großartig.

Touristisches Rollenspiel und Railroading kommen oft im Doppelpack, haben aber nicht zwingend etwas miteinander zu tun. Auch in Aventurien gibt es solide Sandboxes, auch ein Tourismus-befreites OSR-Dungeon kann totales Railroading sein.

Touristisches Rollenspiel kann bereichern, weil es den Spielinhalten mehr Relevanz verleiht, und es kann schaden, wenn es als erdrückend empfunden wird.

Was sagen denn die hohen Gelehrten des Tanelorns dazu? Gibts Anmerkungen, Ergänzungen oder Kritik?
« Letzte Änderung: 4.11.2022 | 11:44 von Megavolt »

Online ghoul

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #1 am: 4.11.2022 | 11:35 »
In einer GUTEN OSR-Kampagne nach DMG sind die Spieler sowieso Touristen, die sich mittels ihrer Personnagen in dem vom DM erstellten Milieu bewegen DÜRFEN.
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Online JollyOrc

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #2 am: 4.11.2022 | 11:42 »
*steigt aus dem Elfenbeinturm*

Ich finde den Begriff super. Allerdings gibt es da ggfs. noch sinnvolle Unterscheidungen zwischen "Pauschaltourismus" und "Individualurlaub", um salopp im Begriffsraum zu bleiben. Auch hier wieder nicht wertend gemeint.

"Pauschaltourismus" meint touristisches Rollenspiel als vorwiegend passiven Konsum. Die SL sorgt dafür, dass die Welt erlebt wird und kümmert sich um die Beschreibungen und Erlebbarkeit. Die Gruppe braucht nur zuzuhören und zu reagieren, formt die Welt aber nicht mit, und kann auch sogar innerweltlich als "Fremde" auftreten, um fehlendes Eigenwissen im Spiel nicht hinderlich zu machen. Es wird immer noch aktives Rollenspiel betrieben, aber nur die SL ist dafür verantwortlich, das Setting erlebbar zu halten.

"Individualurlaub" hingegen bedeutet, dass auch die Gruppe aktiv daran beteiligt ist, die Welt lebendig und erfahrbar zu machen. Man beschreibt viel mehr, wie die eigene Figur in die Welt eingebunden ist, liefert der SL NSCs die mit dem eigenen Hintergrund verknüpft sind, oder arbeitet Bereiche der Welt mit aus. Spiele wo die PCs Fakten schaffen können sind hier häufiger vertreten.

Beide Formen können durchaus auch zusammen in einer Spielgruppe auftreten, wenn zum Beispiel die Settingkenntnis unterschiedlich gut verteilt ist.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Dimmel

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #3 am: 4.11.2022 | 11:46 »
Irgendwie ist jede Art von Rollenspiel doch Eskapismus, also eine Art "Tourismus" . Halte den Begriff für zu unspezifisch.

Offline 1of3

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #4 am: 4.11.2022 | 11:47 »
Geprägt haben ihn schon andere Leute. Frag mich nicht genau wer.

Ich denke aber, von JollyOrcs zwei Varianten nenne ich nur die erste Tourismus.

Online ghoul

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #5 am: 4.11.2022 | 11:47 »
Zur Erläuterung:
Du scheinst unter OSR etwas anderes zu verstehen als ich. Wahrscheinlich denkst du an irgendwelche "5 rooms dungeons". Die sind für mich noch nicht mal Dungeons.

Im Sinne des DMG gilt:
Hierarchisch übergeordnet stehen die Prinzipien des OSR- oder AD&D-Spiels.
Danach das eigene Kampagnen-Milieu, bspw. die Neudrakburg mit ihren 5+ unterirdischen Ebenen ("5 level dungeon").
Und schließlich kommen noch irgendwelche Abenteurer-Touristen-Gruppen (im Plural!), die die Neudrakburg und erleben und mit ihr interagieren dürfen.
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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #6 am: 4.11.2022 | 11:53 »
Ich denke aber, von JollyOrcs zwei Varianten nenne ich nur die erste Tourismus.

warum halte ich auch das zweite für Tourismus? Weil das wichtige Element nicht "ich kann die Welt verändern" ist, sondern "ich sorge dafür, dass die Welt in sich stimmig und für mich und andere erlebbar ist". Die Individualtouristen sind da quasi gruppeninterne Fremdenführer. Sie fügen also nicht Fakten und Merkmale hinzu, um den Plot voranzubringen oder ihre Ziele zu erreichen, sondern um die Welt auszuschmücken und konkreter werden zu lassen.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline 1of3

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #7 am: 4.11.2022 | 12:02 »
Ja, ich denke das sind zwei Perspektiven auf die gleiche Sache. Du sprichst von Tourismus quasi als gesellschaftliches Vorkommnis. Da sind natürlich Fremdenführer beteiligt. Ich schaue da eher drauf als persönliches Erleben. Also ich bin Tourist, wenn ich mit großen Augen durch die Spielwelt wandern kann. Animateure, Fremdenführer und Hoteliers sind keine Touristen.

Natürlich kann man sich in diesen Rollen abwechseln. Also ich kann zu zwergischer Kultur ausholen, wenn ich meine Elfenprinzessin spiele, und durch diese Gesellschaft führen. Und mich an anderen Stellen zurücklehnen.

Offline Megavolt

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #8 am: 4.11.2022 | 12:07 »
Im Sinne des DMG gilt:

Ich weiß nicht, was DMG ist, sorry.

Damage?

Online ghoul

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #9 am: 4.11.2022 | 12:11 »
Dungeon Masters Guide, von E. Gary Gygax.

Edit: Siehe auch https://www.tanelorn.net/index.php/topic,120807.0.html
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Offline Issi

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #10 am: 4.11.2022 | 12:11 »
Ich hab's noch nicht, was der Begriff wirklich meinen soll.
Was bedeutet Kontakt mit der Welt?
(Naturerfahrung? Sightseeing? Kontakt mit Einheimischen? Abenteuer die kulturell eingebunden sind?) :think:

Oder anders: Was wäre denn dann das Gegenteil davon?
Rollenspiel ist doch eigentlich immer Tourismus. Selbst wenn ich mit meiner Figur durch irgendein Dungeon schleiche, ist das doch immer noch ne "Höhlentour."

Verstehe den Begriff deshalb nicht.

Offline Megavolt

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #11 am: 4.11.2022 | 12:12 »
Geprägt haben ihn schon andere Leute. Frag mich nicht genau wer.

Ach Mist!  ~;D

Aber genau dafür hat man ja das Tanelorn.  :d

Offline Colgrevance

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #12 am: 4.11.2022 | 12:13 »
Wie würdest du denn das Verhältnis von "Touristischem Rollenspiel" zum Simulationismus (DNS, GNS, wie auch immer...) sehen?

Offline Megavolt

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #13 am: 4.11.2022 | 12:15 »
Ich hab's noch nicht, was der Begriff wirklich meinen soll.
Was bedeutet Kontakt mit der Welt?
(Naturerfahrung? Sightseeing? Kontakt mit Einheimischen? Abenteuer die kulturell eingebunden sind?) :think:

Oder anders: Was wäre denn dann das Gegenteil davon?
Rollenspiel ist doch eigentlich immer Tourismus. Selbst wenn ich mit meiner Figur durch irgendein Dungeon schleiche, ist das doch immer noch ne "Höhlentour."

Verstehe den Begriff deshalb nicht.

Ich denke, "Sightseeing" triffts auf den Kopf.

Es ist ein Unterschied, ob du in einen von mir hingefrittelten namenlosen Dungeon mit Vulkanquelle hineinsteigst (kein Sightseeing), oder aber in Ingerims Schlund im Rashtulswall in Aventurien, bei dem es sich um das abgeschlagene Haupt eines Giganten handeln soll (usw.), und wo bereits 3 Abenteuer zu erschienen sind (Sightseeing).

Operativ sind beides Löcher im Berg mit Vulkan drin und Monstern.

Offline Megavolt

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #14 am: 4.11.2022 | 12:17 »
Wie würdest du denn das Verhältnis von "Touristischem Rollenspiel" zum Simulationismus (DNS, GNS, wie auch immer...) sehen?

Ich halte das ehrlich gesagt für eine eigene Kategorie. Man könnte argumentieren, dass es sich dabei um eine Kollektive-Erinnerungs-Simulation handelt ("Potztausend! Das ist Xeraan! Diesen Schurken und seine Untaten kennen wir doch!"), also besteht wohl eine Nähe zum Simulationismus.

Offline 1of3

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #15 am: 4.11.2022 | 12:18 »
Oder anders: Was wäre denn dann das Gegenteil davon?

Nicht wirklich Gegenteil. Es ist eine von vielen möglichen Aktivitäten und Spaßquellen beim Rollenspiel. Ich kann Arschtreten, Welten bauen, Drama machen. Auch alles abwechselnd oder sogar gleichzeitig. Und ich kann eben auch einfach die fiktive Umwelt und Leute genießen, von denen mir andere erzählen.

Ich finde es gut, wenn es dafür ein Wort gibt.

Offline Dimmel

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #16 am: 4.11.2022 | 12:20 »
Ich denke, "Sightseeing" triffts auf den Kopf.

Es ist ein Unterschied, ob du in einen von mir hingefrittelten namenlosen Dungeon mit Vulkanquelle hineinsteigst (kein Sightseeing), oder aber in Ingerims Schlund im Rashtulswall in Aventurien, bei dem es sich um das abgeschlagene Haupt eines Giganten handeln soll (usw.), und wo bereits 3 Abenteuer zu erschienen sind (Sightseeing).

Operativ sind beides Löcher im Berg mit Vulkan drin und Monstern.

Sightseeing finde ich gut und das gibt es wirklich, gerade von DSA Spielern kenne ich das.  :d

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #17 am: 4.11.2022 | 12:23 »
Dungeon Masters Guide, von E. Gary Gygax.

Edit: Siehe auch https://www.tanelorn.net/index.php/topic,120807.0.html

Ich finde, da paßt "damage" tatsächlich ganz gut. ;)

Tatsächlich ist die "Die Hirnergüsse der SL kommen zuerst, und irgendwelche Spielercharaktere, die da auch vielleicht und gnädigerweise irgendwann mal durchwatscheln mögen, sind nachrangig"-Perspektive diejenige, die ich in erster Linie als "touristisch" ansehen würde. Der Gegenpol dazu wäre dann der "Dies sind die Abenteuer der Spieler und ihrer Charaktere -- und so was wie 'ne Welt brauchen wir halt nebenbei auch noch als Kulisse"-Blickwinkel...da sind wir dann halt schnell mehr auf der eigenen kleinen Privatbühne und weniger auf Malle.

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #18 am: 4.11.2022 | 12:25 »
Ich kann mit deinem Beitrag gar nichts anfangen, Nobody.
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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #19 am: 4.11.2022 | 12:31 »
Ich finde die Nähe von touristischem Rollenspiel zu echtem Tourismus schon sehr augenfällig.

Wenn ich in die Sixtinische Kapelle fahre, dann kann ich mich darauf freuen und das genießen, auch wenn ich da nichts anfassen und die Deckengemälde nicht erweitern darf. Ich darf vermutlich noch nicht einmal laut sein oder fotografieren. Trotzdem ist das Erlebnis und das Sightseeing Geld wert. Ich hätte hier und jetzt voll Bock darauf, mir die Kapelle anzuschauen. Sie ist wirklich großartig. Und ich kann dann sagen, ich wäre mal da gewesen.

Gleichzeitig nervt es halt schon, wenn man im Urlaub dann die fünfte Kirche anschauen muss, wenn einen der Touristenführer langweilt, wenn die besuchten Orte einen nur vorgeblich interessieren. Es gibt einen Punkt, wo alles unangenehm ins Museale abdriftet. Wenn man halt gar nix berühren darf und überall nur bewundern muss. Oder wenn es einfach massemäßig zu viel ist.

Das kann ich alles 1:1 im Rollenspiel wiederfinden.
« Letzte Änderung: 4.11.2022 | 12:36 von Megavolt »

Online Kurna

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #20 am: 4.11.2022 | 12:33 »
Ist definitiv ein Begriff, mit dem ich was anfangen kann. Liegt vielleicht auch an den von mir gespielten Systemen.
Neben DSA sind das mit Abenteuer 1880 und Vampires nämlich zwei mit einer alternativen Erde als Setting. Da ist es immer wieder schön, wenn das Abenteuer an einem Ort spielt oder dort Leute auftauchen, die man kennt. In beiden Systemen hatten wir schon Begegnungen mit historischen Persönlichkeiten. Bei Vampires haben wir sogar die Verzahnung, dass die SL manchmal bewusst Abenteuer für den Ort geschrieben hat, wo wir in real gerade gespielt haben. Zum Beispiel haben wir während eines RPG-Urlaubs in Wismar ein Abenteuer gespielt, bei dem wir ein altes slawisches Artefakt aus dem lokalen Museum besorgen mussten. Da haben wir am ersten Abend die Einleitung gespielt, uns dann am nächsten Tag in real das Museum angeschaut und dann am Abend im Abenteuer den Einbruch durchgezogen. :)

Dieser Sightseeing-Effekt geht bei solchen Abenteuern auf der Erde (bzw. einer Alternativerde) auch in beide Richtungen. Unser realer Besuch vor zwei Jahren in Schloss Moyland z.B. hat sehr dadurch gewonnen, dass einige Jahre vorher unsere Charaktere dort mal ein Abenteuer erlebt hatten. ("Schau mal, da geht es in den Keller, wo ...")

Allerdings sind wir dabei trotzdem nicht unbedingt bei 9/10 oder gar 10/10, denn trotz allem ist das Sightseeing immer nur ein Teilaspekt unseres Rollenspiels.
"Only the good die young. The bad prefer it that way." (Goblin proverb)

Offline Jiba

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #21 am: 4.11.2022 | 13:12 »
Ich würde ja sagen, es gibt Rollenspiel auch als Real- und Historientourismus. Ersteres ist ein touristisches Interesse an einem Settingstück einer Spielwelt, das nicht ausgedacht ist (also was Kurna sagt). Wenn es Gruppen sehr wichtig ist, dass das Paris in der "Vampire-Kampagne" möglichst "authentisch" das Paris der Realwelt abbildet. Beim Historientourismus gilt dasselbe, allerdings nicht für einen physischen Ort, sondern für eine Zeitepoche – das gute Gefühl, eine vergangene Zeit und das Seinsgefühl dieser Epoche so gut wie möglich zu erkunden. Da sollen am Spieltisch dann die Segelschiffe, Armeen und Burgen auch historisch korrekt operieren.

Wie würdest du denn das Verhältnis von "Touristischem Rollenspiel" zum Simulationismus (DNS, GNS, wie auch immer...) sehen?
Oh, um Gottes Willen nicht diese Kategorien wieder...
« Letzte Änderung: 4.11.2022 | 13:14 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #22 am: 4.11.2022 | 13:23 »
Mit der Vielzahl an möglichen irdischen touristischen Varianten wird hier tatsächlich eher "sightseeing"-Rollenspiel gemeint, Schaulaufen der schönen/eindrucksvollen Leute, Landschaften und Gebäude aus typischerweise sicherem Abstand quasi.

warum halte ich auch das zweite für Tourismus? Weil das wichtige Element nicht "ich kann die Welt verändern" ist, sondern "ich sorge dafür, dass die Welt in sich stimmig und für mich und andere erlebbar ist". Die Individualtouristen sind da quasi gruppeninterne Fremdenführer. Sie fügen also nicht Fakten und Merkmale hinzu, um den Plot voranzubringen oder ihre Ziele zu erreichen, sondern um die Welt auszuschmücken und konkreter werden zu lassen.

Wo bauen Touristen bitte Elemente wie die die Pyramiden und zeugen die Lokalprominenten oder deren Hinterlassenschaften selber?
Da verändern sie die eher schon und sei es durch Vandalismus.

Wie würdest du denn das Verhältnis von "Touristischem Rollenspiel" zum Simulationismus (DNS, GNS, wie auch immer...) sehen?

Diese Dreifaltigkeiten beschreiben ja weniger den Inhalt selbst, als wie bzw. nach welchen Idealen Handlungen aufgelöst werden.
Der Hintergrund/die Spielwelt(physik) ist die Basis für die Handlungsauflösung bei der Simulation bzw. wenn man das nach Weg und Ziel trennt das Erreichen spielweltüblicher Resultate (literarische Vorlagen müssen nicht zwingend selbst stimmig sein) ohne eine Regel/Logikbasis dahinter dann Emulation.
Bei beidem dann halt nur ohne einen nennenswerte Beteiligung von eigenen Handlungen sondern weitgehend als unbeteiligter Dritter das Ergebnis erleben.


« Letzte Änderung: 4.11.2022 | 13:31 von Maarzan »
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Online JollyOrc

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #23 am: 4.11.2022 | 13:44 »
Wo bauen Touristen bitte Elemente wie die die Pyramiden und zeugen die Lokalprominenten oder deren Hinterlassenschaften selber?
Da verändern sie die eher schon und sei es durch Vandalismus.

Stimmt, in dem Sinne, das gestaltet wird, und nicht "nur konsumiert".

Stimmt nicht, in dem Sinne, dass ich nicht von einem Vandalismus sprechen wollte. Ich meinte diejenigen, die wissen, wie man sich landestypisch kleidet und bewegt, die einen Onkel mit eigener Gaststube im Ort haben und ihre Begleiter dahin lotsen.

Die Leute, die das machen, kommen als Touristen, tragen aber eben auch maßgeblich zum Erlebnis der anderen bei.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Dimmel

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Re: "Touristisches Rollenspiel"
« Antwort #24 am: 4.11.2022 | 14:14 »
Eigentlich ist dieser tourismus/Sightseeing desselben wie fanservice, man bringt halt die Elemente ein, die die Spieler aus anderen Publikationen kennen und mögen. Da es aber nur zum angucken ist und nicht um etwas damit zu tun, ist es nur Beiwerk.