Der Frage liegt eine grundsätzlich falsche Annahme zugrunde, nämlich dass die Lage der Rollenspielverlage auch die Lage des Hobbys wiederspiegelt. Die Frage müsste daher eher lauten: „Schaffen sich Rollenspielverlage ab?“ Das entsteht vielleicht auch aus einer Fehleinschätzung des eigenen Verständnisses der Verlage.
Eigentlich müsste ihnen klar sein, dass sie auf die Kunden und deren Goodwill angewiesen sind und nicht umgekehrt. Der englische Markt ist groß und auch im deutschen Sprachraum sind schon mehr Rollenspielsachen zugänglich als benötigt. Zumindest mal ganz sachlich betrachtet: Niemand ist mehr auf Neuerscheinungen angewiesen, außer den Verlagen.
Machen heute alle Rollenspielverlage dicht, habe ich mehr als genug Material um diverse Leben zu füllen. Der Second-Hand-Markt boomt und die Anzahl der pdfs ist ungezählt. Deutlich wichtiger sehe ich da die Arbeit von Vereinen, Foren oder Spielplattformen um neue Leute an Hobby zu führen. Ständig neue Rollenspiele zu bekommen ist zwar schön, aber sicherlich nicht zwingend.
Und umso mehr verwundert mich, dass Verlage aktuell diverse Sachen tun, oder nicht tun, um ihre Kunden zu verscheuchen. Wenn man sich das anschaut, ist ein Großteil des Materials englische Reihen die meist nicht bis zum Ende übersetzt werden. Am Ende bleibt der Kunde auf einer unvollständigen reihe sitzen- Die sprachliche Qualität der Übersetzung ärgert viele, viel ärgerlicher sind für mich da eher Regelfehler die durch die Übersetzung/die Übertragung entstehen (seien es durch falsche Spielwerte, unterschiedliche Regelbegriffe oder schlicht Falschübersetzungen wie „Handfeuerwaffen“ anstatt „Faustfeuerwaffen“). Gerade Ulisses hat es in letzter Zeit aber auf die Spitze getrieben: Das „Chrakterhandbuch“ bei Fading Suns, falsche Seiten beim WARHAMMER-Grimoire, reihenweise falsche Karten im MYTHGART-Weltenbuch, ein nachweislich unlektorierter EARTHDAWN-Band undundund. Im Grunde kann ich da auch bei einigen anderen Verlagen weitermachen, aber die versuchen immerhin nicht ihren kunden einzureden, sie seien das Problem.
Auch hier hat mich der Ulisses-Verlag wieder sehr irritiert, als sie die Margreve-Bücher eingestampft haben, weil zwei oder dreimal das Z-Wort vorkommt. Das ist bescheiden - vor allem weil es leicht zu verhindern gewesen wäre - schmälert aber nicht den Nutzen des Buches. Aber da drohte ja ein Shitstorm. Bei den obigen Beispielen war dann auf einmal kein Neudruck mehr in der Diskussion: Zu teuer. Da hat man den Fading Suns-Kunden Aufkleber gegeben.
Ein weiterer Punkt ist das Gendern. Ohne darüber jetzt diskutieren zu wollen, kann eine solche Entscheidung Kunden kosten. So kann es zwar löblich sein, wenn die Verlage sich für etwas einsetzen das sie für gut halten, so bleibt die Frage aber ob das wirtschaftlich sinnvoll ist.
Auf die Spitze getrieben wird es dann, wenn beides zusammenkommt: Höre ich von einem Verlagschef, der letztlich Spielanleitungen verkauft, dass man seine Kunden ja mit dem Gendern „stören möchte“ und finde dann noch zusätzlich Fehler über Fehler, dann ist relativ schnell der Punkt erreicht an dem ich mir auf den Arm genommen vorkomme.
Dann gibt es Fans die das nicht so schlimm finden und Kunden, die sich verarscht fühlen und dann eben nichts mehr kaufen. Ich war selbst lange Fan und hab im Grunde alles gekauft, was auf den Markt kam und sich interessant angehört hat. Jetzt kaufe ich nur noch sehr selektiv.
Vielleicht bin ja auch ein Exot und ich sehe ein Problem, das es gar nicht gibt. Aber aus meiner Sicht müssen die Rollenspielverlage aufpassen, dass sie sich nicht abschaffen und nicht die Rollenspielszene an sich oder gar das ganze Rollenspiel. Gerade, wenn Wizards Of The Coast wirklich sowas wie ein Abo-Modell einführen sollte.
Von daher mein Appell: Wenn ihr dem Rollenspiel-Hobby was Gutes tun wollt, dann kauft keine Spiele von schlechter Qualität um Verlage zu unterstützen, sondern bringt euch lieber direkt ein, indem ihr selbst was beitragt oder euch bei Cons und Vereinen engagiert.