Autor Thema: Impressionistisches Rollenspiel (d.i.: impression. Regel- und Weltverständnis)  (Gelesen 4951 mal)

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Offline felixs

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Für praktisch alle regel- und settingschweren Rollenspiele gibt es Fan-Konvertierungen auf regelleichte Systeme. Im Grunde hätte man also das Setting auch offiziell mit einem regelleichten System raus bringen können.

Das ist ja eben der Punkt. Wahrscheinlich geht das nicht, bzw. bringt nicht das gleiche Ergebnis.
Klar - wenn die Regeln und die Welt bereits erfahren wurden und gewissermaßen die Essenz des Spiels klar ist, dann kann man auch gezielt Regeln schaffen, die - aufgrund dieser Vorarbeiten (!) - den Eindruck des Spiels mit leichteren Regeln schaffen.
Es ist zweifelhaft, ob das ex nihilo mit einfachen Regeln gelingen würde. Ich vermute, man braucht die ganzen Eindrücke aus dem umfangreichen Material.

Freilich ist IR das Resultat der Bewältigung eines nicht optimal aufbereiteten Korpus von Daten. Aber vielleicht ist gerade die Beschäftigung damit sehr fruchtbar.

Ich will IR nicht verherrlichen, aber es scheint klar, dass es funktionieren kann und für nicht wenige Rollenspieler gut funktioniert oder mal gut funktioniert hat.

Umfangreich beschriebene Welten an sich sind Sonderfälle. Die Rollenspielwelten die wirklich im Detailgrad der FR, Aventurien o.Ä. beschrieben sind kann man wahrscheinlich an zwei Händen abzählen im Vergleich zu tausenden von Rollenspielen am Markt.
Da ist für mich einfach keine statistisch irgendwie relevante Menge gegeben.

Gewiss. Aber was wird tatsächlich gespielt? Mit den genannten Systemen dürfte doch ein sehr großer Teil der Rollenspiel-Szene abgedeckt sein.
Wieviele dann vom Stil her IR spielen, wäre eine andere Frage.

Und unabhängig davon - es geht ja eigentlich nicht um Relevanz aufgrund von relativen Zahlen.
« Letzte Änderung: 29.11.2022 | 23:31 von felixs »
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Offline aikar

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Und unabhängig davon - es geht ja eigentlich nicht um Relevanz aufgrund von relativen Zahlen.
Ich glaube, ich hab ein bisschen den Faden verloren  ;D

Kurz gesagt: Ich glaube deine Aussagen sind jeweils korrekt. Gerade der Gedanke mit umfangreichen Regeln als Sicherheitsnetz war mir neu, danke für den Anstoß. Das würde auch mit dem Wunsch nach detailliert ausformulierten Abenteuern gerade bei Anfänger-SL zusammenfallen.
Ich denke aber eben, dass du hier zwei Anforderungen/Spielstile korrekt identifiziert aber dann vermischt hast, die nur zufällig bei einigen gerade in Deutschland lange Zeit beliebtesten Systeme zusammenfallen. Diese Systeme holen damit sowohl Fans komplexer Regeln (+ die Anhänger des "Sicherheitsnetzes") als auch Fans detaillierter Welten (manche fallen auch in Gruppe 1, manche bespielen nur ihre geliebte Welt trotz der Regeln mit viel Handwedelei) ab. Da haben wir einfach unterschiedliche Theorien, die sich kaum prüfen lassen.
Dazu kommt der erwähnte hohe Produktausstoß/Frequenz und auch, dass alle dieser Systeme schon sehr lange etabliert sind oder von Autoren lange etablierter Systeme dieser Gruppe geschaffen wurden (Splittermond und im Grunde auch Pathfinder).

Es ist zweifelhaft, ob das ex nihilo mit einfachen Regeln gelingen würde. Ich vermute, man braucht die ganzen Eindrücke aus dem umfangreichen Material.
Ein Gutteil der DSA-Lore stammt aus DSA2/3-Zeiten, wobei ich dir zustimme, dass der Detailwahn im Setting mit den Detailwahn in den Regeln bei DSA4 aufgekommen ist.
Cthulhu hat aber tatsächlich von Anfang bis heute relativ einfache Regeln und erfüllt ansonsten alle Anforderungen (etabliert, hoher Produktausstoß, viel Hintergrund- und Abenteuermaterial, starke Community).
Und auch die Worlds of Darkness kamen beide ohne viele Regelbände aus und gehören zu den detailliertesten und umfangreichst publizierten Welten.
Der aktuell stärkste Vergleichsfall (D&D5) greift primär auf bestehendes Settingmaterial zurück aus AD&D und D&D3 zurück, ist also diskutabel. Wobei die Frage ist, ob man AD&D schon als komplex bezeichnet (D&D3 ist es zweifellos).

Diesen Spielstil, welcher (zumindest in Deutschland) lange der vorherrschende war...
...
IR ist für die meisten Rollenspieler, zumindest in Deuschland, das Rollenspiel ihrer Jugend.
Da stimme ich dir zumindest für den deutschsprachigen Raum und die Alt-Rollenspieler absolut zu (bei den Jungen schaut es inzwischen deutlich anders aus, da erschlägt D&D5 alles). Wobei ich hier hinterfrage, was war zuerst, die Henne (System) oder das Ei (Vorlieben/Spielstil)?
Ich vermute, dass das primär der damals schon überwältigenden Marktmacht von DSA geschuldet war. Die meisten Alt-Spieler haben mit DSA (oder in einigen Fällen Mitgard) angefangen, einfach weil es kaum etwas anderes auf Deutsch gab und noch bevor mit DSA4 dieser Trend zur Detaillierung aufgekommen ist und haben ihn dann einfach mitgemacht und wurden zum Teil dadurch geprägt.

Und damit ich mich nicht noch weiter verzettele: Ja, dein IR-Spielstil existiert, zumindest als Schnittmenge und lässt sich als gemeinsamer Stil der genannten großen Systeme identifizieren. Was ich anzweifle ist aber, dass ein spürbarer Großteil der Spieler:innen der genannten Rollenspiele tatsächlich vollumfänglich diesem Spielstil anhängen. Aber Rollenspiele die IR umsetzen, sprechen offenbar viele Spieler:innen zumindest mit Teilen davon an.
« Letzte Änderung: 30.11.2022 | 08:09 von aikar »
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Offline First Orko

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@felix: Finde deinen Ansatz mega spannend und den Begriff viel besser und positiver konnotiert als das leidige Barbiespiel - zumal du mit Impressionistischen Rollenspiel eine m.E. viel größere Schnittmenge abdeckst!
Ich würde das jetzt noch gern mit den von mir sehr geschätzten Flow-Begriff in Einlang bringen, weil ich glaube, dass viele der erwähnten Elemente Flow begünstigen können. Kürzt man diese Elemente, muss der Flow anders "gefüttert" werden - das ist dann die Lücke, die Verminaard auch anspricht:

Wer einer solchen Gruppe irgendwas mit Rules Lite und No Myth empfiehlt, übersieht dabei zwei wichtige Punkte: Erstens, Rules Lite / No Myth ist nicht bloß dasselbe in leichter. Die dadurch entstehende Leere zu füllen, ist ein völlig anderes Spiel, das nicht jeder mag, oder gut kann.

Diese Lücke zu füllen, kann man lernen - aber das erfordert Investment. Und gerade, wenn man sich in einer "impressionistischen Bubble" befindet, ist ja auch gar keine Notwendigkeit da.

Umgekehrt geht vielleicht auch was verloren, wenn man diesen Weg geht, weil man geneigt ist, das bisherige Spiel als "fehlerhaft" im Vergleich zu den fokussierteren Varianten zu betrachten und sich damit der ursprünglichen Flow-Quelle selbst entzieht  :think:

(Nur so ein paar ungeordnete Gedanken dazu, finde gerade nicht mehr Zeit, das tiefer zu durchdenken aber leses gespannt mit!)
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Arldwulf

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Da steckt viel Wahrheit drin, auch wenn ich an einzelnen Punkten rummäkeln könnte, was ich aber einfach mal bleiben lasse.

Quasi die impressionistische Betrachtung des Begriffs Impressionistisches Rollenspiel.  ~;D

Es fühlt sich richtig an, auch wenn im Detail vieles nicht so ganz passt.

Wie berücksichtigt man beispielsweise die Förderung von Improvisationsmöglichkeiten in den Regelwerken? Kann etwas noch "nur zum Schein" feste und detaillierte Regeln haben wenn im Buch drin steht: "es ist euer Spiel, passt es an!"?

Und ist "Sicherheitsnetz" wirklich der richtige Begriff für etwas das zumeist angewendet wird, nur manchmal eben nicht? Denn es ist schon so, das die meisten der Regeln auch in diesen komplexen Systemen Anwendung finden.

Viel wichtiger aber: wenn sie nicht ihre Anwendung finden, sondern nur ein Eindruck davon, so handelt es sich letztlich um eine Hausregel. Vielleicht keine explizit ausgesprochene, aber dennoch. Gilt natürlich genauso für Settings. Wenn ich nur das Gefühl eines Settings rüber bringe, Details aber ignoriere, so schaffe ich ein eigenes Setting mit eigenen Details auf Basis eines Ideensteinbruchs.

Und genau da liegt imho der Erfolg begründet. Umfangreiches Material hat sowohl die Chance für sich genommen ein nützliches Hilfsmittel zu sein, es kann auch anders als gedacht genutzt werden und zu guter Letzt auch als Inspiration für eigene Ideen dienen.


« Letzte Änderung: 30.11.2022 | 08:38 von Arldwulf »

HEXer

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Wie berücksichtigt man beispielsweise die Förderung von Improvisationsmöglichkeiten in den Regelwerken? Kann etwas noch "nur zum Schein" feste und detaillierte Regeln haben wenn im Buch drin steht: "es ist euer Spiel, passt es an!"?

Naja, wenn du die Regel zum Beispiel auch nur manchmal anwendest und oft nicht...? ;)

Und ist "Sicherheitsnetz" wirklich der richtige Begriff für etwas das zumeist angewendet wird, nur manchmal eben nicht? Denn es ist schon so, das die meisten der Regeln auch in diesen komplexen Systemen Anwendung finden.

Ich sehe es irgendwie so wie das BGB - Im alltäglichen Miteinander spielt es eigentlich keine Rolle, aber wenn es zu Problemen oder Konflikten kommt, ist es halt da, um für Klärung zu sorgen.

Viel wichtiger aber: wenn sie nicht ihre Anwendung finden, sondern nur ein Eindruck davon, so handelt es sich letztlich um eine Hausregel. Vielleicht keine explizit ausgesprochene, aber dennoch. Gilt natürlich genauso für Settings. Wenn ich nur das Gefühl eines Settings rüber bringe, Details aber ignoriere, so schaffe ich ein eigenes Setting mit eigenen Details auf Basis eines Ideensteinbruchs.

Und genau da liegt imho der Erfolg begründet. Umfangreiches Material hat sowohl die Chance für sich genommen ein nützliches Hilfsmittel zu sein, es kann auch anders als gedacht genutzt werden und zu guter Letzt auch als Inspiration für eigene Ideen dienen.

Der Punkt ist finde ich, dass es eben über einen Ideensteinbruch hinaus geht. Für mich (!) ist ein Ideensteinbruch eben genau das: Es liegen überall verteilt Brocken herum, die ich selbst zusammen basteln kann und daraus Dungeons, Ruinen, Burgen, Städte etc. formen und in Verbindung zueinander setzen. Das ist aber häufig mit kreativer Arbeit verbunden. Bei impressionistischen Rollenspielen ist die Arbeit eher rezeptiv, weil das bereits vorgegeben ist. Sich dann anders zu entscheiden ist eine Option - keine Voraussetzung wie bei einem Ideensteinbruch. ZUmindest in meiner Wahrnehmung ist das so.

Offline felixs

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Dankeschön, das ist alles sehr bereichernd.

Das folgende ist etwas kurz und fragmentarisch, tut mir leid; habe gerade nicht genug Konzentration, es besser zu machen.

Das "Sicherheitsnetz" würde ich in IR auch so sehen, dass es mehr der Orientierung über Plausibilitäten dient, aber nicht oder nur sehr vereinzelt zur Anwendung kommt. Wie das im Detail läuft ist recht verschieden. Kampf wird ja normalerweise schon in etwa nach den Grundregeln und auch mehr oder weniger konsequent abgehandelt. Das "Sicherheitsnetz" sind dann die Detailregeln für alle möglichen Kampfsituationen, von denen man weiß, dass sie da sind, die man aber nicht oder nur dem Eindruck nach einbringt. Analog verhält es sich bei Magie, komplexen Regeln für Schifffahrt, Reiseregeln etc. Also alle diese Dinge, die oft recht detailliert beschrieben und mit Regeln versehen sind, aber selten dem Wortlaut nach gespielt werden. Wohl aber, das wäre die Feststellung, dem allgemeinen Eindruck nach.
Man könnte vielleicht von sowas wie "Handwedeln entlang eines Sicherheitsnetzes" sprechen.

Die Ideen zu Flow finde ich auch sehr interessant.

@aikar: Vielen Dank für das Entgegenkommen.
Insbesondere den Fall der World of Darkness finde ich auch interessant. Das ist komplexer Weltenbau mit relativ einfachen Regeln - wobei ich glaube, dass auch die WoD-Sachen oft im IR-Stil gespielt wurden und werden. Kann mich aber irren.
Cthulhu ist eines der wenigen erfolgreichen Rollenspiele, welches direkt auf einer literarischen Vorlage beruht. Das verändert viel, weil der Hintergrund ja schon da ist.
Es kann gut sein, dass sich bei den in Deutschland erfolgreichen Rollenspielen bestimmte Faktoren (zufällig) überschneiden. Vielleicht (sogar recht wahrscheinlich) ist der Zufall stilbildend. Ich meine nicht, dass IR ein bewusst beabsichtigter Spielstil ist. Aber vielleicht könnte man daraus einen solchen machen. Das könnte für mich möglicherweise funktionieren, ich würde es gern mal probieren.
« Letzte Änderung: 30.11.2022 | 19:00 von felixs »
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Offline Lord Verminaard

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Es scheint mir auch naheliegend, dass der impressionistische Ansatz teilweise Inkonsistenzen des Regelwerks und Settings einfach wegbügelt und dadurch sogar für mehr Glaubwürdigkeit sorgt. Dabei können natürlich von Gruppe zu Gruppe unterschiedliche Interpretationen entstehen. Das ist aber nicht schlimm, meiner Erfahrung nach ist es bei wirklich jedem Regelwerk und Spielstil so, dass für ein wirklich mitreißendes Spielerlebnis die Gruppe sich das Spiel zuerst zu eigen machen muss. 100% Kompatibilität findet man nur selten.

Das Handwedeln reduziert also nicht nur die Handling Time, sondern auch die Friktion aufgrund von Inhalten und Ergebnissen, die irgendwie nicht so richtig passen wollen. Dadurch wird das Spiel flüssiger und immersiver. Daraus haben viele eben die Schlussfolgerung gezogen, dass man doch lieber gleich ein flüssiges und immersives Spiel designen sollte. Sie wähnten die Logik auf ihrer Seite, aber es gab vielleicht ein paar Dinge, die sie übersahen.
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Online 1of3

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Und genau da liegt imho der Erfolg begründet. Umfangreiches Material hat sowohl die Chance für sich genommen ein nützliches Hilfsmittel zu sein, es kann auch anders als gedacht genutzt werden und zu guter Letzt auch als Inspiration für eigene Ideen dienen.

Das scheint mir die Folgerung des ganzen Themas zu sein: Bei viel Material ist es akzeptabler Dinge davon nicht so genau zu nehmen, weil es eben zu viel ist, um alles genau zu machen. Daraus kommen dann Wahrnehmungen, dass gewisse kleine Spiele zu "verregelt" seien, auch wenn sie nach jeder quantitativen Analyse weniger Regeln hätten als dickere.

Und ja, Setting und sonstige Regeln verhalten sich da ziemlich ähnlich. Setting ist auch nur Regel.

Offline Ma tetz

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Ich kann mit IR viel anfangen und würde sagen, dass ich dass in den letzten Jahren eher praktiziert habe.
Gerade bei neuen System ging es mir eher darum die Designphilosophie zu erfassen und an den Tisch zu bringen, als die Regeln bzw. Settingsetzungen detailgetreu umzusetzen. Dazu nutze ich dann oft Rulings.

Wichtig ist mir dabei, dass ich dass insbesondere bei fremden Spielenden vor dem Spiel und in der konkreten Situation kommuniziere.

Bisher habe ich dazu nie negatives Feedback bekommen.
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Offline Arldwulf

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Das "Sicherheitsnetz" sind dann die Detailregeln für alle möglichen Kampfsituationen, von denen man weiß, dass sie da sind, die man aber nicht oder nur dem Eindruck nach einbringt. Analog verhält es sich bei Magie, komplexen Regeln für Schifffahrt, Reiseregeln etc. Also alle diese Dinge, die oft recht detailliert beschrieben und mit Regeln versehen sind, aber selten dem Wortlaut nach gespielt werden. Wohl aber, das wäre die Feststellung, dem allgemeinen Eindruck nach.

Mhh, aber ist dies so? Gerade bei Magie werden die Regeln eigentlich doch ebenfalls recht restriktiv angewendet. Sieht man beispielsweise hier im Forum, wenn Beispiele zu diesen Regeln hinterfragt werden. Magie wird ja auch häufig im Kampf benutzt, den du richtigerweise als "da hält man sich schon im großen und ganzen daran" betrachtest. Aber auch außerhalb der Kämpfe ist dies eigentlich ein Thema bei dem eher stark auf regelgerechtes Spiel geachtet wird.

Soll jetzt nicht heißen, das immer alle Zauber dem Wortlaut nach und mit korrekter Regelkenntnis genutzt werden. "Selten" ist aber auch falsch. Ich würde eher von "In mehr als 90% der Fälle" sprechen.

Bleiben Dinge wie Schifffahrt und Reiseregeln. Bloß: Diese sind eigentlich selten wirklich komplex. Da wird mehr oder weniger schon von den Regelwerken sehr stark über den Daumen gepeilt und einfach nur gesagt "ungefähr kommt ihr am Tag so und so weit". Woran sich eigentlich auch einfach nur ungefähr gehalten wird. Es gab immer mal wieder Versuche in den Regelwerken diese Dinge etwas spannender und umfangreicher zu gestalten. Aber das war halt was für einzelne Situationen in denen ja auch wieder die Regeln für diese Situationen genutzt werden.

Ist das ganze also wirklich nur ein Eindruck? Man müsste mal eine Umfrage machen nach dem Motto: "Wie viel Prozente der Regeln die ihr aus euren Regelwerken anwendet wendet ihr korrekt an"? Aber eigentlich würde ich da wie gesagt als Antwort eher die Mehrzahl der Antworten bei 80 %- 90% erwarten.
« Letzte Änderung: 1.12.2022 | 10:19 von Arldwulf »

Offline Ma tetz

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Naja gerade das hiesige Forum halte ich für eine schlechte Referenz, da unterhalten sich Leute denen Regeln wichtig sind mit Leuten denen es genauso geht.

Tendenziell werden aber im IR imho ja nicht alle Regeln ignoriert. Häufig verwendete Regeln, für z.B. Kampf werden schon befolgt, aber ob Schieben, Stoßen, Ablenken zur richtigen Anwendung kommt, steht dann schon wieder auf einem anderen Blatt.

Je stärker der Einfluss auf das Spiel und den gewünschten Spielstil desto öfter wird man auf die exakten Regeln schauen. Das ist bei Zaubern imho recht häufig der Fall.
« Letzte Änderung: 1.12.2022 | 10:34 von Ma tetz »
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Offline felixs

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Mhh, aber ist dies so? Gerade bei Magie werden die Regeln eigentlich doch ebenfalls recht restriktiv angewendet. Sieht man beispielsweise hier im Forum, wenn Beispiele zu diesen Regeln hinterfragt werden. Magie wird ja auch häufig im Kampf benutzt, den du richtigerweise als "da hält man sich schon im großen und ganzen daran" betrachtest. Aber auch außerhalb der Kämpfe ist dies eigentlich ein Thema bei dem eher stark auf regelgerechtes Spiel geachtet wird.

Soll jetzt nicht heißen, das immer alle Zauber dem Wortlaut nach und mit korrekter Regelkenntnis genutzt werden. "Selten" ist aber auch falsch. Ich würde eher von "In mehr als 90% der Fälle" sprechen.

Ich denke, es ist sehr viel weniger als 90% - aber ich kann mich irren. Es kommt auch nicht so darauf an. Eher darauf, dass Regelwerke komplexe Regeln für das Schaffen magischer Gegenstände, für das Brauen von Tränken etc. bereithalten, welche kaum genutzt werden. Man weiß aber halt, dass es diese gibt und hat vielleicht mal quergelesen und entsprechend einen Eindruck davon.
Bezüglich der Regeltreue in den Bereichen, in denen Regeln angewendet werden, mag es innerhalb von IR eine gewisse Bandbreite geben. Am einen Ende hat es dann schon Berührungspunkte mit reinem Erzählspiel, am anderen Ende nähert es sich dem taktischen/"crunchigen" Spiel an. Und, wie ja schon angemerkt (Lord Verminaard, vielleicht andere), gibt es auch innerhalb der Gruppen nicht unbedingt völlige Einheitlichkeit. Das ist per se kein Widerspruch, würde ich meinen; IR scheint da, innerhalb eines gewissen Rahmens, recht flexibel zu sein.

Kann gut sein, dass ich gerade bezüglich der Magie und häufig gebrauchter Sprüche daneben liege und dass die von mehr Leuten recht regeltreu abgehandelt werden, als ich vermutet hätte.

Man müsste mal eine Umfrage machen nach dem Motto: "Wie viel Prozente der Regeln die ihr aus euren Regelwerken anwendet wendet ihr korrekt an"? Aber eigentlich würde ich da wie gesagt als Antwort eher die Mehrzahl der Antworten bei 80 %- 90% erwarten.

Ich denke, dass bei Leuten, die "unaufgeklärtes" IR betreiben wenig Bewusstsein dafür besteht, dass sie "falsch" spielen oder Regelteile bewusst weglassen. Jedenfalls ist das Tanelorn dafür vermutlich kein Ort, an dem man annähernd repräsentative Ergebnisse bekommt. Ich weiß aber auch nicht, ob das wichtig ist.
Eine solche Umfrage würde nur bei Spielern funktionieren, die "aufgeklärtes" IR betreiben. Ich weiß nicht, wieviele Leute das sind.

Das Handwedeln reduziert also nicht nur die Handling Time, sondern auch die Friktion aufgrund von Inhalten und Ergebnissen, die irgendwie nicht so richtig passen wollen. Dadurch wird das Spiel flüssiger und immersiver. Daraus haben viele eben die Schlussfolgerung gezogen, dass man doch lieber gleich ein flüssiges und immersives Spiel designen sollte. Sie wähnten die Logik auf ihrer Seite, aber es gab vielleicht ein paar Dinge, die sie übersahen.

Ja, so ähnlich dachte ich das auch.
Wahrscheinlich funktioniert der Ansatz, flüssigere Regeln zu verwenden, auch tatsächlich, sobald man einen Eindruck der Spielwelt und des Spiels hat. Ich vermute schon, dass sich das auch irgendwie abkürzen lässt. Aber das scheint dem Reiz von IR keinen Abbruch zu tun. Und IR wäre grundsätzlich mit jedem Regelsystem möglich, wenn sich auch einige besser oder schlechter eignen.

Das scheint mir die Folgerung des ganzen Themas zu sein: Bei viel Material ist es akzeptabler Dinge davon nicht so genau zu nehmen, weil es eben zu viel ist, um alles genau zu machen. Daraus kommen dann Wahrnehmungen, dass gewisse kleine Spiele zu "verregelt" seien, auch wenn sie nach jeder quantitativen Analyse weniger Regeln hätten als dickere.

Und ja, Setting und sonstige Regeln verhalten sich da ziemlich ähnlich. Setting ist auch nur Regel.

Ich würde meinen, dass das dialektische Verhältnis von Spielwelt (=Setting) und Regeln ein wesentlicher Faktor für die Dynamik von IR ist. Denn IR kommt ja (vor allem?) an den Stellen zu tragen, wo sich beides widerspricht.

Aber sicherlich ist das Schöpfen aus dem Vollen in den typischen Systemen (vor allem natürlich DSA) auch ein wichtiger Faktor für die konkrete Ausformung von IR, vielleicht auch für die Entstehung der Spielweise.
« Letzte Änderung: 1.12.2022 | 10:48 von felixs »
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Offline unicum

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Midgard würde ich übrigens als echten Sonderfall sehen. Das lebt primär von seiner sehr eingeschworenen über Jahrzehnte gewachsenen Gemeinschaft.  Mich würden die Zahlen interessieren, aber ich vermute, dass das Wachstum von Midgard außerhalb der Hochburgen, die von den Alt-MItgardern gepflegt werden, extrem gering ist (Belehrt mich eines Besseren!)

"Das Regelwerk (M5) verkaufte sich wie geschnitten Brot." Aussage eines der beiden die nun an M6 für Pegasus arbeiten und der wohl guten Kontakt zu den Frankes hat.

Offline Arldwulf

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Ich denke, dass bei Leuten, die "unaufgeklärtes" IR betreiben wenig Bewusstsein dafür besteht, dass sie "falsch" spielen oder Regelteile bewusst weglassen. Jedenfalls ist das Tanelorn dafür vermutlich kein Ort, an dem man annähernd repräsentative Ergebnisse bekommt. Ich weiß aber auch nicht, ob das wichtig ist.

Naja, es ist die Basis für deine Überlegungen. Oder?

Wenn die Regeln zum Großteil tatsächlich wie geschrieben Anwendung finden, kann man sagen "Die Spieler nutzen sie einfach. Nicht immer perfekt regelgerecht. Aber durchaus so, dass man davon sprechen kann: Dies sind Werkzeuge welche ihnen helfen".

Wenn sie zum Großteil ignoriert würden passt wiederum eher "Die Spieler nutzen sie nicht, sie wollen nur grobe Ideen dafür bekommen was man machen könnte und basteln sich eigene Werkzeuge und nutzen die im Buch nur als Sicherheit".

Natürlich ist das am Ende eine Qualitätsfrage. Je besser die einzelnen Regelwerke Spielsituationen abdecken, je besser die Regeln dafür sind umso häufiger werden sie auch in dieser Form angewendet. Das sieht man beispielsweise auch sehr gut bei deinen Aufzählungen oben, denn die dort oben aufgezählten Spielsituationen sind teilweise sehr unterschiedlich was ihre Regeldichte betrifft. Vergleich mal z.B. den Umfang der Regeln zum Erschaffen von magischen Gegenständen mit dem Umfang der Regeln fürs Überlandreisen. Beide nennst du oben und ich würde dir zustimmen, dass beides Themen sind welche eher vage regelgerecht gespielt werden (verglichen mit anderen Themen).

Doch wie detailliert beides dargestellt wird ist sehr unterschiedlich. Wenn man der Betrachtung folgen würde "Spieler wollen detaillierte und ausführliche Regeln als Sicherheitsnetz, nutzen sie dann aber nicht weil dies zu kompliziert ist" müsste man rückfolgern können "dieser Effekt kommt vor allem zum Tragen wo Regeln detailliert und ausführlich sind" - was in unseren beiden Beispielen nur für eines gilt.

Gemeinsam haben sie aber: Es sind Regeln welche häufiger mal kritisiert werden. Und daraus könnte man folgern: Diese Regeln werden häufiger als andere ignoriert weil sie schlechter sind. Die gleichen Spieler würden bessere Regeln nutzen wenn sie diese bei diesem Thema hätten (und tun dies evtl. sogar bereits dank ihrer Hausregeln). Regeln sind letztlich nur Werkzeuge. Hilfsmittel. Was funktioniert wird genutzt, was nicht funktioniert ignoriert oder angepasst.

Impressionistische Betrachtung von Regeln ignoriert mir diesen Qualitätsfaktor zu stark bzw. verwischt den Zusammenhang zwischen der Häufigkeit mit der eine Regel wie geschrieben benutzt wird und ihrer Rezeption durch die Spieler.
« Letzte Änderung: 1.12.2022 | 11:11 von Arldwulf »

Offline felixs

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Naja, es ist die Basis für deine Überlegungen. Oder?

Wenn die Regeln zum Großteil tatsächlich wie geschrieben Anwendung finden, kann man sagen "Die Spieler nutzen sie einfach. Nicht immer perfekt regelgerecht. Aber durchaus so, dass man davon sprechen kann: Dies sind Werkzeuge welche ihnen helfen".

Dass Regeln Werkzeuge sind, welche helfen, ist unbestritten. Gerade dadurch unterscheidet sich IR ja von Erzählrollenspiel.

Die Quantifizierung dürfte halt schwierig werden.

Wenn sie zum Großteil ignoriert würden passt wiederum eher "Die Spieler nutzen sie nicht, sie wollen nur grobe Ideen dafür bekommen was man machen könnte und basteln sich eigene Werkzeuge und nutzen die im Buch nur als Sicherheit".

Das bildet nicht das ab, was ich beschreiben wollte. Ich denke nicht, dass sich die Spieler bewusst eigene Regeln basteln; wohl aber, dass es in einem dialektischen Prozess dazu kommt, dass sich ein bestimmter Eindruck von Spielwelt und Regeln herausbildet, der dann bespielt wird. Das Spiel bleibt aber für IR meist so nah am Buch, dass man die Regeln im Buch nutzen könnte, was nicht möglich wäre, wenn man sich sehr weit von den Regeln entfernen würde.

« Letzte Änderung: 1.12.2022 | 11:16 von felixs »
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Offline Arldwulf

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Dass Regeln Werkzeuge sind, welche helfen, ist unbestritten. Gerade dadurch unterscheidet sich IR ja von Erzählrollenspiel.

Mhh, wenn ich die Regeln wie du sagst "selten anwende" so würde ich diese Werkzeuge halt eben als "die helfen nicht" klassifizieren.

Oder anders herum gefragt: Wie hilft mir der Begriff Impressionistisches Rollenspiel dabei (z.B. als Spieldesigner) abzuschätzen welche meiner Regeln den Spielern helfen? Wenn ich die Qualität der Regeln als Kriterium betrachte so kann ich einem Spieldesigner sagen: Deine Regeln sollten durchdacht und getestet sein, du solltest darauf achten ob die Testspieler sie wirklich so anwenden und wie ihre Rückmeldung dazu ist.

Könnte man für eine impressionistische Betrachtungsweise etwas ähnliches formulieren?

Offline felixs

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Ich verstehe die Frage nicht.

Ich möchte einen Spielstil beschreiben, nicht eine Anleitung zum Schreiben von Regeln entwerfen.

Ein Problem könnte sein, dass Du Klarheit möchtest, wo keine ist. IR bedeutet, meinem Verständnis nach, auch, dass Widersprüche zugelassen werden, dass man "schlechte" Regeln spielt.
Eine Bewertung dieser Spielweise möchte ich nicht geben. Eine, nostalgisch gefärbte, Sympathie kann und will ich freilich nicht leugnen. Grundsätzlich ist der Begriff erstmal analytisch gemeint, was natürlich in der Reinform selten gelingt.

Falls Du daraus etwas ziehen kannst, ist das gut. Möglicherweise reden/schreiben wir aber auch einfach über unterschiedliche Dinge.
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Offline RackNar

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Da OT
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„Ich gebe zu, dass ich mich irren kann, dass Du recht haben kannst und dass wir zusammen vielleicht der Wahrheit auf die Spurkommen werden.“ - Frei nach Popper

Offline felixs

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Offline RackNar

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Alles gut, ich habe es ja noch im sonst als OT deklariert. Doch verstehe ich diese Frage nicht:

Wird der Punkt dadurch unklar?
Meinst Du damit, dass Regeln Werkzeuge sind? Das ist klar. Aber der Vergleich ist mMn falsch. Wir können darüber gerne an andere Stelle uns austauschen, sonst kapert es nur den Thread
„Ich gebe zu, dass ich mich irren kann, dass Du recht haben kannst und dass wir zusammen vielleicht der Wahrheit auf die Spurkommen werden.“ - Frei nach Popper

Offline Arldwulf

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Ich verstehe die Frage nicht.

Ich möchte einen Spielstil beschreiben, nicht eine Anleitung zum Schreiben von Regeln entwerfen.

Ein Problem könnte sein, dass Du Klarheit möchtest, wo keine ist. IR bedeutet, meinem Verständnis nach, auch, dass Widersprüche zugelassen werden, dass man "schlechte" Regeln spielt.
Eine Bewertung dieser Spielweise möchte ich nicht geben. Eine, nostalgisch gefärbte, Sympathie kann und will ich freilich nicht leugnen. Grundsätzlich ist der Begriff erstmal analytisch gemeint, was natürlich in der Reinform selten gelingt.

Falls Du daraus etwas ziehen kannst, ist das gut. Möglicherweise reden/schreiben wir aber auch einfach über unterschiedliche Dinge.

Im Prinzip ging es mir darum zu hinterfragen ob deine Analyse stimmt. Aus meiner Sicht tut sie das eher nicht - die Grundannahme

Zitat
warum Systeme sich großer Beliebtheit erfreuen, die eigentlich aufgrund ihrer Merkmale ungeeignet für die Spieler erscheinen.
DSA, Pathfinder, D&D, Splittermond, Midgard, haben, bei aller Unterschiedlichkeit, als gemeinsames Merkmal eine Fülle von Regeln und Mechanismen, die in Summe kaum als "spielbar" zu bezeichnen sind. Dazu kommt, dass viele Spieler und Spielleiter eher geringe und lückenhafte Kenntnisse dieser Regeln haben und diese entsprechend im Spiel nicht oder "falsch" zur Anwendung bringen.
...
Ich meine, dass die Erklärung in einem sehr verbreiteten Spielstil liegt, der bisher nicht beschrieben worden ist.

und insbesondere dieser Teil der den Spielstil dann beschreibt:

Zitat
Viele Rollenspieler wünschen sich Regeln, welche alle möglichen Situationen im Detail beschreiben und abhandeln können. Es ist nicht wichtig, das im Spiel dann tatsächlich zu nutzen, es reicht das Wissen, dass es diese Regeln gibt. Für die Praxis reichen flexible und handhabbare Lösungen, die sich grob an Eindrücken aus Regel- und Quellenmaterial orientieren. Das bedient IR.

Passt nicht zu der tatsächlichen Betrachtung wann Regeln ignoriert werden. Denn Regeln werden sowohl dann ignoriert wenn sie Situationen im Detail abhandeln können als auch wenn sie nur grob sind. Der Detailgrad der Regel selbst sagt erst einmal nichts darüber aus ob sie genutzt wird oder nicht.

Wenn ich dich richtig verstehe, so führst du den Begriff impressionistisches Rollenspiel ein um zu erklären warum Spieler Regeln / Settings mit hohem Detailgrad wünschen, dann aber einzelne Teile daraus ignorieren.

Stimmt das so weit?

Meine Aussage dazu wäre: Dafür ist die Qualität dieser Regelteile eine bessere Erklärung.

Offline felixs

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Kann durchaus sein, dass Du da ein Problem in meinem, zugegebenermaßen auch ziemlich assoziativen, Gedankengang gefunden hast.

Wenn ich dich richtig verstehe, so führst du den Begriff impressionistisches Rollenspiel ein um zu erklären warum Spieler Regeln / Settings mit hohem Detailgrad wünschen, dann aber einzelne Teile daraus ignorieren.

Stimmt das so weit?

Ja. Außerdem geht es mir darum, einen Spielstil zu beschreiben.

Meine Aussage dazu wäre: Dafür ist die Qualität dieser Regelteile eine bessere Erklärung.

Da bin ich nicht sicher. Ich würde sagen, dass die Tradition von umfangreich beschriebenen Spielwelten und umfangreichen, überkomplexen und eigentlich-nicht-spielbaren Regeln stilbildend gewesen ist und dass das Resultat ein verbreiteter, vielleicht gewünschter Spielstil ist. Ich sage nicht, dass dem bewusste Planung zugrunde liegt.
Ich vermute außerdem, dass die zugrundeliegende Dynamik eine Art dialektische Beziehung zwischen Regeln und Spielwelt ist. Dass Welt und Regeln nicht erschöpfend durchdringbar sind, ist gerade der Witz dabei.
Das Vermute ich zur Entstehung von IR.
Das Resultat ist dann ein Spielstil, der sich auf die meisten Rollenspiele irgendwie übertragen lässt.

Wenn ich Dich richtig verstehe, dann würde ich sagen, dass IR eine Reaktion auf die Konfrontation mit "schlechten" Regeln ist. Wobei diese "schlechten" Regeln aber eben vielleicht nicht eigentlich schlecht sind, sondern eben durchaus etwas zum Spiel beitragen. Man darf sie halt nicht wörtlich anwenden wollen, das funktioniert nicht. (Und ja, man kann das ärgerlich finden und ich würde Regeln auch nicht absichtlich so schreiben).

Der Detailgrad der Regel selbst sagt erst einmal nichts darüber aus ob sie genutzt wird oder nicht.

Wollte ich auch nicht sagen. Die Handhabbarkeit einer Regel für die jeweilige Spielgruppe wird da der entscheidende Faktor sein. Und ggfs. auch die Frage, welcher Seite im Konflikt Regelverständnis-Spielwelteindruck der Vorzug gegeben wird.

Nachtrag Ma tetz schreibt unten:

Eine Regel kann ja noch so schlüssig sein, ab einer bestimmten Komplexität wird sie nicht mehr angewendet. Also bestimmt die Komplexität durchaus die Wahrnehmung der Qualität.

Sowas meine ich auch mit "Handhabbarkeite einer Regel für die jeweilige Spielgruppe". Wenn es zu komplex wird, geht es für manche (viele?) Gruppen nicht mehr so gut, auch wenn die Regeln grundsätzlich gut sind.
« Letzte Änderung: 1.12.2022 | 12:35 von felixs »
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Offline Ma tetz

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@Arldwurf: Du entkoppelst Qualität von Komplexität, soweit ich Dich verstehe. Für mich ist das nicht trennbar.  Eine Regel kann ja noch so schlüssig sein, ab einer bestimmten Komplexität wird sie nicht mehr angewendet. Also bestimmt die Komplexität durchaus die Wahrnehmung der Qualität.

Außerdem sagst Du: Artefakterschaffung ist immer komplexer, als Reiseregeln. Das halte ich so auch nicht für allgemeingültig. Systeme mit Explorationsfokus, können da durchaus ausufernd sein ( z.B. verbotene Lande).

Außerdem ist Artefakterschaffung ein Minispiel für SL und einige Spieler, dass meist außerhalb der Spielsitzung stattfindet bzw. zumindest kann. Für Reiseregeln gilt das weniger, daraus resultieren ganz andere Anforderungen an die Komplexität.

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Offline Arldwulf

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@Arldwurf: Du entkoppelst Qualität von Komplexität, soweit ich Dich verstehe. Für mich ist das nicht trennbar.  Eine Regel kann ja noch so schlüssig sein, ab einer bestimmten Komplexität wird sie nicht mehr angewendet. Also bestimmt die Komplexität durchaus die Wahrnehmung der Qualität.

Ja, das sehe ich ebenso - und daher würde ich beides auch nicht entkoppeln. Natürlich ist eine gute Regel nur so komplex wie nötig.

Was ich sagen wollte ist, dass sowohl komplexe als auch einfache Regeln angewendet werden und sowohl komplexe als auch einfache Regeln ignoriert werden. Dieser Kommentar beschreibt dies eigentlich ganz gut:

Die Handhabbarkeit einer Regel für die jeweilige Spielgruppe wird da der entscheidende Faktor sein.

Insofern müsste man eigentlich Felixs beschriebenen Spielstil auch auf regelarme Systeme anwenden können. Und tatsächlich: Natürlich werden auch in solchen Spielen Regeln auch mal nur grob angewendet oder abgeändert.

Bloß schmälert dies halt die Aussagekraft für die im Ausgangsposting aufgeworfene Frage "warum bevorzugen viele Spieler komplexere Regelwerke gegenüber regelleichten Varianten". Wenn die Antwort darauf wäre "Sie bevorzugen eben einen impressionistischen Spielstil" so müsste man sagen "Komplexere Regelwerke fördern diesen impressionistischen Spielstil".

Betrachte ich aber wie Felix im Ausgangsposting die Regeln beschreibt, als "kaum spielbar", "Spieler und Spielleiter haben eher geringe Kenntniss", "kaum oder falsch angewendet" so lässt sich daraus schwer ableiten wie genau dies den Spielstil eigentlich fördern sollte. Um bei der Analogie "Sicherheitsnetz" zu bleiben: Ein Sicherheitsnetz ist halt nichts worüber ich sagen würde: Das funktioniert kaum, es weiß auch keiner ob es aufgespannt wird und wie man es richtig befestigt. Eher im Gegenteil. Sicherheit ist etwas bei dem gute Kenntnis und Funktionalität sowie Anwendbarkeit entscheidende Kriterien wären.

Klingt vielleicht alles ganz furchtbar zerreißend, und dafür mag ich mich schonmal vorab entschuldigen. Aber aus meiner Sicht liegt dies daran, dass die Grundannahme und die darauf basierende Überlegung nicht so ganz zusammen passen. Es ist völlig richtig, dass Spieler in "regelschweren" Systemen auch mal Regeln ignorieren, oder das diese Systeme die Spieler sogar aktiv auffordern Regeln anzupassen oder zu ignorieren wenn sie für diese Spieler nicht funktionieren. Und das trotzdem diese Systeme beliebt sind.

Aber als Erklärung ist "Die Regeln werden ignoriert, weil sie in dieser Situation (oder manchmal auch in vielen Situationen) nicht funktionieren" eben dafür völlig ausreichend. Und hilft auch besser um die Grundfrage zu erklären. Denn auf Basis der Qualität kann ich durchaus auch erklären weshalb regelschwere Rollenspiele beliebter sind. Sie bieten mehr Werkzeuge. Ja, es stimmt. Nicht immer verwendet man das Werkzeug richtig. Manchmal wäre ein anderes besser geeignet und nicht jeder verfügbare Werkzeugkoffer (Regelwerk) hat die gleiche Qualität an Werkzeugen.

Aber der Bedarf an Hilfsmitteln ist einfach vorhanden.
« Letzte Änderung: 1.12.2022 | 12:42 von Arldwulf »

Offline nobody@home

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Aber als Erklärung ist "weil sie in dieser Situation (oder manchmal auch in vielen Situationen) nicht funktionieren" eben dafür völlig ausreichend. Und hilft auch besser um die Grundfrage zu erklären. Denn auf Basis der Qualität kann ich durchaus auch erklären weshalb regelschwere Rollenspiele beliebter sind. Sie bieten mehr Werkzeuge. Ja, es stimmt. Nicht immer verwendet man das Werkzeug richtig. Manchmal wäre ein anderes besser geeignet und nicht jeder verfügbare Werkzeugkoffer (Regelwerk) hat die gleiche Qualität an Werkzeugen.

Aber der Bedarf an Hilfsmitteln ist einfach vorhanden.

Das läßt sich eventuell ganz wortwörtlich übertragen. Wenn ich die Wahl zwischen zwei Werkzeugkoffern habe, von denen einer mit zwanzig Einzelwerkzeugen daherkommt und einer mit sechzig -- welchen nehme ich dann im ersten Impuls wohl eher? Natürlich den mit den sechzig, denn man weiß ja nie, was man mal braucht, und viel hilft viel...die Überlegung, daß ich mit zwanzig gut zusammengestellten Werkzeugen und etwas Improvisation vielleicht mehr anfangen kann als mit sechzig einigermaßen beliebig zusammengewürfelten und der kleinere Koffer vermutlich auch transportabler ist, kommt erst später (kann sich je nach Situation um Sekunden bis Wochen handeln...) zum Zug, und da habe ich meine Kaufentscheidung womöglich schon längst getroffen und mein Geld ausgegeben.

Daß im Kopf von Rollenspielkäufern beim Betrachten des von einem Spiel im Laden eingenommenen Regalvolumens ganz ähnliche Vorgänge ablaufen mögen, ist dann von da aus wirklich kein großer Sprung mehr. ;)